Kapitel 9 / 4 Die Villa Cossa und Zweifel der Liebe

„ Jasper!“, ruft mich jemand und ich schlage plötzlich die Augen auf und sehe Lorenzo und Rosso vor mir. Ich liege vor der Sling auf dem Boden. 
„Was hast du gesehen?“, fragte Rosso. 
„Meinen Geburtstag.“, antwortete ich keuchend und erhob mich. Ich stand auf und Lorenzo nahm mich in den Arm. 
„Ich hätte dich nicht aus den Augen lassen sollen.“, meinte er. 
„Dich trifft keine Schuld. Genau dafür bin ich hier. Ich bin hier, um mich meiner Vergangenheit zu stellen.“, meinte ich. 
Innerlich fühle ich mich zerrissen. Nur der Jasper, der ich durch Adam Nossini werden konnte hält mich gerade auf den Beinen. Der gequälte menschliche Jasper von vor 15 Jahren würde schreiend davon Laufen. 
Aber ich bin fest entschlossen, dass durch zu ziehen und frei zu werden. 
Ich werde die Cossas und die Mafia hinter mir lassen. 
Vielleicht kann ich Adam so bewegen endlich, sich auch seiner Vergangenheit zu stellen. Sich der Revolution zu stellen. 
„Wow! Ich hätte gedacht es nimmt dich mehr mit?“, meinte Rosso. 
„Ich kann doch nicht zu lassen, dass Jemand freie Bahn bekommt, wenn ich hier jetzt zusammen breche. Adam kommt Morgen zurück. Ich will ihm ein Geschenk machen.“, sagte ich und grinste Lorenzo an. 
„Oh man, Kleiner! Da habe ich einen harten Konkurrenten.“, meinte Lorenzo und klopft mir auf die Schulter. 
Rosso sieht verständnislos von mir zum Grafen. 
„Was für Konkurrenz?“, fragt er verdutzt. 
„Ist ein kleines Geheimnis zwischen uns. Nicht wahr, mein Sub?“, entgegnet Lorenzo und lächelt. 
Ich nicke und sehe dann zu den Gartenzwergen herüber. 
„Die Armee von Drago ist aber nicht gründlich.“
Lorenzo schaut mich überrascht an und mustert die bunten Porzellanfiguren.
„Warum?“, fragt Rosso. 
Ich deute auf die Gartenzwerge. 
„Die schießen Laser aus ihren Augen. Sie sind mit Bewegungsmelder ausgestattet. Raphael und seine Soldati haben mich mehr Mals da durch gejagt. Sie nannten ihr Spiel „Sklavenjagd“. Mal fesselten sie mich oder verbanden mir die Augen damals. Ich war nicht älter als Neun beim ersten Mal.“, erklärte ich den beiden Vampiren. 
„Das ist grausam!“, sagte Rosso seine Meinung. 
„Es wird garantiert noch grausamer.“, meinte Lorenzo und sah dann auf die Tür. 
Ich nickte und stimmte so seiner stummen Frage zu, ob wir rein gehen sollten. 
Ich ging langsam zur Tür. Lorenzo blieb an meiner Seite. 
Als ich an die Tür kam, sah ich ein Schild. 

„Betreten nur mit der Parole: Roma di morte“ gestattet. Familienmitgliedern ist Einlass zu gewähren und jeder Fremde wird zum Don zitiert. Andere Familien werden innerhalb der Villa nicht angegriffen, außer der Don gibt entsprechende Befehle. Egal ob Feind oder nicht.“

