13. Kapitel Be scared and do it anyway.
Don't let fear drag you down, when you desire to fly.
„Was zum Henker ist in euch gefahren?!" Remus scharfe Stimme zerschneidet die Stille des Raumes. Ich straffe meine Schultern, blicke ihn ruhig an. Mary sieht ihm trotzig, mit gehobenem Kinn entgegen.
„Nichts ist „in uns gefahren"", erwidert sie, ihr Ton nicht weniger herausfordernd, „Es ist die Prophezeiung, Remus."
„Über mich." Kälte.
„Und über mich!" Feuer. „Du bist nicht die einzige Person, die das was angeht."
Mit verschränkten Armen funkelt er sie an. Selten habe ich ihn so aufgebracht erlebt. Er schreit nicht herum, der sprüht nicht vor Wut, er ist einfach nur... kalt. Scharf.
„Es geht um meine Bestimmung. Es geht um meinen Part in dieser Geschichte. Ich will etwas tun, ich will etwas verändern. Ich habe keine Lust nur daneben zu stehen und hilflos zu zu sehen wie meine Freunde in einen Kampf stürzen! Ich will etwas tun, Remus."
„Dann tu etwas anderes. Ich werde euch nicht dabei helfen, ein unschuldiges Leben zu zerstören!", blafft er sie an.
„Du würdest es nicht zerstören", erhebe ich nun zum ersten Mal die Stimme, „ich weiß, du bist wütend, aber hör mir bitte zu." Der saure Ausdruck auf Remus' Gesicht wird nicht weniger, als er mir seine Aufmerksamkeit zu wendet. Ich verkneife mir ein Seufzen und spreche ruhig weiter: „Die Prophezeiung spricht von einem Licht. Dem Nachtwolf. Ich weiß nicht, ob du schon einmal davon etwas gehört hast, aber die Person, die von einem normalen Werwolf" Wie dir, hängt in der Luft. „gebissen wurde, verwandelt sich in eine besondere Form des Werwolfes. Sie kann ihre Gedanken und Handlungen kontrollieren, obwohl sie ein Wolf ist."
„Und was zum Teufel, soll das bringen? Selbst wenn es so wäre, was würde uns das bringen?", knurrt er.
Mary fällt ihm ins Wort: „Ich könnte andere Werwölfe beeinflussen. Ich könnte sie lenken." Ihre Augen begeistert aufgerissen. „Das heißt nicht nur dich. Ich könnte in den Untergrund und die Bewegungen der Werwolfrudel, die Du-weißt-schon-wer rekrutiert hat, infiltrieren. Ich könnte ihnen einen anderen Weg zeigen, Remus. Ich könnte sie Schritt für Schritt davon überzeugen, auf unsere Seite überzulaufen. Ich könnte sie beeinflussen und ihnen helfen. Verstehst du nicht?"
Kalt blickt er sie an, bevor seiner Kehle ein amüsiertes Schnauben entfährt. „Und du glaubst wirklich, dass du als, ich weiß nicht, Abklatsch eines Werwolfes, die Exemplare, die am aggressivsten und gewalttätigsten sind, beeinflussen und zum Guten bekehren kannst?"
Die Stille ist so laut, dass ich sie in meinen Ohren dröhnen hören kann. Mary hat die Stirn gerunzelt, bevor sie langsam nickt.
„Ja, ich denke schon."
„Du hast offenbar keine Ahnung, wozu ein Werwolf fähig. Wie stark er ist. Wie ... triebgesteuert", er spuckt das Wort aus, als sei es vergorene Milch, „er ... sie sind."
„Und du hast keine Ahnung, wie stark der Nachtwolf ist", erwidert sie ruhig.
„Aber du, oder wie?"
„Nein, aber ich würde es gerne herausfinden."
Schnauben. „Danke, ich kann da gut drauf verzichten."
„Warum bist du so stur? Kannst du nicht einmal nachgeben?"
Ich zucke zusammen. Remus Mund öffnet und schließt sich, wie der eines Fisches auf trockenem Land, bevor er sich fasst.
„Ich gebe jedes einzelne Mal nach", zischt er, sein Körper zittert vor unterdrückter Spannung, „Immer. Egal ob bei meinen Freunden, Klassenkollegen oder sonst was. Ich stelle meine Bedürfnisse immer hinten an. Also bitte verzeih mir", seine Stimme giftig, „wenn ich einmal, ein einziges Mal an mich denke. An das was ich will."
