87. Kapitel
„Eigentlich könnte das hier eine ganz nette Gegend sein", bemerkte Liza, als sie in den Ligusterweg apparierten und sie sich das erste Mal dort umsah.
Kingsley, Arthur und Konstantin waren alle schon einmal dort gewesen und hatten die Umgebung schon einmal gesehen, wenn auch nicht bei Tag, aber die drei schienen nicht mit Liza einer Meinung zu sein.
„Meinst du das ernst?", fragte Konstantin seine Schwester ungläubig, „Es ist alles so... normal... so langweilig und eintönig."
„Vielleicht sehne ich mich ja langsam nach langweilig und eintönig", erwiderte Liza, aber nachdem sie selbst über ihre Worte nachgedacht hatte, musste sie selbst zugeben, dass sie lächerlich waren. Elizaveta Gregorovich könnte niemals mit Langeweile leben. „Okay... vielleicht auch nicht. Aber ich versuche nur das Positive zu sehen."
„Du verbringst zu viel Zeit mit Tia", bemerkte Konstantin schnaubend, „Bringen wir es hinter uns, oder? Ich erwarte immerhin, dass ich mit einem ziemlich langweiligen Porzellanteller wieder vertrieben werde, sobald sie wissen, dass wir Zauberer sind."
„Das Haus dort drüben ist es", meinte Kingsley und deutete auf eines der Häuser, das genauso aussah, wie alle anderen.
„Wir hätte direkt hinein apparieren sollen", grinste Konstantin schelmisch, „Stellt euch einmal ihre Gesichter vor."
„Es wäre sogar Zauberern gegenüber unhöflich, uneingeladen in ein Haus zu apparieren", tadelte Arthur ihn, „Wir werden läuten und höflich um Eintritt bitten."
Liza wusste nicht genau, warum sie bei der kleinen Gruppe dabei war. Die vier hatten sich zusammengeschlossen, um gemeinsam mit Harry Potters Familie zu sprechen. In letzter Zeit war viel passiert und obwohl Harry nicht sonderlich besorgt um seine Onkel, Tante und Cousin war, so war es doch eine Pflicht des Ordens, diese Muggel zu schützen und zu warnen.
Liza verstand, warum Arthur dabei war – er hatte diese Muggel schon kennengelernt, obwohl es wohl kein sonderlich erfolgreicher Besuch gewesen war, wie Liza gehört hatte. Aber trotzdem war er ein bekanntes Gesicht.
Kingsley und Konstantin arbeiteten im Ministerium – einem Streitpunkt und einem triftigen Grund, warum der Orden selbst die Muggel schützen wollte, und sie diese Aufgabe nicht in die Hände des Ministeriums legten. Das Ministerium war nicht mehr sicher. Dumbledore hatte sie schon vor seinem Tod davor gewarnt und jetzt, da er wirklich fort war, glaubten viele, dass das Ministerium schon infiltriert war und es nur noch eine Frage der Zeit war, bis es fiel. Besonders Konstantin und Liza hatten sich schon darüber Gedanken gemacht, immerhin waren sie beide Muggelgeborene und schon im ersten Krieg gegen Voldemort war das Leben für sie gefährlich gewesen. Und die Gregorovich-Geschwister waren keine Menschen, die darauf warteten, bis man sie einfing. Sie lieferten sich immer eine gute Jagd. Die Pläne zum Untertauchen standen schon und sogar Tia Fuego war schon eingeladen worden, mit ihnen zu kommen. Liza wusste nicht ganz genau, warum Konstantin explizit sie eingeladen hatte, sie zu begleiten, aber irgendetwas an diesem Mädchen schien Konstantin davon überzeugt zu haben, dass sie genau die Richtige für eine solche Mission war.
Aber Liza verstand nicht wirklich, warum sie Teil der Gruppe war, immerhin kannte sie die Dursleys nicht und sie arbeitete auch nicht für das Ministerium, aber man hatte sie doch irgendwie überredet, ein Teil davon zu sein.
Kingsley führte die Gruppe an und er war es auch, der an der Tür läutete.
Es dauerte nicht lange (Liza zählte bis fünf), bis die Tür aufgerissen wurde und vor ihnen stand Vernon Dursley, wie Liza erkannte. Er war ziemlich dick und als er die Gruppe erblickte, wurde er rot im Gesicht.
