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"And I'm just a stranger who could be a friend" - Ghost (Jacob Lee)
„Deine Mütze gefällt mir", lächelte ich und schob Louis sein Wasser, dass er eben bestellt hatte, herüber.
Ein schüchternes Grinsen umspielte seine Lippen und seine Wangen nahmen einen zartrosa Farbton an. „Danke", meinte er verlegen und senkte den Blick.
Ich liebte es, wie er jedes Mal so schüchtern wurde, wenn man ihm ein Kompliment machte. Ich hatte das Gefühl, dass er nie wusste, was er darauf erwidern sollte und für einen winzigen Moment wich seine Coolness und Frechheit.
„Ich mag deine Nägel", meinte er, um schnell das Thema zu wechseln, „Lackierst du die selbst oder gehst du dafür in ein Nagelstudio?"
„Die mache ich selbst", grinste ich und warf einen Blick auf meine bunten und farbenfrohen Finger.
„Cool", hauchte Louis und nahm einen Schluck von seinem Wasser. „Du Harry?"
„Ja?"
„Du hast ja mal gesagt, dass du schwul bist... Wie haben deine Freunde darauf reagiert, als du es ihnen gesagt hast?"
„Ähh... Sie haben es gut aufgenommen, aber daran habe ich auch nicht gezweifelt. Wenn sie mich nach meinem Outing nicht mehr gemocht hätten, hätte ich aber auch nichts mehr mit ihnen zu tun haben wollen. Ich bin schließlich, wie ich bin und meine Freunde sollten mich auch akzeptieren, wie ich bin, egal ob ich nun auf Männer oder auf Frauen stehe", erklärte ich, „Warum fragst du?"
„Okay gut", sagte Louis erleichtert, „Weil ich denke... also nein, eigentlich weiß ich, dass... dass ich schwul bin. Es gibt da jemanden, in den ich schon seit langem verliebt bin und ich glaube, er mag mich auch. Aber ich traue mich nicht, es Liam, meinem besten Freund zu sagen, weil ich Angst habe, dass er irgendwie komisch reagiert..."
Als Louis das sagte, spürte ich, wie etwas in meinem Herzen zerbrach. Er war verliebt. Verliebt in jemand anderen. Verliebt in jemanden, der vermutlich nicht so feige war wie ich und mit dem er glücklich werden konnte.
„Ich denke nicht, dass Liam komisch reagiert", meinte ich und zwang mich zu einem Lächeln, „Also vielleicht ist er erst mal überrascht, aber er ist dein bester Freund."
„Stimmt", erwiderte Louis nachdenklich, „Danke, es hat mich wie immer gefreut, mich mit dir zu unterhalten."
Bei seinem letzten Satz grinste er und erhob sich. Er bezahlte sein Wasser und schulterte seinen Rucksack. Als er zur Tür ging, drehte er sich noch einmal zu mir um und legte die flache Hand zum Abschied gegen seine Stirn. „Ciao, Harry."
„Autsch", sagte Niall, als Louis aus dem Diner gegangen war.
Er hatte anscheinend, als er andere Kunden bedient hatte, unser Gespräch mitbekommen. Liebevoll legte er einen Arm um meine Schulter und zog mich ein wenig zu sich heran.
„Immerhin weißt du jetzt, dass er schwul ist oder zumindest bi. Das ist doch etwas oder?"
„Er ist vergeben", seufzte ich niedergeschlagen.
„Das hat er nicht gesagt", widersprach Niall, „Er hat nur gesagt, dass..."
„Ich weiß, was er gesagt hat", zischte ich, ein wenig bissiger, als ich es eigentlich vorgehabt hatte. „Tut mir leid, ich wollte dich nicht..."
„Schon okay, ich verstehe ja, wie du dich fühlen musst. Das wird schon", lächelte Niall aufmunternd, auch wenn seine Worte nicht wirklich vielversprechend waren.
Plötzlich wurde unsere Unterhaltung durch lautes Gehupe auf der Straße unterbrochen und kurz darauf hörte man laute Bremsgeräusche. Ein paar Gäste hoben verwundert die Köpfe und sahen aus den Fenstern, wohin sich nun auch mein Blick wandte. Auf der Straße war ein Auto, das vermutlich die Geräusche ausgelöst hatte und davor lag eine Gestalt. Eine Gestalt mit einer roten Mütze.
„Louis!", rief ich panisch und ehe Niall noch irgendetwas sagen konnte, war ich auch schon aus dem Diner gestürmt.
Ich rannte hinaus zu Louis, der zusammengerollt auf der Straße lag und sich vor Schmerzen sein Knie heilt. Der Autofahrer war bereits ausgestiegen und hatte sich neben ihn gehockt.
„Louis, alles okay?", fragte ich, immer noch leicht geschockt.
„Ja, aber mein Knie... es... es tut so weh", antwortete er mit zittriger Stimme.