„Ich will ja gar nicht-"
„Doch willst du. Du willst, dass ich in meiner Werwolfsgestalt, meine scheiß Zähne in dein Fleisch ramme und damit riskiere, dass ich dich töte oder verstümmle. Inwiefern hat das nicht damit zu tun, dass meine Bedürfnisse vernachlässigt werden? Ich sehe mich nicht begeistert dem Plan zustimmen."
„Ja, aber... ich hab das nicht so gemeint", stöhnt sie resignierend.
„Offenbar."
„Das ist wirklich wichtig für mich", beginnt sie nach einer kleinen Pause erneut, „Ich sehe das als Chance für mich endlich etwas dazu beizutragen, dass sich etwas verändert. Ich will, dass meine Freunde, die Zuhause bei mir im Ort wohnen, nicht fürchten müssen umgebracht zu werden, weil Horden an Werwölfen einfallen. Es wohnen dort viele so Muggelstämmige. Ich will einfach nur irgendetwas tun, damit dieser Bullshit aufhört. Ich sehe das als meine Chance. Ich... bitte." Ihre Augen beginnen zu schimmern, während seine nur stumm auf ihr liegen.
„Bitte Remus. Was ist das schlimmste, das passieren könnte, wenn wir es versuchen?"
„Nun ja. Du wirst zum Werwolf, wirst verstümmelt, ich zerfleische dich komplett. Blutdurst in mir wird geschürt", zählt er auf.
„Wird es nicht", werfe ich ein.
Remus mustert mich misstrauisch: „Woher willst du das wissen?"
„Ich habe es gesehen."
„Wie, du hast es gesehen? Hattest du eine Vision? Einen Traum?"
„Ja, eine Vision. Ich versuche seit Anfang des Schuljahres den spezifischen Moment zu suchen, in dem wir es probieren oder uns dagegen entscheiden werden."
„Du weißt davon seit Anfang des Schuljahres?", unterbricht er mich entgeistert, „und du hast dir nicht überlegt, dass du mich da irgendwie miteinbeziehen könntest, weil es mich ja irgendwie so peripher tangiert?"
Ich hebe nur meine Augenbrauen. „Du willst mir doch nicht etwa sagen, dass du ohne irgendeinen Beweis dem ganzen auch nur im mindesten entgegengekommen wärst."
Er funkelt mich an, bevor er die Arme vor seiner Brust verschränkt. Das ist vermutlich alles, was ich als Zugeständnis von ihm bekommen werde.
„Jedenfalls, wo war ich? Aja. Ich hab es gesehen, Rem. Es hat funktioniert. Ich habe zu Beginn ebenfalls gezweifelt. Aber es hat funktioniert. Mary hat das Gen, das die Mutation ausmacht. Mary hat das Nachtwolfgen."
Er sieht mich an. Sein Gesicht von Skepsis zerfurcht, in seinen Augen schimmert Angst.
„Bitte überlege es dir einfach, Remus", sagt Mary sanft. Er wendet sich zu ihr, unverwandt sieht er sie an, bevor er kurz nickt. Er verharrt, als wolle er noch etwas sagen, doch er scheint es sich anders zu überlegen, wendet sich ab und geht.
Erleichterung rollt meinen Rücken in Wellen entlang und vermischt sich mit saurem Unbehagen, das in meinem Magen schäumt. Es wird werden. Ich bin mir sicher. Zumindest hoffe ich es.
Das Schloss vibriert vor Vorfreude, als Weihnachtslieder durch die Gänge schallen, der Duft von Lebkuchen und Tannenzweigen sich mit dem von karamellisierten Äpfeln und Kerzenwachs vermischt. Eine dicke, weiche Decke hat sich glitzernd über die Spitzen der Wipfel des verbotenen Waldes und die Ufer des schwarzen Sees, der still und milchig am Fuße Hogwarts ruht, gelegt. Die Zuschauertribünen des Quidditchfeldes sind bunte Pfeiler inmitten von tiefem Schnee. Hagrids Hütte ist dicht in weiß gehüllt, sodass die Türe wie ein Eingang einer Höhle wirkt. Ich komme nicht umhin den Mistelzweigen in den Torbögen auszuweichen, während Sirius es sich zur Aufgabe gemacht hat, Juliet so oft wie möglich unter einem zu erwischen. Bei Merlins Bart. Es ist erst die zweite Dezemberwoche und sie tun alle so als stände Heiligabend unmittelbar vor der Türe. Ich lasse mich auf einen der weichen Sessel im Gemeinschaftsraum fallen, erleichtert sämtlichen verdammten Mistelzweigen ausgewichen zu ein. Juliet klettert gerade durch das Portraitloch, als sich ein Junge flink neben sie zwängt.
