Kapitel 7 / 7 Der Palast der Nacht und das schreckliche Erbe der Revolution
Als ich hoch blickte, sah ich eine alte Malerei. Sie zeigte eine Sonne und zwei Männer. Der eine war roi Louis der XIV. und der andere war Jean Soleil de Jardin Lúne, mein Stammvater.
Die Treppe war sehr sehr lang und es wurde immer dunkler, desto tiefer ich ging.
Ich kam am Ende der Treppe an und vor mir erstreckte sich ein langer Gang.
James führte uns und ich ging mit den schweigsamen Pathologen den Weg entlang.
An den Wänden warten weitere Malereien die die Geschichte des Königreiches rückwärts erzählten. Der Gang war dunkel, aber wir konnten alle hervorragend im Dunkeln sehen, deshalb machte es uns nichts aus. Die Fackeln an den Wänden spendeten kaum Licht.
Die Luft war trocken und sehr stickig. Ein Mensch hätte diese dünne Luft nicht ausgehalten. Aber für uns war das kein Problem. Es roch stark nach Erde, Verwesung und anderem Gestank.
Meine feinen Vampirsinne machten sogar Kot aus.
Gelegentlich öffnete sich ein Gang. Wir gingen lange, biss uns eine Wort signalisierte, dass wir angekommen waren. Versailles, stand auf einem Holzschild vor uns. Daneben war eine Karte des Labyrinths auf gezeigt und eine Karte des Schlosses, wo geheime Zugänge ins Labyrinth markiert waren. Der größte Eingang ins Labyrinth befand sich im Spiegelsaal.
„Okay, in welcher Richtung liegt die Gruft?“, fragte ich, da wir uns an einer Abzweigung mit drei Gängen befanden.
„Das weißt du nicht mehr? Du warst schließlich dabei, als wir deine Eltern dorthin brachten.“, empörte sich James.
„Es ist lange her, James. Und irgendwie finde ich es unheimlich hier.“, meinte ich.
„Entweder das, oder dir macht die Luft zu schaffen. Kipp mir nicht um, Dauphin. Ich habe keine Lust Euer Majestät zu tragen.“, witzelte James.
„Ich falle nicht um. Wir sind gerade mal einige 1.000 Meter unter der Erde.“, versicherte ich meinem Cousin.
Der Engländer ging schweigend weiter und nahm den rechten Gang. Endlich kam ein riesiges Tor vor uns zum Vorschein.
Zwei Wächter in weiß traten zu uns. Ich nahm Blickkontakt mit ihnen auf.
Diese zwei gehörten zu den Sonnenwächtern, die Wachen des Labyrinths und auch Grabwächter der Gräber der Nuits. Die zwei Vampire konnten nicht sprechen. Da die Luft zu wenig Sauerstoff enthielt um hier länger als einen halben Tag zu überleben, verschlossen die Wächter ihre Luftröhren und kommunizierten nur per Telepathie.
„Willkommen Dauphin! Wir öffnen ihnen das Herzstück des Labyrinths, den „Palais de la nuit“.“, teilte mir der eine Wächter in meinem Kopf mit.
Ich nickte und die beiden betätigen zwei Hebel aus massivem Stahl, die seitlich an dem Tor angebracht waren.
Das Tor war schwarz mit einigen Sternen und in der Mitte saß eine riesige goldene Sonne. Diese Teilte sich jetzt als die zwei Torflügel aufgingen. Über dem Tor stand in silbernen Buchstaben Palast der Nacht auf französisch.
„ Nach euch Dauphin!“, sagte James mit hochgezogen Mundwinkeln und verbeugte sich.
Ich trat durch das Tor und das Erste was ich sah, war die Guillotine. Sie stand auf einen Podest mitten im Raum. Ein riesiges Schwarzes Tuch hing an dem Fallbeil. Auf dem Tuch stand: „ Möge die Revolution und ihr Leid niemals vergessen werden. Möge das Königreich der Vampire Frankreichs nie wieder so einen Massenmord begehen. Möge diese Guillotine nie wieder gebraucht werden. In Gedenken an die hier gefallenen.“
Auf dem hölzernen Podest waren Namen der Opfer der Guillotine verewigt.
Meine Familie war auch darunter. Allerdings hatte man die Lequas auf den Place de la Revolution hingerichtet und nicht hier. Dennoch hatte ich selbst einst Húgos, Marinettes und Karl Adams Namen in das Holz geritzt.
