Zeit

„zeitlos

zeitnah

zeitlich

zeitig

zeitabhängig.

Sind wir zeitabhängig?" fragt sie und sieht mich aufmerksam an. Ich denke kurz nach. „Ich weiß nicht" gebe ich ehrlich zu und schaue von meinem Buch auf. Schon seit einigen Minuten hatte sie so dagesessen, in den Sessel gekauert, und alle möglichen zusammenhängenden Wörter aufgezählt. Sie liebte es Dinge zu tun, die eher ungewöhnlich waren, die im Rest der Welt unterzugehen schienen.

„Kommt drauf an, was du unter abhängig verstehst" fahre ich fort und sehe sie an. Ihr blauer Blick trifft den meinen. „Mhm, also ich meine begrenzt. So abhängig von der Zeit in der wir geboren werden. Ja, das ist es! Wir sind abhängig. Wir leben das Leben, das eben diese Zeit in der wir aufwachsen für uns vorbestimmt, verstehst du?"

Sie ist so schnell. Viel zu schnell für mich. Ich kann ihren Gedankengängen oft nicht folgen, auch deshalb nicht, weil ihr oft die Worte fehlen, diese zu beschreiben. Ich fahre mir durch das kurze lockige Haar und denke wieder kurz nach. „Ja, ich glaub ich weiß was du meinst. Aber denkst du nicht, dass unsere Persönlichkeit auch einen großen Teil dazu beiträgt wie wir leben?"

„Doch schon" Antwortet sie sofort. Es schein als müsse ihr Gehirn das Gesagte nicht erst verarbeiten, sie versteht es in eben jener Sekunde, in der man es ausspricht. „Und trotzdem sind wir zeitabhängig. Auch von der Zeit, die für uns vorbestimmt ist." Manchmal denke ich sie tut nur so, sie sagt solche tiefsinnigen Dinge um interessanter zu wirken. Das scheinbare Ziel aller anderen da draußen. Doch das ist nicht wahr. Augenblicke wie diese lassen mich immer wieder erkennen wie falsch ich liege, wie wenig ich sie kenne. Warum sie mich an ihren so wertvollen Gedanken teilhaben lässt, ist mir ein Rätsel. „Vorbestimmt?" frage ich nach. „Ja" sagt sie und streicht sich eine lange dunkle Haarsträhne hinters Ohr. „Ich glaube das alles vorbestimmt ist. Wir kommen auf die Welt und ab dann fängt unsere Zeit an abzulaufen."

„Klingt eher negativ." sage ich. „Du musst das Beste daraus machen" sagt sie, springt auf und packt meine Hand.

Und zusammen machen wir in diesem Moment das Beste daraus.

Wir riskieren etwas.

Wir springen ins kalte Wasser.

Unsere Zeit ist begrenzt, wir sind zeitabhängig.

Doch für einen Moment sind wir unendlich.

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