Kapitel 6 / 6 wie überzeugt man seinen folterlüstigen Bruder

Rasch betrat ich das Gebäude durch die Glastür und sah mich um. Es waren nur sieben Gäste  und eine Kellnerin anwesend. An der Bar erkannte ich den Besitzer Rico Capuno.
Ich schenkte den Gästen keine Aufmerksamkeit und hatte mühe ein Fauchen zu unterdrücken und versuchte meine Verwandlung zu verhindern. Der Blutgeruch in der Luft machte mich verrückt.
Ich trat an die Bar und schnauzte Capuno an.
„ Blut! Dringend!“, keuchte ich erschöpft  leise und lies mich auf einem der Barhocker nieder.
„Sie sehen ja gar nicht gut aus, Signore!“, kommentierte Capuno meine Aufforderung nach Nahrung und füllte ein Glas an einem großen Fass hinter sich.
Blut sprudelte in das Glas und ich musste mich heftig zur Geduld rufen, um nicht vor zu schnellen und ihm das Glas zu entreißen.
Capuno stellte das Glas mit Blut vor mich hin. Ich griff es und kippte es in einem Zug herunter.
Als ich absetzte, verlangte ich noch eines. Als auch dies gelehrt war, war ich endlich wieder Herr über meine Instinkte. Mein Magen schrie nicht mehr nach Blut.
„Alles Okay, bei ihnen Signore Drago?“, fragte Capuno.
Er kannte mich natürlich, entweder von Adam oder durch Fernsehen oder die Night Time.
„Ich war nur hungrig!“, erklärte ich kurz und knapp.
Meine Aufmerksamkeit widmete ich nun den Gästen und erschrak. Am Fenster direkt beim Eingang saß Lio Cossa.
Er hatte mich noch nicht gesehen und redete in sein Handy eine  seltsame Sprache. Ich  verstand Sie  nicht. Aber  ich  meinte  heraus zu  hören,  dass  es  sich  um eine indigene Sprache  handelte. Vielleicht Maya  oder Inka?
Seine Anwesenheit erinnerte mich schlagartig an Aleena.
Ich musste Lorenzo irgendwie erreichen.
Noch ein Glas bestellend holte ich mein Handy hervor und wählte Lorenzos Nummer.
„Alessandro? Was ist los? Ich hab keine Zeit!“, ertönte endlich seine Stimme.
Ich seufzte erleichtert auf.
„Ich muss dich um etwas bitten.“ , fing ich an.
„Kann das warten? Luca hat Jasper angegriffen und ich bin gerade mit der Folter fertig. Luca ist tot.“, meinte mein großer Bruder.
„Jasper wurde angegriffen?“, hakte ich nach. Beim Namen seines vermeintlichen Neffen horchte Lio auf und sah mich an. Sein Blick zeigte ein Grinsen.
„Ja, er wollte unbedingt einen seiner früheren Bekannten aus der Mafia mit mir verhören. Luca hat sich als sehr alt und mächtig herausgestellt. Er hat Jasper mit Informationen über seine leiblichen Eltern geködert und ihn dann gewürgt. Ich habe ihn zu unserem Arzt geschickt.“, erzählte Lorenzo.
„Oh, ich habe erfahren, dass Jemand hinter ihm her ist.“, meine ich zögerlich, da Lio immer noch in meiner Nähe ist und alles mithört.
„Das ist nichts Neues. Ich habe mir schon gedacht, dass Lio irgendwann aufkreuzt. Aber um nochmal zu dem eigentlichen Grund deines Anrufes zurückzukommen: um was möchtest du mich bitten?“
„Ich...ich muss ...will...das du aufhörst, herum zu schnüffeln! Fliege einfach nicht nach Amerika.“, versuchte ich mein Anliegen auszusprechen.
„Warum? Du warst einverstanden, dass ich was unternehme? Was hat deine Meinung geändert?“, fragte mein Bruder barsch.
„Tue es einfach! Okay!“, brüllte ich ihn an.
„Der Flug ist bereits gebucht. Ich habe auch schon in Minnight angerufen und erste Erkenntnisse eingeholt. Arek hat eine Menschenmädchen gebissen. Es wurde hinter dem Clup Fame gefunden. Sie hatte keine Erinnerung mehr an Arek oder Aleena. Ich weiß, dass du gerne den Schwanz einziehst. Das ist auch der Grund warum du deine erste Familie nicht töten konntest. Diesmal sehe ich nicht zu. Aleena ist meine Nichte. Ich fühle mich für sie verantwortlich.“
„Bitte Lorenzo! Fliege nicht! Egal was du für Aleena empfindest. Ich ziehe nicht den Schwanz ein. Ich muss das tun. Bitte bleibe hier! Für Sie!“, werde ich etwas lauter.
