66. Kapitel
Charlie stürmte vollkommen außer Atem in das alte Haus der Blacks und fand es einen Moment leer vor. Er hatte natürlich als erstes in Lizas Wohnung nachgesehen, ob er sie hier finden würde, aber dort war alles leer und verlassen gewesen, also war sein zweiter Anhaltspunkt das Hauptquartier des Ordens gewesen.
Jemand kam aus der Küche und er sah, dass es seine Mutter war, die ihn einen Moment lang überrascht ansah.
„Charlie", sie lächelte und kam mit offenen Armen auf ihn zu, „Wir haben gedacht, du kommst erst in ein paar Tagen"
„Ja", keuchte Charlie, „Ich... es hat eine kleine Planänderung gegeben." Schnell befreite er sich aus der Umarmung seiner Mutter und sah hoffnungsvoll zur Küchentür, „Ist... ist Liza da?"
„Elizaveta? Nein", seine Mutter schüttelte nachdenklich den Kopf, „Aber Tonks ist gerade angekommen. Vielleicht weiß sie, wo Elizaveta ist."
Charlie ließ sich in die Küche führen und die Leute, die sich dort versammelt hatten, sahen ihn ebenso überrascht an, wie Molly zuvor. Es waren nicht viele (außer seinen Eltern nur Tonks, Sirius und Remus), die am Tisch saßen und wohl gerade Tee tranken. Charlie fiel ein, dass es schon Abend war, aber nach der längeren Reise war sein Zeitgefühl ein wenig durcheinander, denn natürlich hatte er nicht die Ruhe gefunden, im Zug zu schlafen.
„Charlie", Tonks stand auf und plötzlich färbte sich nicht nur ihr Gesicht bleich, sondern auch ihre Haare schienen ein wenig an Farbe zu verlieren und wurden etwas weniger farbig, sondern eher grau, „Was... was machst du hier?"
„Hast du Liza gesehen, Tonks?", fragte er sie ohne Umschweife und er konnte sich vorstellen, wie wahnsinnig er klang, aber er hatte das Gefühl, wenn er Liza nicht bald fand, würde er sie niemals fragen, ob sie seine Frau werden wollte.
Tonks schlug sich mit der Handfläche gegen die Stirn und murmelte etwas, das Charlie nicht verstand, aber Remus tat das wohl, grinste leicht und legte eine Hand auf die Schulter der jungen Aurorin.
„Liza... Liza ist am Bahnhof", erklärte Tonks ruhig.
„Am Bahnhof?", wiederholte Charlie ungläubig. Von dort kam er doch gerade erst. Er hatte sie wirklich verpasst. „Was... was macht sie denn am Bahnhof?"
„Sie ist auf dem Weg nach Rumänien, um dich zu sehen", erklärte Remus lächelnd, „Aber... offenbar wird ihr Plan nicht aufgehen."
„Ich bin gar nicht mehr in Rumänien", murmelte Charlie gedankenverloren und Tonks kicherte leise.
„Ihr Zug fährt in einer halben Stunde", erinnerte sich Tonks, „Wenn du dich beeilst, schaffst du es noch hin."
„Das schaffe ich nie", seufzte Charlie und sackte ein wenig zusammen, bis ihm die Idee kam, „Außer... außer ich appariere."
„Apparieren?", wiederholte seine Mutter unsicher, „Charlie, Schatz, bist du sicher, dass –"
„Ich bin mir absolut sicher", versicherte Charlie seiner Mutter grinsend, „Ich weiß, ich riskiere viel, wenn ich jetzt appariere, aber wenn ich keine andere Chance habe, dann werde ich tun, was ein Weasley tun muss. Ich appariere zum Bahnhof, halte Liza auf und frage sie endlich, ob sie meine Frau werden will! Ich muss los!"
Nach diesen dramatischen Worten drehte er sich auf den Fersen um und verschwand mit großen Schritten aus der Küche und nachdem sie kurz darauf auch die Haustür zuknallen hörten, auch das Haus.
Die Anwesenden schauten sich ungläubig und verwirrt an.
„Was hat er gesagt?", fragte Molly schließlich in die Runde, als könnte sie nicht ganz glauben, was sie gehört hatte.
„Er will sich verloben", erklärte Remus ruhig, „Mit Liza."
„Nein, nein, nein", Molly lachte auf, „Das war es nicht. Wahrscheinlich hat er es einfach nur so gesagt – für den dramatischen Effekt. Das hat er von dir, Arthur!"
„Ich glaube nicht, dass er gescherzt hat", meinte Arthur und rückte seine Brille zurecht.
„Ich finde es süß, dass sie beide zugleich dieselbe Idee gehabt haben", freute sich Tonks und grinste breit.
„Wie meinst du das?", stocherte Molly misstrauisch weiter und Tonks erklärte: „Liza wollte nach Rumänien, um Charlie einen Antrag zu machen, aber offenbar ist ihr Charlie ein wenig zuvorgekommen."