„Guten Morgen, Mr Dursley", Kingsley lächelte versuchshalber und versuchte sich nicht von dem Mann irritieren zu lassen, „Wie gut, dass wir Sie hier antreffen."
„Wer sind Sie?", fragte Vernon unhöflich und sein Blick huschte von Person zu Person, bis er schließlich auf Arthur hängenblieb (und er blickte noch wütender).
„Wir sind hier, um über Ihre Zukunft zu sprechen", bemerkte Konstantin und lächelte, „Wie wäre es, wenn wir hineingehen und uns bei einer Tasse Tee darüber unterhalten?"
Vernon wurde noch roter im Gesicht (offenbar hatte er es nicht gerne, wenn man in sein eigenes Haus gebeten wurde) und er schnaubte unzufrieden.
„Mr Dursley", bat Liza ihn, um die Stimmung etwas aufzulockern, „Wir sind tatsächlich hier, um mit Ihnen und Ihrer Familie zu sprechen, Sir. Es geht um Ihre Sicherheit."
„Wenn es sein muss", brummte Vernon unzufrieden und drehte sich um und blickte nicht einmal über seine Schulter, um zu sehen, ob die Gäste ihm überhaupt folgten.
Die vier Zauberer traten nacheinander ein und Konstantin schloss hinter sich die Tür.
Vernon musste seine Frau und seinen Sohn erst gar nicht rufen, denn die beiden saßen schon in dem Wohnzimmer und sahen beide verwundert auf, als Vernon nicht allein zurückkam, sondern mit Gästen.
„Wie wundervoll, Sie endlich kennenzulernen, Mrs Dursley", Konstantin zögerte nicht, sondern schritt sofort zu Petunia und nahm vorsichtig ihre Hand, schüttelte diese aber nicht, sondern küsste ihr auf den Handrücken. Liza verdrehte die Augen – das war so typisch für ihren Bruder. „Oh, Sie haben Harrys Augen", bemerkte Konstantin perplex, als er Petunia ansah, die überhaupt nicht damit zufrieden aussah, dass sie so angesprochen wurde, „Da scheint ja doch etwas von der Familie in Ihnen zu sein, oder?"
„Danke, Konstantin", Liza schob ihren Bruder von der armen Frau etwas weg, „Entschuldigt ihn – er ist ziemlich überarbeitet."
„Ein Gregorovich kann nicht überarbeitet sein", verteidigte sich Konstantin grinsend, beließ es aber dabei.
„Wer sind Sie alle?", fragte Vernon, der noch roter im Gesicht geworden war.
„Nun, mich kennen Sie ja schon", stellte Arthur sich vor, „Arthur Weasley. Und das sind Kingsley Shacklebolt sowie Elizaveta und Konstantin Gregorovich."
„Freut mich, Sie kennen zu lernen", Liza lächelte, aber das Lächeln schien die Muggel nur noch mehr zu beunruhigen.
„Wo ist Harry?", fragte Konstantin und sah sich um, als würde er sich irgendwo verstecken, „Wir sollten den Plan gleich allen erzählen – ich hasse es, mich zu wiederholen."
„Der Junge ist oben", schnauzte Vernon und Liza bemerkte, dass er nicht einmal Harrys Namen aussprach.
„Ich kann ihn holen", bot Liza an und nachdem niemand widersprach, bewegte sie sich langsam zu den Treppen und stieg sie hoch. Insgeheim war sie ziemlich froh, dass sie der angespannten Stimmung unten entkommen konnte, aber sie hoffte, dass die Jungs auch ohne sie in den paar Minuten keinen Krieg beginnen konnten.
„Harry?", nachdem sie nicht wusste, welches der Zimmer oben Harry gehörte, rief sie einfach nach ihm und zuerst bekam sie keine Antwort, aber dann öffnete sich doch eine Tür und ein verdutzt aussehender Harry starrte sie an, als wäre sie ein Geist.
„Liza?", fragte er verwirrt.
„Hey, Harry", Liza lächelte. Er sah müde aus (aber wer tat das in letzter Zeit nicht), aber wenigstens war er am Leben und er sah nicht so aus, als hätte er nach Dumbledores Tod alle Hoffnung verloren. „Wir sind unten. Kommst du?"
