Kapitel 4

Es war noch am frühen Morgen, als ich durch die ersten Strahlen der Sonne geweckt wurde. Nachdem ich mich gedreht hatte, schaute ich direkt in Yato's Gesicht, er sah so friedlich aus und lächelte leicht.
Und dieser Gott, soll einmal so schreckliche Dinge getan haben?
Noch immer konnte ich das, was mir Kofuku und Daikoke erzählt hatten nicht wirklich glauben. Dieser verspielte, kindische und lustige Gott, konnte nicht schlecht sein, früher vielleicht, aber bestimmt nicht ohne Grund. Vorsichtig löste ich mich aus Yato's Umarmung, auch wenn ich sie gern noch ein wenig länger genossen hätte, so verspürte ich einen starken Drang nach draußen zu gehen. Ich musste lächeln, als ich sah wie er mein Kissen an sich zog, sich drehte und weiterschlief.
Draußen angekommen, befand ich mich in Kofuku' s Garten, welcher durch den bisher gefallenen Schnee und den Sonnenstrahlen einfach magisch wirkte - alles glitzerte in abertausenden Farben, je nach Blickwinkel konnte man andere Farbkombinationen erkennen. Ich wickelte mich in die Decke, die Yato mir gegeben hatte und setzte mich auf die Terasse. "Ich liebe dieses Wetter wirklich sehr.", sagte ich mehr zu mir selbst und ließ die Bilder meines Traumes Revue passieren.

Mehrere Stunden vergingen, es hatte inzwischen angefangen zu schneien, doch kalt war mir nicht. Egal was ich auch versuchte, in welcher Reihenfolge ich versuchte die Bilder neu zu ordnen, sie ergaben für mich keinen richtigen Sinn und aus irgendeinem Grund machte mich diese Begebenheit traurig.
Wenn ich nur wüsste, was das alles zu bedeuten hat. Warum freute sich Amaterasu so sehr, dass ich überlebt hatte und das mich Yato gefunden hatte.
Ohne es zu merken, rollten mirnwieder vereinzelte Tränen die Wangen hinunter.
"Hey hier bist du ja. Du wirst dich noch erkälten.", gähnend hielt mir Yato eine Tasse Tee hin und setzte sich neben mich. "Bist du schon lange wach?" Ich nickte nur und nahm sie dankend entgegen, sollte ich ihn vielleicht Fragen? Vielleicht könnte er mir helfen es Alles zu verstehen.
"Guten Morgen und vielen Dank.", sagte ich lächelnd und hoffte insgeheim, dass  er mein nasses Gesicht nicht bemerken würde, doch er hatte es schon längst mitbekommen. Er drehte mein Gesicht zu sich und wischte mit seinem Daumen eine Träne von meiner Wange. "Warum weinst du? Hast du wieder schlecht geträumt?"
"N-nein, ich habe nur zu lange in die Sonne gesehen.",  log ich und lächelte ihn an. "Lügnerin und dazu auch noch eine schlechte.", erwiderte er ernst, während er mich musterte. Ertappt wollte ich mein Gesicht von ihm abwenden, doch er drehte es wieder zu sich und strich mir eine weitere Träne weg. Für kurze Zeit schwiegen wir und sahen uns gegenseitig in die Augen, als könnten wir in unsere Seelen blicken.

"Ich habe von einem Mädchen geträumt, es lebte in einem Jugendheim und stand kurz vor ihrem Geburtstag. Sie war eine lebensfrohe junge Frau und freute sich darauf ihre Freunde wieder zu treffen. Doch sie ist an ihrem 18ten Geburtstag ums Leben gekommen,  als sie ein Schmuckgeschäft betreten hatte und Hilfe rufen wollte. Es fühlte sich an, als würde ich es an ihrer Stelle erleben.", ich holte zitternd Luft, als ich zu Yato sah und erkannte wie blass er geworden war. "In meinem Traum ging es auch um zwei Kinder, ein Junge und ein Mädchen. Ich sah wie der Junge verletzt war, an einem See saß und wie das Mädchen sich um seine Wunde kümmerte. Als sie älter waren sah ich sie auf einem Schlachtfeld, sie waren beide schwer verletzt und der junge Mann wollte das Mädchen retten."
Als ich fertig war mit erzählen, sah ich wie sich Yato immer mehr verkrampfte und seine eisblauen Augen wirkten plötzlich so kühl.
"W-woher weist du das alles?", fragte er ernst und sah mir direkt in die Augen. "Jetzt sag schon, wer hat dir das alles gesagt?! Willst du einen Spaß mit mir machen?! Wenn ja, dann ist es ein verdammt schlechter, denn das ist nicht lustig."
Er legte seine Hände auf meine Schultern und rüttelte an mir, als er mich anschrie. Mit geschockten Augen sah ich ihn an, er war so wütend, glaubte er mir etwa nicht?
"A-amaterasu...S-sie hat es mir alles gezeigt...", sagte ich kaum hörbar und blickte verstört zu Boden. Zwar hatte er aufgehört an mir zu rütteln, doch noch immer spürte ich seinen kalten Blick auf mir und diesem wollte ich nicht entgegen blicken.

