108. Kapitel

Konstantin zeigte es in letzter Zeit zwar nicht sonderlich häufig, aber er war lieber vorsichtig, als nachsichtig.

Er musste zugeben, er hatte nicht wirklich erwartet, dass der Krieg in eine solche Richtung gehen würde und er hasste das. Er hatte gerne alles im Blick und die Kontrolle über alles, was sich kontrollieren ließ. Er beobachtete Menschen, fand ihre Geheimnisse heraus und war vorbereitet – vorbereitet auf jede Möglichkeit. Aber in letzter Zeit fiel es ihm immer schwerer, gewisse Ereignisse vorherzusehen.

Er hatte nicht vorhergesehen, dass sie nicht die einzigen sein würden, die genau an diesem einen Tag ins Ministerium einbrechen würden. Er hatte auch nicht erwartet, dass Tia offenbar gut genug mit diesen anderen Leuten befreundet war, dass sie eingeladen wurden, zu ihnen zu kommen.

Am Vortag war er noch nicht sonderlich begeistert davon gewesen, als er hörte, dass sie für ihn Fremde treffen sollten an einem Ort, der ihm nicht vertraut war – die Wahrscheinlichkeit, dass es sich um eine Falle handelte war hoch, aber trotzdem hatte er Tia vertraut. Man hatte ihr angesehen, dass sie wirklich unbedingt diese Leute treffen wollte, also riskierten sie es. Wenn es Tia so wichtig war, vertrauten sie auf sie.

Als er am Morgen aufgewacht war, war er dann eigentlich ganz froh darüber gewesen, dass sie sich in diese riskante Situation stürzen würden. Nachdem sie das Zaubereiministerium erstmal abgeschlossen hatten, hätten sie sich anderer Dinge widmen können, aber in der Nacht hatte Konstantin gegrübelt, was diese Gruppe an talentierten und intelligenter Individuen alles schaffen könnte, aber es war ihm nicht wirklich etwas eingefallen, das auch den anderen als notwendig aufgefasst hätte werden können. Natürlich hätten sie sich aufmachen können und jeden einzelnen Greifer erledigen können, indem sie einfach ganz oft „Voldemort" sagten, bis keiner mehr übrig war, aber es war riskant, sich in einen Kampf zu stürzen, der nicht notwendig war. Sie hätten auch versuchen können, Ron, Hermine und Harry zu finden, aber Konstantin war sich sicher, dass Agnes etwas dagegen haben könnte. Aus ihm noch unbekannten Gründen (Konstantin hasste das) wollte Agnes sich von so wenig wie möglich zeigen. Sie wollte nicht wieder als „lebendig" gelten und versteckte sich lieber. Das verwirrte Konstantin teilweise, aber offenbar hatte Agnes es geschafft, auch Sirius davon zu überzeugen, denn auch Sirius bevorzugte es, sich vorerst nicht als „lebendig" einzustufen.

Agnes war eine interessante Person, von der Konstantin gedacht hatte, er hätte sie durchschaut, aber je besser er sie kennenlernte, desto mehr wurde ihm bewusst, wie wenig er sie kannte.

Allein das Geschehen vom Vortag, als sie im Alleingang eine ganze Gruppe von Auroren mit einem einzigen Zauber in Schach gehalten hatte, zeigte, dass Agnes unfassbar mächtig war.

Aber Konstantin hatte auch den Wahnsinn in ihren Augen gesehen. Es war ihr in diesem Moment egal gewesen, was passierte. Es war ihr egal gewesen, ob die Auroren starben, ob ihre Begleiter und Freunde starben – vermutlich war ihr auch egal gewesen, ob sie starb. Sobald der Wahnsinn aber verklungen war, war sie wieder einfach nur Agnes gewesen, der man nicht zutraute, eine so mächtige Hexe zu sein.

Die Adresse, die Tia bekommen hatte, befand sich in London und es kam Konstantin die Gegend ein bisschen bekannt vor, aber noch konnte er sich nicht erinnern, warum er schon einmal dort gewesen war. Egal, wie sehr er versuchte, sich zu erinnern, woher er diese Häuserreihe kannte, wollte es ihm einfach nicht einfallen und Konstantin fand das mehr als nur nervtötend. Er war es gewohnt, dass er sich an solche Kleinigkeiten erinnerte, aber stattdessen schien sein Gehirn genau diese Information einfach gelöscht zu haben.

Konstantin verfluchte sich selbst dafür, dass genau in solchen Momenten sein scheinbar perfektes Gedächtnis ihm nicht die Informationen lieferte, die er gerne hätte und das machte ihn noch nervöser, als er sowieso schon war.

Sie befanden sich mitten in London, ohne jeglichen Schutz. Das letzte Mal, als sie in London ohne Verkleidung gewesen waren, waren sie zwar schon gesuchte Verbrecher gewesen, aber bestimmt hatte das Chaos, das sie im Ministerium erst am Vortag veranstaltet hatten noch mehr Aufmerksamkeit auf sie gezogen. Es war noch zu früh, um sich wirklich so offen zu zeigen, das wusste Konstantin, aber Tia hatte darauf bestanden, dass sie die Adresse gleich besuchten. Natürlich hatte sie nicht direkt darauf bestanden, immerhin war Tia viel zu schüchtern, um sich wirklich so offen für etwas so riskantes einzusetzen, aber Konstantin wusste, dass es ihr viel bedeutete, hier zu sein – deswegen hatte er zugestimmt, sie zu begleiten.

