133. Kapitel

Wenn Liza eine Sache die letzten Monate gestört hatte, dann, dass in diesem Krieg offenbar nur Kinder kämpften. Natürlich waren die meisten von ihnen wenigstens volljährig, aber nachdem Liza schon stolze sechsundzwanzig Jahre auf dem Buckel hatte, war jeder unter zwanzig noch ein Kind für sie. Vielleicht war sie auch nur alt.

Jedenfalls war es seltsam gewesen, die ganze Reise über Leute zu treffen, die zwar auf ihrer Seite waren und die offenbar Tia oder Agnes kannten, aber nicht Liza oder Konstantin (und auf jeden Fall nicht Sirius). Sie war immer von bekannten Unbekannten umgeben gewesen, aber nun, da sie durch einen Tunnel vom Eberkopf direkt nach Hogwarts kam, war sie wieder von Freunden umgeben, die auch sie kannte und denen sie vertrauen konnte.

Sie betraten nur den Raum und es waren zwar wieder sehr viele Kinder (und unter zwanzigjährige) anwesend, aber auch viele vom Orden. Liza erblickte Kingsley und Sturgis, die wohl gerade Geschichten austauschten und da waren auch die Weasleys und Remus Lupin.

Einen erblickte Liza aber nicht sofort und einen Moment lang schienen ihre Organe wieder beinahe aus ihrem Bauch zu fallen (wie damals, als Agnolia sie mit einem Zauber erwischt hatte), aber dann vernahm sie seinen grundsätzlichen Erkennungsschrei.

„Liza!" Charlie Weasley hatte nur Lizas Namen gehört und war sofort in ihre Richtung gerannt, ohne wirklich zu wissen, ob es Zufall gewesen war, dass jemand den Namen seiner Verlobten genannt hatte.

Er hatte Leute aus dem Weg geschubst und war achtlos an ihnen vorbei in Richtung Tunnelausgang gegangen, als er ihm nur allzu bekannte goldene Haare entdeckt hatte. Leider waren sie die von Konstantin, wie er sofort erkannte (sie waren zu perfekt, um zu Liza zu gehören und Liza machte sich selten die Mühe, ihre eigenen Locken zu ordentlich zu kämmen und zusammen zu binden) und Charlie war einen Moment lang enttäuscht, als er Liza doch noch neben ihrem Bruder entdeckte und wie er es von ihr kannte, waren ihre Haare chaotisch, aber sie war trotzdem wunderschön, obwohl sie sehr müde aussah.

Liza erblickte Charlie ebenfalls und eine Wärme breitete sich in ihr aus, wie immer, wenn sie sich nach langer Trennung wiedersahen und die beiden Verliebten rannten aufeinander zu, um sich in die Arme zu fallen.

Charlie drückte Liza einfach nur an sich, aber sie fühlte sich trotzdem sofort geborgen.

Charlie konnte nicht die Welt retten. Er konnte auch nicht alles wieder gut machen. Er konnte den Krieg nicht beenden oder auch nur Sicherheit bieten (denn das konnte niemand), aber trotzdem schien er für diesen einen Moment jede Sorgen von ihren Schultern zu nehmen. Nicht alle, aber er schien einen Teil abzunehmen, als würde sie nun zusammen dem Himmel auf ihren Schultern tragen. Liza konnte für einen Moment lang alles um sie herum vergessen und sie schmolz in die Umarmung hinein. Sie wünschte sich, der Moment würde für immer andauern.

„Ich habe dich so, so, so sehr vermisst", gestand Charlie leise, ohne auch nur Anstalten zu machen, sie loszulassen, „Versprechen wir uns, dass wir uns nicht mehr trennen?"

„Wenn uns jetzt eine Schlacht bevorsteht, dann wird das wohl nicht möglich sein", erinnerte Liza ihn ernst und Charlie ließ sie doch los, hielt aber noch immer ihre Hände in den seinen und er sah sie einen Moment lang besorgt an.

„Ich wünschte mir, du wärst schwanger... oder wir hätten ein Kind", gestand Charlie und Liza sah ihn verwirrt an.

„Ähm... okay?", sie war sich nicht sicher, was sie darauf antworten sollte, „Vielleicht sollten wir erst einmal heiraten und dann sehen wir weiter?"

Charlie schüttelte amüsiert den Kopf. „Hast du es noch nicht gehört? Tonks hat ihr Baby bekommen", erzählte er grinsend, „Ich habe ihn schon gesehen – sie haben ihn Teddy genannt, nach Tonks Dad... er ist erst kürzlich von Greifern erwischt worden."

Liza hatte Ted Tonks gekannt und das Lächeln verschwand aus ihrem Gesicht. „Oh", machte sie, „Wie geht es Tonks? Wo ist sie?"

„Deswegen will ich, dass du am besten jetzt sofort einfach schwanger bist", bestimmte Charlie, „Sie ist bei ihrer Mutter in Sicherheit, mit dem Baby... ich wünschte mir, ich könnte dich auch einfach irgendwo verstecken mit der Ausrede, dass das besser für das Baby ist."

