Kapitel 12.3
Diese Frage überraschte Lina nun doch und sie dachte einen Moment nach. „Ich denke, an der Art, wie die Zauber genutzt werden. Meine wurde ausgelöst, als ich Angst hatte. Der Zauber war ... sehr explosiv", sagte sie schief lächelnd.
„Wie sie genutzt werden? Kannst du vielleicht ... etwas genauer sein?", bat er etwas verzweifelt und verzog das Gesicht. Mit dem Maßstab konnte er nicht wirklich etwas anfangen.
„Man kann es nicht genau sagen. Es kommt auf das erste Mal an, wo du Magie nutzt. Die Art und Weise zeigt, ob du Potential hast. Wenn es dir leichtfällt oder du weitflächige Zauber erschaffen hast. Solche Dinge", sagte sie und zuckte die Schultern. Das Potential einzuschätzen war nicht ihre Aufgabe, daher hatte sie dahingehend eher wenig Erfahrung.
„Aber sie nehmen auch Leute auf, die kein so großes Potenzial haben? Ich meine ..., wenn ich dahin gehe, wärst du sowas wie meine Beziehung zum Orden. Brauch ich dafür nicht irgendwie ... Talent?"
„Nein. Mit Beziehung brauchst du nicht zwingend ein Talent, nur Magie", meinte Lina leise lachend. Das war im Grunde recht ungerecht, aber so war es nun einmal.
„Ist die Ausbildung nicht sehr ... fordernd?", fragte er weiter. Er schien wirklich so einiges an Fragen zu haben. Doch wer konnte es ihm verübeln? Über den Magierorden war immerhin nichts bekannt. Höchstens hörte man Gerüchte.
„Ja. Die Ausbildung kann sehr schwierig und fordernd sein", stimmte sie zu und dachte einen Moment nach. „Aber, wenn es einem Spaß macht, merkt man das kaum", versicherte sie schnell und mit einem Lächeln.
„Ich weiß nicht so recht ..., ob ich ein guter Magier wäre. Vorausgesetzt ich beherrsche überhaupt Magie", gab er zu bedenken und schien sich selbst nicht wirklich in der Rolle eines Magiers sehen zu können. Doch gerechter weise musste man zugeben, dass er nicht gerade dem Stereotypen eines Magiers entsprach.
Lina musterte ihn nun eingängig. „Willst du denn einfach mal versuchen, ob du Magie beherrschst?", wollte sie wissen, auch wenn sie sich selbst nicht ganz sicher war, wo sie anfangen sollte.
„Um ehrlich zu sein, gäbe es da noch etwas anderes, was mich mehr interessieren würde als meine potenzielle Magie", gestand er und hob erwartungsvoll den Blick zu Lina, um ihr in die grünen Augen zu blicken. „Was genau weißt du so über meinen Vater?" Die Frage war geradezu sanft. Ihm war anzusehen, wie viel ihm diese Antwort bedeutete. Wenn man davon ausging, dass er seinem Vater nie begegnet war und seine Mutter vielleicht nicht mehr am Leben ... Lina könnte eine neue Chance für ihn sein, mehr Informationen über De Revier zu erhalten.
„Ich selbst leider nicht so viel", gestand sie schief lächelnd. „Aber der Orden. Er war immerhin ein sehr bekanntes und sehr mächtiges Mitglied. Einige Jahre sogar Vorsitzender."
Beeindruckt weitete Rathan die Augen. „Er war ... mächtig? Wie mächtig denn?"
„Er war hoch angesehen und hat viele, wichtige Zauberbücher geschrieben. Zudem besaß er Mondmagie. Eine Magie, die nicht häufig vorkommt. Frag mich allerdings nicht, was genau es damit auf sich hat", sagte sie und lächelte schief. „Ich weiß, dass er sehr viele Schüler ausgebildet hat. Er war ein guter Lehrer. Ich hatte ihn leider nur ganz am Anfang für ein Jahr."
