Kapitel 5.2
Verständnislos schüttelte er den Kopf und folgte Lina weiter, welche über die Straßen spazierte.
„Was soll das? Du sprichst immer wieder diese Suche an. Wieso sagst du mir nicht einfach was es damit auf sich hat? Dann hätte ich vielleicht keine Albträume mehr, dass ich irgendwann aufwache und die Familie Windfall über Nacht brutal ermordet wurde."
„Die Doppelmonde haben etwas mit einer Prophezeiung zu tun. Eine, die Blut und Tod ankündigt", sagte sie ernst. Das waren noch keine sensiblen Informationen, würden aber bei Rathan vielleicht dazu führen, dass er nicht mehr ganz so abweisend war.
Mit verengten Augen, blickte Rathan rätselnd zu Lina. Scheinbar war er sich unsicher was er von alldem halten sollte. „Für dich ... richtig?"
„Wenn es nur für mich wäre, wäre das durchaus weniger tragisch. Aber die Prophezeiung spricht vom Untergang der Welt", erklärte sie seufzend. Ihre Laune war sofort wieder im Keller. Diese Prophezeiung lastete ihr schwer auf den Schultern.
Doch trotz dieser kryptischen Nachricht, schien Rathan noch immer skeptisch. Nicht unbedingt verwunderlich. Immerhin war sie eine Fremde, die sich unter einer falschen Identität ins Schloss geschlichen hatte. „Eine Prophezeiung, die den Untergang der Welt ankündigt? Und niemand hat davon gehört? Sollte das königliche Orakel nicht davon mitbekommen haben?", fragte er vorsichtig, als ob er befürchtete Lina damit auf die Füße zu treten.
Sie schüttelte den Kopf. „Der Magierorden ist in diesen Dingen sehr diskret", sagte sie und biss sich dann auf die Lippen. Sie hätte nicht sagen dürfen, dass sie zum Magierorden gehörte. Verdammt. Was hatte dieser junge Mann nur an sich, dass sie alle Vorsichtig fallenließ? War es seine unbedarfte Art, die ihr das Gefühl von Sicherheit vermittelte?
Vielleicht ging ihr Unterbewusstsein auch davon aus, dass er nur ein Schwachkopf war und ihr ohnehin nicht gefährlich werden könnte.
Seine Augen weiteten sich, als ein frischer Wind an ihnen vorbeizog. Stille legte sich über die beiden, während er sie einfach nur ungläubig anstarrte.
Lina räusperte sich. „Tu einfach so, als hättest du das nicht gehört, bitte", sagte sie murmelnd. Musste er sie so anstarren? „Jedenfalls zurück zum Thema: Hast du dich verändert?"
Er ignorierte ihre Worte und kam einige Schritte auf sie zu. Irgendwie schien sich seine Ausstrahlung mit einem Mal geändert zu haben. Die Nervosität wich und machte nun Bestimmtheit Platz. „Stimmt das? Du bist vom Magierorden?"
Das gefiel Lina ganz und gar nicht. Was, wenn er ihr deshalb jetzt noch mehr Probleme machte? „Ja", gab sie widerwillig zu. Es abzustreiten, würde sicherlich auch nichts bringen. „Warum auf einmal so ernst?", fragte sie nach, fühlte sie sich unter seinem Blick zunehmen unwohler.
Er senkte den Blick zunächst, beinahe so als wäre er schuldbewusst. Sein Augenmerk richtete sich langsam auf eine weite Weide, auf welcher sich einige Schafe befanden, um zu grasen.
„Meine Mutter erzählte mir früher immer Geschichten über den Magierorden", gestand er leise. Seine Worte waren überraschend sanft.
„Hat sie das?", fragte Lina, die nun ihrerseits lauernd wurde. Was, wenn es schlechte Geschichten waren? Dazu passte seine Stimmlage zwar nicht, doch auszuschließen war es trotzdem nicht.
Der Wind wurde frischer und kündigte gemeinsam mit lautem Donnergrollen ein nahendes Sommergewitter an. Doch Rathan rührte sich nicht von der Stelle.
„Nun ja ... es war nie sonderlich viel, doch sie fand es wohl wichtig, weil mein Vater dem Orden angehört haben soll. Wirklich geglaubt hatte ich das nie. Ich meine, der Magierorden ist mehr Mythos als Fakt."
Lina schnappte nach Luft. „Hat sie dir den Namen deines Vaters gesagt?", fragte sie, während sich ihr Herzschlag beschleunigte. Konnte ihr Mentor mit der Vermutung der Söhne doch Recht haben? Allein diese Tatsache sorgte dafür, dass Lina immer aufgeregter wurde.
Nachdenklich rieb er sich den Nacken und schien in seinen Erinnerungen zu suchen. „Schon, ja ... irgendwas rauxisches ... Derier oder so", gab er unsicher von sich und schüttelte den Kopf, als wäre es ohnehin nicht so wichtig.
„De Revier?", fragte Lina vorsichtig nach. Es klang ähnlich genug, dass sie gewillt war, ihm zu glauben.
Überrascht sah er zu Lina und zog leicht die Augenbrauen zusammen. „Kennst du ihn?" Seine Stimme war schon fast hoffnungsvoll.
Lina schüttelte den Kopf. „Getroffen habe ich ihn nie, aber ich habe viel über ihn gelesen. Er war ein sehr bekannter und starker Mondmagier."
Für den Bruchteil einer Sekunde wurden Rathans Augen größer, als würde er nun doch hellhörig werden. „Ach ja?", fragte er vorsichtig. Es war sichtbar, dass er mit sich selbst im Zwiespalt stand, was seinen Vater anging.
Lina lächelte schief. „Das dürfte ich dir gar nicht alles verraten", stellte sie leise klar. „Also sprich nicht darüber, ja? Ich kann dir etwas mehr erzählen, wenn du mir endlich meine Frage beantwortest."
Fragend verzog er das Gesicht. „Welche Frage war das noch gleich?", fragte er ein wenig dümmlich.
Hatte er die letzte halbe Stunde etwa nicht zugehört?
Lina verdrehte die Augen. „Ob du eine körperliche Veränderung bemerkt hast", half sie ihn auf die Sprünge.
Zögerlich schüttelte Rathan den Kopf und blickte kurz an sich hinab und dann wieder zu Lina. „Nein, mir geht es gut ... auch wenn ich noch immer nicht verstehe, was das sollte."
Lina stieß die Luft aus. „Kein Mal oder so?", fragte sie noch einmal zur Sicherheit. Immerhin könnte er es auch nicht bemerkt oder für vollgenommen haben. Dass sie es eigentlich verschweigen wollte, vergaß sie im Moment.
„Ein Mal?", wiederholte er fragend und hob sein Hemd ein wenig an, um sich seine Brust zu besehen.
Lina tat es ihm gleich und musste gestehen, dass er trotz der Tatsache, dass er eher schmächtig war, anziehend aussah. Sie wurde sogar leicht rot um die Nase.
Doch auch sie musste gestehen, dass nichts zu sehen war.
Stirnrunzelnd sah er wieder zu Lina. „Kannst du mir jetzt endlich sagen was das Ganze soll?"
Sie seufzte leise und ließ enttäuscht die Schultern hängen. „Wärst du Teil der Prophezeiung, wäre ein Mal bei dir aufgetaucht. Zumindest, wenn ich den Zauber richtig angewandt hätte. Dabei dachte ich, der Kompass hätte auf dich gezeigt."
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