„Du bist so doof", tadelte Liza ihn und schüttelte den Kopf, „Ich würde trotzdem an deiner Seite stehen!"

„Ich hätte dich schon irgendwie überredet, zu Hause zu bleiben", bestimmte Charlie, „Kann ich dir nicht jetzt noch einreden, dass du schwanger bist?"

„Wir haben uns seit beinahe einem Jahr nicht mehr gesehen Charlie", erinnerte Liza ihn, „So funktioniert das nicht."

„Ich störe ja nicht gerne eure Unterhaltung", unterbrach Bill sie, „aber willst du nicht auch deinen großen Bruder begrüßen?"

Bill breitete die Arme aus in der Erwartung, dass Charlie ihn umarmen würde, aber Charlie ging einfach an ihm vorbei und umarmte Konstantin von der Seite, der ihn nur verstört und verwirrt ansah und sich sehr unwohl zu fühlen schien.

„Üäh...", machte er angeekelt und scheuchte Charlie weg, als wäre er ein Insekt, „Falscher Gregorovich, Charlie!"

Bill sah Charlie unbeeindruckt an, der ihn nur schelmisch angrinste und ihn doch noch umarmte.

Als nächstes hatte Remus das Pech, in Lizas Hände zu fallen und sie umarmte ihn zusammen mit Charlie und Remus schien sich sehr unwohl zu fühlen.

„Remus, altes Haus!", rief sie glücklich, „Du hast meine beste Freundin geschwängert! Herzlichen Glückwunsch!"

„Liza, das klingt so, als hättest du ihm nicht zugetraut, dass er das kann", bemerkte Konstantin neben ihnen, der amüsiert die Szene vor sich betrachtete, „Du beleidigst gerade seine Männlichkeit..."

„Jaah", stimmte Remus ihm verstört zu, „Und bitte... formuliere es anders!"

„Wir sind wohl so etwas wie Geschwister", sagte Liza weiter, ohne ihn zu beachten und Charlie und sie hatten Erbarmen mit Remus und ließen ihn wieder los.

„Nein", brachte Remus heraus, „Bitte nicht..."

„Zu spät, Remus!", rief Charlie und warf einen Arm um seine Schultern, „Du bist jetzt ein Teil unserer Familie!"

„Einer von uns! Einer von uns!", raunte Liza und Charlie stimmte bald mit ein.

Remus sah die beiden verstört an und entschuldigte sich dann, damit er auch noch die anderen begrüßten konnte, wobei Liza sich sicher war, dass er diese schon einmal begrüßt hatte und nur weg von ihnen wollte.

Und dann kam Harry Potter.

Er betrat den Raum durch einen anderen Eingang, als den Tunnel und schien im ersten Moment überrascht, so viele Leute zu sehen, sodass er beinahe über die Treppen fiel, aber er konnte sich noch gerade so auffangen.

„Harry, was geht hier vor?", fragte Remus die Frage, die sie alle interessierte, denn Liza hatte nur mitbekommen, dass sie gerufen worden waren, aber wie es jetzt weiter ging, wusste wohl niemand.

„Voldemort ist auf dem Weg", erzählte Harry außer Atem und Liza griff instinktiv nach ihrem Zauberstab, als sie den Namen hörte, da sie erwartete, dass wieder Greifer aus dem Nichts springen würden, aber eigentlich war das jetzt nicht mehr nötig, denn Voldemort war schon auf dem Weg, da machten ein paar Greifer mehr oder weniger auch keinen Unterschied. „Sie verbarrikadieren die Schule – Snape ist geflohen – was macht ihr denn hier? Wie habt ihr davon erfahren?"

„Wir haben Botschaften an den Rest von Dumbledores Armee geschickt", erklärte Fred, „Du hast doch nicht im Ernst geglaubt, dass sich alle den Spaß entgehen lassen würden, Harry, und die DA hat dem Phönixorden Bescheid gegeben, und irgendwie ist eine Lawine daraus geworden."

Papa hat uns benachrichtig", erzählte Tia und tatsächlich war es Remus' Patronus gewesen, der sie hierher geführt hatte.

„Was passiert jetzt als Erstes, Harry?", fragte George laut, „Was geht ab?"

„Die jüngeren Kinder werden in Sicherheit gebracht und alle kommen in die Große Halle zusammen, um eingeteilt zu werden", sagte Harry, „Wir werden kämpfen."

„Yeah, davon hat es in letzter Zeit viel zu wenig gegeben!", jubelte Konstantin etwas zu laut und begeistert und Liza seufzte müde. Das war wieder einmal typisch Konstantin. Für das, dass er (anscheinend) so charismatisch war, konnte er manchmal wirklich ein Trampel sein. Nicht jeder freut sich so über Krieg, wie Konstantin. Den meisten macht das eigentlich eher Angst. „Äh... ich meine...", er räusperte sich, versuchte aber nicht einmal, sein Grinsen zu verbergen, „Oh, nein... ich bin doch Pazifist."