„Sirius", höre ich sie genervt lachen.
„Ja, darling?", grinst er, bevor er sich zu ihr hinunterbeugt und ihre Lippen mit den seinen versiegelt. Ich rolle mit den Augen, als sie sich näher an ihn presst.
„Sucht euch ein Zimmer!", ertönt eine männliche Stimme, die genau das ausspricht, was ich mir die ganze Zeit gedacht habe. Eugene kommt die Stiegen zu den Schlafsälen hinuntergeschlendert und schenkt seiner Klassenkameradin, die sich erschrocken von Sirius löst, ein amüsiertes Zwinkern. Sie kichert, während eine zarte Röte ihre Wangen ziert, bevor sie ihren Freund an der Hand mit sich zieht. Der kann nicht anders als ihr breites Lächeln mit einem Sirius-Grinser zu erwidern. Würden seine Gesichtsmuskeln es zulassen, würde er im Kreis grinsen, wirklich. Ich widme mich wieder meinem Verwandlungsaufsatz, als ein kollektives Raunen, das den Gemeinschaftsraum wie eine Welle durchläuft, mich aufsehen lässt. Mit gerunzelter Stirn blicke ich zur Tür nur um Raito und Eugene auszumachen, der Mistelzweig zwinkert vergnügt von oben auf sie herab. Der Asiate blickt sein Gegenüber wie ein Reh im Scheinwerferlicht an, die Augen groß und sprachlos. Meine Güte und deswegen flippen alle so aus? Ich meine, wir leben im 21. Jahrhu-... Moment, nein. Im 20. Jahrhundert. Aber das sollte doch auch nicht mehr so ein Big Deal sein, oder? Aber vermutlich ist es das. Kack Zeitverschiebung, wirklich.
Der gesamte Raum scheint die Luft anzuhalten, als Eugenes Lippen ein Lächeln umspielt, er seine Hände vorsichtig auf die Wangen des dunkelhaarigen Jungen legt. Die Zeit scheint still zu stehen, als ihre Blicke aufeinandertreffen, bevor der Bann bricht, als der Franzose seine Lippen auf die des anderen legt. Für den Bruchteil einer Sekunde scheint der andere erstarrt zu sein, doch seine Lider flattern zu, bevor er den Kuss leidenschaftlich erwidert. Seine Hände wandern scheinbar automatisch zu Eugenes Hüfte und ziehen ihn näher an sich. Die Menge um mich herum schnappt nach Luft, während ich im Kreis grinse und einen Blick mit Marl wechsle, die gerade heruntergekommen ist und schnell zu mir huscht.
„So sweet", haucht sie, während ich nicke. Immer noch verharren die beiden gefangen im Moment der Zweisamkeit, bevor sie sich langsam voneinander lösen, ihre Augen verlassen nie die des anderen. Das Gemurmel ist zum Summen eines Bienenschwarmes angeschwollen. Es reißt sie aus ihrem Bann. Raito sieht sich um, rote Flecken wachsen an seinem Hals hinauf, wie Ranken eine Hauswand entlang. Eugene murmelt kurz etwas, nimmt seine Hand und zieht ihn mit einem genervten Funkeln in die Menge aus dem Gemeinschaftsraum hinaus. Sobald sie verschwunden sind, wächst das Geschnatter zu einem unerträglichen Schwall des Voyeurismus an. Meine Muskeln versteifen sich, als ich die Bemerkungen zu verdrängen versuche. „Schwuchteln also"... „Das ist ja unerhört..." Knirschend beiße ich meine Zähne aufeinander. Ruhig. Ruhig.
„Schnauze alle miteinander!", tönt Menas Stimme wütend durch den Raum, „habt ihr alle nichts Besseres zu tun, als deppert zu gaffen??" Wie Mondkälber starren sie die Leute an, vor Verblüffung verstummt. Ich mein, sonst schrei ja ich immer herum.