"Was ist den hier für ein Lärm?", gähnend streckte sich Yukine, als er auf die Terasse kam. "Ähm, alles okay bei euch?"
"Yukine bring Hina rein, ich geh ein wenig raus, ich muss nachdenken. Bleib du bei ihr.", sagte Yato nur und verschwand, während ich geschockt zu ihm sah und Yukine zu mir kam.
"Y-yato, i-ich..."
"Lass ihn, der kommt schon wieder."
"A-aber, i-ich...ich habe es wirklich gesehen. Es war kein Scherz.", schluchzte ich und blickte weiterhin in die Richtung und die Yato gegangen war. "Ich weiß.", seufzte Yukine traurig und nahm neben mir platz. "Weist du, das Mädchen von dem du gesprochen hast, es hat Yato viel bedeutet. Sie erinnerte ihn an jemanden aus seiner Vergangenheit, von der er dachte, er hätte sie für immer verloren. Deswegen hatte er, als er sie zum ersten Mal sah, sich geschworen sie für immer zu beschützen. Doch an ihrem 18ten Geburtstag kam alles zu schnell. In der Straße wimmelte es nur von Ayakashi, wir vernichteten einen nach dem anderen, doch es kamen immer neue hinzu. Als wir den Schuss hörten, verwandelte er mich in meine normale Form, ich sollte die Ayakashi mit meiner Grenzlinie von dem Geschäft fern halten und er versuchte so schnell wie möglich zu Kira zu kommen. Doch leider war es zu spät, den Rest solltest du bereits wissen."
"Er macht sich deswegen Vorwürfe, richtig?", fragte ich, als ich mich beruhigt hatte und den Schnee durch meine Hände rieseln ließ. Yukine nickte leicht und sah mich an. "Du erinnerst uns an sie, bis auf deine Haare siehst du genauso aus wie Kira. Das sagte er mir, als wir dich vor den Ayakashi gerettet haben. Er hatte sich, nach ihrem Tod, lange zurück gezogen, wollte von niemandem etwas wissen, nichtmal ich wusste wo er sich befand. Du musst wissen, wenn es ihm schlecht geht, redet er kaum darüber, er verbindet alles, was den Personen um ihm passiert mit seiner Vergangenheit als Unheilsgott."

Also stimmt es, das Mädchen auf dem Schlachtfeld und das Mädchen im Wald, Kira die vor seinen Augen gestorben ist und ich, es waren alles ein und die selbe Person. Ich war Kira.

