8. Kapitel
„Sie war eine treue Kröte – sie wird uns immer in Erinnerung bleiben", sprach Tonks sicher und legte ein Gänseblümchen auf die Stelle, an der sie die Kröte vergraben hatten.
Maurice war schon alt gewesen, krank und müde – kein Wunder also, dass Eliza ihn eines Morgens tot aufgefunden hatte. Er war friedlich gestorben, wie sie jedenfalls hoffte, aber er war wirklich schon alt gewesen und hätte so oder so nicht mehr lange gelebt. Die Prüfungen waren überstanden und die Hogwartsschüler würden schon bald wieder über die Ferien nach Hause fahren. Im Gegensatz zu ihrem letzten Ausflug im Verbotenen Wald, in dem Eliza und Tonks Pictor gefunden hatten, die zu einer treuen Eule herangewachsen war, war es also auch schon viel wärmer und angenehmer zum Spazierengehen.
Eliza seufzte. Sie hatte noch nicht geweint und musste auch nicht weinen. Irgendwie hatte sie nicht das Bedürfnis dazu. Maurice war wohl ihr ältester Freund gewesen, aber doch war er alt gewesen. Sie war froh, dass er nicht leiden musste.
Charlie hingegen schniefte neben ihr immer wieder, Tränen in seinen Augen und seine Unterlippe zitterte, als würde er kurz davorstehen, einen kompletten Nervenzusammenbruch zu erleiden.
Eliza nahm seine Hand und hoffte, dass es ihm dadurch besser ging. Sie sah ihn nicht an, sonst hätte er gesehen, dass er sie mit rotem Kopf ansah und verweint lächelte.
„Hier ist es schön – ein guter Platz für sein Grab", bemerkte Eliza glücklich und sah sich um.
„Oh, ja", stimmte Tonks ihr zu, „Mir wäre es zwar lieber gewesen, wenn er nicht unbedingt im Verbotenen Wald gewesen wäre – warum sind wir gleich noch einmal hier?"
„Weil Maurice eine rebellische Kröte gewesen ist", zitierte Charlie, „Und er deswegen an einem rebellischen Ort begraben werden muss, um sein Erbe zu ehren."
„Ah, ja", Tonks nickte, „Jetzt weiß ich es wieder – ihr beide seid verrückt, deswegen."
„Es wäre eine Beleidigung an Maurice gewesen, ihn an einem gewöhnlichen Ort zu begraben", rief Liza künstlich empört aus.
„Mir wäre es sogar lieber gewesen, wenn wir ihn auf dem höchsten Turm in Hogwarts begraben hätten", gab Tonks zu, „Ich mag den Wald nicht."
„Du hättest ja nicht mitkommen müssen", bemerkte Charlie.
„Ich lass euch beide doch nicht allein – Maurice ist auch meine Kröte gewesen – jedenfalls bin ich oft genug aufgewacht, weil er in mein Bett gekrabbelt ist!"
„Sie kann ziemlich laut kreischen", stimmte Eliza ihrer Freundin nickend zu.
Plötzlich knackte etwas hinter ihnen und die drei wirbelten erschrocken herum. Die Büsche raschelten bedrohlich und keiner von ihnen hatte wirklich Erfahrung im Kampf – besonders nicht mit magischen Tierwesen.
Charlie stellte sich schützend vor die Mädchen und hatte schon seinen Zauberstab erhoben, während Eliza und Tonks es ihm nachmachten und angespannt auf die Büsche schauten.
Plötzlich kam das Wesen heraus, aber es war nicht das, was sie erwartet hatten – eigentlich hatten sie gar nichts erwartet.
Ein Einhornbaby stolperte hervor, die Beine noch ein wenig unsicher breit auseinandergestellt. Einen Moment blieb es erschrocken stehen, als wäre das Fohlen genauso überrascht, Menschen zu sehen, wie die drei vom Anblick des Einhorns verzaubert waren.
„Ein Einhorn", hauchte Tonks, „Jetzt sehen wir ja doch noch eins!"
Neugierig kam das Fohlen näher und immer näher, bis die Angst wohl ganz verschwand.
„Hier", zu der Überraschung der Mädchen holte Charlie eine Karotte aus seinem Umhang und hielt sie dem Baby hin, das es sofort aß. Charlie bemerkte die verwirrten Blicke seiner beiden Freundinnen und runzelte die Stirn. „Was? Ich bin mir nicht sicher gewesen, ob wie vielleicht Zentauren treffen. Ich habe gelesen, es gilt als großes Friedensangebot, ihnen Karotten zu geben."
„Du weißt, dass das ein veralteter Aberglaube ist? Zentauren werden beleidigt und bringen dich um, wenn du ihnen wirklich eine Karotte anbietest", bemerkte Eliza.
„Oh", machte Charlie, „Dann ist wohl gut, dass ich sie einem Einhorn gegeben habe und keinem Zentauren."
„Oh, ja", stimmte Tonks zu.
Das Einhorn war mittlerweile schon so zutraulich, dass es sich sogar von den drei streicheln ließ und sie vergaßen wohl komplett die Zeit.
Plötzlich horchte das Fohlen auf und verschwand wieder im Unterholz und ließ die drei Hogwartsschüler verwirrt zurück.
