Kapitel 9
"Kira? Kira?! Hey, was ist los?!", ängstlich rüttelte Yukine an mir, holte mich wieder in die Gegenwart zurück. "D-danke Yukine.", schluchzte ich leise, während ich ihn traurig lächelnd ansah und Tränen meine Wangen herab liefen. Der Schmerz den ich vergessen wollte, vergessen hatte, er war wieder da.
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Als ich mich wieder gefangen hatte, entschied ich, zu dem Schrein zu gehen und versuchte die Erinnerungen beiseite zu schieben.
"Jetzt sag mir doch was plötzlich los ist.", seufzte Yukine, während er neben mir her lief und mich noch immer einwenig stützte.
"Mir geht's gut. Mach dir keinen Kopf.", antwortete ich kurz angebunden und setzte ein gespieltes Lächeln auf.
Es dauerte fast eine Stunde, bis wir in der Nähe des Schreins angekommen waren und es wirkte, als wäre er vergessen worden, überall sah man Spuren des Verfalls und der Verwahrlosung. "Hier war schon lange keiner mehr um zu beten.", stellte ich leise fest, während Yukine und ich näher heran gingen und uns umsahen. Yukine nickte nur und wand sich dem Eingang zu, während ich das Umfeld betrachtete. Vereinzelt konnte man noch wage Umrisse von Wünschen erkennen, welche auf die Mauern geritzt wurden, der Brunnen war schon lange ausgetrocknet und die Bänke schon lange zerfallen.
"Kira, komm mal bitte, das wirst du nicht glauben.", rief Yukine aufeinmal aufgeregt und kam aus dem Schrein raus.
"Hm? Was hast du?"
"Das musst du selbst sehen. Komm einfach und sieh selbst."
Seufzend ließ ich von den alten Mauern ab und ging zu ihm, je näher ich dem Schrein kam, umso mehr hörte ich etwas. "W-was ist das?", fragte ich kaum hörbar, lugte durch das Tor und konzentrierte mich. Im Inneren war es stock dunkel, wodurch ich nichts sehen konnte, nur durch ein kleines Fenster bildete sich ein schwacher Lichtschein und ich konnte meinen Augen nicht trauen.
"D-das doch die kleine Katze von dem Bild!", flüsterte ich ungläubig und ging auf sie zu. Sie sah mich mit großen Augen an und schnurrte, als ich mich neben sie hockte und streichelte. "Du bist aber 'ne Hübsche. Was machst du denn hier? Dein Frauchen vermisst dich schon."
Lächelnd hob ich sie hoch und konnte ihren runden Bauch fühlen, während sie mich mit großen Augen ansah und miaute. Yukine stand fassungslos in der Tür und streichelte die kleine Katze als ich zu ihm kam. "Aber wie kann das sein?", fragte er leise und kicherte als sie von meinen, in seine Arme kroch. "Ich bin mir nicht sicher, aber sie scheint dich aufjedenfall zu mögen.", antwortete ich und beobachtete ihn - er schien, in seinem früheren Leben eine große Bindung zu Katzen gehabt zu haben. "Vielleicht kann uns die Frau etwas dazu sagen." Wir entschlossen uns, schnellstmöglich wieder zu dem Dorf zurück zugehen, um die alte Frau nicht länger warten zu lassen und versiegelten die Tür des Schreins. Während ich mich nocheinmal kurz umdrehte, erkannte ich an der Spitze des Schreins einen Namen, den ich schoneinmal gelesen hatte.
Asuka
Der Rückweg kam uns diesmal kürzer vor, wodurch wir nach kurzer Zeit wieder in der Hütte der alten Frau ankamen. Erleichtert, den Auftrag erfüllt zu haben, gingen wir in den Raum, in dem die Frau war. "Ich hätte nicht gedacht, dass ihr sie finden würdet.", seufzte sie lächelnd und kam schnellen Schrittes auf uns zu. Mit einem lauten, fröhlichen Miauen sprang Minki in ihre Arme und rieb sie ab. "Wir habe es ihnen doch versprochen und das müssen wir schließlich auch einhalten.", sagte ich freundlich und sah sie an. "Können wir sie etwas fragen?"
"Natürlich, alles was ihr möchtet."
"Wie kann es sein, dass Minki so lange bei ihnen ist. Das Bild, was sie uns gegeben haben, es ist schon viele Jahre alt. Wie kann es sein, dass eine Katze so lange lebt?", murmelte Yukine nachdenklich und beobachtete sie, während sie der Katze zufrieden über den Kopf strich.
