123. Kapitel
Das Monster knurrte bedrohlich und näherte sich der Gruppe langsam. Konstantin erinnerte sich an einen Besuch in einem Zoo mit seinen Eltern und Liza, als sie noch „normale" Kinder gewesen waren und die Zaubererwelt nicht einmal eine Fantasie gewesen war. Damals hatte er einen Tiger gesehen, der eine Ziege gefressen hatte. Die Ziege war schon tot gewesen, als die Wärter sie in das Gehege gelegt hatten, aber das hatte den Tiger nicht davon abgehalten, wenigstens so zu tun, als würde er jagen.
Dieser Werwolf war aber schlimmer. Besonders, weil dieses Mal nicht eine schon tote Ziege die Beute war, sondern unter anderem Konstantin.
Liza fluchte leise neben ihm auf Gälisch und obwohl Konstantin sie nicht einmal annähernd verstand, so wusste er, dass ihre Beleidigungen und Flüche im Moment am besten seine derzeitige Lage beschrieben.
„Keine... plötzlichen... Bewegungen", warnte Liza ruhig und langsam, „Werwölfe sind von Natur aus sadistische Jäger und spielen gerne mit ihrer Beute, bevor sie sie umbringen."
„Danke, Lizzy", meinte Konstantin sarkastisch, „das beruhigt mich ungemein."
„Ihr disappariert – ich bleibe hier und achte auf Agnes", sagte Sirius leise, ohne den Werwolf aus den Augen zu lassen.
„Warum ist jeder in meiner Nähe so aufopferungsvoll?", fragte Konstantin genervt, „Könnt ihr nicht einfach alle so selbstsüchtig sein wie –"
„–du?", beendete Liza seinen Satz.
„Nein, wie ich", verbesserte Konstantin sie zickig (einfach nur aus Prinzip).
„Kon, du hast Remus kennengelernt, oder?", fragte Sirius ihn, „Nichts könnte mich dazu bringen, auch nur eine seiner Mädchen im Stich zu lassen."
„Ich habe keine Zeit, jetzt mit dir zu diskutieren", bestimmte Konstantin und hielt erwartungsvoll seine Hand auf, „Liza – mein Zauberstab."
Liza gab ihm seinen Zauberstab und Konstantin dachte nicht lange darüber nach, sich mit den anderen abzusprechen oder nach deren Meinung zu fragen oder sonst irgendetwas in der Art zu machen (der knurrende, bedrohlich aussehende, gefährliche Werwolf sorgte dafür, dass er nicht einmal darüber nachdachte), sondern er nahm Tias Hand in die seine. „Ich bin gleich wieder zurück."
Liza fluchte wieder, als ihr Bruder mit Tia verschwand und Sirius seufzte.
„Nehmen wir uns diesen letzten Moment, um uns zu fragen, ob wir wirklich überrascht von Konstantin sein sollten", meinte Sirius tonlos.
Liza seufzte. Nein... vermutlich nicht.
Der Werwolf schlich auf sie zu und Liza bemerkte, wie er seine Muskeln anspannte – bereit, für einen tödlichen Angriff. Liza bereite sich schon darauf vor, zur Seite zu springen – wenn sie genau auf die Bewegung des Werwolfs achtete, konnte sie vielleicht erahnen, wohin der nächste Angriff gehen würde und dann–
Plötzlich sprang etwas Großes aus dem dunklen Wald hervor und stürzte sich heulend auf den Werwolf – es war ein weiterer Werwolf.
„Agnes", keuchte Sirius und Konstantin suchte sich diesen Moment aus, um zurück zu kommen – ohne Tia.
„Liza, Sirius – wir gehen!", bestimmte Konstantin streng.
„Ich wiederspreche nicht", bestimmte Liza eilig und nahm Konstantins Hand – ihre Hand zitterte so sehr, dass Konstantins konstante, ruhige Hand beruhigend auf sie wirkte und er drückte ihre Hand, um ihr noch mehr Stabilität zu geben.
Agnes warf den Werwolf in den Wald hinein und drehte den Kopf, um zu ihnen zu blicken und obwohl sie ebenfalls ein riesiges, „schreckliches Monster" war, so war doch etwas Menschliches in ihrem Blick, als sie Liza zunickte.