Ich schluckte. Meine Hände zitterten und als ich näher trat, war es als stände ich wieder auf dem berühmten Platz und würde meinen Vater schreien hören, als der Pflock in seine Rippen gestoßen wurde.
„Adam?“, fragte James und legte mir eine Hand auf die Schulter, „ Alles in Ordnung?“
Ich antwortete nicht, sondern kämpfte mit meinen Tränen.
Aber warum nicht einfach heulen?
Gleich würde ich sie sehen.
Langsam sah ich mich um und nutzte diesen Vorwand um mir die Tränen aus dem Gesicht zu wischen.
Zuschauerränke aus Stein waren an den zwei freien Wänden. Die Wand vor mir gab eine große Tür frei, die in die bewohnbaren Teile des Palastes der Nacht führte. Diese Lagen einige Meter weiter Oben, damit die Luft dort erträglicher war. Neben dieser Tür ging es durch einen Torbogen in die Grabhalle. Rechts von mir war ein Gitter, wessen in den unterirdischen Garten, welcher unter dem See von Versailles lag ging. Links ging es zur goldenen Spiegelhalle. Dort wurden in einem Verlies unter der Halle die Kronjuwelen aufbewahrt.
„Komm, Prinz und Grafensohn!“, sprach mich James an und nahm meine Hand.
Ich lies mich von ihm zum Torbogen führen. Nun kam ich in einen runden Raum. Genau fünf weitere Torbögen ging von dem runden Raum ab. Ich sah über dem Ersten den Namen. „fondateur Soleil – Gründer Sonne“. Über dem zweiten Torbogen stand „Soleil I.“, über dem dritten „Soleil II.“ und über dem vierten „ Soleil III.“. Der fünfte Torbogen war mit „Lequa“ beschildert.
Ich trat in die Gruft meiner Pflegefamilie.
Der Raum war hell von Fackeln erleuchtet und vier Särge standen nebeneinander in der Mitte. An den Wänden waren Bilder. Ein Portrait von mir lehnte an der Wand hinter den Särgen.
Ich ging auf die Särge zu und wandte mich dem rechts Außen zu. In silberner Schrift, mit der Grafenkrone darunter stand der Name Karl Adam auf dem Sarg.
Ich griff den hölzernen Deckel. Meine Finger krallten sich in das Holz und mir entglitt eine Träne.
„Es tut mir so Leid, Bruder! Ich hoffe du bist nicht böse, dass ich mich Adam Nossini genannt habe. Adrian Lequa ist tot. Er ist mit Euch gestorben. Ich wünschte du wärst da gewesen. Ich wünschte du hättest Vater sehen können. Ich wünschte du hättest die Wahrheit über mich erfahren. Hätte es dich gebrochen? Du hast mich immer kleiner Bruder genannt. Du wusstest nicht, dass ich mit keinem von Euch verwandt bin. Ich habe dir alles Glück der Welt gewünscht, als du deine Louise geheiratet hast. Es tut mir Leid, dass du dich mit Henry einließest. Warum? Warum hast du dich von Avram verführen lassen. Du wusstest es nicht. Ich wusste es auch nicht. Hätte ich das wissen gehabt, dass ich 1793 zum Tod des Königs erlangte, hätte ich dich 6 Jahre vorher aufgehalten. Jetzt weiß ich warum du dein Halstuch trugst. Du warst Henrys Bluthure. Hättest du doch nur was gesagt. Aber als du das tun wolltest, haben sie Louise mit deinem Ungeborenen getötet. Ich kann mich noch daran erinnern, wie du im Mai 1787 vor unserer Tür standest. Du hast uns Lebewohl gesagt. Ich habe dir nicht zugehört. Dich gelöchert, was los war. Ich wünschte, ich hätte dich nicht beschimpft. Ich wünschte, diese alberne Streit wäre nie passiert. Dann gingst du und am nächsten Morgen kam die Todesnachricht. Verzeih mir großer Bruder. Ich verspreche dir, dass dein Mörder bestraft wird.“, sprach ich zu Karl Adam.
Meine Finger krallten sich in den Sargdeckel und ich weinte.
Meine Körper begann zu zittern, als ich den Deckel auf schob. Ich sah das Skelett vor mir liegen und beugte mich runter.
