Kapitel 3.3

„Oh. Das ist schade. Hast du denn keine Familie?", fragte Lina weiter. Sie war einfach neugierig und wollte mehr von Kivan wissen.

„Äh ...", machte er ein wenig unbehaglich und bewegte sich nun langsam auf eine andere Box zu, um eines der Pferde zu satteln. „... nicht, dass ich wüsste."

„Oh", gab Lina von sich, die ihm folgte und das Pferd sanft streichelte. „Lebst du hier im Schloss?", fragte sie weiter. Noch wollte sie nicht nachlassen.

Er schüttelte den Kopf, während er unbeirrt seiner Arbeit nachging. „Ich denke, dafür bin ich nicht wichtig genug."

Lina nickte leicht. „Verstehe. Macht dir deine Arbeit Spaß?", fragte sie und tätschelte das Pferd sanft.

Ein Schulterzucken von Kivan folgte. „Sicher. Es gibt besseres, aber auch weitaus schlechteres. Von daher bin ich dankbar für meine Arbeit", murmelte er, während er sich zu konzentrieren schien.

Da er gerade sehr abgelenkt war, zog Lina den Kompass aus ihrer Tasche und betrachtete ihn. Ob es sich bei Kivan um den Gesuchten handelte? Immerhin war sie in der Nacht zum Stall geführt wurden.

Der Kompass drehte sich wild im Kreis, als würde er gleich aus der Fassung springen.

Lina war unschlüssig, ob das nun ein gutes oder schlechtes Zeichen war. Sie müsste dem Gesuchten nah sein, doch wo genau er nun war, war schwer zu sagen. Hier waren wirklich viele Leute.

„Ihr seid ganz schön neugierig. Und dann interessiert Ihr Euch auch noch für etwas so Langweiliges wie einen Stallburschen. Habt Ihr Euer Wissen etwa schon so weit erweitert, dass nur noch Krümel bleiben?", fragte er plötzlich belustigt, während er sie musterte. Das Pferd war inzwischen fertig gesattelt und bereit zum Aufbruch. Doch schien er auf Lina gewartet zu haben.

„Ich bin einfach ein sehr neugieriges Wesen", lächelte Lina und steckte den Kompass wieder weg. Kivan könnte eines ihrer Ziele sein. Sie würde weiter mit ihm sprechen. „Stört es dich?"

Er begann das Tier an den Zügeln hinaus auf den Hof zu führen, wo es von einem anderen Stallburschen entgegengenommen wurde. Kivan lachte nur belustigt. „Mich weniger, aber den Stallmeister vielleicht, wenn Ihr mich von der Arbeit ablenkt."

„Ich verstehe. Dann tut es mir leid, dass ich deine Zeit gestohlen habe", sagte sie und fragte sich, ob sie mit dem Stallmeister sprechen sollte. Vielleicht war es möglich den Greifen zu reiten. Wobei sie da wohl eher mit dem Prinzen sprechen musste.

Kivan machte nur eine wegwerfende Geste, als wäre das alles halb so schlimm. „Schon in Ordnung. Man sieht sich sicherlich mal wieder", verabschiedete er sich letztlich, als er schon wieder in den Stallungen verschwand, um seiner Arbeit nachzugehen.

Lina blieb zurück und blickte ihm kurz nach. Sollte sie vielleicht noch einmal mit ihrem Mentor reden? Sie war sich unsicher, wie sie herausfinden sollte, ob es sich lohnte, die Männer mit Magie zu markieren. Aber wie sollte sie sonst wissen, ob er zu den Gesuchten gehörte?

Etwas zu verlieren hatte sie immerhin nicht. Ihr Mentor hatte sie ausgebildet und hergeschickt. Eigentlich wusste er doch auf so gut wie alles immer eine Antwort.

Also zog sie sich wieder zurück in ihr Zimmer und holte ihre magische Scherbe hervor. Diese blickte sie an und wartete darauf, dass der Zauber ihren Mentor zeigte.

Erneut zeigte sich wieder das faltige Gesicht auf der Scherbe, welches ihr entnervt entgegenseufzte. „Hm", gab ihr Mentor mit einem Brummen von sich und schloss die Augen.

„Ich glaube, dass ich einen gefunden habe, aber der Kompass dreht durch und ich bin unsicher", gestand sie flüsternd, wollte sie doch nicht, dass man sie hörte.

Die Fenster waren geschlossen, was es hier drin unangenehm stickig machte. Es war ein sonniger Nachmittag, doch sie konnte keine Luft hineinlassen, ohne auch Töne nach draußen dringen zu lassen. Später müsste sie lüften.

„Wenn er durchdreht, ist er ganz in der Nähe", murmelte der Magier in seinen Bart. Es war schwer ihn zu verstehen, wie er so vor sich hin brummte, doch Lina war inzwischen dazu in der Lage, seine ganz eigene Sprache zu verstehen.

„Ja, das weiß ich. Ich habe zu dem Zeitpunkt mit einem jungen Mann gesprochen. Wie weiß ich definitiv, dass er es ist?", fragte sie und wurde immer aufgeregter.

Er seufzte und öffnete leicht ein Auge, um seine Schülerin zu mustern. „Du musst sie in einem Moment der Schwäche erwischen, damit du deine Magie unbemerkt in sie leiten kannst, um ihr Mal zu aktivieren", wiederholte er Wort für Wort, was er ihr ohnehin schonmal erklärt hatte.

„Was heißt Moment der Schwäche?", fragte sie, da sie hoffte, dass es noch eine andere Möglichkeit gab, um die Male zu aktivieren. Bisher hatten sie nur darüber gesprochen, dass es mit einem Kuss möglich war, dies unbemerkt zu tun.

„Ein Moment der Schwäche kann sowohl physisch als auch psychisch stattfinden. In dem Moment, wo er seine Deckung fallen lässt, ist er ein leichtes Ziel."

Lina atmete aus. Das hatte sie sich gedacht. „Ich verstehe", murmelte sie. Es würde ihr wohl nichts anderes übrigbleiben. Sollte sie mit der Wache, dem Stalljungen oder aber dem Prinzen beginnen?

Und wenn sie es nicht waren? Es gab allein in diesem Schloss so unglaublich viele Söhne. Wie sollte man da durchblicken?

Ein Räuspern unterbrach Linas Gedankengänge und lenkte ihre Aufmerksamkeit auf einen ziemlich müde aussehenden Mentor. „Hast du dir die Prophezeiung nochmal angesehen, wie ich es dir gesagt hatte?"

Lina schüttelte den Kopf. „Nein. Meine Koffer sind nicht gekommen und damit ist auch die Abschrift weg", sagte sie, hatte sie ihn doch darüber in Kenntnis gesetzt.

„Ich habe dir doch schon ein Dutzend Mal gesagt, du sollst sie auswendig lernen, bevor du abreist. Was hast du denn die drei Tage in deinem Zimmer gemacht?", fragte er nun ein wenig energischer, auch wenn er für Außenstehende wohl noch immer, wie ein träger, alter Kauz wirken musste.

„Ich habe mich auf meine Rolle vorbereitet. Und ich kann es auswendig, doch ich möchte trotzdem sichergehen", sagte sie ruhig, da sie es bereits gewohnt war, dass er so reagierte.

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