Kapitel 1/8 Le Roi Soleil

Barde und seine Söhne Félix und Nathaniel folgten mir.

Aure schloss ebenfalls zu uns auf.

Ich seufzte, da ich dieses Schloss nicht mochte, weil es viel zu Edel war, und blickte durch die riesige Eingangshalle. Sie war sehr prunkvoll gestaltet und an der Decke war Stuck in Form von Sonnen angebracht. An den Wänden hingen Bilder von Familienmitglieder.

Ich entdeckte meinen leiblichen Vater, Stanislas de Nuit. Seine braunen Augen waren den meinen ähnlich. Auch sein langes schwarzes Haar entsprach meinem eigenen, wenn ich sie lang wachsen lassen würde. Ich trug meine schwarze Mähne nur schulterlang.

Alice trat auf eine große goldene Tür, mit einer vergoldeten Sonne darauf, zu. Sie war mit einer silbernen Blutspur umschlossen. Auf der Sonne, die aus der Tür heraus ragte, stand auf Französisch: „König Soleils Thronsaal".

Ich schluckte und hatte tatsächlich Angst meinem Onkel zu begegnen.

„Er liebt dich, weil du das Einzige bist, was von seinem Bruder übrig ist. Er hat dich zum Dauphin erklärt, weil er dich unendlich liebt. Nicht weil du die einzige legitime Wahl warst", flüsterte Alice mir ins Ohr.

„Mercy, Tante!", antwortete ich und ich trat auf die Tür zu. Doch ich fing so heftig an zu zittern, dass ich es nicht schaffte, meinen Arm zu heben, um die Tür zu öffnen.

„Dauphin, dürften wir ihnen helfen?", fragten zwei der Leibwächter von Alice. Die beiden Gardisten traten vor und öffneten die Tür für mich.

Als ich in den Raum trat, zitterten meine Beine heftig. Ich versuchte meine Erinnerungen, an das letzte Zusammentreffen mit Juliano zu verdrängen. Aber es ging nicht. Mein Verstand tauchte in die Erinnerung ein und ich konnte mich nicht dagegen wehren.

Vor 104 Jahren (1912)

Ich starrte mit Entsetzen auf meine blutende Cousine und konnte mich nicht rühren. Die schwarze Gestalt vor ihr zog sich die Hose hoch und drehte sich um. Die Peitsche blitzte in ihrer Hand auf und kurz sah ich das Gesicht unter der schwarzen Kapuze. Es war Lance de Leon, engster Vertrauter Henry van Cântărețiad. Er grinste mich böse an und rauschte dann an mir vorbei, doch vorher drückte er mir die Peitsche in die Hand. Ehe ich reagieren konnte, war er verschwunden.

Die Tür wurde aufgestoßen und Barde stürmte mit Florettieren herein.

Ich ließ die Peitsche fallen und rannte zu Aure. Ihr Herz schlug noch. Sie schien nur bewusstlos zu sein.

„Xaviere, was hast du getan?", schrie Barde.

„Gar nichts, Onkel!", brachte ich heraus und spürte kaum, wie Aure sich unter meinen Händen regte.

„Adrien!", rief sie meinen Namen.

Ich befasste ihre blutende Scham und führte dann meine Finger zu meinem Mund um sie zu heilen.

„Adrien! Du labst dich nicht an ihrem Blut!", rief Barde und packte mich an der Schulter. Er riss mich zurück und warf mich direkt in die Florettiere. Sechs Hände packten mich und zwangen meine Handgelenke auf den Rücken. Die Handschellen schnappten zu und ich war gefangen.

„Bringt ihn zum König. Der zweite Dauphin ist verhaftet, wer ihm hilft, wird bestraft!", donnerte Barde und ich wurde abgeführt.

„Ich wollte sie nur heilen, Onkel!", rief ich ihm zu.

Doch Prinz Barde interessierte meine Worte nicht.