„Ja, schaut nicht so, sondern haltet einfach eure Klappe! Das gibt's ja nicht", faucht sie zwei Fünftklässlerinnen an, die schon ihren Mund geöffnet haben, um etwas zu erwidern. Leise vor sich hin grummelnd ziehen die beiden Leine, nachdem sie sich von ihrem Schock erholt haben. Marl lässt sich in den Sessel vor mir fallen, als sich der Rest des Gemeinschaftsraums wieder seinem eigenen Leben widmet und wenn nur noch leise vor sich hinmurmelt. Ich meine ihre Augen blitzen zu sehen, als sie ihre Arme wütend vor der Brust verschränkt. Ich sehe mich kurz um, bevor ich mich nach vorne beuge.
„Alles okay?", frage ich sie vorsichtig. Ihre braunen Augen scheinen zu brennen. Ich warte.
„Ich hasse sowas."
„Ich weiß."
Da ist noch etwas anderes in ihrem Blick. Unsicherheit? Doch ich bohre nicht weiter nach. Ich seufze leise und widme mich meiner Hausaufgabe. Wo war ich nochmal? Das Kratzen der Feder auf Pergament ist für eine Weile das Einzige, das zwischen uns zu hören ist.
„Emmi?", reißt mich ihre leise Stimme aus dem Fokus.
„Ja?", ich sehe auf. Sie hat sich vorgelehnt. Wirkt unsicher. Ihre Augen flackern zischen der Tischplatte und meinen Schultern hin und her. Besorgt mustere ich sie.
„Würdest du.." ihre Stimme bricht. Ein flaues Gefühl liegt in meinem Magen. Ich lege meinen Federkiel zur Seite.
„Hey", sage ich, greife nach ihrer Hand. Sie ist kalt. Sie blickt mich an, die Lippe zwischen ihren Zähnen eingeklemmt. „Was auch immer es ist, du kannst es mir sagen, wenn du wirklich willst. Du weißt das, oder?" Sie nickt rasch, bevor sie zittrig ausatmet und sich sammelt.
„Was... also, was würdest du machen, wenn ich auch so wäre... also nicht auf- aufs andre Geschlecht stehen würde?" Ich kann sie kaum verstehen, so leise spricht sie.
Erleichterung lässt die Anspannung in meinem Muskeln dahinschmelzen. „Marl. Es ist mir so wurscht, wirklich. Du kannst lieben, wen auch immer du willst. Ich bin da die letzte, die über dich urteilt. Ich steh immer hinter dir."
Sie sieht auf als suche sie etwas in meinen Augen und als sie es findet, atmet sie tief aus.
„Okay." Ich schenke ihr ein Lächeln, das sie nervös erwidert.
„Alles gut. Du bist deswegen nicht weniger liebenswert oder worthy, okay?" Erneut nickt sie.
„Okay." Mit einem letzten Druck ihrer Hand widme ich mich wieder meinem Aufsatz. Keine drei Zeilen später, lege ich die Feder wieder zur Seite.
„Bonbonkopf?", will ich neugierig wissen. Das Rot auf ihren Wangen ist mir Antwort genug.
oOo
Ich werde immer rastloser, je näher Weihnachten rückt. Benjs Briefe werden immer weniger und mein Herz fühlt sich an als schlage es in einer kalten Höhle in meiner Brust. Was, wenn es ihm zu viel mit mir wird? Was wenn sich zu Weihnachten alles ändert? Ich versuche meine Gedanken in eine andere Richtung zu lenken und die Bitterkeit zu verdrängen, die in mir aufsteigt. Ich versuche mit Remus zu reden, doch er scheint nirgends zu finden sein. Na toll, jetzt hat der sich auch noch verkrochen und Vollmond rückt immer näher. Spielen gerade alle verrückt? Ständige Müdigkeit versucht meine Lider zu zudrücken, auch wenn ich noch so stark dagegen ankämpfe. Dabei schlafe ich sogar genug. Eigentlich. Gerade will ich mich auf den Weg zum Rumtreiberschlafsaal machen, als eine Hand auf meinem Unterarm mich zurückhält. Ich wirble herum, die Augen weit aufgerissen, nur um Remus gegenüber zu stehen, der mich rasch loslässt, als habe er sich verbrannt. Mein Herz hämmert gegen meine Rippen, doch ich versuche ruhig zu atmen.
„Tut mir leid."