Plötzlich stürzte der Werwolf wieder aus dem Wald hervor und riss Agnes zu Boden und Agnes heulte vor Schmerzen auf, als der Werwolf sie biss.
Sirius fluchte. „Ihr geht – ich helfe ihr. Ich melde mich bei euch, wenn es sicher ist", bestimmte er schnell.
„Sirus, bist du wahnsinnig, du –", weiter kam Konstantin nicht, denn Sirius drückte ihm schnell einen Kuss auf den Mund, bevor er sich in einen Hund verwandelte und ebenfalls in den Kampf sprang.
„Sirius, nicht!", schrie Liza, aber Konstantin suchte sich diesen Augenblick aus, um zu disapparieren und sie verschwanden.
Liza taumelte nach vorne und Konstantin fing sie schon beinahe auf, als sie wieder festen Boden unter den Füßen hatten und sie fluchte laut und auf gälisch, das immer noch eine Spur aggressiver klang.
Tia kam auf sie zugerannt und sie sah die beiden besorgt an.
„Wo ist Sirius?", fragte sie die beiden.
„Er hilft Agnes", sagte Konstantin mit gepresster Stimme und einen Moment lang sah Tia so aus, als wäre sie kurz davor, selbst zu disapparieren und Sirius zu holen, aber dann wirkte sie erleichtert. „Agnes? Sie kämpft gegen den Werwolf", erkannte das Mädchen, „Dann braucht sie jede Hilfe, die sie haben kann und Sirius kennt sich mit Werwölfen aus."
„Wo sind wir?", fragte Liza und sah sich um, aber schnell erkannte sie, dass diese Frage unnötig gewesen war, denn sie wusste ganz genau, wo sie war.
„Nahe Alkham", Konstantin ließ Lizas Hand los und knackte mit den Fingern – sie musste fester zugegriffen haben, als gedacht, „Hier ist ein sicheres Haus von einem Ordensmitglied – genau hier."
Dort stand tatsächlich ein Haus – ziemlich groß für das, das es so abgelegen war, von einem netten, weißen Zaun umrandet, mit einem gepflegten Garten, sauberen Wänden, klaren Fenstern mit zugezogenen Vorhängen und ein Auto stand in der Einfahrt.
„Da ist kein Haus", bemerkte Tia verwirrt und kniff die Augen zusammen, als würde sie es dann sehen können, aber natürlich konnte sie es nicht sehen.
„Oh, natürlich!", rief Konstantin aus und steckte die Hände in seine Umhangtaschen, auf der Suche nach Papier und Stift, aber natürlich fand er das nicht, also seufzte er und flüsterte Tia einfach ins Ohr.
Tia riss überrascht die Augen auf, als vermutlich vor ihren Augen das Haus auftauchte – es war von einem Fidelius-Zauber geschützt, aber nachdem Konstantin und Liza zwei der vier Geheimniswahrer gewesen waren, die nicht in diesem Gebäude lebten, konnten sie das Geheimnis weitergeben und für Lizas Geschmack tat Konstantin das im Moment viel zu Leichtsinnig und bestimmt hätte sie ihn getadelt, hätte sie nicht genau gewusst, wer beschützt wurde von diesem Zauber.
„Kon, ich weiß nicht, was du in deinem komplizierten Hirn geplant hast, aber das hier ist eine schreckliche Idee", bestimmte sie ernst und ohne jeglichen Humor in der Stimme.
Konstantin lachte auf. Es war die Art von Lachen, von der man nicht genau wusste, ob derjenige, wahnsinnig, verzweifelt oder betrunken war – so, wie Liza ihren Bruder kannte, war er im Moment alles drei.
„Ich glaube nicht, das Agnes glücklich darüber wäre, wenn wir andere Ordensmitglieder in Gefahr bringen, wenn wir hier sind", bemerkte Tia schüchtern.
„Oh, das ist nicht das Problem", winkte Liza ab, „Das Problem ist, dass wir diese Leute da drinnen in Gefahr bringen, wenn wir in ihre Nähe gehen, weil wir das Bedürfnis haben werden, sie umzubringen."
„Tatsächlich?", fragte Tia überrascht und riss erschrocken die Augen auf, „Dieses Bedürfnis habe ich eigentlich nur bei Todesser – sind es Todesser?"
