48. Kapitel
Charlie hatte Agnes Tripe eingeladen, sich die Drachen anzusehen. So wollte er herausfinden, ob sie schon ahnte, dass Fred sich für sie interessierte und sie gleichzeitig besser kennenlernen.
Eliza fand das eine ausgezeichnete Idee, wartete aber im Lager auf die beiden, während Charlie Agnes in den Wald führen würde.
Liza stand nahe den Drachen – alle Drachenweibchen und die Wärter hatten ihnen allen Namen gegeben. Außer Elli, dem Chinesischen Feuerball gab es auch noch Jacinta, der Ungarische Hornschwanz; Bea, den Schwedischen Kurzschnäuzer und Aja, der Walisische Grünling.
Sie schliefen alle, nachdem das Schlafmittel noch wirkte, das sie bekommen hatten und wirkten so friedlich, aber Liza war sich sicher, dass die vier auch sonst wirklich freundliche Ladies waren.
„Charlie mag die vier auch sehr gern", sagte plötzlich jemand hinter Liza und sie drehte sich um, nur um Jo zu sehen, „Er steht auf gefährliche Frauen."
„Oh, ja, ich weiß", nickte Liza wissend, „Ich habe mir schon gedacht, dass ich mich mit einigen Drachen prügeln muss, damit Charlie erkennt, dass ich mindestens genauso gut bin, wie die. Aber ich weiß nicht, ob ich da wirklich bin – die vier hier haben auch wirklich Stil."
„Was?", Jo wirkte verwirrt, bevor sie wohl beschloss, dass sie nicht weiter nachfragte. Stattdessen kam sie bedrohlich einen Schritt näher, aber Liza wich nicht zurück. Jo war bestimmt mindestens einen Kopf größer, als sie, aber Liza war trotzdem unbeeindruckt von ihr.
„Du glaubst doch nicht wirklich, dass du einfach hier auftauchen kannst und alle liegen dir zu Füßen, oder?", fragte Jo und stupste Liza gegen die Schulter, aber diese blieb standhaft.
„Nun... die vier Drachen liegen mir zu Füßen... aber die sind gerade auch unter Schlafmittel, also zählt das nicht wirklich."
Jo war mit dieser Antwort nicht zufrieden. Zumindest kniff sie wütend die Augen zusammen.
„Glaubst du wirklich, Charlie steht auf so eine jämmerliche, kleine Heilerin wie dich?", fragte Jo gehässig, „Du bist weich und jämmerlich. Gib es doch zu – er mag dich nur wegen deinem Aussehen."
„Du findest, ich bin hübsch?", fragte Liza und lächelte, „Dankeschön! Ich finde dich auch toll, aber du könntest etwas gegen diese Visage machen – ich habe schon besseres gesehen. Jeden Tag im Spiegel."
„Gah!", schrie Jo auf und kam noch einen Schritt näher, sodass Eliza ihren Atem spüren konnte.
„Entschuldigung – ich habe einen Freund", informierte Liza die größere Frau grinsend, während sie aufschauen musste, um ihr in die Augen zu sehen.
„Aber nicht mehr lange", warnte Jo drohend, „Charlie mag im Moment betört von dir und deinem Aussehen sein, aber er wird schon noch merken, dass es zählt, wie die Person ist."
„Dann muss ich mir bei dir ja keine Sorgen machen", bemerkte Liza, „Du scheinst keine sonderlich interessante Persönlichkeit zu sein."
„Wart nur ab – nicht mehr lange", Jo stupste ihr wieder gegen die Schulter.
„Dieses „nicht lange" geht jetzt schon seit elf Jahren... aber ich bin mir sicher, Charlie bemerkt, dass duviel besser für ihn bist, als ich. Gib die Hoffnung nicht auf!"
Zum Glück kam da Charlie mit seiner blonden Begleitung zurück und Jos Gesicht war unbezahlbar, aber Liza beschloss, das Lachen auf später zu verschieben und ging an ihr vorbei zu Charlie und Agnes.