Ich schüttle meinen Kopf und somit meine Gedanken ab, während ich mit einer wegwerfenden Handbewegung erwidere: „Alles gut. Was gibt's?"
„Dumbledor schickt mich. Er will uns dringend sprechen."
„Dumbledor?", ich runzle verwirrt die Stirn, „Wer ist uns?"
„Die Mädls aus deinem Schlafsaal, wir die Rumtreiber. Gwen."
„Oh- okay. Wissen es die andren schon?"
„ich hab Gwen Bescheid gegeben, ich hab sie vorhin getroffen. Lily und James sind schon dort, aber der Rest weiß es noch nicht, denke ich."
„Ok", ich sammle meine Gedanken, „Warum eigentlich?"
„Ich bin mir nicht ganz sicher, aber es klang sehr... also... sehr danach, als ob das unter uns bleiben sollte."
Ich nicke erneut. „Wann?"
„Jetzt. Also so schnell wie möglich."
Wir wechseln einen Blick und ein gemurmeltes „Bis gleich" später, habe ich schon am Absatz umgedreht und bin zu den Mädels hinaufgelaufen. Von Juliet ist keine Spur zu finden. Alices und Marys Gesichtsausdruck wechselt von verwirrt zu besorgt. Ich muss den Kloß in meinem Hals hinunterschlucken, als Menas weitaufgerissenen Augen sich in meine bohren.
„Es ist bestimmt nichts Schlimmes passiert", versuche ich sie leise zu beruhigen, doch ich kann es mir selbst noch nicht wirklich glauben. Ich hoffe einfach. Nunquam amitte spem, und so. Zu viert hasten wir also die Treppen hinauf und Gänge entlang. Gerade als wir den Korridor zu seinem Büro einbiegen, scheint eine Mauer aus -nun ja- Menschen aus dem Boden gewachsen zu sein. Ich zucke zusammen, doch ich entspanne mich, als mich Peters weiche Augen erreichen. Mein Blut rauscht in meinen Ohren, während ich versuche mein rasendes Herz unter Kontrolle zu bringen.
„Ganz ruhig, Emmi", murmelt der blonde, als er seine Schritte verlangsamt, um mit mir auf einer Höhe zu sein, „Atmen. Es wird nichts Schlimmes sein."
Ich nicke nur und gebe mein Bestes ihm zu glauben. Meine Finger zittern immer noch. Zu viele schlechte Nachrichten über die Jahre machen es schwer, noch auf eine gute oder zumindest nicht katastrophale Mitteilung zu hoffen. Ich fühle Menas Hand auf meinem Arm.
„It's gonna be fine", murmelt sie. Ich nicke nur. Dumbledor kann sich seine geheimnisvollen Treffen sonst wo hinschieben. Wie wäre es, wenn er uns einfach nur sagt, was passiert und uns nicht sprichwörtlich in der Nacht im verbotenen Wald herumtappen lässt? Wir erklimmen die letzte Treppe und kommen vor den Wasserspeiern zu stehen. Die beiden schwingen wortlos zu Seite. Jetzt mache ich mir wirklich Sorgen. Wie kann es sein, dass sie nicht mal ein Passwort haben wollen? Ich werfe einen verunsicherten Blick über meine Schulter, während mich Peter an den beiden vorbeischiebt. Meine Glieder fühlen sich an, als hätte sie jemand mit Blei übergossen, als die Stufen zu Dumbledors Büro hinauf mich in die Knie zu zwingen drohen. Verdammtes Zittern. Ich atme tief durch. Ich bin die Spes Erbin. Ich bin stark. Ich werde nicht brechen. Nicht nochmal. Ich entschwinde flink Peters Griff, schenke ihm ein dankbares Lächeln und straffe meine Schultern. Keine Schwäche. Nicht jetzt.