„Warum bist du hier?", fragte er Liza und schloss hinter sich wieder die Tür (damit sie nicht das Chaos darin sehen konnte), „Ihr bringt mich doch nicht jetzt schon weg, oder?"
„Nein, noch nicht", Liza sah den jüngeren, jungen Mann entschuldigend an, „Aber bald, versprochen. Wir wollten nur mit deiner Familie und dir den Plan besprechen."
„Warum mit den anderen auch?", fragte Harry missmutig, als er daran dachte, dass Liza auch noch seine Verwandten aushalten musste, „Ich bezweifle, dass das sie interessiert."
„Es wird sie interessieren", grinste Liza, „Wir haben Kon mitgebracht. Außerdem findet der Orden, dass wir auch sie in Sicherheit bringen sollten. Es könnte sein, dass Du-Weißt-Schon-Wer sie irgendwie benutzt oder sie irgendwie... foltert und umbringt. Und das wollen wir ja nicht."
„Nein", Harry klang nicht sonderlich überzeugt, aber Liza lächelte nur und hackte ihren Arm in den seinen ein.
„Das wird schon alles, Harry", beruhigte sie ihn. Mittlerweile war Harry größer, als sie, aber das war sie schon gewohnt. Sie war es gewohnt, dass alle in ihrer Umgebung sie überwuchsen. Da war sie ganz froh, dass Charlie nicht sonderlich groß geworden war.
Liza führte Harry ins Wohnzimmer, wo alle steif auf den Sofas saßen, außer Konstantin, der interessiert sich umsah (natürlich war er der einzige, der nicht stillsitzen konnte).
„Ich hab ihn gefunden!", verkündete Liza und alle sahen zu ihnen.
„Harry", Arthur war als erstes auf den Beinen, um den Jungen zu begrüßen, „Wie geht es dir?"
„Ganz gut", Harry schien verwirrt, dass noch mehr Zauberer in seinem Wohnzimmer saßen, „Warum seid ihr hier? Kingsley? Konstantin?"
„Aja, genau!", rief Arthur, als würde es ihm gerade erst wieder einfallen, „Setz dich doch. Wir haben einiges zu besprechen."
Harry setzte sich, aber weder zu den Zauberern noch zu seinen Verwandten, sondern er wählte einen Stuhl, auf dem er separat Platz fand, aber noch alle im Blick hatte.
Liza setzte sich (wie auch ihr Bruder) nicht hin, sondern stellte sich neben Konstantin und verschränkte vor ihrer Brust die Arme.
„Der Orden hat in den letzten Tagen einen Plan konzipiert, um dich hier weg zu bringen", begann Konstantin, „Es sollte noch vor deinem siebzehnten Geburtstag passieren, damit wir noch bis zum letzten Moment den Schutz ausnützen können."
„Den Schutz?", wiederholte Vernon, „Was für einen Schutz?"
„Das wissen Sie bestimmt", schnaubte Konstantin amüsiert, aber Liza stieß ihm in die Seite, damit er die Klappe hielt und erklärte selbst: „Den Schutz, der auf Harry und diesem Haus liegt, seit Sie ihn aufgenommen haben. Er hat ihn die letzten Jahre vor schwarzer Magie beschützt, aber mit seinem siebzehnten Geburtstag verschwindet dieser Schutz und alle, die zu diesem Zeitpunkt in seiner Nähe sind, können in Gefahr schweben."
„Das ist doch alles Unsinn", schnaubte Vernon unüberzeugt.
„Ich bitte Sie, Mr Dursley!", fuhr Liza ihn an, „Ich verschwende meine Zeit nicht mit Unsinn. Es herrscht Krieg und alle Anwesenden hier haben eigentlich etwas Besseres zu tun, als Ihnen das alles zu erklären, aber trotzdem sind wir hier. Wenn Sie aber der Meinung sind, dass Ihr Leben und das Leben Ihrer Familie nicht so wichtig ist, dann werden wir gehen und kommen wieder, wenn wir Harry abholen."
Neben Liza holte Konstantin tief Luft, damit er nicht lachen musste, aber er hatte trotzdem einen amüsierten Ausdruck im Gesicht. Die Dursleys hingegen schienen von Lizas Ausbruch eingeschüchtert zu sein und obwohl Vernon noch immer rot im Gesicht war, sagte er nichts mehr.