Ich wurde direkt in den Thronsaal gestoßen und fiel auf die Knie. Langsam blickte ich auf und sah zu meinem Entsetzen, nicht nur Juliano, sondern auch Adrienos Bluterion, der griechische Vampirpräsident.

„Ihr wollt Griechenland also nicht helfen, die verschollenen Touristenpaare der Titanic zu suchen? Muss ich euch daran erinnern, was passiert, wenn Menschen ihre Leichen finden? Wenn sie herausfinden, dass die beiden Paare keine Menschen waren?", knurrte der Präsident.

„Wenn sie überhaupt etwas finden. Das Salvatorische Reich und das deutsche Kaiserreich der Ewigkeit suchen im Wrack schon. Ich bin sicher, es geht keine Gefahr von den Vampirleichen aus. Ich finde es unnötig mein Königreich zu beteiligen. Meine Flotte hat genug mit King Fred James zu kämpfen. Das britische V'empire weigert sich den britischen Zoll für mein Königreich zu öffnen. Die Seeblockade bringt mich um eine wichtige Importierungsstrecke", antwortete Juliano.

„Ihr seid so stur, Eure Majestät!", knurrte Adrienos und drehte sich zum Ausgang um.

„Na wen haben wir denn da?", fragte der Grieche und starrte mich interessiert an.

Juliano sah mich an, blickte fragend meine Bewacher an und musterte mich.

„Was hat mein Neffe getan, dass er in Ketten vor meine Füße geworfen wird?", fragte König Soleil der III.

„Er ist euer Neffe? Ist er Bardes Sohn?", fragte Adrienos.

„Ich bin ein Bastard, Monsieur Bluterion. Ich bin der Sohn von Xaviere de Nuit, Julianos Bruder", antwortete ich.

„Freut mich euch kennenzulernen. Ich bin Adrienos Bluterion, der Präsident der griechischen Adrienosischen Repuplik", sprach mein Gegenüber und verabschiedete sich dann.

Nachdem Monsieur Bluterion den Saal verlassen hatte, ließ sich Juliano von meinen Bewachern berichten was geschehen war.

Seine Augen verengten sich zu Schlitzen und er schlenderte zu seinem Thron.

„Was hast du getan?" , fragte mein Onkel.

„Ich habe gesehen, wie Lance de Leon, Cómte des Königreichs, Aure vergewaltigte. Er hat mir nur die Peitsche in die Hand gedrückt. Ich war das nicht!", erklärte ich.

„Du beschuldigst einfach jemand anderen. Adrien? Du bist zwar Dauphin, weil du die einzige Möglichkeit bist, auf eine Sicherung des Throns, falls ich und mein Sohn sterben sollten, aber das setzt dich nicht über die Gesetze des Blutbunds hinweg. Vergewaltigung an einem Kind der Nacht, sofern es sich nicht um einen versklavten Lustsklaven handelt und du der Besitzer des Sklaven bist, ist vom Blutbund aus verboten. Es ist also nicht nur das Gesetz des französischen vampirischen Königreiches der Sonne, das hier greift!", schrie mich Juliano an.

Er reagierte äußerst hart. Aber ich wusste genau warum. Er hatte mit ansehen müssen, wie seine beiden älteren Töchter Augusta und Julia de Nuit durch die Hölle gegangen waren. Nach Robespierres, einem Drahtzieher der Französischen Revolution, Hinrichtung 1794 hatten sich einige Vampire den Jakobinern angeschlossen und behaupteten die de Nuits hätten die Hinrichtung hervorgebracht. Dies war zwar völliger Unsinn, aber es reichte aus, um hunderte Anhänger Robespierres, die Jakobiner, zu versammeln und schließlich Schloss Gemme de Sang zu stürmen. Augusta und Julia wurden grausam sexuell missbraucht, bis Juliano auftauchte und versuchte seine Töchter zu retten. Aber beide wurden ermordet.

„Ich habe das nicht getan!", schrie ich ihn an.