„Hört auf von Anträgen und Verloben zu sprechen", schnaubte Molly und verschränkte die Arme vor der Brust, „Die beiden sind nur Freunde! Sie sind nicht zusammen! Das wüsste ich!"
„Charlie versucht schon seit Jahren euch beizubringen, dass Liza und er um einiges mehr sind, alsnur Freunde", erklärte Tonks.
„Unsinn", winkte Molly ab, „Aber ich finde es trotzdem süß, dass er extra zum Bahnhof appariert, um seine beste Freundin zu sehen. So eine Freundschaft ist unzerstörbar."
Tonks öffnete den Mund, um noch etwas zu sagen, aber sie schloss ihn wieder, als sie verstand, dass es keinen Sinn hatte, Molly davon überzeugen zu wollen, dass ihre beiden beste Freunde eigentlich ein Paar waren.
„Nun denn...", Arthur stand auf, „Ich bereite mich für die Nachtschicht heute vor. Ich hoffe, Charlie kommt noch, um zu erzählen, wie es gelaufen ist."
„Als ob Liza Nein sagen würde", schnaubte Tonks, „Die beiden sind einfach füreinander gemacht. Es wundert mich, dass sie sich nicht schon vor Monaten verlobt haben. Liza hat den Ring schon seit Ewigkeiten!"
„Dann kann ja nichts schiefgehen, oder?", Remus lächelte bei dem Gedanken an die beiden, von denen er schon immer gefunden hatte, dass sie perfekt zusammenpassten. Vielleicht, nach einer so chaotischen Verlobung, schafften sie es sogar eine halbwegs geplante Hochzeit zu halten, aber so wie er die beiden kannte würde sie einfach spontan irgendwann stattfinden ohne viel Aufsehen.
Liza war sich noch nie so sicher in etwas gewesen, wie in das, was sie gerade tat. Die kleine Box mit dem Ring für Charlie hielt sie in ihrer Manteltasche fest und sie wartete schon gespannt am Bahnsteig. Der Zug würde bald ankommen und dann würde sie nach Rumänien kommen, mit einigen Umwegen, aber in ihrer zerstreuten Verfassung wollte sie lieber nicht riskieren, zu apparieren.
Natürlich hätte sie warten können, bis Charlie in ein paar Tagen nach England kam, wie er es schon geplant hatte, aber Liza war noch nie gut im Warten gewesen und machte Sachen lieber sofort, anstatt Zeit zu verschwenden.
Es kam die Durchsage für ihren Zug und erwartungsvoll sah sie schon in die Richtung, aus der er kommen würde, aber natürlich war er noch nicht zu sehen.
„Liza!"
Es war leise gewesen und Liza sah sich verwirrt um. Sie hätte schwören können, dass jemand nach ihr rief, aber sie sah niemanden. Sie schüttelte den Kopf und zuckte mit den Schultern. Wahrscheinlich sollte sie mehr schlafen – sie hatte schon Halluzinationen. Sie hätte ihr Leben darauf verwetten können, dass jemand nach ihr rief und die Stimme hatte der von Charlie erschreckend ähnlich geklungen, aber vermutlich war das nur ihr Hirn gewesen, das ihr Streiche spielte. Charlie war in Rumänien und dorthin wollte sie.
„Liza!" Da war es schon wieder, aber Liza schaute sich wieder um, sah aber niemanden. Der Zug fuhr ein und Liza beschloss, im Zug ein wenig zu schlafen (wenn sie es schaffte). Es war nicht mehr normal, dass sie sich einbildete, dass Charlie nach ihr rief.
Quietschend blieb der Zug direkt vor ihr stehen und geduldig wartete sie darauf, bis die Passagiere ausstiegen, bevor sie auf die erste Stufe stieg, um den Waggon zu betreten, als sie plötzlich jemand an der Hand nahm.
Erschrocken holte sie aus und erwischte die Person, die sie gepackt hatte auch, aber zu spät erkannte sie die roten Haare, die sie zu lieben gelernt hatte. Liza brauchte einen Moment, bevor sie ihn endgültig erkannte. Charlie Weasley hielt sich überrascht seinen Brustkorb, wo sie ihn geschlagen hatte und Liza (die in ihrem zerstreuten Zustand ein wenig langsamer dachte, als sonst) realisierte, was sie getan hatte.
„Oh du meine Güte, Charlie!", rief sie aus und stieg die Stufen wieder hinunter an den anderen genervten Passagieren vorbei zu Charlie, „Charlie! Bist du es wirklich?"
„Ja, ich denke schon", jammerte er, „Jedenfalls wirklich genug, dass dein Schlag wehgetan hat. Habe ich dir schon einmal gesagt, dass du einen wirklich kräftigen Schlag hast, Gregorovich?"
„Wie sollte ich denn sonst reagieren, wenn mich plötzlich jemand an der Hand nimmt?", verteidigte sich Liza und einen Moment sahen sich beide an, bevor sie synchron sich in die Arme fielen und sich fest umarmte.