„Was Liza damit sagen wollte", versuchte Kingsley die Stimmung wieder etwas zu lockern, „ist, dass wir alle nur versuchen, Ihnen zu helfen. Wir haben einen sicheren Ort für Sie organisiert, an dem sie bleiben können – mit Bewachung vom Orden."
„Gibt es dafür keine Behörde?", fragte Vernon sofort wieder aufbrausend.
„Das Ministerium", stimmte Konstantin ihm lächelnd zu, „Wenn Sie wollen, sorgen wir dafür, dass das Ministerium, diese Überwachung übernimmt. Das würde nur weniger Arbeit für uns bedeuten."
Petunia schien herausgehört zu haben, was Konstantin damit sagen wollte. „Was ist der Haken?", fragte sie verunsichert.
„Der Haken ist, dass wir nicht wissen, wie vertrauenswürdig das Ministerium noch ist", erklärte Liza, „Wir sind im Krieg – wir können Behörden nicht mehr vertrauen."
„Sie sind doch alle nur paranoid", schnaubte Vernon, „Das ist lächerlich."
„Wirklich?", Konstantin wirkte nicht in der Stimmung, lächerlich zu sein, „Wir haben Sie gewarnt. Dann appariere ich einmal schnell ins Ministerium und spreche mit dem Minister. Bestimmt freuen sich einige dort über solche Informationen, wie Ihren Aufenthaltsort."
Das ließ Vernon verstummen und auch er schien nun überzeugt zu sein, dass das Ministerium wohl nicht die beste Wahl war.
„Wenn wir jetzt den Plan besprechen wollen?", schlug Kingsley vor, „Wir haben ein Haus für Sie, das sicher sein sollte. Mehrere Zauberer haben jeweils Zauber angebracht, sodass es selbst bei einem Todesfall noch sicher sein sollte. Den genauen Standpunkt wissen nur die Anwesenden und noch eine weitere Vertrauensperson."
„Wer?", fragte Harry neugierig.
„Mad-Eye", antwortete Liza ihm, „Es ist alles seine Idee."
„Wie vertrauenswürdig ist schon jemand, der Mad-Eye heißt?", grummelte Vernon.
„Wir werden Sie mit dem Auto zuerst weiter weg bringen und dann apparieren", erklärte Kingsley weiter, der das Sprechen übernommen hatte, „So verhindern wir, dass wir verfolgt werden."
„Sie befürchten, dass wir verfolgt werden könnten?", fragte Petunia aufgebracht.
„Wir sollten vorsichtig bleiben", warnte Konstantin und ausnahmsweise war kein Lächeln in seinem Gesicht, „Es verschwinden wieder Leute, überall sind Spione und man kann niemanden mehr trauen."
„Wer ist verschwunden?", fragte Harry überrascht, „Ich habe nichts in der Zeitung gelesen."
Kurz war es still. Alle anwesenden Zauberer waren mehr als nur betroffen.
„Es...", Arthur räusperte sich, „Agnes Tripe."
Harry zuckte zusammen, als er diesen Namen hörte. „Was?", fragte er und konnte nicht glauben, was er hörte, „Aber... nein..."
„Wer soll jetzt schon wieder diese Agnes Tripe sein?", fragte Vernon und allein der Ton, wie er ihren Namen aussprach, war zu viel für Arthur und er sprang aufgebracht auf.
„Agnes Tripe war... ist ein Mädchen, nur zwei Jahre älter, als Ihr Sohn!" Harry war überrascht, als Arthur das regelrecht in das Gesicht von seinem Onkel schrie. Er hatte Arthur noch nie so aufgebracht gesehen, aber immerhin ging es um Agnes Tripe, die mit seinem Sohn zusammen war. Harry wollte gar nicht wissen, wie es Fred damit ging.
„Deswegen sind wir vorsichtig", widerholte Kingsley, aber auch in seinem Gesicht war Sorge geschrieben, „Wir riskieren nichts mehr."
„Was ist mit mir?", fragte Harry, „Komme ich mit ihnen?"
„Nein", Konstantin war derjenige, der antwortete, „Moody wird mit dir apparieren, sobald deine Familie in Sicherheit ist."
„Das ist der Plan", schloss Arthur, „Und wir werden euch sicher da herausholen. Das ist das Mindeste, was wir machen können, damit..."
„– damit ihr nicht so endet, wie Agnes", beendete Liza den Satz für ihn.
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