Kapitel 2 / 1 Das Tagebuch von Jasper Fagio

 Kapitel 2

Zwei Liebende

Teil 2

Jasper und der Schmerz eines ehemaligen Lustsklaven

10. Februar 2001
Liebes Tagebuch,

Heute bin ich in Paris angekommen. Mein Pflegevater hat mich in einen Käfig sperren lassen. Ich bin wie Gepäck behandelt worden. Gefesselt und geknebelt lag ich stundenlang in der Dunkelheit. Mehr als Besitz bin ich nicht. Ein Sklave, dazu verdammt einen Mann zu ernähren, den ich 18 Jahre meines Lebens Vater nannte. Aber erst seitdem ich 18 bin weiß ich, dass dies nicht stimmt. Mein echter Vater ist ein Vampir und ich werde ihn finden.

Rayn Cossa hat mich nur als Säugling gekauft. Rayn ist grausam. Er misshandelt mich. Ich habe zwar eine Schulbildung. Doch nur bis zur Grundschule. Im Salvatorischen Reich der Nacht, ist es Pflicht die italienischen Kinder der Nacht in die Grundschule der Menschen zu schicken.
Ansonsten könnte ich wahrscheinlich gar nicht rechnen oder schreiben.

Du fragst dich sicher, warum ich jetzt so schreibe, als hätte ich dich noch nie benutzt. Der Grund ist ein Mann, den ich heute traf. Oder eher sah, denn gesprochen habe ich nicht mit ihm. Ich habe meine anderen Tagebücher, die ich schreibe, seit ich zwölf bin, zu Hause gelassen. Sie sind gut versteckt unter den Brettern vor meinem Schlaflager. Dieses besteht nur aus einer Matratze und zwei Metallringen in der Wand. Dort sind die Halsschellen und die Fußfesseln an der Wand angebracht.

Ich werde zum Schlafen angekettet. Dies ist so, seit ich sieben bin. Vorher wurde ich über Nacht nur eingesperrt. Aber nach meinem 7. Geburtstag fand mich Lio mit aufgekratzten Pulsadern auf dem Boden. Seither werde ich Nacht für Nacht gefesselt, damit ich mir nicht nochmal etwas antun kann.

Tja, aber nun zurück zu dem Mann. Ich will das hier schreiben, weil ich die Hoffnung habe, ihm dies hier irgendwann zustecken zu können. Wenn ich ihn denn wiedersehe. Ich hoffe es sehr.
Er ist sehr attraktiv, Tagebuch.

Er hat sich gegen Rayn gestellt.  Ich nenne meinen angeblichen Vater schon immer Rayn. Er wollte das Wort Papa nicht hören und hat mich geschlagen, wenn ich es gesagt habe. Ich habe das Wort erst kennengelernt, als ich in die Schule kam und alle Kinder die Männer, die sich um sie kümmerten, Papa oder Padre, nannten. Der Mann hat nachgefragt, warum er mich so behandelt. Das hat noch nie jemand getan.

Er hat sehr deutlich gemacht, dass das, was Rayn mit mir macht falsch ist.
Er hat sogar Rayn dazu gebracht ihn anzugreifen. Ich werde nie sein Gesicht vergessen, als Soldaten ihm sagten, dass er jetzt besser gehen sollte, da er fast den Dauphin verletzt hätte.
So schnell konnte man gar nicht schauen, wie Vater und die anderen Mafiosi den Flughafen verlassen haben.

Ich habe später gefragt was Dauphin heißt, dass war schließlich nicht Italienisch oder Englisch.
Rayn wollte es mir nicht sagen.
Jedenfalls hat der Mann mich angelächelt. Ich war die ganze Zeit geknebelt und hab versucht durch meine Gedanken zu sagen, dass ich Hilfe brauche. Ich weiß nicht, ob er es aufgenommen hat.
Als ich von Rayn aus dem Flughafen gezerrt wurde, habe ich gehört, wie einer der Soldaten ihn Adam nannte.
A.d.a.m. ein schöner Name.
Er hat schulterlanges schwarzes Haar. Braune Augen, die total sexy aussehen. Unter seinem Hemd zeichnen sich definierte Muskeln ab und sein Arsch … oh sein Arsch.
Ich glaube, ich bin verliebt.
Ich will ihn wirklich wieder sehen. Zum ersten Mal habe ich ein anderes Ziel, als es irgendwie zu schaffen mein Leben zu beenden.
Es ist so wundervoll zu wissen, dass da jemand ist, der nicht einfach nur zusieht.
Meine blauen Flecken, die Schnitte, das Blut und meine Panikattacken, wurden immer nur von den Lehrern belächelt. Die Schule, auf die ich ging, gehörte der Mafia. Also Rayn.
Und außer der Schule, die Villa von Rayn und der Stadt Cittácrimpiro in Italien, sah ich nie etwas anderes. Das hier ist das erste Mal, dass ich an einem anderen Ort bin.
Ich habe keine Ahnung warum Rayn mich mit nach Frankreich genommen hat.
Sex spielt dabei hoffentlich keine Rolle.

Ich habe die Nase voll herumgereicht zu werden, als wäre ich ein Spielzeug an dem man sich befriedigt.
Es reicht, dass Rayn mich jeden Tag zweimal gewaltsam zur Befriedigung benutzt. Ich kann nicht auch noch andere ertragen.
Aber ich bin rechtlich nicht mehr als eine Sache. Ein Gegenstand, mit dem man alles machen kann, was man will.

Ich will nicht mehr.
Ich will hier raus!!!!
Aber ich habe schon versucht zu fliehen. Sie fangen mich jedes Mal.
Der Chip ist immer an. Die können mich jederzeit orten.
Ich gehöre Rayn, nicht mir selbst.

