Kapitel 1/9 Die Erpressung

Als ich aus dem Thronsaal trat, waren mein Tränen bereits getrocknet. Alice sah mich lächelnd an und stellte mir die Kammerzofe Madam Martinez vor. Ich registrierte ihre Verbeugung kaum und folgte ihr niedergeschlagen durch das Schloss. Doch ehe ich Alice verließ, sagte ich ihr, dass Juliano sie sprechen wollte.

Wir kamen in den zweiten Stock und die Kammerzofe hielt vor einer goldenen Tür. Ich öffnete sie und blickte in mein Gastgemach.
Es war purer Luxus. Ein Flachbildfernseher und ein Laptop waren vorhanden und sogar eine eigene kleine Küche mit einem Kühlschrank, in dem gewiss Konserven lagerten. Die Wände waren schwarz, meine Lieblingsfarbe. Im Raum stand ein Sofa direkt vor einer riesigen Fensterfront. Die Sonne schien stark in den Raum hinein, was notwendig für einen Mittagsschlaf war.
Vampire konnten nämlich nur durch Sonneneinstrahlung einschlafen oder von 22 Uhr bis Mitternacht. Aber es war für uns auch ohne Probleme möglich ganz ohne Schlaf auszukommen, wenn wir regelmäßigen Venus hatten. Der Schlaf in der Kälte drängte die V-Hormone zurück und hatte einen ähnlichen Effekt wie der Venus. Die Vim-Hormone waren der Grund warum wir überhaupt schlafen konnten, doch dies auch nur in einer Temperatur unter 20°.
Ich entschied, mich hinzulegen und verstaute meinen Koffer vor der großen Kühltruhe.

Die Zofe verabschiedete sich und ich ließ mich auf das Sofa fallen. Es war befremdlich für mich hier zu sein. Nach all den Jahren, schlief ich das erste Mal wieder inmitten meiner leiblichen Familie.
Ich öffnete mein Satinjackett und ging zu der einzigen weiteren Tür im Raum. Ich öffnete sie, dahinter befand sich ein wahrlich königliches Bad. Eine riesige Badewanne stand mitten im Raum. Auch waren drei weiße Waschbecken mit goldenen Wasserhähnen vorhanden. Eine komplett verglaste Dusche mit Neonlicht stand in der Ecke.
Ich entschied mich zu duschen und dann erst mal zu schlafen.
Also zog ich nun auch den Rest meiner Kleidung aus und ging unter die Dusche. Gerade wollte ich das Wasser einschalten, da klopfte es an die Tür meines Gastgemachs. Schnell nahm ich ein Handtuch und wickelte es mir um die Hüfte, dann ging ich zur Tür und zog sie auf.
Doch da stand niemand.
Als ich verwundert zum Boden blickte, sah ich einen Umschlag.
Ich hob ihn auf und kehrte in das Gemach zurück. Ich sah nach, ob der Umschlag eine Nachricht aufwies. Doch es stand nur: „Für Adam Nossini" drauf. Es waren ausgedruckte Worte und sie waren mit Kleber mitten auf den Umschlag geklebt.
Mit einem unguten Gefühl öffnete ich den Umschlag. Drei Bilder sprangen mir entgegen.
Eine junge rothaarige Frau über einem Mann, der völlig verdreckte Kleidung trug. Dann dieselbe Frau gefesselt und geknebelt mit Klebeband in einem Kofferraum und schließlich ein Raum mit einer Holzwand vor der diese Frau lag und offenbar schlief.
Ich wusste, wer das Mädchen war, denn sie war noch sehr jung. Aleena Drago!
Jemand hatte sie entführt.
Ich sah wieder in den Umschlag, holte ein Blatt Papier heraus und entfaltete es.
„Niemand wird hiervon erfahren. Wenn Sie irgend jemanden das hier zeigen oder darüber sprechen, ist Miss Drago tot. Ihr bester Freund wird Sie brauchen, Herr Nossini. Lassen Sie ihn nicht im Stich", las ich.
Das Schriftstück war nicht unterschrieben. Stattdessen war es mit einem Mond und zwei gekreuzten Schwertern unterzeichnet worden. Ich wusste was es bedeutet.
Die Ritter der Dunkelheit hatten Aleena.
Was hatte ich damit zu tun? Was wollten sie von mir?
War es, weil ich mit Alessandro befreundet war?
Dann blickte ich zufällig auf das PS in dem Brief.
„Achten sie darauf, dass sie ihren Hund nicht aus den Augen verlieren. Hundefänger sind unterwegs", las ich. Das war eine Drohung gegen Jasper, dessen war ich mir sicher.
„Nein, das lasse ich nicht mit mir machen!", knurrte ich wütend und griff nach meinem Handy, um Lorenzo anzurufen. Da klingelte es. Die Nummer war nicht eingeblendet.
Ich hob ab und hörte Jaspers Stimme: „Hey Lorenzo! Du wolltest doch mit mir Essen. Also iss ruhig. Ich habe kein Problem damit, wenn die Venezia vor meinen Augen beißt."
Ich hörte Lorenzo im Hintergrund etwas sagen und dann machte es Knack.
„Wir sind der Schatten auf Jaspers Schulter und wenn sie jemandem mitteilen, dass sie erpresst werden oder wenn die Bilder die Runde machen, werden wir ihn uns holen. Also bleiben sie still, Kronprinz!", ertönte eine sehr elektronische Stimme. Dann wurde aufgelegt.
Ich ging zum Sofa und starrte auf den Eiffelturm in der Ferne.
Was sollte ich jetzt machen?
Ich konnte Jasper nicht dieser Gefahr aussetzen. Aber genauso wenig wollte ich einfach schweigen. Alessandro war mein Freund.
Die Entführung war zwar gewiss gegen ihn gerichtet, aber ich als sein Freund war nun mitwissend. Ich fragte mich warum.
Wenn die Ritter der Dunkelheit auch noch so einen Aufwand betreiben, um Jasper zu bedrohen, ohne dass es jemand wusste, war ich wahrscheinlich sehr wichtig in ihrem Plan.
Vielleicht wollten sie verhindern, dass Alessandro den Halt seiner Freunde hatte.
Ich würde mich nicht zwingen lassen meinen Freund im Stich zu lassen.
Dafür hatte Alessandro Drago zu viel für mich getan.
Er hatte dafür gesorgt, dass ich nach meiner Verbannung die französische Staatsbürgerschaft behielt und hatte Briefe zu Aure geschleust.
Nachdem ich zum Vampir wurde und mich mit Juliano gestritten hatte, hatte er mich verteidigt.
Wir hatten uns gestritten, weil ich wissen wollte, wo man meine leibliche Mutter begrub.
Zudem bezahlte er für mich Jaspers Klinikaufenthalt, nachdem ich diesen aus den Fängen der Mafia befreit hatte.

