Kapitel 9 / 2 Der Vamsar Italiens und Lorenzos Liebe für Adam

Ich wurde heftig aus der Erinnerung gerissen, blinzelte und starrte in Lorenzos Gesicht. Der Graf lächelte und ich schnallte mich ab. 
„ Sind wir da?“, fragte ich. 
„Ja, wir sind da? Was hast du geträumt?“, fragte Lorenzo.  
„Ich hab mich wieder erinnert, wie ich hier her kam.“, antwortete ich. 
Lorenzo sah mich mitfühlend an und ich stieg aus dem Wagen. 
Der Urvampir legte einen Arm um mich und führte mich zur einer Absperrung.
Ich sah vor uns ein blaues Schild mit der Aufschrift „Cossa Quatro“ und schluckte. 
Das erste Mal seit meiner Befreiung wahr ich hier. Hier, an dem Ort wo ich gequält worden war. 
 Lorenzo schob mich sanft weiter und ich sah mir die Holzabsperrung auf der Straße an. Hinter dieser Absperrung befanden sich drei Wagen der Armee des Blutbunds. Mehrere mit Maschinengewehren bewaffnete Vampire standen an der Absperrung. 
Als ich mich mit Lorenzo näherte, gingen alle Soldaten auf die Knie und zwei Männer mit einem Roten D auf der Brust nahmen diese militärische Haltung an, die ich oft in Filmen gesehen hatte. 
Die zwei Vampire standen ganz steif da und hielten ihre rechte Hand an die Stirn. 
„Vamsar Dolore!“, sprachen beide. 
Lorenzo erwiderte die Begrüßung mit einem „Generäle!“. 
Dann fauchte er plötzlich. Die beiden Vampire ließen ihre Hände sinken und musterten mich. 
„Warum haben sie Vamsar und das italienische Wort für Schmerz gesagt, als sie dich begrüßten?“, fragte ich den Grafen.
Lorenzo lächelte und hob die Hand. Die beiden Generäle schluckten und blieben still. Sie hatten anscheinend etwas fragen wollen. 
„Vamsar ist der Herrschertitel des italienisch salvatorischen Reichs der Nacht. Alessandro, Pietro und ich wechseln uns mit diesem Amt ab. Es ist aber eigentlich eine Formalität, da wir meistens nie etwas nur an Italien machen, sondern dann gleich am gesamten Blutbund. Es ist der Herrscher der Vampire Italiens. Aber da ich und meine Bruder auch den Blutbund führen, fällt diese Position kaum auf. Sie ist über Jahre hinweg nur noch Formell vorhanden. Im Militär des Blutbunds ist Vamsar der oberste Rang. Diesen Rang kann aber nur ein Drago tragen und erlangen. Ein Vamsar befehligt das ganze Herr und er ist die Spitze der Befehlskette. Trotz, dass die mögliche Anzahl an Vamsaren begrenzt ist, muss zwischen mir und meinen Brüdern unterscheiden werden. Dies ist beim Unterzeichnen von Befehlen am wichtigsten. Deswegen wird an den Rang Vamsar das italienische Wort des jeweiligen Mondtitels von mir und meinen Brüder dran gehängt. Bei mir ist dies eben Dolore – Schmerz, bei Alessandro ist es Alato – Geflügelt, bei Pietro Eternitá – Ewigkeit und bei Marchio war es mal Forma für Gestalten!“, erklärte Lorenzo mir. 
„Interessant! Wer ist den zur Zeit Vamsar?“, fragte ich. 
„ Alessandro seit 2014, die Amtsperioden sind immer vier Jahre.“ , antwortete Lorenzo. 
Ich überlegte und fand keine Frage mehr dazu und so wandte sich Lorenzo nun wieder den Generälen zu. 
„Irgendwelche unerlaubten Personen im Quatro? Was ist mit dem Capo dei Capi und den restlichen Caporegime?“, fragte der Graf die Beiden. 
„Von Lio Cossa immer noch keine Spur. Allerdings hat das VRK eine Sichtung in Florenz gemeldet.  Eine Signore Capuno soll die Vampirpolizei informiert haben. Laut Capuno hat sich Lio Cossa fast mit einem Gast von seinem Restaurant geprügelt.“, teilte einer der beiden Generäle mit. Der Sprecher trug  unter seinem Helm schwarze Haare an seiner Brust lag ein vergoldeter Anstecker in Form eines Vampirzahns mit drei Sternen drauf. Sein Kamerad war blond und hatte nur einen Stern auf dem Zahn. 
