#2 Statuen

Ich sitze in diesem Park. Es ist warm und Vögel singen sich ihre Lieder zu. Es ist ein großer, wunderschöner Park und ich liebe ihn jetzt schon irgendwie. Er versprüht Leben, hat zugewucherte Nischen neben den breiten gesandeten Hauptwegen. Dabei kannte ich diesen Ort bis gerade eben nicht einmal. Überall sind Menschen, aber niemand spricht mich an. Sie wuseln geschäftig hin und her, reden miteinander, lesen oder machen Yoga und manche picknicken auch. Wie ein riesiger Ameisenhaufen, niemand stört die anderen, man lebt hier miteinander an sich vor. Der Park fesselt mich. Alles ist grün, so wunderschön grün, obwohl es ein sehr heißer und trockener Sommer ist. Es hat schon jetzt weit über 20 Grad und es ist noch nicht einmal 10 Uhr am Morgen. Ich habe ein Buch dabei und setze mich auf eine Bank. Das Buch hat einen leuchtend roten Deckel, auf dem die junge, mutige Heldin mit einem Schwert abgebildet ist. Sie sieht so tapfer aus, obwohl sie so viel erlebt hat. Ich weiß, dass sie nicht real ist, trotzdem flüchte ich mich in meinen Gedanken zu ihr und dem Schutz vor meinen Emotionen, den sie verspricht. Ich fange schon wieder damit an, oder? Meine Emotionen zu verdrängen. Eigentlich wollte ich es lassen, aber ich möchte schlafen und lachen können und erinnern. Man soll ja auch nicht festhalten, sagen sie immer. Ich lächle dümmlich ins nichts, dann schlage ich das Buch auf und für einige Seiten, bin ich eine junge Assassinin, die um ihr Leben kämpft. Nicht machtlos zuschaut, als um das von Anderen gekämpft wird. Ich schlage das Buch wieder zu. Ich kann nicht lesen. Nicht heute und vielleicht auch nicht morgen.

Ich wandere durch den Park. Es gibt Statuen, die einen aus dem Gebüsch her beäugen. Aber nicht böse, sondern neugierig. Es gibt Reiter auf ihren steigenden Rössern und Springbrunnen mit kleinen Jungen. Eine kleine Dame blitzt mir aus einer Nische zu. Ich mag sie, sie wirkt glücklich und hat Humor. Ich sehe sie an, führe ein stummes Gespräch mit ihr. Sie erzählt mir von den vielen Regen, die ihre Wangen hohl gewaschen haben und der Sonne, die ihre Haut durchbohrt und sie kitzelt. Von den Menschen, die sie, in ihrer Niesche versteckt, nicht sehen und von denen, die sie sehen und die ihr zuhören, so wie ich. Dann schießt plötzlich der Rasensprenger neben ihr los, und ich schrecke davon. Ich komme mir fremd vor, zwischen den Menschen, die sich hier tummeln. Sie wirken, als kennen sie diesen Park in- und auswendig. Glück haben sie, der Park ist riesig und ich liebe ihn wirklich. Die Statuen leisten mir Gesellschaft, sie erzählen mir nicht von ihren Heldentaten, wie mein Buch, sondern vom Leben. Ihre steinerne Haut ist verwaschen und wettergegerbt und sie wirken von der Zeit gezeichnet und verändert. Die Pferde wirken abgestumpft, aber freundlich und die Menschen wecken das gleiche Gefühl in mir, wie der Anblick von getrockneten Blumen in Vasen. Wunderhübsch, aber auch traurig. Vielleicht wären sie lieber schnell eingegangen, anstatt in diesem Vakuumszustand in der Zeit gefangen gehalten zu werden. Sie wurden auch nicht gefragt, wie die Zeit laufen soll, diese Statuen.

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