Sirius drückt die Türe zum Raum des Direktors ohne zu klopfen auf, seine Augenbrauen misstrauisch zusammengezogen. Lilys flammende Haare wirbeln herum, als sie sich überrascht in ihrem Sitz umdreht. Tatze nickt Dumbledor zu, derselbe berechnende Ausdruck auf sein Gesicht gemeißelt, bevor er den Raum durchquert und neben James Stellung bezieht, der sich auf der Lehne des anderen Chintz-Sessels abstützt. Er lächelt uns ermutigend zu, obwohl er selbst vor Ungeduld angespannt scheint. Wir strömen durch die Türe. Zwei andere Ravenclaws und drei Hufflepuffs sind ebenfalls schon anwesend. Gemurmelte Begrüßungen lassen die Luft summen. Mein Blick haftet auf Dumbledor, dessen eisblaue Augen interessiert durch den Raum huschen, während seine Finger ruhig auf dem Tisch vor ihm ruhen. Was wird das hier? Ich lehne mich an das Regal neben der Türe und warte wie ein Jäger auf der Lauer. Die Panik in meinem Adern ist abgeflaut. Das hier kann kaum etwas Schlechtes bedeuten. Meine Gedanken huschen von einer Theorie zu einer anderen. Eine Versammlung an Zauberern, die kurz davor sind, die Schule abzuschließen. Also fast volljährig. Keine Slytherins. Es dämmert mir.
„Darf ich um eure Aufmerksamkeit bitten", unterbricht Dumbledors Stimme die Unruhe. Sofort verstummen die Geräusche und meine Gedanken. Gespannt liegt mein Fokus auf unserem Direktor. Dem Mann, der auf unserer Seite steht, um Voldemort Fall herbeizuführen.
„Ich weiß, ihr fragt euch vermutlich, warum ich euch zu mir gebeten habe. Ich entschuldige mich für die Geheimniskrämerei, aber es ist in diesen Zeiten wichtig, Vorsicht walten zu lassen. Ich bin mir nicht sehr sicher, wem ich trauen kann."
Warum haben Sie uns dann hergeholt, will ich sagen, doch ich verkneife mir die Worte, die aus mir heraussprudeln wollen. Ich habe diese ganze Sache schon so satt.
„Aber in euch habe ich Vertrauen gefasst", spricht er unverwandt weiter, „Voldemort ist auf dem Vormarsch" Eine Welle der Angst rollt durch den Raum. Be scared and do it anyway. „und es wird Zeit, dass sich nicht nur das Ministerium gegen ihn wehrt. Politik kann, wenn sie das möchte, einiges bewirken, doch es liegt auch an uns, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen und unseren Beitrag zu leisten. Nur vereint können wir unser Ziel erreichen. Frieden." Er blickt uns reihum an, seine blauen Augen schimmern voller Elan.
„Ich habe mit Auroren in Zusammenarbeit und vielen, bereiten Zauberern und Hexen, wie euch, eine Organisation auf dem Staub gehoben. Den Orden des Phönix."
„Es ist eine Untergrundbewegung, die seit mehreren Monaten unermüdlich an der Untergrabung von Voldemorts Reihen arbeitet. Unser Ziel ist es, ihn zu vernichten. Jedoch muss der Orden erst wachsen, bevor wir nachhaltig etwas verändern können. Da kommt ihr ins Spiel. Die meisten von euch werden am Ende des Schuljahres volljährig und somit alt genug, um dem Orden beizutreten, sein. Ich weiß, es ist keine leichte Entscheidung sich neben der Suche nach einem Job auch noch um solche Dinge zu kümmern. Ich verstehe das. Aber solange dieser Krieg nicht zu Ende und Voldemort auf dem Vormarsch ist, wird eure Zukunft aus sehr wenig Licht und viel Dunkelheit bestehen." Er hält inne.
„Ich würde euch gerne das Angebot machen, euch - sobald ihr euer letztes Schuljahr abgeschlossen habt - dem Orden des Phönix anzuschließen." Mir bleibt die Luft weg. Wir stehen am Anfang. Am Anfang des Krieges. Es wird noch so lange dauern. Es wird nichts als Schmerz geben. Ich zwinge mich ruhig zu atmen. Ich kann nicht schon wieder.... Es wird werden. Sirius löst sich neben mir aus seiner Starre.
„Wenn ich das jetzt richtig verstehe", er hebt seine Stimme, ernst und so anders als er sonst ist, „schlagen Sie uns vor, dass wir für Sie in den Krieg ziehen, nachdem wir hier fertig sind."
„Mit mir, Mr. Black", erwidert er ruhig und hält seinen herausfordernden Blick.
„Und Sie vertrauen uns. Einfach so." Ungläubigkeit schwingt in seinen Worten mit.
„Natürlich. Wieso sollte ich das nicht?"
