Kapitel 13.5

Er lachte amüsiert auf und schien von dieser Ansprache wirklich belustigt zu sein. „Keine Sorge. Leute ohne Herz können nicht sterben. Ich bin sicher, dem Kerl geht es blendend", winkte er unbesorgt ab. „Und was diesen Weltuntergang angeht: Wieso genau sollte das passieren?"

„Ich weiß nicht warum genau", sagte Lina und deutete nach oben. „Aber siehst du diesen Mond? Er ist das erste Zeichen. Zudem werden in der ersten Stadt bereits die Menschen verrückt und bringen sich gegenseitig um", sagte sie ernst.

„Hm?", machte er fragend und schielte zu Kivan. „Ja ... hab davon gehört. Und du glaubst das hat was mit mir zu tun?"

Lina nickte. „Ja. Es gibt ein Ritual, das diesen Zustand ... lösen könnte. Dazu brauche ich aber die acht Söhne von De Revier", erklärte sie, in der Hoffnung, Lateux irgendwie zu überzeugen.

„Und was genau hast du mit dieser ganzen Sache zu tun?", fragte er dann und sah Lina aus verengten Augen heraus an.

„Ich habe die letzten Jahre die Prophezeiung studiert und mich auf den Weg gemacht, die acht Kinder des Mondes zu suchen", sagte sie und blickte Lateux direkt in die Augen.

Unbeeindruckt hob er die Hand, um Lina gegen die Stirn zu schnipsen. „Du sprichst in Zungen. Mach am besten mal ganz langsam und fang von vorn an."

Lina atmete tief durch und begann ihm zu erklären, was eigentlich los war. Wie sie die Prophezeiung gefunden und studiert hatte, bevor sie losgereist war, um mit dem Kompass die gesuchten Männer zu finden.

„Du gehörst also auch zum Orden?", fragte Lateux ruhig und schloss die Augen, um das Gesagte zu verdauen.

„Ich wurde als Kind dort aufgenommen, ja", sagte Lina, die ihn genau musterte.

Er wirkte noch immer recht entspannt und schien nachzudenken. Lateux schien nicht die Sorte Mensch zu sein, die sich fürchtete. Viel mehr lebte er im Moment, ohne an das Morgen zu denken. „Und du willst, dass diese acht Söhne, ich einer von ihnen, dir dabei helfen dieses Ritual zu vollführen, um den Untergang der Welt abzuwenden. Verstehe ich das richtig?"

Lina nickte. „Genau. Das ist der Plan", sagte sie ernst. Im Moment glaubte sie ihm, dass er der Sohn war, doch das hieß nicht, dass sie nicht doch noch einen Test machen würde.

Lateux grinste schief und lachte leise, bevor er Kivan einen amüsierten Stoß gegen den Arm verpasste. „Sowas hört man nicht alle Tage, das muss ich schon sagen. Aber weißt du was? Ich bin dabei. Mich hält hier sowieso nicht mehr viel."

Lina blinzelte überrascht. „Ernsthaft jetzt?", fragte sie perplex. Das ging doch besser als erwartet. Davon abgesehen, dass sie ihre Zeit am falschen Mann verschwendet hatte. Zudem musste sie noch testen, ob Lateux wirklich der Gesuchte war. Daher holte sie auch den Kompass hervor, den sie dieses Mal in einer kleinen Tasche am Bauch mit sich führte. Er drehte sich etwas, wobei er immer wieder auf Lateux zeigte.

Dieser zuckte nur die Schultern, was Kivan ein genervtes Seufzen entlockte. „Ja, wieso nicht? Dann bekomm ich wenigstens ein wenig Abstand zu diesem Idioten von Prinz und kann stattdessen ein wenig Zeit mit einer hübschen Frau verbringen. Bevor ich es vergesse, das nächste Mal, wenn dir jemand Hilfe beim Aufsteigen anbietet, nimm sie bitte an."

„Habe ich dir weh getan?", fragte Lina überrascht und verschwieg, dass sie den Prinzen immer noch kontrollieren musste. Sie wollte ihn nicht gleich ausschließen. Nachdem das mit Kivan so schiefgegangen war, kontrollierte sie lieber noch einmal.

„Das nicht, aber unangenehm war es trotzdem."

„Dann entschuldige", sagte sie mit einem schiefen Lächeln. „Wieso willst du eigentlich von dem Prinzen weg? Ist er so nervig?"

Er schnaubte und drehte sich ein wenig, um sich zu strecken und zu dehnen. „Ugh, ich kann den Kerl einfach nicht ausstehen. Spielt sich auf, als würde ihm der ganze Spaß hier gehören und begrabbelt mich, als wäre ich sein dummer Greif."

Lina lachte leise. „Ich sehe schon, du lässt dich also lieber von einer Frau anfassen."

„Wer würde das nicht", erwidert er mit einem leisen Lachen. „Frauen sind einfach sanfter und nicht so grobschlächtig wie der da zum Beispiel", fuhr er fort und deutete dabei mit dem Daumen auf Kivan, der nur die Augen verdrehte.

„Also grobschlächtig würde ich jetzt nicht sagen", meinte sie und wurde rot. Der Kuss war alles andere als grob gewesen. Er hatte ihr sogar sehr gefallen.

„Hm?", machte er verwundert, als er die Röte auf Linas Wangen bemerkte und blickte zwischen Kivan und ihr hin und her. „Was genau ... geht hier vor sich?", fragte er langsam, doch Kivan reagierte nicht wirklich und gab sich weiterhin unbeteiligt.