„Idiot", murmelte Remus und Liza konnte ihm nur zustimmen, „Nach all den Monaten bist du immer noch nicht erwachsen geworden."

„Ich habe dich auch lieb, Remus!", grinste Konstantin.

Es wurde still und keiner schien einen Moment lang zu wissen, was sie tun sollten, aber dann begannen die Jubelschreie und sie rannten als eine kleine Armee die Treppen hochrannte und dabei beinahe Harry umrannten.

„Wir sehen uns in der Großen Halle!", rief Konstantin Sirius zu und Liza und Charlie tauschten Blicke aus und sie wussten, dass sie wohl ebenfalls gehen sollten, bevor Konstantin auf die Idee kam, den Krieg eigenhändig zu gewinnen. Die Chancen, dass er das schaffte standen zwar ziemlich hoch, aber Liza wollte lieber nichts riskieren.

„Weißt du was, letztendlich habe ich kaum etwas in unserer Beziehung bereut", gestand Charlie wie aus dem Nichts, als sie Hand in Hand der größeren Gruppe an Ordensmitgliedern, Ausgeschlossenen, Gejagten und Widerstandskämpfern mit der DA folgten, „Während ihr... fort wart... da haben wir häufig miteinander gesprochen – wir alle in der Familie. Am Anfang ist Fred ziemlich niedergeschlagen gewesen, nachdem Agnes... du weißt schon... noch tot gewesen ist... und er hat erzählt, dass er es so sehr bereut hat, dass sie erst so spät zueinander gefunden haben. George hat etwas Ähnliches mit Tia erzählt, obwohl die beiden wohl den Abstand gebraucht haben, wenn du mich fragst..."

„Wir können nicht wirklich von uns behaupten, dass wir zu spät zusammengekommen sind, oder?", scherzte Liza, „Ich meine... schon vor Weihnachten in unserem ersten Jahr – ich glaube nicht, dass so viele Liebesgeschichten beginnen."

„Ehrlich gesagt habe ich nur bereut, dass wir nicht geheiratet haben", gestand Charlie traurig und Liza blieb abrupt stehen, sodass Charlie ebenfalls zurückgerissen wurde und er sah sie schon beinahe schuldbewusst an, als hätte er etwas Falsches gesagt, „Warte, nein! Ich finde, dass wir –"

„Schon gut, Charlie", beruhigte Liza ihn sanft, „Ich habe mir schon dasselbe gedacht."

Charlie und Liza sahen sich einen Moment lang einfach nur an und sie beide fanden in den Augen des anderen dieselbe Reue und Trauer.

„Liza, ich hasse es, darüber nachzudenken", gestand Charlie, „und ich kann mir ein Leben ohne dich nicht vorstellen, aber... in den letzten Monaten habe ich mich häufig gefragt, wie es wäre, wenn einer von uns stirbt und... du nie meine Frau gewesen bist. Ich habe das Gefühl, das ist die letzte Hürde, die wir noch bestehen mussten und... vielleicht haben wir gar keine Chance mehr dazu... Liza – was ist, wenn wir heute sterben?"

„Shh", Liza nahm Charlies Hände in die ihren und küsste ihm sanft auf die Wange, „Die Ehe verbindet Menschen, aber ich werde auch deine Frau sein, wenn wir nicht verheiratet sterben. Es hat nie jemand anderen für mich gegeben, Charlie... nicht einmal der Gedanke ist mir gekommen..."

Charlie lachte leicht auf. „Ich habe mich nur gefragt, was wäre, wenn wir beide sterben und meine Mum glaubt uns noch immer nicht, dass wir zusammen waren... ich meine... ich habe für diesen Fall einen Brief hinterlassen, aber so, wie ich sie kenne, wird sie es mir auch dann nicht glauben. Vermutlich würde sie meine Leiche ausbuddeln und mich ausschimpfen, weil wir noch immer diesen „Witz" durchziehen..."

Liza lachte ebenfalls leicht und schüttelte den Kopf. „Eigentlich hat das schon ziemlich Spaß gemacht..."

Charlie grinste ebenfalls. „Auf jeden Fall, aber... ich wünschte mir nur, wir wären verheiratet, damit wir wenigstens als Ehepaar sterben... Bill und Fleur... Remus und Tonks... wir sind zwar auch ein Team, aber nicht so, wie sie, habe ich das Gefühl."

„Ich habe keine Ahnung, wie sich ein Ehepaar fühlt", gestand Liza, „aber ich wünschte –"

Sie stockte mitten im Satz und Charlie sah das Glitzern in ihren Augen, das Liza immer hatte, wenn sie eine Idee hatte. Liza begann breit zu grinsen und sie sah Charlie erwartungsvoll an. „Charlie, ich habe eine Idee!"

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