Gedankenversunken stand ich auf und machte einen Schritt in den Schnee, es machte plötzlich alles Sinn. "Es war doch aber nicht seine Schuld wie alles gekommen ist, im Gegenteil, es war meine Schuld. Hätte ich auf ihn gehört, wäre es nie soweit gekommen.", sagte ich leise und sah zur Sonne hinauf.
"Hina, du hast keine Schuhe an, du wirst dich erkälten.", jammerte Yukine plötzlich, doch mir war nicht kalt, es fühlte sich sogar sehr angenehm an. "Wenn er nicht gewesen wäre, hätte ich mich aufgegeben. Er hat mich gerettet, nicht nur einmal, nein, jedes mal."
"Was redest du da, Hina?", fragte Yukine verwirrt als er mir eine weitere Decke umlegte, zitternd stand er neben mir und sah mich stirnrunzelnd an. Lächelnd wuschelte ich Yukine über die Haare, Yato hatte Glück so ein treues Shinki gefunden zu haben, auch wenn es Anfangs nicht leicht für die beiden war, so haben sie sich doch zusammengefunden. "Ich danke dir, Yukine. Ohne euch wäre ich verloren gewesen."
"W-was?", errötet sah Yukine mich an und griff sich peinlich berührt an den Kopf.
'Du erinnerst dich wieder, mein Kind?' Amaterasu ' s Stimme hallte durch die Luft, während Yukine sich suchend umsah, doch ich lächelte nur. "Hättest du es mir nicht anders sagen können, Amaterasu? Einfach frei raus, statt mir all diese Bilder zu zeigen, wäre bedeutend einfacher gewesen.", sagte ich freundlich und schritt auf Amaterasu zu, welche plötzlich vor uns stand. Yukine erschrak sich, als er sie sah und nahm eine straffe Haltung an. Sie lächelte uns an und setzte ihre Kapuze ab, lange rote, gewellte Haare umspielten ihr Gesicht. "Auch mir sind in gewissen Dingen die Hände gebunden. Ich habe mir bereits den Unmut einiger Götter herbeigeführt als ich deine Seele gesucht habe und somit für deine Wiedergeburt garantiert habe.", sagte sie nachdenklich und neigte ihren Kopf leicht zur Seite, bevor sie weiter sprach und lächelte sanft. "Erinnerst du dich noch, als du Yato und dich auf dem Schlachtfeld gesehen hast? Damals wart ihr beide Sterbliche, ihr habt den Sieg für eure Seite geholt, doch hat es euch einen hohen Preis gekostet und ihr wart schwer verwundet. Yato hatte dich damals zu meinem Schrein gebracht, doch ihr wurdet von Feinden verfolgt und attackiert. Ihr habt zusammen gelebt, gekämpft und seid an diesem Tag zusammen gestorben." Geschockt sahen wir Amaterasu an, Yukine musste mich ein wenig stützen, da ich ein wenig taumelte.

Je mehr sie aus der Vergangenheit erzählte, umso mehr Bilder sah ich vor meinen Augen. Wie Yato mich huckepack von dem Schlachtfeld trug, trotz unserer schweren Verletzungen und Schmerzen lächelten wir uns an. Wir hatten ihren Schrein fast erreicht, als wir bemerkten, dass wir verfolgt wurden und Yato konnte den ersten Pfeilen gerade so ausweichen, doch einer erwischte ihn am Bein. Er konnte sich nicht mehr halten und so fielen wir zu Boden, versuchte mich zu schützen, indem er sich über mich beugte. Aber an diesem Tag wurde unser Schicksal besiegelt, wir hatten keine Chance gegen die Angreifer und keine Kraft um uns noch zu wehren. Sie fielen über uns her und schlugen mit ihren Schwertern auf uns ein, als wir uns ein letztes Mal in die Augen blickten, kam er mir immer näher und küsste mich.
Tränen liefen mir über mein Gesicht und ich blickte mit weit geöffneten Augen in die Ferne.
"Seit diesem Tag haben die Bewohner eures Dorfes für euch gebetet und so durfte ich euch ein neues Leben schenken. Auch wenn es mir nicht vergönnt war, eure Wege von Beginn an zu verbinden, so konnte ich euch eure Erinnerungen aneinander lassen und hoffte ihr würdet euch eines Tages finden.", mitfühlend nahm sie mich in den Arm und sah mich an. "Aus seinem Groll über deinen Verlust, ließ sich Yato von seinem Vater kontrollieren, welcher ihn dazu brachte die Erinnerungen an dich in seinem Inneren zu verschließen."
"Deswegen hat Yato all diese Morde ausgeführt und so viel Hass empfunden.", stellte Yukine mitgenommen fest, während er Amaterasu wütend anblickte. "Warum hast du sie dann nicht gerettet? Sie wurden auf dem Gelände deines Schreins ermordet und du hast nur zugesehen? Was bist du für eine Göttin?"
Erschrocken drehte ich mich Yukine zu, ich verstand seine Wut und seine Trauer, jedoch wollte ich Amaterasu nicht die Schuld geben. "Yukine...", ich musste tief Luft holen um mich zu beruhigen und lächelte ihn an. "Wir haben diesen Weg selbst gewählt und wussten, das wir diesen Tag nicht überstehen werden. Trotz des Risiko umzukommen, wollten wir unser Dorf unterstützen und wenn es mit unserem Leben sein sollte. Amaterasu konnte nichts gegen unsere Entscheidung machen, sie durfte nicht eingreifen, egal wie sehr sie es gewollt hätte und dessen waren wir uns bewusst."

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