Ein Schnauben verlässt Tatzes Kehle. „Ich weiß ja nicht. Vielleicht weil ich ein Black bin und weiß, dass meine Familie sich jetzt nicht gerade gegen den „dunklen Lord", Zynismus liegt schwer in der Luft, „stellt."
„Sie sind nicht ihre Familie", Dumbledor klingt so bestimmt, als sei es absurd überhaupt etwas andres zu glauben. Sirius wirkt wie vor den Kopf gestoßen.
„Also", Gwen kaut auf ihrer Lippe, während sie nach Worten sucht, „Wir würden mit Ihnen gegen Du-weißt-schon-wen vorgehen. Was... also... garantieren Sie uns dafür auch Schutz?" Ihre Augen wirken fiebrig und schimmern glasig im Licht der Kerzen.
„Natürlich, Miss Summers. Das ist doch selbsterklärend."
„Und schützen Sie auch die, die wir" lieben „... die wichtig für uns sind. Unsere Familien?" Sirius angespannte Haltung neben mir schmilzt dahin. Mein Blick flackert zu ihm, um den sanften Ausdruck in seinen Augen zu erhaschen. Regulus.
„Ich werde mich persönlich darum kümmern", verspricht Dumbledor ihren flehenden Smaragden. Sie nickt und blinzelt rasch, um die Tränen aus ihren Augen zu verbannen. Meine Brust zieht sich schmerzvoll zusammen. Aber wie soll er dem Schicksal entkommen?
„Ich bin dabei", ihre Stimme hart und entschlossen.
„Sind Sie sich sicher, Miss Summers? Ich erwarte mir noch keine Antwort von Ihnen, Sie können gerne ihre Entscheidung nochmals überdenken."
„Vielen Dank, Professor, aber nein. Ich bin dabei."
„Ich auch", kommt es von Lilys Platz, „das ist viel zu wichtig, als dass man sich noch viel überlegen müsste."
„Evans", James Stimme klingt gezwungen leicht, „sicher, dass du nicht noch eine Pro- und Kontra-Liste anfertigen musst, damit du dich auch wirklich richtig entscheidest?"
Sie schnaubt: „Das liegt doch auf der Hand, dass das die richtige Entscheidung ist. Meinesgleichen werden gejagt und abgeschlachtet, James. Du erwartest doch nicht wirklich, dass ich auf meinem Hintern sitzen bleibe und zuschaue."
„Nein, habe ich nicht", seine Worte sind sanft, doch ich kann die Sorge in seinem Blick erkennen, bevor er sich an Dumbledor wendet, „Sie können auch auf mich zählen, Professor."
„Same here", melde ich mich zu Wort. Die Entscheidung war schon von vornherein klar. Ich lasse doch meine Freunde nicht allein am Schlachtfeld zurück. Die Spannung, die davor dicht im Raum gehangen hat, verwandelt sich in Entschlossenheit. Mena tritt neben mich, nickt bekräftigend mit dem Kopf. Nach und nach stimmen meine Schulkollegen zu, werden zu einer Einheit, bereit dem Bösen die Stirn zu bieten. Ich spüre einen Schauer mein Rückgrat entlanglaufen, doch ich kann mich nicht entscheiden, ob er einer der Rührung oder einer der Angst ist. Der Krieg ist endgültig angekommen und wir bereit. Ob wir es nun wollen oder nicht.
Die Tage kommen und vergehen. Die Dunkelheit zieht den Großteil der Stunden, die ich wach bin in einem düsteren Schleier. Alpträume lassen mich die Nacht erleben, sodass die Müdigkeit mich in die Knie zwingt. Ich weiß, wenn ich nicht bald durchschlafen kann, muss ich Madam Pomfrey wieder um einen Trunk des Traumlosen Schlafes bitten. Ich sollte ihn einfach selbst zu brauen beginnen. Wäre vermutlich leichter. Auf der anderen Seite will ich mich nicht mit irgendwelchen Tränken in einen schlafenden Zustand versetzen und riskieren, dass ich ohne kein Auge mehr zu bringe. Pomfrey meinte Bewegung würde helfen, aber Merlin, ich hab kaum genug Kraft, um mich durch meinen Tag zu manövrieren. Außerdem ist diese Woche Vollmond. Nur noch Vollmond. Danach ist Weihnachten. Danach kann ich nach Hause und danach kann ich Benj wiedersehen. Ich atme tief durch. Ruhig. Ich spüre die nervöse Energie, die durch meine Adern zu wandern beginnt. Ich schaff das schon. Ich kann das. Ich kuschle mich tiefer in die Decke, meine Beine sind dicht an meinen Körper gezogen. Ich blicke hinunter auf das Zauberkunstbuch, das auf der Lehne des Sessels ruht. Ich versuche meine Aufmerksamkeit zurück auf den Inhalt zu richten, aber die Zeilen verschwimmen vor meinen Augen. Die folgende Zauberstabbewegung... die folgende Zauberstabbewegung ist... die folgende...