Dieses Schild musste Lio eingeführt haben. 
Im inneren der Villa war fast nichts mehr wie damals. 
Die Eingangshalle war übersät mit Kugeln und Blut. 
„Wo sind die Leichen?“, fragte ich. 
„General Steinmeier hat sie entsorgen lassen. Ich wollte dich nicht in ein Blutbad bringen.“, erklärte Lorenzo und legte seine Hand auf meine Schulter. 
Ich sagte nichts und war ihm dankbar, dass ich keine Leichen sehen musste. 
Mein Blick wanderte an Gemälden mit Weinflaschen und Weinreben vorbei zu einem Bild von einem Mann, wessen über der Treppe hing. Ihn kannte ich nicht. Damals hatte an diesem Platz ein Portrait von Rayn gehangen. 
„Das ist doch nicht...Doch er ist es. Was zur Hölle hat die Mafia mit ihm zu schaffen.“, schnaubte Rosso ungläubig. 
Lorenzo lachte und meinte prustend: „ Komme nicht auf die Idee dich jetzt vor deinen Papst hinzuwerfen und zu betten, Signore Filippo Neroni, Kardinal seiner Heiligkeit.“
„Wass?“, fragte ich und starrte Rosso an. 
„Graf! Verwirrt den Jungen doch nicht mit Katholizismus.“, wies Rosso Lorenzo zurecht. 
Ich sah von einem zum anderen und zum Bild. Es steckten kleine Dolche in dem Gemälde. 
Ich fragte mich wer sie dort hin  geworfen hatte und Warum.
„Okay, sagt mir einer jetzt mal wer das ist?“, fragte ich genervt. 
„Soll ich oder will der Verehrer der Medicis was sagen?“ Rosso wandte sich an Lorenzo. 
„Verdammt noch mal! Fast jeder Junge im Dorf wollte damals nach Florenz oder Roma. Ich war nicht der einzige, der nicht damit einverstanden war in die Fußstapfen des Vaters zu treten.“ , motzte Lorenzo, „ Mach du! Erkläre ihm aber was Rodrigo alles durchgehen lies.“
„Wenn du jetzt auf Cesare anspielst, dann hüte deine Zunge. Ich habe ihn sehr geschätzt.“, meinte Rosso und wandte sich nun an mich. 
„Also Jasper, was weist du über die Renaissance?“, fragte Rosso. 
„ Nur das es eine Epoche ist.“, meinte ich. 
„Okay! Das Portrait zeigt Rodrigo Borgia auch nach seiner Machtübernahme des Vatikanes Alexander der VI. genannt. Alle Päpste tragen ihren bürgerlichen Namen und wenn sie Bapst werden geben sie sich einen neuen Namen. Ist Borgia dir ein Begriff?“, erklärte Rosso. 
„Ähhh Lio hat mal über Sie gesprochen. Es ging um eine Lucrezia Borgia. Er war damals in einem Herzogtum und suchte Arbeit.“, erklärte ich. 
Lorenzo schluckte. 
„Du willst doch nicht wirklich sagen, das der Capo dei Capi der Cossas mindestens 600 Jahre alt ist?“, brüllte Lorenzo los. 
„Ich hab keine Ahnung wie alt Lio ist. Ich weiß nur, dass er in Florenz oder in dessen Nähe geboren ist und das es noch Schwerter in seiner Kindheit gab.“, erklärte ich. 
„ Wieso Schwerter?“, fragte der Graf. 
„Er hat mir das Schwertkämpfen beigebracht.“, erklärte ich und ging nun nach rechts Richtung  Küche. 
Lorenzo wollte mir folgen, doch ich hörte wie Rosso sagte: „Lass ihn! Für ihn ist das alles nur Geschichte. Für dich und für mich war es Lebenszeit. Wenn Lio wirklich aus Rodrigos Amtszeit als Papst stammt, dann muss es einen Grund für diese Messer da geben. Ich werde bei den de Torres nachfragen. Vielleicht finden wir ja jemanden der auf Lio passt. Oder einer der alten Vampire erinnert sich noch an ihn. Was ist mit den Sangichis? Waren sie nicht auch zu der Zeit schon Vampire?“
„ Ich kann Giovanni mal fragen. Er hat damals das Geburtsregister verwaltet.“, schlug Lorenzo vor. 
Ich stieß die Holztür zur Küche auf und erschrak. 

