14.Kapitel Licht besiegt die Dunkelheit


There is light at the end of the tunnel.

Als der Mond voll am Himmel steht und die Nacht den Tag wie eine tosende Welle verschluckt hat, kauere ich mit zitternden Gliedern in meinem Versteck hinter den hohen, dicken Stämmen des verbotenen Waldes und lasse mich von den Schatten verschlingen. Mein Atem steigt vor mir warm auf und hätte ich mich im fahlen Licht des Monds befunden, das das Dickicht erleuchtet, hätte ich ihm zusehen können, wie er in weißen Wölkchen, wie der Dampf des Hogwartsexpresses davon schwebt. Der Boden unter meinen Füßen ist feucht und die Kälte des geschmolzenen Schnees dringt sogar durch die Sohlen meiner Stiefel. Ich bemühe mich ruhig zu atmen. Es wird alles gut gehen, sowie wir es besprochen haben.

„Also", beginnt Mary aufgeregt ihren Schlachtplan den skeptisch verschlossenen Mienen der Rumtreiber zu erklären, „wie Emmi es gesehen hat, werde ich am Rande des verbotenen Waldes Stellung beziehen. James und Sirius werden sich Remus widmen und ihn zu mir bringen." Die beiden wechseln einen entschlossenen Blick. „Dann kann ich warten, während Marl und Emmi neben mir versteckt Stellung beziehen und eingreifen, sollte etwas Unerwartetes passieren."

Remus Gesicht ist weiß wie die Marmorsäulen der Vertrauensschülerbäder. „Un...", seine Stimme ist so rau, dass sie bricht. Er räuspert sich rasch, bevor er krächzend hervorbringt: „Etwas Unerwartetes? Ich dachte, es ist alles klar?" Seine weitaufgerissenen Augen starren mich furchterfüllt an, suchen nach Bestätigung als sie von einem zum andren huschen.

„Hey", sanft hebe ich meine Stimme, „Remus, sieh mich an." Ich gehe in die Knie, um mit ihm auf einem Level zu sein, als er seine Unterarme auf seine Knie stützt, der Kopf hängt kraftlos herab. Vorsichtig hebt er seinen Blick, um dem meinem zu begegnen. „Es wird alles gut gehen. Die Methode des gezielten Sehens ist auf fast 90 Prozent akkurat, okay? Es wird nichts passieren, aber wir rechnen sämtliche Faktoren mit ein, um zu verhindern, dass im Falle der 10 Prozent etwas schiefgeht. Was es nicht wird. Aber wir sind abgesichert, okay?"

Er nickt langsam, als er das Gesagte sacken lässt, bevor er die Luft ausbläst, die er zuvor tief eingeatmet hat und seine Schultern strafft. „Okay."

„Also, weiter im Text. Wenn James und Sirius Remus zu mir geführt haben, bleiben sie hinter ihm, lassen ihn zu mir kommen und sobald er zu beißt" Ich höre Remus Zähne bei Marys Worten neben mir knirschen, als er seine Kiefer so fest zusammenbeißt, dass ich Angst habe, dass er sein Gebiss zerstört. Ich berühre sanft seine Schulter, doch Pete ist schon neben ihm und streicht ihm beruhigende Kreise über den Rücken, sowie er es immer tut, wenn Remus einen besonders schlimmen Vollmond hatte.

„Sobald er zubeißt, drängt ihr ihn von mir weg, damit meine Transformation ungestört beginnen kann."

„Ihr könnt mich gerne halbtot schlagen, sollte ich nicht von ihr ablassen", knurrt Rem neben mir, die Augen dunkel.

Sirius blickt ihn ruhig an, bevor er nickt. „Werden wir, keine Sorge." Was für andre besorgniserregend klingt, lässt ein Stück der Anspannung aus Remus Muskeln abklingen, sodass es wie in Wellen von ihm ausgeht.

„Dann ist es ein Plan?", will James wissen. Wir nicken.