"Es ist euch also aufgefallen. Bitte setzt euch doch einen Moment, dann werde ich es euch erklären.", lächelte die Frau nur und deutete auf die Couch vor ihr. Ich sah Yukine kurz an und nickte ihm zu, während wir uns setzten. "Ich nehme an, ihr seid nicht von dieser Welt, wenn ihr meine Minki sehen konntet. Wisst ihr, ich wurde als Medium geboren, war ein Sprachrohr zwischen dem Jenseits und dem Diesseits und diente der Göttin der Tierwelt, Asuka."
Aufmerksam hörten wir der alten Dame zu und meine Neugierde wurde größer, als ich den Namen hörte, den ich nur wenige Augenblicke zuvor gelesen hatte. "Göttin Asuka war eine liebevolle Göttin, sie liebte ihre Tiere über alles und schenkte mir, für meine Dienste, meine kleine Minki. Sie ist eine Yokai und hat damals die Nachrichten von meiner Göttin an andere Götter überbracht.", erklärte sie uns und setzte ihre Katze neben sich auf den Sessel. "Als ich zunehmend älter wurde, hat sie mich aus meiner Aufgabe entlassen und mir gestattet, Minki mit nach Hause zu nehmen. Durch mein Dasein als Medium, habe ich mein Leben Asuka verschrieben. Auch wenn sie nicht mehr hier ist, so bin ich noch immer mit ihr verbunden, jedoch hat mein Leben bald ein Ende und ich möchte, dass Minki weiterhin ein schönes Leben hat. Sie wird bald ihre Kitten bekommen und ich werde nicht mehr für sie sorgen können, deswegen habe ich jemanden gesucht, der sie sehen kann. Durch mein Alter habe ich leider auch die Aura des Todes um mich herum und das fürchten die Yokai."
"Deswegen ist sie weg gelaufen.", flüsterte ich nachdenklich, ich konnte Minki verstehen, auch ich fühlte die Aura und es war kein angenehmes Gefühl. Traurig nickte die Dame, um meine Frage zu beantworten und holte tief Luft. "Ich möchte euch bitten, auf meine Minki aufzupassen und ihre neuen Besitzer zu werden, wenn mein Leben vorbei ist. Ich weiß, dass sie euch und dem Gott Yato, gute Dienste leisten wird. Bitte Schlagt einer alten Frau wie mir, diese Bitte nicht ab.", flehend sah sie uns an und ging vor mir auf die Knie. "Ich bitte euch, Göttin Kira, erhört meinen Wunsch und kümmert euch um sie, wenn ich nicht mehr bin."
Erschrocken holte ich tief Luft, war den Tränen nahe und fasste der alten Frau an die Schulter. "Sie müssen sich nicht vor mir verbeugen, ich habe ihren Wunsch laut und deutlich vernommen und werde ihn erfüllen.", sagte ich lächelnd und half ihr wieder auf die Beine. "Vielen lieben Dank.", freudestrahlend umarmte sie mich und ging auf ein kleines Regal zu. "Ich möchte euch gern noch etwas mit geben und natürlich als Bezahlung." Sie räumte ein paar Bücher beiseite und holte eine kleine Kiste hervor, welche sie mir lächelnd überreichte und sah mich eindringlich an. "Ihr seid eine weise und freundliche Göttin, habt keine Angst vor der Vergangenheit und wenn ihr weiterhin auf euer Herz hört, wird sich alles zum Guten wenden. Minki wird euch finden, wenn es soweit ist. Nun geht bitte nach Hause, ich glaube ihr werdet bereits vermisst."
"Vielen Dank, a-aber ich würde sie gerne noch etwas fragen.", erwiderte ich überrascht, doch sie ging ohne mir zu antworten aus dem Raum, ihre letzten Worte hatten mich verwirrt.
"Sie hat Recht, komm lass uns zurück gehen, vielleicht können Kofuku und Daikoke das erklären.", seufzte Yukine und zog mich aus der Hütte raus, während ich der alten Frau hinter sah.
Weiß sie etwa mehr von mir?
Als wir wieder auf der Straße des Dorfes standen, hörten wir, wie sie ihre Tür verschloss und sahen uns nocheinmal um. Es wirkte plötzlich alles so verfallen, selbst die Hütten, die vorher noch von Licht erleuchtet gewesen sind, waren nun dunkel und deren Fenster kaputt. "Was zum? Du hast recht, wir müssen nach Hause.", sagte ich zögernd und ging neben Yukine - mit einem mulmigen Gefühl und der kleinen Kiste meinen Händen, brachte ich uns nach Hause.