Mein damaliger Trog lag zwischen zwei Kerzen an der Wand. Mein Name stand sogar auf der Plastikschüssel. Aber an dem Platz vor der Heizung stand ein weiterer Trog und die Handschellen lagen ebenfalls dort. Auf der grünen Schüssel stand „Milano“. 
Es war etwas anderes es nur erzählt zu bekommen, als es zu sehen. 
Lio hatte also den kleinen Jungen, der jetzt im Kerker von Schloss Immortalité saß genauso misshandelt wie Rayn mich damals. 
Ich ging zur Kuchenzeile und öffnete den Schrank. Der Paddle lag immer noch da und dahinter die Dosen mit Hundefutter. 
Ich schluckte und bekam dann einen Brechreiz. Rasch suchte ich nach etwas zum rein spucken. 
Ich fand nur einen Topf der eine ekelige Brühe beherbergte. 
Ich schnappte mir den Topf und erbrach mich in diese grüne Grütze mit dem weisen Dingern mit Haaren drauf. 
„Jasper!“, hörte ich Rosso und Lorenzo besorgt schreien. 
Ich hustete und der ekelige Geruch des Topfinhalts stieg mir in die Nase und ich brach noch einmal. 
Lorenzo riss mir den Topf weg und umklammerte mich. 

„Willst du Krank werden! Da ist Schimmel drin!“, schrie der Graf mich an. Ich hustete und Rosso gab mir ein Tuch mit dem ich mir Mund abwischte. 
„Tut mir leid! Es kam einfach hoch.“, meinte ich. Lorenzo streichelte meine Haare und dirigierte mich dann zu einem Stuhl. Er setzte mich auf den Stuhl und als ich aufblickte war da ein Bondagestuhl. Er hatte eine Rückenlehne aus einem Gitter in das man beliebig Manschetten zum Fesseln einhaken konnte. Auch waren an den Lehnen Schlaufen angebracht und auch an den vorderen Stuhlbeinen befanden sich Diese. 
„Den gab es damals nicht.“, meinte ich verblüfft und stand auf. 
Ich ging zu dem Stuhl und musterte ihn. 
„ Dies ist ein BDSM Möbelstück. Ich hab so einen schon mal in nem Spielzimmer gesehen.“, meinte Rosso. 
Lorenzo durchsuchte die Schränke und fand das Paddle. 
„Offenbar wurde hier auch bestraft.“, meinte er und zog das Schlagwerkzeug heraus. 
Rosso musterte immer noch den Stuhl. 
„Befehle deinem Sub doch mal sich drauf zusetzten.“, meinte der Dom.
„Erstens werde ich meine Rolle als Meister von Jasper hier nicht einsetzten. Und zweitens ist das pietätlos bei dem was ihm hier angetan wurde und was ihm hier als SM verkauft wurde. Also zügelt euch mit solchen Bitten, Rosso!“, knurrte Lorenzo und ich  war ihm sehr dankbar, dass er nicht den Dom heraushängen würde. 
„Tut mir Leid. Marina wünscht sich so etwas und ich habe schon lange überlegt dieses Schmuckstück hier anzuschaffen. Ich bin nur mit dem Platz nicht zufrieden. Ist schon unpraktisch ihn wegzuräumen, wenn man Gäste bekommt die nichts von den eigenen Sexualpraktiken wissen.“ , erklärte Rosso den Grund seiner Bitte. 
„Sie haben eine weibliche Sub?“, fragte ich erstaunt. 
Adam hatte einen Hetero als Psychiater für mich ausgesucht?
„Ja, aber das ist nicht alles. Ich habe zwei Sklaven. Einen Mann und meine Marina. Ich bin Bi und lebe Polyamore mit ihnen zusammen.“, erklärte Rosso. 
„Aber sie sind doch... Kardinal?“, fragte ich verblüfft. 
„Wenn du wüsstest wie die Katholiken hinter verschlossenen Türen sind, würdest du das und meine Lebensweise nicht in frage stellen. Ich habe das Zölibat schwören müssen ja. Aber glaub nicht, dass sich auch jeder Geistliche daran hält. In meiner Zeit als Kardinal des Alexander dem VI. gab es einen reges Treiben in der sixtinischen Kapelle.“, meinte Rosso grinsend. 
„ Das verstehe ich nicht, warum tut die Kirche dann so, als wäre Sex ne Sünde?“, fragte ich. 
„Weil sie sich als höhere Wesen darstellen. Weil sie ihre menschlichen Bedürfnisse ablegen wollen es aber nicht können. Sie sind keine Götter sondern Menschen mit Bedürfnissen, wie jeder andere auch. Wenn ihr mich fragt hat es einen Grund, warum Vampire von Sex leben. Viellicht ist es die Strafe für die Verleugnung der Wollust für die Menschheit.“ , sinnerte Rosso. 
„Lasst uns wieder raus gehen. Jasper zeig uns doch mal wo du geschlafen hast.“, mischte sich Lorenzo in das Gespräch ein. 
„Ist dir das Unangenehm, Erbe Luzifers?“ , grinste Rosso. 
„Nein, ich habe nur keine Lust über einen Haufen Heuchler zu reden.“, meinte Lorenzo und ging aus der Küche. Das Paddle lies er am Tisch liegen. 