„Hallo, Agnes!", begrüßte sie das Mädchen und lächelte sie freundlich an, „Wie geht es dir? Wie geht es in der Schule?"
„Du bist ja auch hier!", bemerkte Agnes und begann ebenfalls zu lächeln, als sie Elizas Hand schüttelte.
„Wo Charlie ist, bin auch ich", meinte Liza schulternzuckend.
„Und wo Liza ist, findet man mich", fügte Charlie hinzu und Agnes schien sehr angetan von dem Paar und lächelte.
Die Sonne stand schon tief, aber das Schlafmittel der Drachen sollte noch einige Stunden wirken, also bestand für Agens überhaupt keine Gefahr, sonst hätte Charlie sie niemals eingeladen. Er würde die hoffentlich zukünftige Freundin seines Bruders niemals in Gefahr bringen.
„Willst du die Drachen sehen?", fragte Charlie und sofort hellten sich Agnes' Augen auf.
Sie wirkte begeistert von dem Gedanken, echte Drachen zu sehen und nickte. „Klar doch! Jederzeit!"
„Dann folge mir", raunte Charlie geheimnisvoll (jedenfalls glaubte er, dass er geheimnisvoll klang) und ging vor zu den Drachen, Lizas Hand in der seinen. Agnes folgte dem Paar und näherte sich neugierig den Drachen.
„Sie sind wunderschön", hauchte Agnes überwältigt und Charlie sah Liza triumphierend an. Agnes war schon einmal cool genug, um Drachen cool zu finden. Damit hatte sie sich wohl offiziell den Segen der beiden verdient, mit Fred zusammen zu sein. Eigentlich hatte sie den schon davor gehabt, aber damit hatte Agnes sich noch einige „Coolness-Punkte" mehr verdient.
„Sind sie, oder nicht? Eigentlich sind sie missverstandene Wesen – gefährlich und bedrohlich, aber, wenn man ihnen nichts tut, dann tun sie einem auch nichts", stimmte Charlie ihr verträumt zu und schaute die Drachen ebenfalls an.
„So wie alle wilden Tiere, die nicht gezähmt werden können", bemerkte Agnes und in ihrer Stimme war deutlich ihr Unmut herauszuhören, „Zauberer denken nur, alles, das sie nicht zähmen oder besiegen können, sei gefährlich und sollte eingesperrt werden."
„Ich stimme dir vollkommen zu", meinte Charlie überrascht und auch Liza war überrascht von so einer Meinung.
Agnes entstammte einer reinblütigen Familie, die häufig eher schlechte Meinungen über so gefährliche Wesen wie Drachen hatten. Agnes war da wohl anders und damit bewies sie wohl, dass sie klug war und sich ihren Platz in Ravenclaw verdient hatte.
Fred brauchte wohl jemand, der klug war – so konnte er überspielen, dass er selbst manchmal nicht ganz auf der Strecke war. Nicht, dass Fred und George nicht intelligent wären (Liza glaubte manchmal, dass die beiden sogar noch mehr im Hirn hatten, als die beiden sich anmerken ließen), aber Agnes war anders intelligent.
„Wie sieht es mit der Liebe aus?", fragte Charlie plötzlich und Liza schlug sich mit der Hand gegen die Stirn, weil Charlie so vollkommen geradeheraus so etwas ein junges Mädchen fragte. Zum Glück redete er sich noch schnell heraus:
„Ich frage nur, weil der Weihnachtsball immer näherkommt und ich mir sicher bin, dass ein so hübsches Mädchen wie du bestimmt schon hunderte Fragen bekommen hat ob..."
So viel besser war das nicht gewesen, aber Agnes sah nicht mehr ganz so verstört aus. Das hätte ihnen noch gefehlt – dass Agnes die Familie für wahnsinnig hielt. Dann würden sie und Fred gar nie zusammenkommen und ihr Plan, die beiden zu verkuppeln wäre komplett zerstört.
