Kapitel 2/ 2 Der älteste noch lebende Vampir der Welt

Ich sah von meinem Tagebuch auf und bemerkte wie die Sonne  durch  mein Fenster strahlte. 
Ein weiterer Tag. Leider der erste ohne meinen Partner Adam. Ohne  meinen Meister.
Ich bin ein Sub. Es gibt  mir  Sicherheit und  hat  mir  nach  der Befreiung von  meinen Peinigern  sehr  geholfen, mich zurecht zu  finden. Ich bin auch Petplayer, also  ich verkörpere  ein Tier im Spiel. Es macht  mich an zu einem Hund degradiert zu werden. Auch kann ich so  Jemand bestimmten  Nahe  sein.
Missmutig strich  ich  mir  über  das blonde  kurze Haar.
Er hatte mich nicht  mitgenommen. Betrübt schweifte mein Blick über mein Zimmer im Westturm des Schlosses Immortalité. Immortalité war ein sehr altes Schloss auf  dem Hügel Diavolo im Umland Roms. Es war mein bisher drittes Zuhause. Ich liebte  das  alte  Schloss der großen Vampirgrafen meines Landes. Es war alles sehr alt, da das Schloss noch im 16. Jahrhundert erbaut wurde. Trotzdessen, hatten wir Strom und Telefon. Seid 2003 lebte ich hier mit Adam. Schon 13 Jahre schlief  ich  in diesem Zimmer. Ich vermisste  meinen Retter schon jetzt. Obwohl er  erst  gestern  aufgebrochen war.
Mein Bett auf  dem  ich saß quietschte leicht als ich Schritte hörte.
Ich umklammerte  die dünnen Seiten  meines Tagebuches, dass auf meinem Schoß  lag. Es war nur  eines der  altes Schulhefte aus  den 90ern, die  ich einst  selbst nutzte.  Ich bemerkte  eine Tränen, die  meine Wangen herunter  liefen  und  strich mit  dem Finger  über Adams Namen in dem Eintrag, den ich gelesen  hatte. 
Würde er zu mir zurück kommen? Konnte  ich seine Abwesenheit ertragen? Ich zog meinen rechten Ärmel  etwas  hoch  und  sah der  feinen roten Linie nach,  die  sich über die blaue gut sichtbare Ader waagerecht an  meinem Handgelenk zog. Es waren  noch  mehr  Linien da und  auch  eine ganz  ganz Alte  die  von einem Geburtstag  in Jungen  Jahren stammte. Sie zeigte  von meinen aller  ersten versuch von dieser  Welt  zu  scheiden. Alle Linien außer  die  rote  von gestern Abend waren weiß. Ich fuhr sie langsam  mit dem Finger nach. 
Warum war es  nur  so schwer, damit auf  zu  hören? Warum wollten  das  alle  überhaupt.  Es  half  mir  doch!  Es hielt ihn wenigstens in den Dunklen Stunden im Bett  fern. 
Wenigstens wusste  noch  niemand, dass  ich es  wieder  tat.

Als ich so meinen Gedanken nachhänge, tritt plötzlich Lorenzo in mein Zimmer. Der Graf und Urvampir lehnt lässig an der Tür und schaut mich an.
Rasch versuche ich meine Tränen zu verstecken, die immer noch aus  meinen Augen liefen und verbarg rasch  die Schnittnarben.
Doch Lorenzo sieht alles.
Der erste und älteste noch lebende Vampir geht auf mich zu und setzt sich neben mich auf mein Bett.
„Hey, kleiner Hund. Was ist denn los? Du müsstest doch eigentlich glücklich sein. Die Mafiafamilie Cossa hat heute Nacht ihr Ende gefunden. Die Blutritter des VRKs und die Armee von Drago, meine Soldaten, haben alle Caporigime fangen können außer zwei. Lios Bruder und Mirco Capachi. Lio ist leider entkommen. Aber ich werde ihn finden, Jasper“, teilt mir Lorenzo mit.
Ich sehe ihn an und versuche die Tränen zurückzuhalten. Doch es gelingt mir nicht.
Schließlich breche ich zusammen und heule los. Wie peinlich. Ich bin doch erwachsen?
Zumindest vom Alter her.
Seit 1980 lebe ich auf dieser Erde, also bin ich 35 Jahre alt. Aber manchmal fühle ich mich noch wie ein Kind. Mir fehlt so viel. So viel wurde mir von Rayn genommen. Adam akzeptiert, dass ich mich manchmal, wie ein 12-Jähriger aufführe, weil er weiß, dass ich nie eine normale Kindheit hatte.
Mein Körper ist auch recht jung geblieben. Als Adam mich befreite war ich 21 Jahre alt. An diesem Abend trank ich zum ersten Mal Blut und meine Bluttaufe vollzog sich. Ich wurde zum Halbvampir und hatte noch nicht einmal eine Ahnung, dass ich einer war. Ich wusste nicht, dass ein Teil meiner Eltern unsterblich war.
Rayn hat immer so getan, als sei ich ein Mensch.
„Hey nicht weinen“, sagt Lorenzo und legt mir eine Hand auf die Schulter.
Ich sehe ihn an und erkenne das Mitleid in den dunklen Augen. Mitleid vom König der Schmerzen ist etwas Seltenes.