Ich fahre erschrocken hoch nur, um fragenden Augen zu begegnen. Ich blinzle, um die Schemen auszumachen. Klarer kann ich den Jungen erkenne, der sich über mich beugt. Ich wische mir über meine Lider. „Remus?", krächze ich.
„Hey", seine Stimme ist sanft, „Du solltest rauf gehen." Ich setze mich schlaftrunken auf, mein Blick wandert durch den verwaisten Gemeinschaftsraum.
„Wie spät ist es?", murmle ich.
„Kurz nach zwölf."
Ich nicke ohne zu antworten und sammle mich.
„Okay, mach ich", erwidre ich und beginne meine Glieder aus der Decke zu entwirren. Sie wiegen schwer und ungeschickt erhebe ich mich. Das Buch ist zu Boden gefallen, während ich gedöst habe.
„Danke Remus. Schlaf gut." Ich wende mich zum Gehen.
„Emmi, warte kurz."
„Hm?", ich drehe mich schlaftrunken um.
„Wegen Vollmond" Ich reiße mich mühselig aus meinem schläfrigen Zustand und sehe ihn neugierig an. Entweder er sagt mir jetzt, dass es eine hirnrissige Idee ist oder dass wir es versuchen können. Dass wir uns endlich einen Schritt weiter an unser Ziel bewegen können. Der honigblonde Junge vor mir pfriemelt an den Ärmeln seines Pullis, der grau und träge an ihm herabhängt und dessen Kragen nur ansatzweise die Narben der letzten Monate verdeckt. Sein Blick wandert durch den Raum, trifft alles nur nicht mich und kommt schließlich auf seinen Schuhen zur Ruhe.
„Ja?", ich bemühe mich meine Stimme sanft klingen zu lassen, weich.
„Okay", bricht es aus ihm hervor. Mein Herzschlag beschleunigt in meiner Brust.
„Okay, was?"
„Wir können's machen" meine Kinnlade trifft den Boden, doch ich schließe meinen Mund schnell wieder.
„Wirklich?", frage ich nach, atemlos, bemüht mir meine Euphorie nicht so sehr anmerken zu lassen.
„Ja", murmelt er, hebt seine Augen, um mich direkt anzusehen. Und ich kann die Angst in ihnen erkennen. Seine hellen und sonst so gefassten Augen sind weit aufgerissen, glitzern im spärlichen Licht des Kamins, dessen Flammen langsam zu Glut zusammenfallen. Der dämmrige Gemeinschaftsraum ist verwaist, sodass seine Stimme laut durch den Raum schwebt, bevor sie von den vielen, dicken Couches und Sesseln verschluckt wird.
„Remus", ich mache einen Schritt auf ihn zu und schaffe es kaum meine Besorgnis aus meinen Worten zu verbannen, „wenn du das wirklich nicht willst, werden wir einen anderen Weg finden. Wirklich."
„Nein, Yang, es ist okay. Ich bin bereit."
„Okay", sage ich, „Okay."
Ein kleines Grinsen schleicht sich auf sein Gesicht, nachdem wir für eine Weile in der Position verharrt haben. „Emmi, hast du gerade einen Kompromiss angeboten und bist nicht ohne Rücksicht auf Verluste mit deiner Meinung davongezogen?"
Ich muss lächeln, doch die Reue, die in mir lauert, stößt mir bitter auf. „Man ist am Ende doch lernfähig."
„Unglaublich." Ein Schmunzeln, doch meine Gedanken kreisen weiter.
Ich fasse mich wieder, bevor ich mich in dem Gefühl der Verantwortlichkeit und Schuld verliere. „Danke, Remus."
„Gerne. Ich glaube... ich glaube, wir können das schaffen."
„Wir werden das schaffen", sage ich überzeugt, „Wir können alles schaffen, wenn wir wollen."
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