„Ruhe in Frieden, mein geliebter Bruder!“, bettete ich und küsste den Schädel.
Eine Träne benetzte die Knochen und lief in eine Augenhöhle.
Dann wandte ich mich ab und lies den Sarg offen.
Ich wandte mich den zweiten Sarg zu. Auf ihm waren die Worte: „Louise Rose de Morin Lequa und Adriana/ Adrian Lequa“ Mein Bruder hatte die Tochter von Joseph de Morin geheiratet. Der Marquis hatte noch eine weitere jüngere Tochter gehabt, die Gabriel Fagio geehelicht hatte,
Wenn Gabriel mit Jasper verwand war und Jasper im 17 Jahrhundert geboren worden wäre, wären wir entfernt verwand gewesen. Ich hatte Jasper vielleicht nie so geliebt, wie ich es jetzt tat.
Eine grauenhafte Vorstellung und ich schob den Gedanken bei Seite.
Er würde immer mein kleiner Sub bleiben.
Egal wer sich als seine Familie herausstellte.
Ich öffnete auch Louises Sarg und sah die kleinen winzigen Knochen ihres Babys an ihrer Seite liegen. Ich hatte sie nicht gekannt, denn außer auf der Hochzeit hatten, wir uns nicht gesehen. Dennoch hatten Karl und Sie mich als Paten für ihr Kleines ausgewählt.
Ich ging nun zu den zweiten Sarg von Links und sah den Namen meines Vaters und den Eidspruch den er als Cómte dem Prinzen Karl de Bourbone geleistet hatte. Ich hatte die Bourbonen kennen und Hassen gelernt. Immerhin war einer hier für verantwortlich. Húgo könnte noch leben, wenn er sich nicht mit Ludwig XVIII. angelegt hätte. Aber mein Vater hatte nie die Revolution verkraftet.
Er sehnte sich während der Republik immer wieder zurück in die alten Tage.
Doch nicht nur dies, er hatte es gehasst Vampir zu sein. Er hatte die Nuits verachtet.
Er und mein leiblicher Vater hatten sich oft um mich gestritten.
Ich schluckte.
„Ich sagte dir tausendmal, das Stanislas mir nichts bedeutet. Aber du hast nur gelächelt und mir nicht geglaubt. Oh Húgo! Vater! Ich liebe nur dich. Ich werde niemals ein vollständiger de Nuit sein.“, sagte ich und Tränen flossen über mein Gesicht. Ich kniete mich vor den Sarg und wimmerte.
„Húgo!“, flüsterte ich.
Ich spürte meine Tränen kaum. Mein Körper war so unglaublich schwer und ich lehnte mich auf den Sarg.
Ich vermisste Húgo so sehr.
„Warum? Ich hätte dir noch tausend Lebensjahre gewünscht. Ich hatte dir gewünscht, das du mit mir den Weg durch die Zeit gehst. Ich hätte dir gerne Jasper vorgestellt. Ich hätte dich gerne am Blutbund teilhaben lassen. Du hättest in die Politik gehen können, was du ja immer wolltest. Aber deine Loyalität gegenüber der Monarchie, hat dies nicht zugelassen. Du hast unter den Umständen so gelitten. Du hast deine Meinung gesagt und dafür haben sie dich geholt. Du warst doch nur kritisch. Du warst keine Gefahr. Aber mein Vater, hat dich an Ludwig verraten. Er hatte ihm gesteckt, dass du ihn schändlich findest. Ich wünschte, die Sonne wäre nicht da gewesen. Ich hätte mich schlafen gelegt für dich. Ich hätte so lange gekämpft, biss ich ausgetrocknet wäre. Ich hatte mich an deiner Statt zur Guillotine begeben. Du warst der einzige Mensch, Vampir, Verwandter, den ich immer geliebt habe. Auch wenn wir nicht gleichen Blutes waren, im Herzen waren wir doch verwandt. Du wirst immer , hörst du, immer mein Vater sein. Der einzige Vater, denn ich gehabt haben, habe und haben werde. Ich bin dein Sohn und nicht der von Stanislas de Nuit. Egal was Gene und Blut sagen. Du warst da, als ich dich brauchte. Du hast mich in der Bastille besucht. Warst mit meiner Entscheidung unsterblich zu sein und Lorenzo zu lieben einverstanden. Du hast mich nicht wie krank behandelt, weil ich Marquis de Sade nach frönte und weil ich auf Männer stehe. Du hast den SM akzeptiert. Hasst dich deshalb gegen Mutter gestellt. Ich danke dir für alles. Ich danke dir, dass du dafür warst mich nicht zu ertränken, als ich vor euer Haustür als Baby lag. Danke für alles. Mercy Húgo!“, bettete ich zu meinen Vater.