„Lio ist in Florenz? Könnt ihr Alessandro erreichen?“, fragte Lorenzo. 
„Wir könnten es versuchen?“, meinte der schwarzhaarige General. 
„Ihr habt es nicht mal versucht? Lio muss um jeden Preis geschnappt werden! Ist der Befehl jetzt endlich bei allen angekommen!“, knurrte Lorenzo und griff den Vampir am Kragen. 
„Si Signore!“, meinte der Vampir zitternd. Ich hörte ihn sogar mit den Zähnen klappern und auch sein Kamerad trat einen Schritt zurück. 
Offenbar hatten Beide Angst vor Lorenzo. War sein Ruf wirklich so beängstigend?
„Gut! Setzt euch mit den Sangichis in Verbindung und holt  eine Genehmigung bei den Stadtherren des Freien Stadtstaats ein Lio zu verhaften.“, befahl Lorenzo und lies den Vampir los. 
„ Si Si Signore Drago!“, antwortete der General mit zitterten Knien und weit aufgerissenen Augen. 
Dann gingen beide Soldaten sehr zügig zu einem der Wagen. 
„Warum haben die Generäle Angst vor dir?“, fragte ich. 
„Manche Würmer muss man Einschüchtern, damit sie einen nicht von seinem Erdhügel stoßen. Die Ritter von Drago gibt es schon  vor dem Massaker von Salvatore 1753. Zur Gründung des Blutbunds 1903, haben sie einen Putsch versucht. Das italienische Reich der Nacht, wie unser Italien damals noch hieß, wollte einen unabhängigen Herrscher. Die italienischen Vampire akzeptiert unsere Herrschaft nicht. Thomaso Fratinni, der Capo dei Capi der Fratinnis bildete die Anti Urfraktion. Er übernahm die Ritter von Drago und versuchte einen Putsch. Ganz allein standen ich, Alessandro, Pietro und auch Marchio gegen unsere eigene Armee. 60 Tage dauerte der Kampf und Schloss Immortalité wurde belagert. Schließlich...“
Lorenzo zögerte und sah nachdenklich auf einen der Wagen. 
„Was? Was ist passiert?“, hakte ich nach. 
„Schließlich kam uns Spanien zur Hilfe. Sie hatten durch den damals geschlossenen Vertrag zur Verteidigung der Länder, Begleitung durch französische vampirische Generale der Grand Armée. Da Julianos Soldaten den übrigen neun Ländern eine eigene Armee ausbilden sollten. Wir wurden von Ana Marias Jaspandas Truppen und General Fagio befreit. Er befehligte die französisch Militärische Ausbildungsgarnison.“, meinte Lorenzo. 
„Gabriel war im Militär?“, hakte ich nach.
„Nein! Ich meine Gaston Fagio. Entschuldige.“, meinte Lorenzo und war immer noch irgendwie abwesend. 
„Was ist mit dir los?“, fragte ich besorgt. 
„Ich musste nur gerade an eine meiner nicht sehr schön endenden Liebschaften denken.“, meinte Lorenzo und ging an der Absperrung vorbei. 
Ich folgte ihm.
„Welche Liebschaft?“, fragte ich. 
„Ana Maria! Deswegen haben wir kein gutes Verhältnis zu Spanien. König Antonion hält mir seit her die absichtliche Verführung von seiner Tochter vor. Ich solle dies getan haben, um mir und meinen Brüdern ihre Unterstützung gegen den Putsch zu sichern.“ , antwortete Lorenzo, „Du siehst also: Es ist gut seine Verbündeten und Untergebenen mit Angst einzuschüchtern, damit sie sich nicht gegen dich Auflehnen.“
Ich nahm seine Hand und er blieb stehen. Lorenzo drehte sich zu mir um und sah mich erwartungsvoll an. 
„Wen von deinen unzähligen „ Liebschaften“ hast du wirklich geliebt?“, fragte ich. 
Lorenzo wurde kreidebleich. 
„ Dies geht dich nichts an!“, brüllte er und entriss mir seine Hand. Er ging nun von mir fort. 
Ich rannte ihm hinter her. 
„Warum reagierst du so?“
Doch Lorenzo gab keine Antwort und ich griff ihn am Umhang. Er blieb stehen. 
„Sag es mir! Es ist doch nichts dabei? Wenn liebst du?“, versuchte ich ihn zu überreden. 
Lorenzo schnellte herum und schlug mir ins Gesicht.
„ Frage mich das nie wieder, Fagio! Ich könnte dich auch ganz anders behandeln, Sub!“, schrie der Graf. 