Lina winkte ab. „Das ist ... schwierig", meinte sie mit einem schiefen Lächeln. „Ich hielt ihn für einen der Gesuchten, weshalb ich mit einem Zauber sichergehen wollte", erklärte sie grob.

„Ah", machte Lateux summend und sah grinsend zu Kivan. „Ich sagte doch, diese Waisenkindgeschichte wird nicht ewig halte."

„Sie hat mich viel Zeit gekostet", knurrte Lina verärgert und schüttelte leicht den Kopf, bevor sie sich wieder Lateux zuwandte. „Darf ich den Zauber auch an dir nutzen, damit ich sichergehen kann, oder besitzt du bereits ein Mal?"

Bei diesen Worten öffnete Kivan doch ein Auge und sah vielsagend zu Lina, als wäre sie nichts weiter als eine sehr einsame Frau, die von einem nicht existierenden Zauber erzählte, um sich Zuneigung von anderen zu erschleichen.

Lina ließ sich davon nicht stören. Immerhin wusste sie, dass sie im Recht war. Sie blickte Lateux weiterhin fragend an. Immerhin könnte es bei ihm gut möglich sein, dass das Mal schon da war.

„Ich weiß nichts von einem Mal", winkte Lateux ab, doch breitete dann einladend die Arme aus. „Tu dir also keinen Zwang an, aber wehe du ruinierst meine Haare."

Lina verengte etwas die Augen. Irgendwie hatte sie ein ganz ungutes Gefühl bei der Sache. Zudem wusste sie nicht, ob es möglich war, Lateux so einfach mit dem Zauber zu belegen. Trotzdem versuchte sie es. Sie trat näher, streckte sich und küsste ihn, in der Hoffnung, ihn so sehr zu überraschen, dass der Zauber leichter wirken konnte.

Sie konnte spüren, dass der Zugang in seinen Körper wesentlich leichter war als bei Kivan. Vielleicht weil er sich ihr freiwillig öffnete und nicht so skeptisch war wie der Stallbursche? Zu ihrer Überraschung spürte sie jedoch sogleich wie sich Lateux' Arme um sie legten und sie fest an sich drückten, oder viel mehr an die Boxentür, um den doch eher unschuldigen Kuss zu intensivieren.

Damit hatte Lina nun gar nicht gerechnet, weshalb ein leises Keuchen ihre Lippen verließ. Dennoch hielt sie den Zauber aufrecht und musste gestehen, dass Lateux richtig gut küssen konnte. Seine Lippen jagten ihr einen leichten Schauer über den Rücken.

Ein genervtes Seufzen erklang von Kivan, bevor er Lateux am Haar packte und von Lina wegzerrte. „Das reicht jetzt. Die Tiere können es sich ja nicht aussuchen, ob sie zuschauen wollen oder nicht. Habt ein wenig Mitleid", meinte dieser nur, als Lateux mit einem Schmerzenslaut die Arme nach hinten Riss, um Kivans Griff von sich zu schlagen.

„Hab du gefälligst Mitleid! Weißt du, wann ich das letzte Mal eine Frau geküsst habe?", zischte Lateux beleidigt zurück.

Lina leckte sich leicht die Lippen, während sie den beiden zusah. „Bist du eifersüchtig?", fragte sie an Kivan gerichtet. Wenn sie sich entscheiden müsste, dann hatte Lateux tatsächlich einen intensiveren, wilderen Kuss hingelegt, aber Kivan war überraschend zärtlich gewesen.

„Das wünscht du dir", erwiderte Kivan trocken an Lina gewandt, bevor er Lateux losließ und wieder die Arme verschränkte.

„Warum sonst solltest du intervenieren", neckte Lina weiter, während sie immer wieder zu Lateux schielte. Ob das Mal dieses Mal an einer Stelle erschien, die leichter zu sehen war?

Noch während sich Lateux schmollend den Hinterkopf rieb, erkannte Lina, wie sich ein helles Muttermal auf dem Hals den Gestaltwandlers bildete, in Form eines Vollmondes.

„Sagte ich doch schon. Nehmt euch ein Zimmer für sowas", entgegnete Kivan nur.

„Da ist es. Das Mal", meinte Lina erleichtert und deutete auf den Hals von Lateux. „Du hattest also Recht", freute sie sich. Dann hatte sie doch keine Zeit verloren! Ihr fiel förmlich ein Stein vom Herzen.

Sowohl Lateux als auch Kivan blickten nun fragend zu Lina, bevor ersterer sich fragend an den Hals tastete, wo die Magierin drauf gedeutet hatte. „Was?"

„Da ist das Vollmond-Mal", sagte Lina zufrieden. „Ein Zeichen, dass du wirklich derjenige bist, den ich suche." Sie konnte es noch immer nicht fassen. Dass De Revier einen Gestaltwandler gezeugt hatte, verwirrte sie zwar ein bisschen, doch im Grunde war sowas nicht unmöglich.

Obwohl Lateux ein recht ruhiger und eher mysteriöser Charakter zu sein schien, war seine Reaktion doch recht ähnlich zu Rathans. Er war überrascht, hatte einige Fragen und wollte es auch nicht so ganz wahrhaben.

Lina versuchte ihre eigene Ungeduld zu zügeln und es ihm Stück für Stück zu erklären.

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