Die Zeit zieht sich wie Kaugummi in die Länge. Jeder Moment dehnt sich aus, bis nur noch ein dünner Strang übrigbleibt, der in den nächsten übergeht und von neuem zusammengeklebt und gezogen wird. Ich schniefe leise, als meine Nase durch die Kälte zu rinne droht. Ich fahre mir rasch mit dem Ärmel über mein Gesicht und schließe für einen Augenblick meine Lider. So müde. Die Nacht entfaltet sich um mich herum in all seinen Tönen. Das Schuhuen einer Eule klingt durch den Wald, dessen Geäst durch den sanften Wind knirscht und knackt. Das Knistern der Feuerstelle an der Mary sitzt, füllt die klirrende Nachtluft, während der Geruch von Rauch und Flammen meine Nase füllt. Nicht mehr lange. Ich reibe leise meine Hände aneinander in einem Versuch sie zu wärmen. Ich schlucke die Frustration hinunter, die in meiner Kehle aufsteigen zu droht. Für Pessimismus haben wir jetzt wirklich keine Zeit. Das ist unsere Chance. Es wird alles nach Plan laufen. Ich lasse meinen Kopf gegen die Rinde des Baumes sinken, die sich rau und kühl an meine Haare klammert. Ein Rascheln sorgt dafür, dass das Blut in meinen Adern zu gefrieren scheint. Atemlos und still warte ich, lausche ich, bis ich realisiere, dass es Mary ist, die ihre Position verändert hat. Die Geräusche der Nacht nehmen wieder Überhand und lassen uns wartend zurück.

„Alles okay?", erhebt sich Marls Flüstern über die kleine Lichtung und ich komme nicht umhin die Augen zu verdrehen. Wow. So viel zu nicht sprechen.

„Ja", kommt es leise zurück, „Alles gut, bin nur... naja. Nervös halt denke ich."

„Verstehe ich. Aber wir sind bei dir."

„Ich weiß. Danke."

Stille.

„Warum ist es so verflucht kalt?", brummt sie und scheint sich erneut auszurichten.

„Ja, du hast wenigstens das Feuer."

„Schon ab-"

„Leute, bitte", zische ich, „jetzt kanns nicht mehr lang dauern. Seid still."

Marl grummelt irgendetwas, doch die beiden verstummen. Das Warten macht mich fertig. Meine Nerven sind wie dünne Drahtseile gespannt, die mit aller Kraft noch das Gewicht, das auf ihnen lastet, halten. Ich weiß nicht mehr ob Minuten oder schon Stunden vergangen sind, aber ein lautes Knacken, dass aus der Richtung des Schlosses kommt, lässt mich hochschrecken. Wie versteinert verharre ich, atme ruhig und vorsichtig – Ein lautes Jaulen erhebt sich über den Wald.