Ich zitterte und weinte heftig. Die Tränen flossen nur so aus meinen Augen.
Ich setzte mich hin, da meine Knie langsam wehtaten.
„Adrian?“, hörte ich James Stimme besorgt hinter mir.
Dieser Name. Dieser Name den Húgo mir gab, würde ich immer tragen.
„Adrian, brauchst du Hilfe? Ich kann den Deckel auch aufschieben, wenn es dich zu sehr mit nimmt.“, bot mir James an.
Ich griff den Deckel und meinte: „Nein, ich schaffe das!“.
Mein Körper fühlte sich schwach an. Dennoch sammelte ich genug Kraft um den Deckel aufzudrücken. Ich stand auf und schob den Deckel erschöpft nach vorne.
Ich erblickte die Knochen Húgo Lequas.
Ein paar der Rippenknochen waren gebrochen und das ganze Skelett wies noch weitere Schäden auf aber am schlimmsten war der lose Kiefer und der abgetrennte Schädel.
Ich zitterte und Atmete tief durch.
Dann senkte ich meinen Kopf auf Húgo herab und meine Tränen tropften auf das Skelett.
Ich gab dem Schädel einen Kuss und flüsterte: „Ich hab dich lieb, Vater. Für immer!“.
Dann wandte ich mich ab und zitterte immer noch leicht.
„Adrian! Komm her!“, bat mich James. Ich drehte mich um und da stand der Engländer direkt hinter mir und hielt mir ein Taschentuch hin.
Ich nahm das Taschentuch und wischte mir die Tränen weg.
„Danke, James!“, meinte ich zu meinem Cousin.
James lächelte und gab den Pathologen eine Zeichen, dass sie die Skelette einpacken sollten.
Ich hatte keine Lust zusehen, wie die Überreste der Personen, die ich geliebt hatte in Säcken verschwanden.
Deshalb drehte ich mich weg und verließ die Gruft.
James folgte mir. Ich trat zurück in den runden Raum und starrte auf die Grabkammer des ersten und des zweiten Soleil.
„Meinst du Onkel Juliano war erfolgreich?“, fragte ich.
„Das wissen, wir wenn wir wieder bei Serge de Sang ankommen und Juliano dort ist.“, antwortete James.
Er ging nun zu dem großen Raum mit dem Fallbeil.
Konnte ich wirklich Julianos Platz einnehmen? Was war wenn ich nicht das Zeug zum König hatte. Oder mich die anderen der Nuits nicht anerkennen würden?
Juliano glaubte zwar daran, dass ich gut im herrschen wäre. Aber ich war nicht überzeugt.
„James!“, rief ich.
„Ja, Dauphin!“, antwortete der englische Prinz.
„Meinst du ich habe das Zeug zum König?“, fragte ich, „ würdest du mich als Herrscher des Königreiches akzeptieren?“
„Adrian! Nur weil es keine Alternative gibt, musst du nicht die Ersatzlösung sein. Und wer weiß ob Louis überhaupt früh stirbt. Wer weiß ob Juliano überhaupt vor dir stirbt. Wir sind Unsterblich, wir können nur durch Gewalt oder Suizid von der Welt scheiden. Du könntest noch tausend Jahre leben und trotzdem nie König werden, weil Juliano genauso lange lebt.“, erklärte James.
Ich schwieg über Julianos Angst, weil ich nicht wusste, wie viele Gedanken des Königs ich preisgeben durfte.
Die Pathologen kamen aus der Lequagrabkammer und hatten die vier Leichensäcke mitgebracht.
„Gehen wir zurück.“, meinte James und ich ging voran.
James folgte mir zum Tor und klopfte dagegen.
Das Tor des Palastes der Nacht wurde geöffnet und wir traten hindurch.
„Kommt bald wieder Eure Majestäten!“, hörte ich telepathisch den Abschiedsgruß einer der Wächter.
Ich nickte ihm zu und ging James hinterher, der bereits weiter gelaufen war.
Wir bestritten den langen Weg zurück.
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