74. Kapitel
Konstantin hatte zwar versucht, wieder seine alte Haltung anzunehmen, aber Liza sah ihm sofort an, dass es ihm überhaupt nicht gutging. Nicht nur seine Augenringe unter seinen emotionslosen Augen verrieten ihn, sondern eine einzelne Locke hatte sich auch aus seinem perfekten Zopf gelöst und er hatte sich noch nicht die Mühe gemacht, sie wieder an Ort und Stelle zu stecken und sie fiel ihm ins bleiche, aber sonst so gebräunte Gesicht.
Aber keiner sprach Konstantin darauf an, immerhin ging es anderen auch nicht besser.
Besonders Tonks machte sich Vorwürfe, die ebenfalls zuerst gegen Bellatrix Lestrange gekämpft hatte, aber die junge Auroren war unterlegen gewesen und hatte verloren. Sie bemühte sich zwar, Haltung zu bewahren, aber immer wieder brach sie leise in Tränen aus und Molly stand bei ihr und tröstete sie erfolglos.
Es waren alle gekommen, die Mitglieder des Ordens waren und Liza blieb an Konstantins und Charlies Seite und hielt die Hände der beiden. Sie beide brauchten es im Moment, aber auch Liza war über die Berührung erleichtert. Es gab ihr Halt und machte die Situation real – es war kein Traum, auch, wenn sie es sich einreden versuchte. Sirius war auch ein guter Freund von ihr gewesen. Sie hatten sich im letzten Jahr gut kennengelernt und hatten viel Zeit miteinander verbracht, hatten gescherzt und Liza hatte ihn regelmäßig wegen seines Interesses an ihrem Bruder aufgezogen – das war jetzt aber wohl vorbei.
„Ruhe!", brachte Dumbledore die Menge zum Schweigen und es dauerte nicht lange, da verstummte jedes Gespräch und alle Blicke wandten sich zu Dumbledore.
Dumbledore sah sich in der Runde um und hin und wieder blieb sein Blick an jemanden haften, als würde er schon stumm die nächsten Pläne schmieden, aber er sagte zunächst nichts, bevor er das Unausweichliche aussprach: „Sirius Black ist tot."
Konstantin drückte die Hand seiner Schwester ein wenig fester und holte tief Luft. Als Liza zu ihm sah, bemerkte sie, dass seine Augen glänzten und er kurz vorm Weinen war, wie er es schon den ganzen Tag war, aber unter so vielen Leuten wollte er sich wohl zusammenreißen.
„Er ist gestern im Ministerium von seiner Cousine Bellatrix Lestrange ermordet worden. Eine Leiche wurde nicht gefunden, da er durch ein seltenes, magisches Phänomen gestolpert ist."
Plötzlich hörte Liza den Knall, der entstand, wenn jemand apparierte und sofort riss sie ihre Hände von Charlie und Konstantin weg, um nach ihrem Zauberstab zu greifen, aber schon bald, nachdem auch einige andere Ordensmitglieder bereit waren, sich zu wehren, hörten sie, wer angekommen war.
„Lass mich los, Remus, ich will den Verantwortlichen sehen!" Es war Agnes Tripe, wie Liza an ihrer Stimme erkennen konnte. Agnes Tripe, die als Werwolf nun schon länger unter Werwölfen lebte, wie Liza erfahren hatte. Dumbledore hatte das Mädchen direkt in die Höhle des Löwen geschickt und ihr den Auftrag gegeben, Greyback im Auge zu behalten. Und Agnes befolgte seine Anweisungen.
„Beruhige dich erst einmal!" Das war Remus, wie Liza hörte. Er war derjenige, der Agnes von ihrem derzeitigen Aufenthaltsort abholte, nachdem sie keine Eulen empfangen konnte und auch jegliche andere Kommunikation zu riskant gewesen war. Greyback hätte etwas entdecken können.
Momente nach dem Streit stürmte Agnes Tripe auch schon in das Haus der Weasley, in dem sich der Orden versammelt hatte, aber Liza zuckte zurück, als sie das Mädchen sah.
Ihre Haare waren wild und noch unordentlicher, als die von Liza, wenn sie eine vierundzwanzig-Stunden-Schicht hinter sich hatte. Ihre Kleider waren dreckig und zerrissen und sie sah so furchtbar bleich und müde aus.
„Agnes", begrüßte Dumbledore sie schlicht, „du hast die Neuigkeiten also schon von Remus erfahren?"
„Sirius ist tot", zischte Agnes, „Ich habe von manchen schon gehört, dass Todesser festgenommen wurden und dass jemand vom Orden gestorben ist, aber ich hätte nicht gedacht, dass... dass..."
Agnes sackte zusammen, wie Konstantin es auch immer tat, wenn er an Sirius dachte. Liza hatte es den ganzen Tag über beobachtet – er schien so furchtbar klein zu werden, all seine Haltung zu verlieren und seine Augen wurden glasig.
„Sirius ist tot, aber dafür haben wir gesiegt. Die Welt weiß nun, dass Voldemort zurück ist und die Leute werden es erfahren", wandte Dumbledore sich wieder an alle, obwohl er auf Agnes' Aussage antwortete.
„Das hätten Sie davor schon geschafft, wenn das Ministerium Ihnen geglaubt hätte", bemerkte Agnes patzig.
„Voldemort wird nun nicht mehr nur im Geheimen agieren, also müssen wir noch härter arbeiten und noch mehr von uns überzeugen", bestimmte Dumbledore.
„Mit den Riesen hatten wir nicht so viel Glück", begann Remus, „Und auch die Werwölfe sind nur allzu gerne bereit, sich Voldemort anzuschließen. Langsam gehen uns die Allianzen aus, Professor."