Es vermischt sich mit Bellen und dem Lärm, die Hufe machen, wenn sie durch das Gebüsch preschen. Trommelnde Pfoten und brechendes Geäst, das immer lauter wird, lässt mich noch einen letzten Atemzug machen, bevor ich mein tierisches Alter Ego heraufbeschwöre. Ich finde mich hinter dem Feuer wieder, obwohl sich ein Teil in mir sich vehement dagegen sträubt. Aber der Wille zu beschützen siegt über den niederen Instinkt. Der Wolf sprintet auf das Mädchen zu und auch wenn sie tapfer ihr Kinn reckt und ihm entgegentritt, strömt Angst in Wellen von ihr aus. Schwer und sauer tränkt sie die Nachtluft. Meine Schultern spannen sich an und ich zwinge mich meine Pfoten in den Boden zu stemmen, um nicht einzugreifen, als das Wesen bei ihr ankommt und seine Zähne in ihrem Fleisch versenkt. Der Geruch des Blutes, das metallisch und süß aufsteigt, erreicht meine Nase, bevor Marys Schrei den Wald füllt. Laut, schrill, schmerzerfüllt. Schluchzen. Schreie. Ein dumpfer Aufprall lässt mich zusammenzucken. Der prachtvolle Hirsch hat den Wolf mit der Wucht seiner gesamten Körpermasse von dem Mädchen gestoßen. Sie taumelt und mit einem erschrockenen und schmerzerfüllten Schrei kippt sie nach hinten. Wie in Zeitlupe sehe ich sie fallen, die Steine hinter ihr ragen hämisch aus dem Waldboden hervor und sie stolpert, fällt, versucht sich aufzurappeln. Schimmernde Klauen kommen in mein Gesichtsfeld, als der Werwolf Krone abschüttelt hat und auf seine Beute zu hechtet. Meine Muskeln setzen sich in Bewegung und ich stürme an ihr vorbei und auf die zuvor noch rangelnden Tiere zu. Mary weicht zurück, stolpert erneut und stürzt, direkt auf den flackernden Tod zu. Die Flammen greifen nach ihr, gierig und schützend zugleich, als wollten sie von der Gefahr fernhalten. Krone kämpft erneut mit dem Werwolf, hält ihn mit seinem Geweih zu Boden. Ein ekelerregendes Knacken vermischt sich mit dem qualvollen Gekreische hinter mir. Ich werfe mich gegen den verwandelten Menschen und ringe ihn zu Boden. Ich kann Blut riechen, verbranntes Fleisch. Lauft! Der Tod ist immer schneller, ist immer stärker. Sie ist immer stärker. Schmerz explodiert in meinem Schädel als eine schwere Pranke auf mich niederdonnert. Eine weitere. Zähne in meiner Schulter. Ich japse vor Schmerz auf. Ich schüttle meinen großen Kopf, während ein tiefes grollendes Knurren tief in meiner Brust aufsteigt. Erneut blitzender Schmerz. Wütend schüttle ich das Blut, das meine Sicht verschwimmen lässt, weg und schaufle den Wolf mit Leichtigkeit zur Seite, bevor ich ihn zu Boden nagle. Drohend fletsche ich meine Zähne, wenige Zentimeter von seiner Kehle entfernt und lasse die Vibration meines Brustkorbes für mich sprechen. Bleib, wo du bist. Kurz wehrt er sich. Ich schnappe nach ihm. Ein Winseln und die Wut schwindet aus seinen Augen.

Die Schreie sind verstummt und zu Gewimmer geworden. Es riecht nach verbranntem Fell. Ich wende mich um, meine Pfoten auf der Brust des Wolfes. Mary zusammengesackt am Boden, sich krümmend, der Hund wachsam neben ihr. Sein Fell mit Schnee und Asche verschmiert, ein abstraktes Gemälde. Ich kann mich nicht bewegen. Nein. Mary. Krone liegt erschöpft neben Tatze am Boden. Sein Geweih gebrochen. Spitz ragt der Knochen hervor. Yin kniet neben dem Mädchen und stupst es sanft mit ihren Nüstern an. Ein Keuchen und Stöhnen ist zu hören. So schmerzerfüllt, dass es wirkt, als würde sie immer noch in den Flammen liegen. Der Rest der Nacht schweigt. Der stechende Geruch von verbranntem Fleisch, Blut, Tränen und Erbrochenem steigt in meine sensible Nase. Ich schnaube, um ihn abzuschütteln und entkomme so meiner Starre. Immer noch liegt der Wolf unter mir. Erstarrt und doch lauernd. Er wartet darauf, dass ich meinen Griff lockere, unachtsam werde. Doch das werde ich nicht zulassen. Ich stemme mein gesamtes Gewicht auf seinen Brustkorb. Das muss reichen. Wieder flackern meine Augen zu dem Mädchen, meine Ohren lauschen angespannt auf ihre Atemzüge. Alles ist gut, solange sie noch atmet. Es dauert sicher nicht mehr lange. Die Sekunden ziehen sich in die Länge, als wir atemlos warten. Es fühlt sich an wie Stunden. Marys Wimmern wird immer schwächer. Eisig ergießt sich Angst in meine Adern. Was, wenn ich falsch lag? Was, wenn die Zukunftsversion, die ich gesehen habe, nicht real war? Was, wenn das hier ein monomentaler Fehler war? Was wenn wir – wenn ich in diesem gewaltigen Schachspiel meine Dame geschlachtet habe? Was, wenn sie nicht mehr aufwacht, wenn sie jetzt ihre Augen schließt? Fokus. Ich lehne mich auf Moony, um ihn weiter zu fixieren. Fokus. Was bedeutet das für ihn? Oh Merlin, was habe ich getan? Tatze nähert sich ihr vorsichtig, leckt über ihr Gesicht, doch alles, was er als Antwort erhält, ist qualvolles Schluchzen. Was haben wir nur –?

