6. Kapitel

„Ich weiß nicht, warum du diese Eule unbedingt mitnehmen musst", seufzte Iwana, als die Familie aus dem Auto stieg.

In den Winterferien war Liza nach Hause gefahren, aber die Weasley-Familie hatte die Familie Gregorovich zum Essen eingeladen und nachdem sowohl Konstantin als auch Liza von dieser Idee begeistert waren, mussten die Eltern wohl zustimmen, zu diesem Zaubererhaushalt zu kommen.

Iwana stapfte als erste durch den Schnee auf das seltsame Haus zu. Es sah so aus, als würde es allen Naturgesetzen widerstehen. Auf der Seite waren an den seltsamsten Orten weitere Räume angebracht worden und Liza fragte sich, ob es nur noch von Magie zusammengehalten wurde.

„Beeilen wir uns, ins Warme zu kommen", Noah, der Familienvater fröstelte, während seine Frau, Iwana vollkommen unbeeindruckt von der Kälte wirkte.

Auch Konstantin schien nicht einmal wirklich zu bemerken, wie kalt es war, während Liza wie auch ihr Vater viel zu kalt hatte und zitterte.

Zusammen mit ihrem Dad rannten die beiden an Iwana vorbei, während Liza die kleine Eule Pictor in ihren Mantel eingewickelt hatte, um ihn besonders vor der beißenden Kälte zu schützen.

Iwana schüttelte belustigt den Kopf, als Vater und Tochter schon an der Tür klopften, während Konstantin und Iwana es überhaupt nicht eilig hatten.

Liza hörte zuerst gar nichts, aber plötzlich schien eine Büffelherde loszurennen, jedenfalls klang es so, denn mehrere Paar Füße rannte zur Tür. Sie hörte Kinder kichern und Charlie rief: „Stopp!", aber niemand stoppte.

In diesem Moment wurde die Haustür aufgerissen und Liza stand vor einem Paar rothaariger Zwillinge, sie konnten kaum älter als sechs Jahre alt sein, die sie beide breit angrinsten.

„Oh, hallo", begrüßte sie die beiden Kinder zähneklappernd.

„Liza!", schnaufte Charlie, der hinter seinen beiden Brüdern herkam, „Tut mir leid. Ich habe sie nicht aufhalten können."

„Können wir rein? Es ist ziemlich kalt", bat Noah, und Liza kicherte, aber sie musste ihrem Vater zustimmen.

„Wo ist Konstantin?", fragte Bill verwirrt, der ebenfalls an der Tür auftauchte und Liza und Noah verwirrt ansah.

„Wir sind schon hier", grinste Konstantin, der auch endlich mit Iwana kam, „Wir haben es nur nicht so eilig, ins Warme zu kommen."

„Kommt rein", Charlie trat zur Seite und schubste seine Brüder ein wenig aus dem Weg, damit die Familie ins Haus kommen konnte. Liza war froh, endlich aus der Kälte zu kommen und nicht nur sie, denn Pictor schuhte zufrieden aus seinem Versteck heraus.

Charlies Gesicht hellte sich augenblicklich auf.

„Pictor!", rief er begeistert und drängte sich an Bill vorbei zu Liza, die ebenfalls grinsend ihren Mantel öffnete und die kleine Eule preisgab.

„Hmpf", machte Bill, „Man könnte meinen, er mag diese Eule lieber, als mich."

„Das würde mich nicht wundern", stimmte Konstantin ihm leise zu.

„Halt die Klappe, zu Babyrobbe", beschwerte sich Liza, als sie Pictor Charlie übergab, der ihn zufrieden auf seiner Schulter platzierte.

„Kommt doch in die Küche, das Essen dürfte bald fertig sein", bot Bill an.

Iwana und Noah nahmen das Angebot dankend an, die nicht wirklich wussten, wie sie sich in diesem fremden Haushalt benehmen sollten, während ihre Kinder es sich schon gemütlich gemacht hatten.

„Kon, gehen wir in mein Zimmer", schlug Bill vor und zog Konstantin, der schon einmal bei den Weasleys gewesen war, mit sich nach oben, während Charlie und Liza zurückblieben.

„Meine Eltern wollen dich sicher kennenlernen", vermutete Charlie.

„Das sind dann wohl Fred und George, oder?", riet Liza mit einem Blick auf die kleinen Zwillinge, die leise miteinander flüsterten.

„Das sind sie", seufzte Charlie, „Sie werden jedes Jahr schlimmer. Ich schwöre dir, irgendwann bringen ihre Streiche sie noch in große Schwierigkeiten."