„Es mögen ja ein paar Todesser in Askaban sein, aber wie lange?", fragte auch Bill, „Die Dementoren sind sicher auch schon auf der Seite von Voldemort und die restlichen Todesser werden sie bestimmt einfach wieder abholen und zurückbringen, als wäre nichts passiert."
„Es mag zurzeit nicht wirklich glücklich aussehen", gab Dumbledore immer noch ruhig zu, „Vielleicht scheint alles dunkel und finster, aber es werden bessere Zeiten kommen. Voldemort hat seinen bisher größten Vorteil verloren – er kann nicht mehr im Geheimen agieren, denn alle wissen nun von ihm!"
„Ja, genau!", stimmte Agnes erstaunlich zynisch zu, „Lasst uns doch alle einmal vergessen, dass ein Rudel Werwölfe auf seiner ist, sowie ein Haufen riesiger Riesen. Das dämliche Ministerium ist jetzt auf unserer Seite – noch, denn es ist nur eine Frage der Zeit, bis der Dunkle Lord auch das an sich reißt und uns wie Ratten zusammendrängt und nacheinander auslöscht."
„Unsere größte Waffe", erinnerte Dumbledore sie alle, „Ist doch, dass wir uns vertrauen können!"
Es wurde wieder still und alle ließen die Worte auf sich wirken. Neben Liza schnaubte Konstantin und griff wieder nach Lizas Hand. Charlie drückte seine Verlobte schützend an sich.
„Voldemort mag Anhänger haben, aber die folgen ihm nicht aus Überzeugung, sondern aus Gier, Machthunger und Angst. Der Orden des Phönix ist eine Vereinigung aus Hexen und Zauberer, die für das kämpfen, das sie für richtig halten. Nicht aus Hass, sondern aus Überzeugung! Also sollten wir uns nicht von dieser Welle aus Hass, Angst und Grauen überschwemmen lassen, sondern und stabil auf den Boden stellen und warten, bis die erste Welle vorbei ist, damit wir wieder angreifen können!"
Keiner sagte etwas, aber das reichte Dumbledore wohl als Antwort, denn er wandte sich nun an einzelne und gab ihnen diverse Befehle.
„Elizaveta", rief Dumbledore sie schließlich ebenfalls zu sich und Liza ließ Charlie und Konstantin los, um zu ihm zu gehen.
„Professor", Liza lächelte leicht, „Schön, Sie wieder zu sehen."
„Die Freude liegt ganz bei mir", Dumbledore lächelte sie ebenfalls an, „Erzählen Sie mir, wie ist es Ihnen in den letzten Wochen im Krankenhaus ergangen?"
„Nun...", begann Liza, „Natürlich wissen Sie von dem Angriff an Professor McGongall?"
Umbridge hatte mit Auroren versucht, Hagrid nach Askaban zu schicken, aber Professor McGonagall war eingeschritten und hatte für ihn die Zauber abbekommen – vier Lähmzauber waren zu viel für sie gewesen und sie hatte einige Zeit im St. Mungos verbringen müssen. Liza hatte zwar nicht in ihrer Abteilung gearbeitet, aber sie hatte ihr häufig Gesellschaft geleistet.
„Sie wird bald genesen sein", erzählte Liza, „Ich habe mit ihrem Heiler gesprochen – sie ist auf dem Weg der Besserung."
„Das ist gut", Dumbledore nickte, „Elizaveta, wie geht es Ihrem Bruder?"
Liza drehte sich zu Konstantin um, der die Arme um seinen Körper geschlungen hatte und aus dem Fenster sah, als würde er nur darauf warten, das Haus verlassen zu können und die Verantwortlichen für Sirius' Tod zu jagen.
„Im Moment nicht so gut", gestand Liza, „Und das sage ich jetzt nicht nur als seine Schwester, sondern auch als Heilerin. Er sollte in nächster Zeit keine gefährlichen Aufträge annehmen – er ist abgelenkt und unkonzentriert. Ich bitte Sie, Professor, laden Sie ihm nicht mehr auf die Schultern, als er tragen kann."
„Sirius' Tod hat uns alle betroffen", stimmte Dumbledore ihr zu, „Aber ich kann mir vorstellen, dass es für Konstantin besonders schwer sein wird."
„Er hat sich einige Tage frei genommen", erzählte Liza, „Er wird bei Charlie und mir bleiben, für den Moment. Ich hätte gern ein Auge auf ihn."
„Das ist vermutliche keine schlechte Idee", meinte Dumbledore und er sah tatsächlich besorgt aus, „Bevor er wieder arbeitet, sollte er sich an Sie wenden, Elizaveta. Er sollte nicht in einem unkonzentrierten Zustand seiner gefährlichen Arbeit nachgehen – besonders nicht in solchen Zeiten."
„Natürlich nicht", Liza lächelte, „ich werde Sie über die Vorkommnisse im Krankenhaus am Laufenden halten."
„Danke, Elizaveta", meinte Dumbledore noch, bevor er sich an den nächsten wandte.
Liza sah zu Konstantin und lächelte traurig. Sie hatte ihn noch nie so erlebt, aber sie verstand ihn irgendwie. Sirius hatte ihm etwas bedeutet, das hatte sie gewusst und es war bestimmt nicht leicht für ihn. Sie hoffte nur, er würde heilen. Es musste nicht heute oder morgen sein – von ihr aus auch nicht in nächster Zeit. Aber sie hoffte für Konstantin selbst, dass er sich selbst erlaubte, zu heilen, denn Liza wusste, dass ihm das Leben viel mehr Spaß gemacht hatte, als er noch der Alte gewesen war.
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