Ich ging unter die Dusche und versuchte mir nicht vorzustellen, was mit Jasper passierte, wenn sie ihn auch noch entführten. Mein kleiner Sub würde das nicht verkraften. All die Scheiße die er erlebt hatte, würde schon ausreichen um ihn zurück in die Depression zu führen.
Er war schon einmal entführt worden, zwar war es nur gewesen, weil mein Cousin, der erste Dauphin, mich zwingen wollte meinen Stand als Thronerbe aufzugeben. Aber immerhin hatte er es so angestellt, dass alle glaubten die Ritter der Dunkelheit wären es gewesen.
Ich wollte Jasper nicht verlieren. Niemals!
Aber ich wollte auch nicht, dass die Freundschaft mit Alessandro zerbrach.
Ich wusste genau, dass er es als Vertrauensbruch ansah, wenn ich ihm nichts von den Bildern erzählte.
Aber Jasper war mir wichtiger. Er war die Liebe meines Lebens. Ich liebte ihn und hatte ihm versprochen ihn zu beschützen. Dieses Versprechen würde ich halten.
Ich stellte das Wasser ab, ohne mich eingeseift zu haben. Irgendwie hatte es keine Bedeutung mehr ob ich sauber war oder nicht.
Nass und tropfend ging ich ins Zimmer und sah, dass man mein Gepäck hochgebracht hatte.
Ich wühlte meinen weißen Kittel aus Plastik aus dem Koffer und streifte ihn mir über. Vampire lagen ausschließlich nackt in der Kühltruhe. Doch ich war hier zu Besuch und hatte keine Lust meinen Körper zu zeigen. Ich trat zur Kühltruhe und öffnete den Deckel. Dampf schlug mir entgegen. Kurz prüfte ich die Temperatur: - 80° zeigte die Anzeige an.
Seufzend stieg ich in die Truhe, legte mich auf das weiße Polster und erinnerte mich an meinen alten Sarg. Als es die Technik noch nicht gab, schlief meine Rasse in Särgen an windigen Stellen oder in kalten Kellern. Einzig und allein die Dragos taten dies heute noch. Jedenfalls offiziell.
Alessandro hatte mir allerdings anvertraut, dass es in Wahrheit ebenfalls Kühltruhen mit einem Sarg-Design waren. Diese war vor 10 Jahren vom chinesischjapanischen Kaiserreich aus, auf den Markt des Blutbundes gekommen.
Ich schloss die Augen, verschloss meine Luftröhre und spürte die mir so vertraute Ruhe, die langsam einkehrte.
Ich musste nicht atmen, um zu überleben. Wir Vampire wurden allein von Lebenskraft angetrieben, die wir durch das Blut der Menschen und der Halbvampire erhielten. Also musste ich nur Blut trinken, um mich am Leben zu erhalten. Feuer konnte uns schon etwas anhaben. Aber die Urvampire waren feuerresistent. Ansonsten konnte man uns nur durch das Abtrennen unseres Kopfes endgültig töten.
Meine Augen schließend, dachte ich an meinen Liebsten.
Ich werde nicht zulassen, dass dir etwas passiert, Jasper.
Erneut träumte ich mich durch mein Leben. Der Gedanke an Jasper löste die Erinnerung aus.

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