Ein gleißender Strahl durchbricht die Finsternis. So hell, meine Augen schmerzen. Ich kneife sie zusammen, wende meinen Kopf. Es ist, als hätte ich direkt in die Sonne gesehen. Weiße Flecken tanzen in meinem Gesichtsfeld auf und ab. Ich will zurücksehen, doch das Licht scheint sich durch meine Lider zu fressen, die sich geschlossen haben, sobald auch nur der Hauch meiner Netzhaut den Reiz eingefangen hat. Hitze pulsiert um mich herum, wärmt mein durchgefrorenes Fell bis tief in die unterste Haarschicht. Es ist, als läge ich in der prallen Nachmittagssonne im August oder als säße ich nah beim Kamin im Gemeinschaftsraum, wenn ich vom Quidditchtraining heimkomme. Ich verharre also in meiner abwehrenden Position, der Nacken gebeugt, der Kopf eingezogen. Meine Augen dem Werwolf unter mir zugewandt. Dessen Augen sind groß, weit und scheinen vor Unsicherheit zu zucken. Ich merke, wie er unter mir zu zittern beginnt. Ich brumme in einem Versuch ihm die Angst zu nehmen, denn es ist immer noch Moony, der hier bebend unter mir kauert. Sanft schmiege ich meine Schnauze an seine knöcherne Wange. Die Anspannung schwindet aus meinem Körper. Ich bin nicht länger seine Bedrohung. Ich bin sein Beschützer. Das flammende, strahlende Licht ebbt ab, als würde einer Öllampe langsam der Brennstoff ausgehen. Ich wage einen vorsichtigen Blick. Ich hoffe den anderen geht es gut. Die drei Animagi kauern zu beiden Seiten des Glühens. Warmes Licht geht von dem Wesen in ihrer Mitte aus. Mary. Remus Glieder entspannen sich. Da steht es am Rande, das Licht für wahr.

Der Körper gleicht Survivours, doch er ist um so mächtiger, größer, stärker. Das Strahlen hat nachgelassen, so dass nur noch ein Hauch von Mondlicht den Pelz erstrahlen lässt. Ihre Augen schimmern in der Dunkelheit, als sie sich zu uns umblickt und einen Laut ausstößt, der einem Schnurren gleicht. Ist sie nicht ein Wolf? Vorsichtig tut sie die ersten Schritte, trottet auf Yin, Tatze und Krone zu und berührt sie kurz mit ihrer Schnauze, bevor sie sich zu Moony und mir wendet und auf uns zu trabt. Ich beuge kurz den Kopf vor ihr, unwillkürlich, bevor ich zurücktrete. Hinter den Werwolf, um ihn abzusichern, sollte er sich erschrecken. Doch er starrt nur sein Gegenüber mit weit aufgerissenen Augen an. Seine Muskeln beben erneut. Ich sträube mein Nackenfell. Doch der Nachtwolf tritt einen weiteren Schritt auf seinesgleichen zu. Ein leises Brummen, wie ein Bellen verlässt ihre Kehle. Moony erstarrt, bevor er sich aus seiner eingefrorenen Haltung befreit, sich aufrichtet und sie mit gekipptem Kopf und Neugier in seinen Augen betrachtet. Und Werwölfe sollen böse sein. Langsam, als wäre er drauf und dran es sich anders zu überlegen, reckt er seinen Hals nach vorne und berührt Mary sanft mit seiner Schnauze. Mit einem kleinen, erleichterten Jaulen leckt ihm der Nachtwolf über die Wange. Das Licht hat die Dunkelheit bekämpft. 

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