Seine Augen schimmerten rötlich. Mir kam ein Verdacht, warum er so reagierte. 
„Bist du Eifersüchtig?“, fragte ich und rieb mir die Wange. Er hatte nicht sehr fest zu geschlagen. 
„Ich habe mich nur aus einem einzigen Grund bereit erklärt, dich zu beschützten. Ich wollte, dass er mich wieder ansieht. Ich wollte, dass er wieder mehr Zeit mit mir verbringt, was er vielleicht aus Dankbarkeit auch macht.“, knurrte der Graf und wischte sich über das Gesicht. Ich sah seine Tränen aber trotzdem. 
„Moment...soll das heißen, dass dein Herz an Adam hängt?“ , frage ich geschockt nach. 
Lorenzo antworte nicht und ging die Straße entlang. 
Ich trottete niedergeschlagen hinter ihm her. 
Er liebte meinen Adam. Lorenzo liebten meinen Partner. 

Ich schluckte. Würde das jetzt zwischen uns stehen? Wusste Adam um Lorenzos Gefühle? 
Ich wusste nicht was ich jetzt denken sollte. 
Lorenzo und Adam hatten sich schon vor meiner Geburt gekannt. Er stand höher als ich. Aber irgendwie glaubte ich nicht, dass Adam auch etwas für Lorenzo empfand. Ich wusste, wie Adam war, wenn er jemanden liebte. 
Adams Herz gehörte doch mir oder? Nein, ich darf nicht an seiner Liebe zweifeln. 
Er hatte mir das Leben gerettet. Er hat für mich getötet. Es gibt keinen größeren Liebesbeweis.
„ Lorenzo!“, rief ich und rannte dem Grafen hinter her. 
Ich kam keuchend bei dem Urvampir an. 
„Lorenzo! Es tut mir leid. Warum? Und verrate mir wie? Hat mein... mein Meister auch...?“, fragte ich. 
„Ich liebe Adrian seit er 1777 sich an meinen Tisch in einem Bordell setzte und er zwei Wochen Später zu mir kam und ich mit ihm...“, er lies es unausgesprochen. 
Ich starrte ihn an. 
„ Deine Gefühle haben sich nie geändert?“, fragte ich. 
„Nein! Aber Seine!“, antwortete Lorenzo und sah mich an als hätte ich ihm wehgetan. 
„Hat Adam... liebt er dich?“, fragte ich und zitterte innerlich. 
Bitte lass es nicht so sein!
„Seit dem ich ihm riet zurück nach Frankreich zu gehen nicht mehr. Er hat mich nach dem Tod von Húgo zum Ertränken seiner Trauer benutzt, nach dem ich ihn aus der Depression holte. Wir führten von 1812 biss 1877 eine Beziehung. Als wir uns Hundert Jahre kannten, hat er erkannt, dass er „falsch“ gefühlt hat. Er hat das, was er fühlte falsch interpretiert und hat sich sofort von mir getrennt. Er kehrte nach Frankreich zurück. Ich sah ihn erst nach seiner Verbannung 1912 wieder.“ 
„Also hat er dich geliebt?“, fragte ich. 
„Er hat nur Zuneigung gesucht. Ich weiß es nicht, ob die Gefühle für mich waren oder für Húgo.“ , antwortete Lorenzo und nahm meine Hand. 
„Du bist mit ihm verlobt und hast eine Partnerschaft mit ihm, Jasper! Ich werde dir Adam niemals streitig machen. Ich lebe seit knapp 200 Jahren mit diesen Gefühlen. Da kann ich auch noch länger auf Erwiderung hoffen.“, meinte er.
„Wow! Wie hältst du das aus?“, fragte ich, „Ich danke dir. Dass du Gefühle für meinen Partner hast werde ich für mich behalten. Sind wir immer noch so etwas wie... Freunde?“.
„ Was meinst du, wen ich vor mir sehe, wenn ich foltere. Deine blonden Herrchen sehen immer Sexy aus, wenn sie in Schweiß und Blut getränkt sind.“ , meinte Lorenzo grinsend. 
„Du folterst dagegen. Noch schlimmer, du stellst dir vor, mir weh zu tun?“, schrie ich entsetzt. 
„War nur ein kleiner Scherz, kleines Hündchen.“, kicherte Lorenzo. 
„ Ein fieser Scherz!“, meinte ich gespielt beleidigt. 
Lorenzo lachte und legte den Arm um mich. Wir gingen nun zusammen die Straße entlang.
Ich fühle deutlich, dass er mein Freund geblieben ist. 
Selbst den Schlag, kann ich ihm nicht übelnehmen. 

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