„Natürlich nicht!", lachte Konstantin und öffnete mit einer überraschend eleganten Handbewegung das Zauntor und betrat mit einer übertriebenen Pirouette (wahrscheinlich um Liza zu provozieren, aber vielleicht auch die Leute, die eventuell aus den Fenstern zusehen konnten (Liza hatte schon bemerkt, dass sich im oberen Stock ein Vorhang bewegte)) das Grundstück.
Liza seufzte, bevor sie ihm folgte und Tia beeilte sich, hinter ihnen herzukommen.
Konstantin war schon bei der Haustür, hob provokant die Hand und klopfte drei Mal laut.
Es dauerte nur ein paar Sekunden, bevor jemand die Tür öffnete und natürlich war es keiner der Leute, die von Liza gehasst wurden, sondern Hestia Jones – eine der Aufpasser für die Familie, die dort lebte.
„Konstantin. Liza. Tia", erkannte sie die drei – sie wirkte müde mit dunklen Ringen unter den Augen und sie trug einen Schlafanzug – sie schien wohl von ihnen geweckt worden zu sein, „Was macht ihr denn hier?"
„Hestia – so hübsch wie eh und je", grinste Konstantin, „Können wir hinein? Wir haben wohl eine kleine Planänderung hinter uns und mir ist im Moment kein anderer Ort eingefallen."
„Und der erste Ort, der dir einfällt, ist dieser hier?", fragte Hestia verstört.
„Das habe ich mich auch schon gefragt", bemerkte Liza seufzend.
„Du bist wirklich gestört, Gregorovich", bemerkte Hestia, „Ihr müsst trotzdem eine Sicherheitsfrage beantworten."
„Schieß los, Jones", winkte Konstantin ab, „Wir wollen nicht wirklich die ganze Nacht hier draußen verbringen."
Hestia überlegte einen Moment lang. „Als wir dieses Haus eingerichtet haben – erzähl mir davon."
„Wirklich?", fragte Konstantin verwirrt.
„Klar – ich bin müde und das sind die schrägsten drei Tage in meinem Leben gewesen – erzähle!", verlangte Hestia.
Konstantin seufzte. „Wir haben dieses Grundstück hier gekauft – diese Frau hat wirklich seltsame Haare gehabt –"
„Ein Rattennest", stimmte Liza ihm nickend zu.
„– und dann hat Arthur als erstes ein paar Wände aufgezogen, aber Moody ist überhaupt nicht zufrieden mit der Dicke der Wände gewesen und hat Arthur erst einmal einen Vortrag über explodierende Wände gegeben –"
„Ich höre seine Stimme noch immer", murmelte Liza verstört.
„Moody hat das mit den Wänden also übernommen und er hat einen Bunker gebaut, also hat Liza ihn abgelenkt, während Kingsley und ich dieses Haus hier aufgebaut haben und dann ist er zurück gekommen und wollte sich bei der Farbe der Wände einmischen –"
„Zugegeben, Gelb wäre tatsächlich eine schöne Farbe gewesen", verteidigte Liza den mittlerweile toten Auroren.
„Aber Gelb mit Pink?", Konstantin sah sie unbeeindruckt an, schnalzte unzufrieden mit der Zunge und schüttelte bestimmt den Kopf, „Nein, nein, nein – wir haben uns auf ein einfaches, neutrales Weiß geeinigt, aber er hat dann –"
„Okay, das reicht", bestimmte Hestia, „Diesen Wahnsinn kann sich niemand ausdenken."
„Können wir jetzt rein?", fragte Liza und zitterte schon ein bisschen, „Es ist kalt."
„Klar", Hestia trat zur Seite und ließ die drei Reisenden eintreten, als sie auch schon hörten, wie Schritte von oben kamen – drei Paar – und schon tauchte dort die Familie auf, die Liza lieber nicht getroffen hätte.
Es war ein dicker Mann mit seinem ebenso dicken, kräftigen Sohn und seine dürre Frau, der Liza schon einmal begegnet war – die Familie Dursley.
„Was ist das hier für ein Lärm, es ist mitten in der –", Vernon Dursley verstummte, als er Konstantin erblickte, der ihn mit seinem schneeweißen Lächeln angrinste. So jemanden wie Konstantin vergaß man nicht mehr einfach so – bei dieser Familie hatte Kon wohl einen negativen Nachgeschmack hinterlassen.