"Ob Yato schon wach ist?", fragte ich Yukine leise, während wir in Kofuku ' s Garten gingen. "Hm, wir waren fast den ganzen Tag unterwegs, eigentlich sollte er es sein.", murmelte er nur und sah mich musternd an, doch ich versuchte seinem Blick aus dem Weg zu gehen. Die Erinnerungen an damals wollten einfach nicht aus meinem Kopf und gleichzeitig die Worte der alten Frau.
Ihr seid eine weise und freundliche Göttin, habt keine Angst vor der Vergangenheit und wenn ihr weiterhin auf euer Herz hört, wird sich alles zum Guten wenden.
Vorsichtig öffneten wir die Türe, zogen unsere Schuhe und Jacken aus und versuchten uns so leise wie möglich durch den Flur zu schleichen, jedoch stieß ich ausversehen an eine Vase, welche umfiel und zerbrach.
Augenblicklich kamen auch schon Daikoke, Kofuku und Yato aus dem Wohnzimmer gerannt und starrten uns erschrocken an. "Verdammt, entschuldige Kofuku.", stammelte ich leise vor mich hin fluchend, während Yukine die Scherben aufsammelte und entschuldigend zu den Dreien schaute. Ich erwartete schon eine Standpauke von Daikoke, doch er lachte nur und half Yukine. "Das alte Ding sollte eh mal weg, mach dir keinen Kopf."
"War nur eine Frage der Zeit, bis du die Vase umhaust, schließlich lebst du im Haus der Armutsgöttin, die dazu auch noch haufenweise Chaos verbreitet. Das färbt irgendwann mal ab.", grinste nun auch Yato und klopfte Kofuku aufmunternd auf die Schulter, sie hatte bereits wieder einen Schmollmund aufgesetzt und sah ihn und ihr Shinki traurig an. "Das Ding ging schon mehrere Male zu Bruch.", stimmte nun auch Yukine mit ein und lachte leise. Verwundert sah ich die Vier an und schüttelte lächelnd meinen Kopf, vielleicht sollte ich wirklich die Ängste der Vergangenheit vergessen.
"Was ist eigentlich in der Kiste drin?", fragte Yato neugierig, nachdem die Scherben aufgesammelt waren und wir wieder im Wohnzimmer saßen.
"Nimm die Finger weg, dass hat Kira als Lohn bekommen.", fauchte Yukine seinen Gott an und schob die Kiste in meine Richtung. "Wie als Lohn bekommen?", verwundert sah Yato mich an und hob dabei eine Augenbraue.
"Während du deinen Kater ausgepennt hast, hat Kira einen Auftrag für dich angenommen und erledigt, also gehört es ihr. Im Gegensatz zu dir, ist sie nämlich nicht so einen Schlafmütze.", seufzte das Shinki nur und lächelte. "Sie hat es wirklich gut gemacht, auch wenn es nicht einfach war und ein wenig seltsam."
Als ich Yukine's Worte hörte, wurde ich etwas rot und sah die Kiste an. "Die Dame wollte unbedingt, dass ich sie an mich nehme. Was drin ist, weiß ich nicht, ich habe noch nicht rein gesehen.", erklärte ich leicht lächelnd und seufzte. "Kennt ihr eine Göttin namens Asuka?"
Verwundert sahen mich Yato, Daikoke und Kofuku an, ihre Augen weiteten sich. "Woher kennst du diesen Namen?", fragte Kofuku ernst und legte ihre Stäbchen weg. "Ich habe ihn heute, als wir den Auftrag der alten Frau erledigt haben, auf einem verfallenen Schrein gesehen. Die Frau sagte Asuka wäre die Göttin der Tierwelt gewesen und sie ihr Medium, auch bevor Yato und Yukine mich gerettet hatten. Ich bin in dem Wald bei einem Schrein aufgewacht, auf seiner Spitze war der Name auch eingeritzt.", erklärte ich leise, während Yato mich besorgt ansah und sich näher an mich setzte. "Sie sagte, dass sie im Dienst von Asuka stand und die Katze, die wir finden sollten, wäre ihr Yokai gewesen."
Yato legte seinen Arm um mich, während ich erzählte und zog mich näher an sich heran.
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