„Ich habe schon gedacht, ich hätte Halluzinationen", gab Liza lachend zu, als sie seinen muskulösen Oberkörper umarmte und die vertraute Wärme spürte.
„Vielleicht bin ich das ja, aber du weißt es nicht?", schlug Charlie grinsend vor und Liza schlug ihn wieder (aber dieses Mal leichter) gegen den Arm.
„Das ist nicht witzig", tadelte sie ihn, „Was... was machst du hier? Wolltest du nicht –"
„–in ein paar Tagen kommen? Ja, aber ich habe meinen Plan geändert", grinste Charlie und schnippte sich nervös eine Haarsträhne aus dem Gesicht, die sich aus seinem Zopf gelöst hatte.
„Warum?", fragte Liza überrascht, „Ich... ich wollte gerade nach Rumänien und dich sehen."
„Nun... ich wollte nicht länger warten", Charlie fuhr sich durch seine Haare und noch mehr Strähnen lösten sich (aber Liza fand das eher heiß, als unordentlich).
„Worauf länger warten?", fragte Liza ahnungslos und in ihrer eigenen Manteltasche fühlte sie die Box mit dem Ring. Sie würde es so bald wie möglich machen, aber jetzt war noch nicht ganz der richtige Zeitpunkt.
Charlie war wohl nicht derselben Meinung, denn er holte die Luft, ging vor Liza auf ein Knie und holte eine kleine Box hervor, die der von Liza nicht unähnlich sah. Liza machte überrascht einen kleinen Schritt zurück, aber schon bald begann sie breit zu grinsen.
„Liza, Eliza, Elizaveta... wie auch immer... Liza, wir kennen uns jetzt schon seit so vielen Jahren und obwohl ein Großteil von unserer Familie und Freunden uns noch immer nicht glaubt, dass wir zusammen sind, habe ich dich zu lieben gelernt und..." (er sah ihr in die blauen Augen) „... und... entschuldige, deine Augen lenken mich ab..."
„Würde es helfen, wenn ich sie schließe?", schlug Liza vor und machte das, ohne auf eine Antwort zu warten.
„Nein!", Charlie hatte es etwas zu eilig und etwas lauter gesagt, als er geplant hatte, er räusperte sich und wiederholte etwas ruhiger, „Nein, bitte nicht. Ich will dir für den Rest meines Lebens in die Augen sehen und mich jedes Mal wieder neu in sie verlieben. Ich will jedes Mal wieder von dir überrascht werden, jedes Mal wieder deine Umarmung spüren, jedes Mal wieder... Liza Gregorovich, willst du meine Frau werden?" Er klappte die Box auf und offenbarte den einfachen Ring, aber Eliza sah ihm einen Moment länger in die braunen Augen. In ihren eigenen Augen hatten sich einige Tränen gesammelt (Freudentränen) und sie bemerkte zwar, dass um sie herum einige Passanten stehengeblieben waren, um die Verlobung mitanzusehen (das sah man ja nicht jeden Tag an einem Bahnhof), aber in diesem Moment war es ihr egal.
„Liza?", fragte Charlie, noch immer war er auf einem Knie, „Ich will dich ja nicht stressen, aber... eine Antwort wäre –"
In diesem Moment holte Liza ihre eigene Box hervor und kichernd kniete sie sich vor Charlie auf den kalten Boden und öffnete die Box, um ihren eigenen Ring aufzudecken.
„Ja, aber nur, wenn du mein Mann werden willst", grinste sie.
„Du hast ja auch einen", bemerkte Charlie und in seinen eigenen Augen sammelten sich Tränen, „Aber –"
„Ich wollte nach Rumänien, um dir einen Antrag zu machen", gab Liza zu, „Also... was sagst du?"
„Ja", Charlie musste nicht einmal darüber nachdenken, „Ja, klar doch. Auf jeden Fall."
„Perfekt", grinste Liza und stand auf, hielt Charlie eine Hand hin und half ihm hoch, „Dann will ich auch deine Frau werden."
Um sie herum klatschten die fremden Leute, während das Paar sich in einen innigen Kuss vertiefte und sich nur ungern wieder löste.
Wie ein kleines Kind zu Heiligabend grinsend steckte Charlie seiner Verlobten den einfachen Ring an und Liza tat dasselbe bei ihm.
Sie hätte nicht gedacht, dass sie es wirklich schaffen würden, sich zu verloben, aber jetzt, wo sie durchgezogen hatten, fragten sie sich beide, wie sie jemals hätten zweifeln können, denn keiner von beiden konnte sich ein Leben ohne den anderen vorstellen und trotz der gefährlichen Zeiten, in denen sie sich befanden, waren die beiden goldenen Ringe an ihren Fingern doch ein Zeichen für sie, dass es doch noch Licht in der Dunkelheit gab und sie beide würden es für den jeweils anderen sein.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top