Rathan stockte bei dieser Erkenntnis, während die Glut nun endgültig erlosch. „Du ... hast ihn getroffen?", fragte er dann ehrfürchtig. Er selbst hatte dieses Privileg leider nie gehabt.
Lina nickte. „Ja. Er war schon damals ein recht alter Mann, würde ich sagen."
„Wie alt warst du denn damals, wenn ich fragen darf?", fragte er murmelnd und schien mit den Gedanken bereits wieder woanders.
Lina dachte einen Moment nach. „Ich glaube, da war ich sieben", sagte sie, war sich aber nicht ganz sicher. Ihre Eltern hatten nicht unbedingt ihre Geburtstage gefeiert. Das war bei ihr einfach nicht üblich gewesen. Daher konnte sie auch nur raten.
„Und jetzt bist du ...", begann er und sah Lina abwartend an.
„Jetzt bin ich zwanzig. Es ist also schon ein paar Jährchen her", lächelte sie schief. „Er war sehr viel auf Reisen, daher weiß ich nicht, was er davor oder danach getan hat."
„Aber es bedeutet, dass er nach meiner Geburt nochmal zurück zum Orden ist", gab Rathan rätselnd zu bedenken. „Ich hab nur nie verstanden ... wieso er gegangen ist, verstehst du? Laut meiner Mutter wusste er, dass sie schwanger war."
„Es ist schwer zu sagen, warum er gegangen ist", sagte sie entschuldigend. „Ich kann auch nur mutmaßen, weiß aber nichts Genaues."
„Wäre es denn möglich mehr Informationen zu erhalten?", fragte er dann hoffnungsvoll und hob den Blick bittend zu Lina. Vielleicht war das ja die Möglichkeit, um ihn zu motivieren.
„Ich bin sicher, dass es im Magierorden genug Magier gibt, die ihn persönlich kennen. Er hatte einige Vertraute", sagte sie lächelnd und versuchte ihn so aufzumuntern. „Sie können dir sicherlich Geschichten erzählen."
Rathan schluckte schwer, während er offensichtlich mit sich zu hadern schien. „Weiß man denn, was genau mein Vater mit dieser Prophezeiung zu tun hat? Wieso kommen gerade wir darin vor?"
„Ich weiß es nicht genau", gestand Lina. „Vielleicht hat er sie geschaffen. Es kommt oft vor, dass Magier in ihren letzten Momenten, bevor sie wieder zu Magie werden, etwas sehen, was sie weitergeben. In dem Falle vielleicht ein Teil aus der Zukunft", schlug sie vor, würde aber noch einmal mit ihrem Mentor sprechen müssen.
Rathan horchte auf. „Wieder zu Magie werden? Wie ... wie meinst du das? Das klingt ... als wäre ..."
„Das ist bei uns der Begriff dafür, dass sie ... gestorben sind", sagte sie und senkte den Blick. Das Thema machte sie immer wieder traurig, hatte sie doch in ihrer Zeit beim Orden recht viele Freunde verloren. Die Magier dort waren eben sehr viel älter als sie.
Sie konnte Rathan ansehen, dass es nicht unbedingt etwas war, was er hören wollte. Doch die Vermutung war bereits vorhanden gewesen. Immerhin wusste er nun, dass er nie die Gelegenheit haben würde, seinen Vater je kennenzulernen.
Plötzlich öffnete sich die Tür und eine Frau mittleren Alters hielt im Türrahmen inne. In ihren Händen ein gebundenes Bündel. Ihr grauer Blick strahlte pure Verwirrung aus, als sie die beiden so auf dem Boden sitzen sah. Ihre Kleidung war zwar keinesfalls edel oder adlig, doch konnte man sie in gewisser Weise durchaus als promiskuitiv bezeichnen. „Ähm ...", machte sie ein wenig überfordert und strich sich eine Strähne des kupferroten Haares zurück. „Ich wusste nicht, dass du Besuch hast."
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top