Kapitel 2 - Nacht des Zaubers

»Kaycie!«

Wieder und wieder vernahm ich diese seltsame Stimme. Und jedes Mal schien sie aus einer anderen Richtung zu kommen. Ich folgte ihr, bis ich regelrecht in eine Höhle stolperte, die fast von der Vegetation zugewachsenen war. Nur wenn man ganz genau hinsah, konnte man den Eingang ausmachen. Vorsichtig schob ich mich am dichten Geäst vorbei und lief in gebückter Haltung in die Dunkelheit hinein, in die mich das Wispern lockte.

Die Höhle war ziemlich niedrig. Mit einer Hand an der rauen, felsigen Wand ging ich Schritt für Schritt weiter, tiefer in die Finsternis hinein. Ich wurde buchstäblich von ihr verschluckt, denn schon nach wenigen Metern sah ich nichts mehr, außer schier endlose Schwärze, die mir die Orientierung raubte.

Als ich schon glaubte, ich würde hier niemals wieder rauskommen, drang ein schwaches, pulsierendes Licht zu mir in den Gang. Es tauchte die Umgebung in einen mystischen, bläulichen Schein. Ich vernahm das gleichmäßige Tröpfeln von Wasser. Es hallte mit einem hellen Echo von den Felswänden wider.

Mit offenem Mund betrat ich schließlich eine Art Grotte. Ein unterirdischer See mit kristallklarem Wasser funkelte in der Mitte, er verströmte dieses bläuliche, pulsierende Licht, das ich zuvor wahrgenommen hatte. Die Felswände glitzerten in verschiedenen Farben, sodass ich mir endgültig wie in einer verzauberten, ganz anderen Welt vorkam. Dieser Ort konnte einfach nicht real sein, ich musste träumen.

Die Stimme, die den ganzen Weg hierher nach mir gerufen hatte, verhallte in der Grotte mit einem sehnsüchtigen, langgezogenen Echo.

Immer noch staunend sah ich mich um. Hatte ich wirklich eine so ausgeprägte Fantasie, dass ich mir solch einen Ort, ohne ihn jemals zuvor in meinem Leben gesehen zu haben, so real vorstellen konnte?

Mein Blick blieb an der Decke der Felshöhle hängen. Dort schien der Mond durch eine fast kreisrunde Öffnung hinein. Ein winziger Teil fehlte noch, dann würde er das Loch komplett mit seinem Licht füllen.

Es gab nur eine Möglichkeit, warum diese Öffnung so rund und so weit oben aufragte: Die Grotte, in der ich nun stand, musste der Schlot des Vulkans sein. Der Vulkan, aus dem die gesamte Insel entstanden war.

Plötzlich stiegen vom kristallklaren Wasser des Sees Lichtpartikel auf. Sie schwebten wie Glühwürmchen in die Höhe und schienen mit dem Mond zu verschmelzen. Eigentlich war das unmöglich, da dieser zu weit entfernt war, dennoch wirkte es von meinem Standpunkt aus so.

Dann stiegen Luftblasen an die Wasseroberfläche und das Wasser im See begann augenblicklich zu brodeln. Verwirrt bemerkte ich, wie sich etwas in meinem Inneren danach sehnte, das Wasser zu berühren. Es verzehrte sich geradezu danach. Und so kniete ich mich ergeben an den Rand des Sees und streckte eine Hand nach dem Wasser aus.

Als meine Haut das erstaunlich warme Nass berührte, schwirrten mit einem Mal diese Lichtpartikel, die immer noch nach oben stiegen, um meine Finger herum. Sie schlängelten sich weiter hoch zu meinem Arm, bis sie schließlich um meinen ganzen Körper kreisten. Wie hypnotisiert sah ich dem magischen Tanz des Lichtes zu. Es erfüllte mich mit einer unglaublichen Zufriedenheit, es schien mich zu vervollständigen.

Ich schloss meine Augen und mit einem wohligen Seufzen glitt ich, ohne mich darum zu scheren, dass meine Kleidung nass werden könnte, in das Wasser. Es umhüllte mich wie eine wohlig warme Decke. Ich fühlte mich unendlich geborgen. Zuhause.

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