„Oh, so gefährlich wirken sie gar nicht", meinte Liza und stupste einem von ihnen in den Bauch. Quiekend sprang er zurück und lachte, bevor er mit seinem Zwilling davonrannte. „Die sind eigentlich ganz süß."

„Sag das, wenn du sie besser kennst", warnte sie Charlie, „Komm mit, meine Eltern sind in der Küche – und ich glaube, deine auch."

Tatsächlich fand Liza Mrs Weasley in der Küche am Herd stehen, aber anstatt selbst zu kochen, schwang sie ihren Zauberstab und alle Küchengeräte bewegten sich von selbst. So kochte sie, buk und wusch aber auch das Geschirr gleichzeitig ab. Noah und Iwana standen verwirrt daneben und sahen ihr dabei zu.

„Ah, du muss Elizaveta sein", rief ein rothaariger Mann mit Brille, auf seinem Schoß saß ein kleines Mädchen, das Liza als Ginny erkannte, die jüngste der Familie, „Charlie hat dich in einem Brief erwähnt."

„Dad!", rief Charlie empört und wurde rot.

„Bitten nennen Sie mich Eliza, oder Liza – Hauptsache nicht Elizaveta", bat Liza sofort.

„Ich weiß nicht, was sie gegen ihren Namen hat!", schnaubte Iwana, „Ich habe ihn nur für sie ausgesucht und ich finde ihn sehr schön!"

„Machen Sie sich nichts daraus, Mrs Gregorovich", winkte Mrs Weasley ab und wandte sich ebenfalls an Liza und Charlie, „Meine Kinder bevorzugen auch eher Spitznamen. Dabei sind William und Charles gar keine so langen Namen!"

„Mom!", rief Charlie und wurde noch roter, wenn das überhaupt möglich war.

„Ja, ja, schon gut", lächelte Mrs Weasley, „Warum holt ihr beiden nicht die anderen? Das Essen wäre fertig!"

Charlie zog Liza froh der Küche zu entkommen hinaus und die Treppen hoch. Sie holten Bill und Konstantin herunter, sowie Charlies jüngeren Bruder, Percy, der in seinem Zimmer las und die Zwillinge, die versuchten, Liza zu erschrecken, als sie in ihr Zimmer kam, aber sie hörte die beiden davor schon kichern und war vorbereitet.

Erst dann gingen auch Charlie und Liza und die jetzt ziemlich überfüllte Küche. Iwana und Noah saßen ein wenig unsicher zwischen Fred und George, die sich gegenseitig mit ihrem Besteck bedrohten, Konstantin und Bill unterhielten sich über etwas aus der Schule, Percy las immer noch in einem Buch und schob seine Hornbrille seinen Nasenrücken hoch, Ron und Ginny, die beiden kleineren Kinder der Familie saßen auf ihren Stühlen und klapperten mit dem Geschirr.

„Ich weiß nicht, wie ihr es mit sieben Kinder aushaltet", gab Iwana lachend zu, „Ich habe schon mit zwei genug."

„Oh, die meiste Zeit sind sie alles kleine Engel", winkte Mrs Weasley ab, als die Schüsseln mit Essen auf den Tisch stellte und dabei die Zwillinge warnend ansah, die dabei waren, ihre Löffel auf sich zu werfen und sofort stoppten die beiden.

„Liza und Konstantin sind auch brav", stimmte Noah ihr zu, „Wir haben wirklich Glück mit den beiden gehabt. Liza ist nur ein wenig tollpatschig."

„Von wem hat sie das wohl", Iwana sah ihren Mann beschuldigend an und Noah hob verteidigend die Hände in die Luft.

„Das letzte Mal, als ich nachgesehen habe, war Tollpatschigkeit nicht vererbbar!", zeigte Noah auf, aber in diesem Moment stieß er mit dem Arm sein Glas um. Liza griff nach vorne, um es schnell aufzuheben, aber dabei stieß sie ihr eigenes und das von Charlie um, sodass der gesamte Tisch unter Wasser stand.

Zum Glück zog Mr Weasley schnell seinen Zauberstab und beseitigte das Chaos mit einem Zauber.

Iwana murmelte etwas auf Russisch und Liza wisperte Charlie leise zu: „Ich übersetze das lieber nicht. Das ist nicht wirklich höflich."

Charlie kicherte leise und Noah grinste seine Frau unschuldig an.

Mrs und Mr Weasley hatten die Unterhaltung teils amüsiert, teils neugierig verfolgt.