„Zeig mal her", sagte ich fürsorglich und er setzte sich vorsichtig auf, bevor er die Hand von seinem Knie nahm.
Seine Hose war aufgerissen und die Wunde blutig. Wahrscheinlich hatte er es sich auf dem Asphalt aufgeschirft. Auf seiner Wange war ebenfalls eine kleine Schramme, die allerdings kaum blutete und seine Handrücken waren auch leicht aufgeschirft.
„Soll ich Sie in ein Krankenhaus bringen?", fragte der Autofahrer, der sich anscheinend auch erstmal von dem Schock erholen musste, „Ich habe nicht damit gerechnet, dass da jemand... Oh Gott, es tut mir ja so leid."
„Nein, danke", lächelte Louis, „Es geht schon wieder einigermaßen. Ich glaube, es ist nicht so dramatisch. Wahrscheinlich hab ich nochmal Glück gehabt."
„Allerdings", seufzte ich, „Du hast mir einen riesigen Schrecken eingejagt. Kannst du aufstehen? Komm, ich helfe dir."
Behutsam legte ich meinen Arm um Louis' Rücken, sodass er sich auf meiner Schulter abstützen konnte. Ganz vorsichtig half ich ihm, aufzustehen.
„Kann ich noch irgendetwas tun?", fragte der Autofahrer ein wenig hilflos, „Kann ich Sie irgendwo hinfahren?"
„Ich kümmere mich um ihn", lächelte ich und der Autofahrer nickte, bevor er wieder in seinen Wagen stieg.
„Kannst du gehen?", fragte ich besorgt an Louis gewandt.
„Ich denke schon", antwortete dieser, doch als er einen Schritt nach vorne trat, verzog er schmerzerfüllt das Gesicht.
„Ist es... Ist es okay, wenn ich...", begann ich, doch auf Louis' verwirrten Gesichtsausdruck hin, griff ich einfach behutsam unter seine Knie und hob ihn auf meinen Arm.
Er legte seine Arme um meinen Hals, um sich festzuhalten und sein Gesicht war meinem plötzlich verdammt nah. Ich spürte wieder dieses Kribbeln auf meiner Haut und ich hatte das Gefühl, gleich vor lauter Schmetterlingen zu platzen. Hoffentlich merkte er nicht, wie schnell mein Herz gerade in meiner Brust schlug.
Vorsichtig trug ich Louis ins Diner und ignorierte einfach die komischen Blicke der Gäste. Ich brachte ihn nach hinten in die Mitarbeiterräume, wo ich ihn neben das Waschbecken auf eine Arbeitsfläche setzte.
„Das sollte am besten gleich gesäubert werden, sonst entzündet sich durch den Schmutz noch irgendetwas", stellte ich fest und griff nach einem sauberen Geschirrhandtuch, das ich unter dem Wasserhahn leicht befeuchtete. "Ich hab dir doch gesagt, du sollst mit Helm fahren."
"Tut mir leid", meinte Louis zerknirscht, "Aber ich bin ja nicht auf den Kopf gefallen."
Ich ging vor Louis leicht in die Hocke und tupfte die Wunde ab, was er mit einem lauten 'Ahh' kommentierte. "Das tut weh", zischte er leise und ich konnte sehen, dass es in seinen Augen verdächtig glitzerte.
"Schon vorbei", erwiderte ich, "Zeig mir mal deine Hände."
Ich streckte ihm meine Handflächen entgegen und er legte seine Hände hinein. Sie sahen im Gegensatz zu meinen so winzig und zerbrechlich aus, dass ich Angst hatte, ich könnte sie durch eine falsche Berührung kaputt machen. Vorsichtig strich ich mit dem Daumen über seinen Handrücken und als er seine Hände daraufhin nicht zurückzog, musste ich mir ein kleines Grinsen verkneifen. Ich säuberte auch die Schirfwunden an seinen Händen und kam schließlich zu der Schramme auf seiner Wange.
"Halt still", grinste ich, während er immer wieder den Kopf weg zog, sobald ich ihn mit dem Handtuch berührte.
"Ich will aber nicht, du tust mir weh", quengelte er.
Seufzend hob ich sein Kinn mit meiner freien Hand ein wenig hoch und hinderte ihn so daran, sich andauernd zu bewegen. Dabei entging mir nicht das wunderschöne blau seiner Augen, mit denen er mich jetzt musterte. Mein Gesicht war seinem gerade so nah und würden wir in einer anderen Beziehung zueinander stehen, hätte ich ihn jetzt wahrscheinlich geküsst.
"Hey Hazza, alles okay mit dem Kleinen?", hörte ich plötzlich Nialls Stimme hinter mir.
"Ich bin nicht klein", protestierte Louis sofort, woraufhin ich leicht Grinsen musste.
"Haben wir irgendwo Desinfektionsmittel?", fragte ich und drehte mich zu Niall um.
"Ja bestimmt, warte kurz, ich gehe gucken."
1301 Wörter - Ivy
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