„Ich glaube meinen Soldaten. Ich werde auch Barde fragen. Sollte er die Ereignisse nicht in einem anderen Licht präsentieren, werde ich dich verbannen, Adrien Sang de Nuit!", schrie der König und drehte sich um.

„Aure ist das einzige weibliche Kind, dass mir geblieben ist. Sie bedeutet mir so viel, als wäre sie mein eigenes Kind und nicht meine Nichte. Solltest du ihr noch einmal so weh tun, werde ich dich auf die Guillotine schicken", knurrte mein Onkel und ich wurde aus dem Thronsaal gezerrt.

Erneut fand ich mich in einem Gefängnis wieder. Es endete damit, dass mich mein Onkel verbannte.

Als ich zitternd nach oben sah, bemerkte ich, wie Juliano zu mir kam. Rasch senkte ich den Kopf.

„Vive le Soleil!", flüsterte ich und regte mich nicht.

Hatte er mir wirklich verziehen?

Eine Hand griff in mein Haar und begann mich sanft zu streicheln. Ein Ring kratzte über meine Kopfhaut. Dann griff der König an mein Kinn und ich sah automatisch nach oben.

Julianos Gesicht strahlte und er lächelte mich an.

„Endlich bist du Zuhause", flüsterte er.

Seine langes braunes Haar war zu einem Zopf zurückgebunden. Er hatte leuchtend grüne Augen, genau wie seine Tochter Aree und dessen Sohn Arek, und schmale Lippen. Er sah den Männern des 18. Jahrhunderts sehr ähnlich und besaß sehr weibliche Züge, wie es damals üblich gewesen war.

„Du darfst mich ansehen, mein Neffe", sagte mein Onkel und legte seine Hand auf meine Schulter.

Er trug denselben Ring wie ich.

„Verzeihst du mir? Ich habe das Aure nicht angetan!", fragte ich.

„Ja, Adam! Ich verzeihe dir und respektiere den Abstand, denn du zu uns brauchst. Ich weiß, dass du den Thron besteigen wirst, wenn es darauf ankommt", sagte der König, drehte sich weg und ging zum Thron.

„Danke, dass du mich Adam nennst. Es tut gut wieder dein Vertrauen zu haben", sagte ich und trat zum Thron.

„Du bist nicht mehr der junge Mensch, den ich zu meinem Bruder, deinem Vater, brachte und der sich so verletzt hatte, weil er seinem Vater widersprach. Du hattest jedes Recht deine leibliche Mutter zu verteidigen. In dem Moment als ich mich gegen meinen Bruder stellte, um ihn davon abzuhalten dich zu töten, habe ich dich in mein Herz geschlossen, Adam. Ich habe immer an dich gedacht, in den letzten Jahren", gab mein Onkel zu.

„Ich weiß und ich bin dankbar, dass du mir das Leben gerettet hast. Deshalb bin ich Thronerbe geworden und ich werde deinen Thron wahren, wenn es dazu kommen sollte", sagte ich.

„Ich respektiere die Entscheidung. Aber ich weiß, wie sehr du dies hier alles hasst. Du bist einfach kein Prinz, sondern immer noch der junge Grafensohn, den Húgo großgezogen hat", meinte Juliano und nahm meine Hand.

Húgo, mein wahrer Vater.

Tränen sammelten sich in meinen Augen und ich unterdrückte ein Schluchzen.

„Dass König Ludwig der XVIII. ihn hat köpfen lassen und dein Vater, mein Bruder, ihn an den König der Menschen verriet, ist nicht zu verzeihen. Aber, wenn du reden möchtest. Egal was es ist, kannst du immer zu mir kommen. Du darfst hier im Schloss auch gerne BDSM praktizieren", meinte Juliano voller Mitleid.

„Danke, Onkel! Das bedeutet mir sehr viel", meinte ich und wischte meine Augen trocken.

„Madam Martinez wird dir dein Gemach zeigen. Würdest du bitte meine Frau hereinbitten", verlangte Juliano.

„Oui roi Soleil!", antwortete ich auf Französisch und ging.

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