„Entschuldigen Sie die Frage, aber Sie sind beide nicht aus England, oder?", fragte Mr Weasley schließlich. Iwana und Noah sahen sich beide an.

„Ich bin ein geborener Amerikaner", sagte Noah stolz, „Aus dem warmen Florida! Dort scheint immer die Sonne und es ist sogar im Winter um einiges wärmer, als hier."

„Ich bin aus Russland, nahe Moskau", gab Iwana zu, „Darum bin ich nicht so kälteempfindlich, wie er hier."

„Ich bin nicht kälteempfindlich!", verteidigte sich Noah stolz, „Wenn ich müsste, könnte ich Stunden draußen verbringen!"

„Mh, Mh", meinte Iwana unbeeindruckt und verdrehte die Augen.

„Jedenfalls werden wir häufig gefragt, ob Konstantin und Liza überhaupt unsere Kinder sind, weil sie so vollkommen anders sprechen, als wir", fügte Noah hinzu und sah Konstantin leicht beleidigt an, „Dabei war Konstantin mein Stolz, weil er meinenamerikanischen Akzent angenommen hat, aber sobald wir nach England gezogen sind, hat sich das geändert!"

„Und ich bin auch froh darüber", bemerkte Konstantin stolz, „England ist um einiges besser, als Amerika. Ich bin froh, nicht mit diesem Kontinent in Verbindung gebracht zu werden!"

„Was!", rief Noah erschrocken aus, „Wie kannst du so etwas sagen? Amerika ist die Wiege von allem Zivilisierten und Gutem!"

„So wie dir?", fragte Iwana sarkastisch, „Ihr versteht doch gar nicht, was wirklich überleben bedeutet – ihr seid noch nie im Winter in Russland gewesen! Echte Menschen werden in Kälte geboren!"

„Entschuldigt meine Familie – sie sind ziemlich patriotisch", meinte Liza entspannt.

„Sagt die Irin", schnaubte Konstantin, „Vielleicht ist es dir noch nicht aufgefallen, aber wir leben nicht mehr in Irland – du kannst aufhören, so lächerlich zu sprechen!"

„Irland ist um einiges weltoffener und freundlicher, als England!", beschwerte sich Liza laut und trat damit in den Streit ihrer Familie ein, „Ich wünschte, wir wären noch in Irland!"

„Entschuldigt, dass ich gefragt habe", meinte Mr Weasley leise, als die Familie Gregorovich sich stritt, aber die Weasleys fanden das eher amüsant.

Nach dem Essen zeigte Charlie Liza noch sein Zimmer und sie unterhielten sich lange über Newton Scamander, einem Magizoologisten, der in der Zaubererwelt ein paar Bücher geschrieben hatte, die Charlie liebte, aber schon bald musste die Familie aufbrechen.

„Wir sehen uns dann wieder in Hogwarts", versprach Charlie, „Und ich nehmen Pictor mit – versprochen. Er ist bei mir in guten Händen."

„Das weiß ich doch – immerhin bist du sein Vater", grinste Liza und streichelte der kleinen Eule noch einmal über den Kopf, „Ich bin mir sicher, ihr kommt zurecht, oder?"

Pictor schuhte zur Bestätigung und Liza kicherte.

„Eliza, wir wollen los!", rief Konstantin laut.

Liza zögerte einen Moment und stand unsicher vor Charlie, bevor sie ihren Mut zusammennahm und ihm kurz auf die Wange küsste, bevor sie nach draußen zu Konstantin und ihren Eltern rannte.

Ihre Familie hinterfragte nicht einmal, warum die Jüngste knallrot im Gesicht war und als erstes im Auto saß.

Iwana zuckte mit den Schultern und setzte sich auf den Fahrersitz, während ihr Mann sich neben sie gesellte und Konstantin neben Liza auf der Rückbank Platz fand.

„Können wir los?", fragte Noah, aber er bekam nicht wirklich eine Antwort, sondern seine beiden Kinder nickten nur.

Iwana startete das Auto und sie parkte aus, aber als Eliza aus dem Fenster sah, bemerkte sie Charlie mit dem kleinen Pictor auf der Schulter, ebenfalls knallrot im Gesicht, aber er grinste breit und winkte ihr zu. Liza winkte zurück, obwohl sie sich nicht sicher war, ob er sie sehen konnte. Sie blickte solange zurück, bis Charlie nicht mehr zu sehen war und in der Ferne verschwand, während sie mit ihrer Familie zurück nach Hause fuhr.

Zum Glück würde es nicht lange dauern, bis sie sich wiedersehen würden – in Hogwarts, wenn die Ferien vorbei waren

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