„Für Sie? Es ist doch gut für Sie, wenn ich fliege? Vielleicht finde ich am Tatort etwas, was uns sagt, wo Henry Aleena gefangen hält.", erwidert mein Bruder verdutzt.
„Nein, es ist nicht gut für Sie, wenn du fliegst. Dann erleidet...“ Ich werde von Lios Hustenanfall unterbrochen und begreife, dass ich Lorenzo dies nicht sagen soll.
Ich schlucke und weiß nicht mehr, was ich jetzt sagen soll. Wie kann ich ihn nur umstimmen, ohne ihm zu sagen, was für meine Tochter auf dem Spiel stand?
„Dann erleidet Aleena was?“, fragte Lorenzo.
Fieberhaft überlegte ich, wie ich aus diesem Schlamassel wieder rauskam.
Ich wagte es nicht, irgendetwas von mir zu geben, aus Angst, Lio würde es hören.
Wenn ich dies bestätigte, war es das vielleicht für meine Tochter.
„Alesso, bist du allein? Hattest du Kontakt zu Rittern der Dunkelheit?“ , fragte er.
Wieder musste ich schweigen.
„Alessandro? Sag mir was los ist? Was wolltest du mir sagen?“, fauchte mein älterer Bruder mich an.
„Lorenzo! Fliege einfach nicht, Okay!“, meinte ich und unterdrückte mit aller Kraft meine Tränen.
„Alesso, ich werde fliegen. Was auch immer sie dir gesagt haben, was sie mit Aleena machen. Henry braucht sie lebend. Alles ist ertragbar. Egal was sie ihr an tun. Sie ist dann noch da. Halte dir immer vor Augen, dass Aleena leben muss. Ich werde fliegen. Das ist unserer einzige Chance, etwas herauszufinden. Wenn ich weiß wie sie Aleena verschleppten, kann ich vielleicht auch den Weg herausfinden, den sie genommen haben. So finden wir sie am schnellsten. Das verstehst du doch Bruder?“, erklärte Lorenzo.
Ich schluchzte. Es hatte keinen Zweck. Er würde sich nicht von abbringen lassen.
Ich hatte versagt.
„Meinst du, sie ist stark genug um...um...deine Leidenschaft zu ertragen?“, fragte ich.
„Hat man dir gesagt, dass ein kranker Sadist sie als seine Sub missbrauchen wird, wenn du mir den Ausflug nach Minnight nicht ausredest?“, fragte Lorenzo empört.
Ich nahm durch die Augenwinkel wahr, wie Lio sein Handy griff und das Restaurant verließ.
„Okay, Alessandro! Du kommst jetzt nach Hause! Wir reden ...warte!“, meinte mein Bruder.
Ich hörte es rascheln und dann sagte eine andere Stimme im Hintergrund: „Graf, Signore Fagio ist jetzt ansprechbar.“
„Ist gut! Ich komme sofort!“, antwortete Lorenzo.
„Wir reden im Schloss weiter. Ich muss mich jetzt um Jasper kümmern, sonst reißt mir Adam den Kopf ab. Komm nach hause! Ich habe dich lieb, Bruder. Ich werde an deiner Seite stehen, egal was mit Aleena passiert. Das bin ich dir schuldig. Aber Minnight ist unsere einzige Chance auf eine Spur. Diese werde ich nutzten. Biss hoffentlich bald, kleiner Bruder.“ , verabschiedete sich Lorenzo.
Er legte auf und ich ließ niedergeschlagen das Handy sinken.
Warum! Warum musste er so ein Sturkopf sein!

Ich ließ die Tränen laufen. Mir war es egal, ob mich alle anstarrten. Mir war es egal, ob Lio gerade Henry von meinem Scheitern berichtete.
Ich suhlte mich in Selbstmitleid. Meine Hände verkrampften sich, als ich das Glas hob und feststellte, dass es kein Blut mehr enthielt.
„Was immer da auch gerade abgelaufen ist...ich spendiere dir ein Bier.“ , meinte Capuno und schob mir einen Bierkrug hin.
„Grazias!“, meinte ich und schlürfte das Bier.
Ich hatte versagt. Jetzt war Aleena Lance ausgeliefert.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top