„Elizaveta! Charlie! Tonks!", sie erkannten die Stimme sofort und sahen sich gegenseitig an, als sie erkannten, dass es Hagrid war, der wohl nach ihnen suchte. Ihnen war gar nicht aufgefallen, dass es schon langsam dämmerte, was bedeutete, dass es wohl schon beinahe Zeit fürs Bett für die Schüler war, da im Sommer die Tage länger waren. Stumm beschlossen die drei, dass sie nicht vor dem Wildhüter weglaufen würden, sondern sich von ihm finden lassen würden und kurz darauf kam Hagrid mit einer Laterne in der Hand durch die Büsche.
„Hier seid ihr", seufzte er ehrleichtert, „Ich habe euch gesucht. Ihr habt das Abendessen verpasst, da habe ich sofort vermutet, dass ihr hier seid! Das ist der Verbotene Wald! Ihr könnt nicht einfach hineinspazieren!"
„Wir haben meine Kröte begraben", erzählte Eliza und zeigte auf das frische Grab, „Maurice ist eine rebellische Kröte gewesen, also hat er es auch verdient, ein rebellisches Grab zu bekommen."
Hagrid brummte, wusste aber keine Antwort darauf.
„Warum seid ihr nicht sofort zum Schloss zurück? Was ist, wenn euch die Professoren gesucht hätten? Was ist, wenn sie euch jetzt suchen? Ihr bekommt großen Ärger!"
„Ein Einhorn!", platzte es aus Charlie heraus, der vor Begeisterung breit grinste, „Da ist ein Einhorn gewesen! Es ist einfach zu uns gekommen!"
„Einhörner? Die sind ziemlich scheu", brummte Hagrid, „Gehen wir, bevor ihr Ärger bekommt."
Die drei folgten ihm bereitwillig aus dem Wald hinaus und Hagrid begleitete sie auch noch ins Schloss zurück, aber von dort aus waren sie auf sich allein gestellt.
„Danke, Hagrid", meinte Eliza grinsend.
„Macht es nur nicht wieder – ich scheuche nicht gerne dauernd Schüler aus dem Wald."
„Wir können nichts versprechen", grinste Charlie.
„Also ich kann versprechen, dass ich nur hineingehe, wenn die beiden Wahnsinnigen hier das auch tun und ich nicht allein zurückbleiben will", schwor sich Tonks, „Ich bin nicht so verrückt, wie die beiden."
„Dann noch eine Gute Nacht – und geht sofort in eure Türme, damit keiner euch erwischt", warnte Hagrid, bevor er die drei allein ließ.
„Wir sollten wirklich gehen – es ist schon spät und bald gehen die Vertrauensschüler auf Patrouille", schlug Charlie vor.
„Gute Nacht, Charlie", Eliza gab ihm ein Küsschen auf die Wange und er wurde wieder knallrot, aber Eliza zog Tonks schon hinter sich her in Richtung Kerker.
Auch Charlie schüttelte den Kopf und löste seine Paralyse, bevor er selbst die Treppen leise hinaufrannte.
Eliza blieb erst wieder stehen, als sie im Hufflepuff Gemeinschaftsraum waren.
„Was war das?", fragte Tonks teils verwirrt teils überrascht.
„Was meinst du?", fragte Eliza ahnungslos und runzelte die Stirn.
„Seit wann gibst du Charlie Küsse? Was ist da los zwischen euch?", Tonks zeigte mit dem Finger auf sie, als wäre sie eine Verräterin, aber um ehrlich zu sein fiel Eliza erst jetzt wieder ein, dass sie Tonks nie davon erzählt hatte.
„Oh", machte sie, „Nun... Charlie und ich sind zusammen."
Tonks blinzelte einmal... zweimal... plötzlich brach sie in lautes Gelächter aus und Eliza hatte schon Angst, dass sie jemanden wecken könnte und hielt ihr schnell wieder den Mund zu.
„Nicht so laut!", zischte Liza warnend.
„Guter Witz – ihr beide, zusammen?", wiederholte Tonks fassungslos, „Sehr guter Witz..."
„Ja, warum nicht?", fragte Eliza und schaute ihre Freundin verständnislos an.
„Nun... ich weiß nicht... warum schon?", fragte Tonks, „Seit wann?"
„Kurz nachdem wir Pictor gefunden haben – Charlie wollte sein Vater sein, also ist er sein Vater."
„Du weißt, dass das so nicht funktioniert?", fragte Tonks vorsichtig.
„Das habe ich mir auch schon gedacht, aber jetzt haben wir uns schon geküsst und ich mag ihn, also warum nicht?"
Tonks schaute ihre Freundin fassungslos an. Sie konnte nicht wirklich glauben, dass Eliza so offen damit umging, aber andererseits war Liza generell ziemlich seltsam drauf, also wunderte es Tonks nur minimal.
„Okay... Marta und Charlie sind also zusammen. Gut, dass ich das weiß", murmelte sie, „Dann bin ich ja wirklich die seltsame Tante!"
„Die bist du schon immer gewesen", stimmte Eliza ihr zu, „Aber jetzt würde ich gerne ins Bett – ich bin wirklich müde."
„Charlie und Marte", wiederholte Tonks, als sie in den Schlafsaal gingen und sich ihre Pyjamas anzogen, „Marta und Charlie..."
Die beiden Mädchen legten sich in ihre Betten und es wurde leise, aber plötzlich hörte man Tonks wispern: „Charlie und Marta sitzen auf dem Baum, K-Ü-S-S–"
„Tonks, halt die Klappe!"
„'Tschuldigung."
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