Lorenzo hat selbst Leid erlebt und praktiziert seit dem 18. Jahrhundert BDSM und stimmte die  gängigsten Praktiken auf die Vampirrasse ab  und  erfand neue  auf Vampire abgestimmte Praktiken. 
Er führte dadurch  die Vampir-BDSM Szene  ein.
„Lorenzo, kann ich die Villa sehen?“, fragte ich.
„Die Ermittlungen und die Räumung sind noch nicht abgeschlossen. Außerdem sind die anderen Mafiafamilien in Aufruhr. Es ist jetzt nicht sicher für dich. Morgen werde ich dich hinbringen“, antwortete der Graf.
Ich seufzte und musterte Signore Drago.
Er trug einen schwarzen Umhang, mit rotem Innenfutter und einem hohen Kragen. Unter diesem Umhang saß ein schwarzer Seidenanzug und nur sein Gesicht wäre in der Dunkelheit aufgefallen. Seine kurzen schwarzen Haare fielen ihm verstrubbelt in die Stirn und sein Mund war schmal. Seine Haut war blass und seine großen Augenbrauen zitterten, als sich seine Mundwinkel hoben und er mir ein Lächeln schenkte.
„Danke, dass du die Cossas bestraft hast“, sagte ich.
„Das habe ich gerne getan. Ich habe noch etwas für dich. Das Dokument ist auf Französisch. Ich kann es dir vorlesen, wenn du möchtest“, meinte Lorenzo.
Ich nickte und er zog ein altes Pergament heraus und hielt es sich vor die Augen.

 „Im Namen der Französischen Republik, erbitte ich Nicolas Legrand, zweiter Berater des Konsuls, Gabriel Fagio, die Aberkennung des Titels Maréchal d’Empire. Monsieur Fagio hat sich nachweislich auf die Seite der Bourbonen und der de Nuits geschlagen“, las Lorenzo vor.

„Fagio? Ist das meine wahre Familie?“, fragte ich.
„Es könnte sein. Ich werde Juliano fragen. Wenn Gabriel sich mit den de Nuits einließ, dann wurde er vielleicht verwandelt. Oder er ist ein Vorfahre. Aber erhoffe dir nicht zu viel, Jasper. Es könnte auch sein, dass diese Familie nichts mit dir zu tun hat. Rayn hat ja gesagt, dass Fagio der Name deiner Mutter war. Ich will nicht, dass du dir zu viele Hoffnungen machst. Aber ich verspreche dir dem nachzugehen“, erklärte Lorenzo und ich legte ihm eine Hand auf die Schulter.
„Danke, Sohn Vladimirs!“, sagte ich.
Beim Namen seines Pflegevaters huschte ein Schatten über Lorenzos Gesicht. Doch er fing sich wieder.
„Gerne geschehen, kleiner Hund“, erwiderte der Graf.
„Ich wünschte, Adam wäre nicht gegangen“, seufzte ich und blickte auf das Buch auf meinem Schoss.
„Er muss seinen Vater beerdigen. Du musst das verstehen. Húgo Lequa hat ihn zu dem gemacht, was er ist. Er hat sich für ihn und gegen seine leibliche Familie entschieden. Das hat ihn geprägt. Húgos Hinrichtung hat ihn zerrissen. Ich war der Einzige, der mein ‚Kind‘ damals wieder aufrichten konnte“, erzählte Lorenzo.
„Wie hast du ihn verwandelt?“, fragte ich. Es war eine Frage, die ich noch nie gestellt hatte. Adam selbst redete nicht über seine Vergangenheit.
Er hasste Frankreich und wollte nicht an die Revolution erinnert werden. Ich wusste sehr wenig über meinen Freund.
„Ich habe Adam in Elend gefunden. Ich bin in die Concergerie, einem damaligen Gefängnis in Paris, eingebrochen und habe meinen Freund gesucht. Dann erfuhr ich, dass er nach Versailles gebracht worden war und habe ihn dort vorgefunden." Ein trauriger Ausdruck trat  in Lorenzos Augen. 
"Er war  halbtot durch  eine schreckliche Folter, der er ausgesetzt war. Ich konnte nicht fassen, was sein Vater ihm angetan hatte. Ich habe ihn vor die Wahl gestellt, wie einst ich selbst auch vor die Wahl gestellt wurde. Er hat sich für die Unsterblichkeit entschieden“, erklärte Lorenzo und sein Blick fiel auf mein Tagebuch.
„Willst du das wirklich aufheben?“, fuhr er fort.
„Ja, Ich kann den Tag, an dem ich Adam zum ersten Mal begegnete bin, nicht wegschmeißen. Egal was für eine Qual und welcher Schmerz an den übrigen Seiten hängt“, sagte ich entschieden.