„Was machen Sie denn hier?", fragte Vernon laut und stampfte auch die letzten Stufen hinunter, den Zeigefinger drohend erhoben und er kam auf Konstantin zu, der (obwohl er um ein ganzes Stück kleiner war, als Vernon und nur ungefähr ein Drittel so dick) absolut unbeeindruckt blieb und sich nicht rührte.
„Wir haben hier Zuflucht gesucht", sagte Konstantin ruhig und lächelte (so wie er immer lächelte), „Wir sind angegriffen worden – natürlich ein ungünstiger Zeitpunkt, aber wir hatten wohl Glück."
„Was ist passiert?", fragte Hestia, „Habt ihr den Namen von Ihr-wisst-schon-wen ausgesprochen?"
„Ausnahmsweise einmal nicht!", jubelte Konstantin.
„Es ist ein Werwolf gewesen – wir wissen nicht, ob er uns erwartet hat oder es Zufall gewesen ist", gestand Liza, „aber es würde mich nicht wundern, wenn es geplant gewesen wäre..."
„Ein Werwolf?", quickte Petunia Dursley erschrocken, „Das... die existieren auch?"
„Natürlich existieren diese!", rief Konstantin aus und wirbelte herum, sodass der Saum seines Umhangs gegen Vernons Bauch schlug, der überhaupt nicht begeistert davon aussah, „Und ich muss zugeben, Schwesterherz, dass ich einen Moment lang ein bisschen Angst gehabt habe – deswegen ist das wohl auch der einzige Ort, der mir eingefallen ist."
„Ich bin mir ziemlich sicher, ich habe dir irgendwann einmal gesagt, dass mein Job nicht ganz so ungefährlich ist, wie du immer sagst", erinnerte Liza ihn.
„Weißt du noch, wie du und Charlie von einem Werwolf angegriffen worden seid?", fragte Konstantin und Liza nickte, „Damals habe ich mich noch gefragt, warum genau du in so einer Situation Panik bekommst –"
„Danke, Kon..."
„–aber jetzt weiß ich, dass ich genauso Panik bekomme. Wenn Agnes wieder sie selbst ist, muss ich ihr meinen Respekt aussprechen – sie hat es auch noch geschafft, sich in so einer Situation selbst zu retten... jedenfalls den größten Teil..."
„Was ist euer Plan?", fragte Hestia verwirrt, „Ich habe nicht erwartet, dass irgendjemand genau dieses Haus aussuchen wird, um sich zu verstecken!"
„Vertrau mir – ich habe das auch nicht erwartet", gestand Liza seufzend, „Wir sollten auch nicht zu lange hier bleiben, aber wir brauchen noch diese Nacht und vielleicht Morgen, um uns wieder zusammen zu raufen."
„Was hindert euch daran, sofort wieder zu verschwinden?", fragte Vernon Dursley, offensichtlich überhaupt nicht begeistert von der Idee, die Flüchtlinge aufzunehmen.
„Dursley, wenn ich Sie wäre, würde ich lieber aufhören zu sprechen", schlug Konstantin unhöflich vor, es gelang ihm aber, dabei trotzdem zu lächeln, aber es war ein beunruhigendes Lächeln, „Wie der Zufall es so will, ist unsere Gruppe nicht vollständig und zwei von uns sind zurück geblieben, um gegen den Werwolf zu kämpfen und wir wissen noch nicht einmal, ob sie überleben werden."
Es wurde kurz still und Liza beobachtete, wie einen winzigen Moment lang Konstantins Fassade bröckelte und Sorge auf seinem Gesicht erkennbar wurde. Er holte tief Luft.
„Ich habe nicht gewusst, dass noch jemand mit euch unterwegs ist", gestand Hestia überrascht, „Normalerweise bin ich ziemlich informiert."
„Es sind Sirius und Agnes", erklärte Tia schüchtern, „Agnes steht unter dem Wolfsbanntrank und Sirius wollte ihr mit dem Werwolf helfen."
In diesem Moment fiel eine silberne Gestalt von der Decke herunter – es war ein Patronus, genauer gesagt ein großer Hund, der eins zu eins aussah, wie die Animagusgestalt von Sirius.
„Agnes hat sich um den Werwolf gekümmert", sprach der Patronus mit Sirius' Stimme, „Es ist sicher."
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top