III.2 - Kind
Große, blaue Augen schauen mir entgegen. Sie sind noch so rein und gespannt darauf die Schönheit dieser Welt zu erblicken. Vorsichtig gehe ich neben dem Kind auf die Knie und streichle ihm sanft über die Stirn. Augenblicklich verstummt es und mustert mich aufmerksam. Mit sachten Bewegungen schiebe ich meine Hände unter das Bündel und hebe das Kind hoch, um es in meinen Armen zu wiegen. Ein leises Lächeln erscheint auf meinem Gesicht. Ruhe durchströmt mich.
Margarethe, liebste Margarethe. Ich werde dir nicht nur den Trank zu deiner Heilung bringen, sondern auch pures Glück in meinen Armen tragen. Ach, wenn du nur dieses zarte Wesen sehen könntest. Margarethe, ich -
Stille.
Der Wald atmet nicht mehr. Die Dunkelheit erstickt jedes Geräusch der Nacht.
Selbst das Kind gibt keinen Ton mehr von sich, stattdessen blickt es mit weit aufgerissenen Augen an mir vorbei. Ich drehe mich um.
Ruhe.
Hunderte Lichter erleuchten das Gebüsch; kleine Schlitze, in denen die Gier brennt.
Es sind Augen.
Die Augen von Kreaturen, denen ich niemals begegnen wollte. Ich höre ein Knurren, dann ein weiteres und schließlich ertönt der Wald voller Geheul.
Der Mond wacht über mich. Er strahlt hell und weise. Gib nicht auf, flüstern mir die Sterne zu. Gib nicht auf.
Margarethe.
Der Sack voller Gold am anderen Ende der Lichtung geht in Flammen auf. Funken springen ins Gras, wachsen und werden zu zischelndem Feuer. Meine Chance.
Ich renne los, noch bevor mir überhaupt bewusst ist, was ich eigentlich tun will. Meine Beine tragen mich schnell den Flammen entgegen. Rauch schlägt mir entgegen, ich huste und drücke das Kind eng an meine Brust.
Weiter, immer weiter.
Äste knirschen, Flammen zischen, ich spüre den Atem im Nacken.
Die Sterne verblassen, verstecken sich, wollen nicht sehen, wie ich falle. Sekunden später schlägt mein Gesicht hart auf dem Boden auf. Ich zittere. Blut spritzt. Sie haben mich erreicht. Ich spüre spitze Zähne in meinem Arm. Der Wind trägt meinen Schrei davon.
Oh, Margarethe.
Das Fläschchen in meiner Hosentasche drückt sich in mein Fleisch. Ein Vogel stimmt ein schaurig-schönes Todeslied an, ich weine. Tränen der Verzweiflung tropfen in immergrünes Moos. Verschwommen sehe ich den Mond am Himmel, wie er mir strahlend weiß den Weg zeigt. Es sind nur Sekunden vergangen, ruft er mir zu. Nur Sekunden.
Weiter, immer weiter.
Meine Knie sind weich, meine Beine drohen wieder einzubrechen. Ich wische mir die Tränen aus den Augen und laufe. Der Wald flüstert leise. Hinter mir vermischt sich hungriges Knurren mit Kinderschreien.
__________
Wie entscheidest du dich? Wähle weise.
a) Den Blick stur nach vorn in die Dunkelheit gerichtet, tragen mich meine Beine weg von dem schauerlichen Ort. Nach ein paar Sekunden sind die Schreie verstummt. Das Kind ist tot.
[Bringe dich in Sicherheit in Kapitel IV.1]
b) Mein Herz klopft heftig. Ich laufe zurück, geradewegs auf das Unheil zu.
[Rette das Kind in Kapitel IV.2]
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top