„Das verstehe ich. Ich habe Vladimir selbst beim Tagebuch schreiben zugesehen. Er hat so viel erlebt. Ein halbes Jahrhundert hat schon in dem Buch gesteckt, bevor er den jungen Sohn eines Schmiedes auf dem Weg nach Florenz, auf diesem Friedhof traf“, sagte Lorenzo und blickte zur Tür, als ob er in Erinnerungen schwelgen würde.
„Warum wolltest du nach Florenz?“, fragte ich.
„Es war damals eine Zeit, in der ein Sohn den Beruf seines Vaters ergreifen musste. Mein Vater war Schmied und hat selbst an den Papst verkauft. Ich wollte aber schreiben. Ich war schon damals ein sehr guter Autor. In Florenz wollte ich mir von den Medici einen Job geben lassen und mein eigenes Buch schreiben, ohne die harte Hand meines Vaters zu spüren. Ich wollte nicht mehr heimlich meine Gedichte verfassen“, erklärte Lorenzo.
„Dein Vater schlug dich?“, hakte ich nach.
„Loranon von Lascando, war ein Ritter. Ein Erbe der Kreuzritter. Meine Vorfahren ritten nach Jerusalem. Es war damals normal Gewalt zur Erziehung der Kinder auszuüben, Jasper. Da hat sich niemand für das Kindeswohl interessiert. Es war einfach anders als heute. Ich habe meinen Vater gehasst und als ich mit Vladimir ging, habe ich nur zu gerne sein Blut getrunken. Nach meiner Verwandlung bin ich ein letztes Mal zu meinen Eltern gegangen. Da musste ich erfahren, dass mein Vater mir nicht nur ein glückliches Leben raubte, sondern auch noch in der Angst, mich, seinen Nachfolger, zu verlieren, meine Mutter tot geprügelt hatte, weil er glaubte, sie wüsste, wo ich bin. Mein eigener Vater war das erste Blut, dass ich trank“, erklärte Lorenzo.
„Das ist traurig. Hat es etwas gebracht, sich zu rächen?“, fragte ich.
„Es hat für den Moment geholfen. Doch die Erinnerung und die Qual macht es nicht weg. Es gibt dir Erleichterung. Du kannst nach vorne schauen und weist dabei, dass dir dieser Schmerz nie wieder widerfährt, weil der Verursacher tot ist. Aber, dass er mir meine Mutter nahm, hat einen neuen Schmerz verursacht. Ich wollte ihr eigentlich zeigen, was ich bin und sie verwandeln“, beantwortete Lorenz meine Frage.
„Wie viele hast du verwandelt? Wer war der Erste?“, fragte ich.
„Jasper, ich bin der älteste Vampir der Welt. Ich habe viele verwandelt. Adam selbst gehört zu den ersten L-Vampiren, einer Vampirrasse, der Welt. Aber meine allererste Verwandlung war jemand, über den ich nicht spreche“, meint Lorenzo.
„Warum nicht?“, fragte ich.
Lorenzo schüttelte den Kopf  und  schwieg.  

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