Gerade kann ich mich nur bei dir auslassen, Tagebuch, weil er nichts davon weiß.
Sonst könnte ich nicht einmal so meine Gefühle rauslassen.
Ich bin gerade im Hotel. Splitternackt hocke ich in der Dusche und schreibe mit meinen Zehen auf einem der Hygienebeutel des Hotels, mit einem Stift, den ich immer in meiner Socke verstecke. Das Schreiben mit dem Fuß habe ich mir selbst beigebracht.
Meine Hände sind mit Klebeband gefesselt und meine Fußknöchel ebenso.
Die Peitsche hat mich wieder blutig geschlagen.
Ich bin geknebelt und weiß, dass Rayn das getan hat, weil er befürchtet, das Hotelpersonal könnte meine Schreie hören. In Frankreich darf man seinen Lustsklaven seit diesem Jahr nicht mehr verletzten.
Der König hat dafür einen langen Kampf gegen den Blutbund geführt.
Ich glaube er heißt Soleil.
Es ist kalt und ich zittere am ganzen Körper. Rayn hat die Heizung heruntergedreht. Das gehört zu meiner Strafe. Ich kann doch nichts dafür, dass der Mann namens Adam uns bemerkte.
Doch Rayn ist der Meinung, es hätte niemanden interessiert, wenn ich nicht in meinen Knebel geschrien hätte. Danach vor dem Bahnhof habe ich sogar versucht zu fliehen. Aber Lio hat mich aufgehalten. Warum können sie mich nicht gehen lassen?

Ich habe auch nichts zu essen bekommen. Mein Magen knurrt höllisch und mir ist schon schlecht.
Lediglich ein Schluck Wasser wurde mir nach der Ankunft im Hotel gewährt. Das geschah aber nicht von Rayn aus.
Die Bardame hatte Rayn und seinen Männern ein Glas Sekt angeboten. Sie war verwundert als Rayn nichts für mich bestellte und hat mir einfach ein Glas gebracht. Doch Rayn hat behauptet, dass ich, sein „Sohn“, keinen Alkohol vertrüge und der Frau die Bar voll kotzte, wenn ich das trinke.
Daraufhin hat sie mir ein Glas Wasser gegeben.
Rayn hat es mich mit wütendem Blick trinken lassen, doch nur, weil er keine andere Wahl hatte.
Nach fast zwölf Stunden ohne etwas zum Trinken und Essen, war das Wasserglas eine wahre Erleichterung für meine trockene Kehle.
Danach sind wir hoch in die Zimmer. Es sind insgesamt drei Doppelzimmer und die Mafiosi sind alle zu Rayn rüber, nachdem sie ihre Sachen abgelegt hatten.
Rayn hat mich, als ich das Hotelzimmer betrat, sofort gepackt und auf die Knie gezwungen. Seine Dominanz war für jeden spürbar und ich wusste, dass er mich hart für meinen Fluchtversuch bestrafen würde.
Lio Cossa, Rayns Bruder, hat ihm den Rohrstock gegeben und Rayn hat mich angegrinst.
Ziemlich schnell bin ich aufgesprungen und war an der Tür. Doch Theo hat mir den Weg versperrt und mich gepackt.
Da meine Schreie bis auf den Gang hallten, hielt mir Theo den Mund zu.
Dann wurde ich gefesselt und es folgte die Bestrafung, weswegen ich nun hier in der Dusche sitze.
Ich hasse Rayn. Ich hasse jeden einzelnen von ihnen.
Auch Lio mag ich nicht. Aber er ist wenigstens ein wenig nachsichtig und liebevoll zu mir.
Ich will hier weg.
Ich will Adam wieder sehen.
Keinen Schmerz mehr! Keine Fesseln mehr! Keinen Knebel und keine Angst.
Ich werde hier rauskommen und Adam suchen.
Egal wie. Irgendwie schaffe ich das.

Jasper F.

Ich höre auf zu lesen und schluckte. Erinnerungen durchfluteten meinen Geist. Ich sah Rayn vor mir. Seine blauen Augen und sein braunes Haar zusammen mit seinem teuflischen Lächeln. Es machte mir immer noch Angst. Ich wusste, dass er tot war. Er war in Paris gestorben. Adam hatte ihn getötet. Hatte ihn für mich getötet.
Meine Hand krallte sich an dem Zahn um meinen Hals fest. Es ist der Zahn meines Pflegevaters und auch der Zahn meines Peinigers.
Der Rest von ihm ruht in irgendeinem namenlosen Grab in Frankreich. Dieses Tagebuch ist das älteste, welches ich noch besitze. Die anderen, die ich vorher schrieb, sind noch im Besitz der Mafia.
Lorenzo hat mir mitgeteilt, dass es eine Razzia in der Stadt der kriminellen Vampire, der Cittácrimpiro, geben wird.
Ich bin aufgeregt und hoffe, dass ich einigen meiner Peiniger nicht begegnen muss.
Gleichzeitig würde ich aber gerne sehen, wie sie für das, was sie mir antaten bestraft werden.
Ich habe in den ersten Jahren meines Lebens so viel Schmerz erfahren, dass ich wirklich dachte, es wäre Beste, wenn ich nicht mehr da wäre.
Adam hat mich viermal vor einem Suizid retten müssen, bis ich es annähernd schaffte, weiterzuleben. Ohne Schmerz weiterzuleben. Nun führe ich seit 10 Jahren ein glückliches Leben. Dies habe ich nur Adam und seinem Erschaffer Lorenzo Drago zu verdanken.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top