Rosso zuckte mit den Schultern, ich stieg vom Stuhl und ich folgte dem Psychiater in die Eingangshalle. 
Dort stand Lorenzo und musterte ein Bild, dass an der Wand neben einer Tür, auf der „Soldati“ stand, hing. 
Ich ging zu Lorenzo und sah ein Bild Roms in einem der vergangen Jahrhunderte. 
Hatte er irgendetwas?
„Was ist los?“, fragte ich. 
„Nichts, Jasper! Mein Vater hielt nur sehr viel vom Christentum. So viel, dass er mir dessen Sitten einprügelte, wenn ich mal wieder vergessen hatte, nach dem Essen und vor dem schlafen gehen das Vater unser aufzusagen.“, meinte der Graf. 
Dann lachte er auf. 
„Aber das hatte alles nichts gegen das Böse geholfen. Jetzt trage ich einen Dämon in mir und bin selbst ein Geschöpf des Prinzen der Hölle. Ironie des Schicksals, würde ich sagen.“, fuhr er fort. 
Es war schön ihn lächeln zu sehen. 
„Steht...die Sache mit Adam, wirklich nicht zwischen uns?“, fragte ich, da ich merkte, dass sein Lächeln aufgesetzt war. 
„Nein, Jasper! Ich habe dich immer gut behandelt. Ich werde dass auch weiterhin. Ich wäre sogar bereit, Adams Trauzeuge zu sein, solltet ihr beide je heiraten. Es ist wirklich alles in Ordnung. Ich kann Adam nicht zwingen Gefühle für mich zu haben.“, erklärte Lorenzo. 
Aber was, wenn Adam etwas für ihn empfand? 
Ich konnte es nicht ertragen verlassen zu werden. Adam war der Einzige, den ich je gehabt hatte. Der Einzige, der mir nie etwas angetan hatte. Ich konnte ihn nicht verlieren. 
Ich liebte ihn doch so sehr. 
„Bitte nimm mir Adam nicht weg!“, schrie ich den Urvampir an und mir stiegen Tränen in die Augen. 
Ich hatte Angst Adam zu verlieren.
„Jasper! Ich sagte doch, dass ich dir Adam nicht streitig mache. Adam weiß um meine Gefühle. Er hat mir deutlich gemacht, nach seiner Verbannung, dass es nie Etwas zwischen uns mehr geben wird. Glaub mir, Jasper!“, sagte Lorenz entschlossen. 
Aber ich hörte ihm nur halb zu und drehte mich weinend um. 
Der Schmerz in meiner Brust war noch nie so groß. 
Ich rannte die Treppe hoch und rief: „Ich kann ihn nicht verlieren!“

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