„Eigentlich haben die Lehrer noch nichts vom Ball gesagt", unterbrach Agnes ihn, „Und das ist auch gut so, sonst würden die Mädchen jetzt schon Panik schieben, damit sie sich einen Tanzpartner suchen, bevor die besten vergeben sind. Ich freue mich nicht auf diese Zeit – ich habe noch die Bälle in meiner frühen Kindheit in Erinnerung und soweit ich mich erinnern kann, war es immer eng und laut."
„Oh, ja, ich kenne es", Charlie nickte, warf Liza aber einen hilfesuchenden Blick zu.
„Oh, ja", Liza nickte auch, „Ich... ich kenne es ebenfalls. Wirklich eng und... laut..." Liza hatte noch nie einen Ball besucht. Ein weiteres Ereignis, das sie noch nie erlebt hatte, weil sie lieber arbeitete.
„Weißt du, meine Brüder sind allesamt so... Kein einziger kann ein Mädchen mit Selbstvertrauen ansprechen, ohne zu stottern beginnen. Wahrscheinlich hängt das auch damit zusammen, dass Ginny das erste weibliche Kind in der Familie ist...", erzählte Charlie und Liza sackte wieder zusammen. Vielleicht sollte sie lieber das Sprechen übernehmen, bevor Charlie es versaute.
„Ach wirklich?", Agnes klang überrascht, „Seid ihr beide nicht zusammen? Und hat nicht Percy eine Freundin gehabt? Penelope Clearwater?"
„Ja... aber wir kennen uns schon seit wir in der ersten Klasse waren und die Umstände waren... besonders", antwortete Liza ihr schnell und sah hilfesuchend zu Charlie, der mit den Schultern zuckte.
„Und das zwischen Percy und Penelope ist nicht wirklich eine Liebesbeziehung gewesen, wie meine Mutter es ausdrückt, wenn Percy nicht in der Nähe ist", fügte Charlie hinzu „Percy und Penelope waren doch nur ein Paar, weil sie beide Schulsprecher gewesen sind."
„Wahrscheinlich hast du recht", stimmte Agnes ihm zu, „Penelope hat sich immer über ihn beschwert."
Kurz entstand eine Stille. Charlie sah Liza hilfesuchend an, aber sie wusste auch nicht, was sie jetzt noch sagen sollten. Irgendwie lief das Gespräch überhaupt nicht in die Richtung, in die sie es geplant hatten.
Die beiden zuckten zusammen, als Agnes meinte: „Insgeheim denke ich, weiß ich, an wen Fred interessiert ist."
Charlie und Liza sahen überrascht auf, sahen sich an und fragten sich, ob das gute oder schlechte Neuigkeiten waren. „Wirklich, in wen?", fragte Liza und versuchte beiläufig zu klingen.
„Hermine Granger", bemerkte Agnes und Charlie und Liza sackten zeitgleich zusammen, als hätte man Luft aus einem Ballon gelassen.
„Warum Hermine? Sie ist doch die beste Freundin von Ron", überlegte Charlie und versuchte, sich nichts anmerken zu lassen.
„Keine Ahnung... Einfach so ein Gefühl... Ich würde es irgendwie süß finden", Agnes lächelte und auch Charlie und Liza zwangen sich zu lächeln, aber sie sahen eher so aus, als wäre ihnen übel. Zum Glück sah Agnes nicht in ihre Richtung, als sie panische Blicke tauschten.
Kurz schweigen sie, aber Charlie zog sie lieber näher zu den Drachen. Sie tauschten Blicke aus, die besagten, dass sie über dieses Thema später noch sprechen sollten.
Als es dunkel wurde, führte Eliza Agnes zurück zum Schloss. Charlie wollte lieber im Lager bleiben, sollten die Drachen früher erwachen, als geplant, aber Agnes hatte nichts dagegen, von der Heilerin geführt zu werden, anstatt von dem Drachenwärter.
„Wie habt ihr euch kennengelernt?", fragte Agnes auf dem Rückweg, nachdem sie lange geschwiegen hatten.
Liza wurde rot, aber eigentlich schadete es nicht, es dem Mädchen zu erzählen.
„Ich habe ein Eulenbaby im Wald gefunden", begann sie, „Irgendwann im November. Eulenbabys schlüpfen eigentlich nicht zu dieser Zeit, also habe ich beschlossen, es aufzunehmen und aufzuziehen. Dabei habe ich nicht bedacht, dass Eulen auch nachtaktiv sind und besonders dann gefüttert werden wollen. Ich habe kaum noch geschlafen..."
„Und dann?", fragte Agnes, nachdem Liza pausiert hatte, um sich daran zu erinnern und sie wurde aus ihren Gedanken gerissen.
„Oh? Ah, ja! Charlie hat das bemerkt und hat angeboten sich auch um das Eulenbaby zu kümmern. Ich bin misstrauisch gewesen – immerhin ist das Baby wie ein echtes Baby für mich gewesen und ich bin die Mama gewesen."
„Was hat dich überzeugt, ihn doch anzunehmen und kennenzulernen?", fragte Agnes interessiert und Liza zögerte.
„Ich... Er hat angeboten, der Vater der Eule zu werden... aber zu dieser Zeit ist es für mich unmöglich gewesen, dass Charlie der Vater der Eule ist, ohne dass wir zusammen sind!"
„Was?", fragte Agnes ungläubig und begann zu lachen, während auch Liza kichern musste bei dieser Erinnerung.
„Und er hat gesagt, dass wir dann eben zusammen sind, damit er sich auch um die Eule kümmern konnte. Wir haben uns ein Küsschen gegeben, es ekelhaft gefunden, wie es eben in diesem Alter ist und Charlie ist offiziell Pictors Vater gewesen, ich seine Mutter und Tonks die seltsame Tante..."
Agnes kannte Tonks nicht, aber sie fragte auch nicht nach, wer es war, während Liza in Erinnerungen schwelgte.
„Und das hat sich seitdem nicht verändert", schloss Agnes daraus, „Irgendwie süß."
„Finde ich auch", gab Liza zu, „Und irgendwann haben wir angefangen, ein richtiges Paar zu werden, aber weil wir uns schon so lange kennen und schon so lange zusammen sind, glaubt uns niemand, dass wir wirklich ein Paar sind! Wir haben fließend von Freundschaft in Beziehung gewechselt und das verwirrt viele Leute!"
„Ich habe mich schon gefragt, warum jeder hinterfragt, ob ihr beide wirklich zusammen seid", stimmte Agnes ihr nachdenklich zu.
„Glaub ihnen nicht – wir sind wirklich zusammen und das schon lange! Wir sind erwachsen und eigenständig – wir sind in der Lage, eine gesunde Beziehung zu führen, ohne uns jeden Tag zu sehen."
Sie waren am Waldrand angekommen und obwohl es schon dunkel war, vertraute Liza darauf, dass Agnes den Rest des Weges allein zurückfand.
„Du kommst zurecht?", fragte Liza, nur um sicher zu gehen und Agnes sah sie unbeeindruckt an.
„Ja, ja ich denke schon. Diese letzten paar Meter werde ich schon nicht angegriffen werden", versprach sie.
„Ja dann", Liza zuckte mit den Schultern, „Ich wollte nur sichergehen. Vielleicht hast du ja Angst im Dunkeln."
„Du findest allein wieder zurück?", fragte Agnes, die eher das Recht hatte, sich Sorgen zu machen, immerhin musste Liza durch den Verbotenen Wald allein zurück.
„Klar, ich habe das schon häufiger in meiner Schulzeit gemacht", winkte Liza entspannt ab.
„Ja, dann", Agnes war überzeugt, „Komm trotzdem gut zurück und pass auch mit den Drachen auf, wenn sie aufwachen!"
„Wie ich Charlie kenne, lässt er mich dann nicht in die Nähe", vermutete Liza, aber sie winkte dem Mädchen noch hinterher, bevor sie sich auf den Rückweg machte.
Sie hatte keine Angst, aber sie behielt ihren Zauberstab trotzdem in der Hand, aber wie erwartet gab es keine Probleme.
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