Wenigstens Sirius konnte sich tarnen und tapste in seiner Hundeform die meiste Zeit neben Konstantin wie ein treuer Hund.

„Wir hätten Sirius an die Leine hängen sollen", schlug Agnes amüsiert vor, „Ein Hund an der Leine fällt weniger auf, als dieser Streuner, der uns zufällig folgt."

Sirius knurrte nur leise und Konstantin schmunzelte, als er selbst daran dachte. Es war ein kurzer Moment, aber es tat gut, für einen Moment die Anspannung fallen zu lassen.

„Sirius mit Halsband – das wäre ein Anblick, für den ich Geld bezahlen würde", grinste auch Liza.

„Hören wir auf, von Sirius mit Halsband zu sprechen", bat Konstantin angespannt.

„Du hast Recht", Liza lächelte amüsiert, „Solche Gedanken gehören wohl in euer Schlafzimmer, oder?"

Konstantin wollte gerade etwas darauf erwidern, als jemand das Gespräch unterbrach.

„Tia?"

Konstantin reagierte sofort, wirbelte mit seinem Zauberstab in der Hand schon herum und richtete ihn auf die Person, die gesprochen hatte.

Es war eine junge Frau mit dunklen, ungerade geschnittenen Haaren, die sie anlächelte. Konstantin blickte zu Tia und bemerkte, dass sie schon gar nicht mehr an ihrem Platz stand, sondern auf die Frau zu rannte und sie umarmte. Tia kannte sie also – wahrscheinlich war das eine der Personen, die sie an der Adresse treffen sollten.

Aber Konstantin kannte diese Person nicht und er war sich nicht ganz sicher, ob man Tia zutrauen konnte, dass sie eine gute Menschenkenntnis hatte. In Momenten wie diesen zögerte er lieber, als in eine Falle zu treten.

Aber Agnes schien nicht dasselbe zu denken, denn den Blick, den sie Liza und Konstantin zuwarf, die noch immer ihre Zauberstäbe gezückt und kampfbereit hielten, war tödlich, also steckte Konstantin den Zauberstab lieber wieder in seine Manteltasche, hielt ihn aber noch mit seiner Hand umklammert.

„Katie", freute sich Tia und ließ die für Konstantin Fremde wieder los, „Es ist schön, dich zu sehen."

„Gleichfalls", die Person, die Tia Katie genannt hatte, grinste breit, „Gestern ist es ein bisschen zu stressig gewesen, um sich wirklich zu unterhalten, oder?"

Tia lachte und schien sich wirklich zu freuen, diese Katie zu sehen. Konstantin konnte sich nicht erinnern, diese Katie zu kennen, aber Tia vertraute ihr und Tia besaß, da ihr Vater ein Werwolf war, einen ausgezeichneten Geruchssinn, der ihr verriet, welche Person vor ihr stand. Das hätten eigentlich genug Gründe für Konstantin sein sollen, um dieser Katie ebenfalls zu trauen, aber er schaffte es nicht, sich zu entspannen. Lieber blieb er kampfbereit und aufmerksam.

„Das Ministerium hat noch nie wirklich Verständnis dafür gehabt, oder? Nicht einmal mit einer alten Freundin darf man sich noch unterhalten, während Krieg herrscht", beschwerte sich Tia und Konstantin hob überrascht eine Augenbraue, als er den Sarkasmus in ihrer Stimme hörte.

„War das Sarkasmus, Fuego?", bemerkte auch diese Katie.

„Sie hat wohl zu viel Zeit mit uns verbracht", schlug Agnes amüsiert vor und Tia drehte sich zu ihnen um und schien ganz vergessen zu haben, dass sie da waren. Einen alten Freund wiederzusehen konnte das mit einem anstellen.

„Ah ja! Katie, das sind Konstantin, Liza, Agnes und Sirius; Leute, das ist Katie Bell, eine meiner besten Freundinnen", stellte Tia sie vor und Konstantin verbeugte sich leicht.

„Ihr habt den Hund nach Sirius Black benannt?", fragte Katie überrascht und blickte zu Sirius, der neben Konstantin Platz genommen hatte und Katie zu vertrauen schien, im Gegensatz zu Konstantin. Aber Konstantin fand es amüsant, dass Katie dachte, der Hund wäre nicht wirklich Sirius (man konnte es ihr nicht wirklich übelnehmen, immerhin wusste nicht jeder, dass Sirius Black ein Animagus war).

„Nein", antwortete Konstantin ihr und Katie schien auf eine weitere Erklärung zu warten, die aber nicht kommen würde und Konstantin sah belustigt dabei zu, wie sich Verwirrung in Katies Blick ausbreitete, bevor sie kurz zu Tia blickte, tief durchatmete und einfach nur nickte und nicht weiter nachfragte.

„Okay... Ich fühle mich geehrt, euch kennenzulernen?", sagte Katie, „Wir sollten die Unterhaltung nach drinnen verlegen – wer weiß, wer hier draußen aller mithört."

„Eine ausgezeichnete Idee", stimmte Konstantin ihr zu – sie waren schon viel zu lange auf offener Straße, „Gehen wir – wir sind gesuchte Verbrecher, sollte das jemand vergessen haben."

„Also ob man das vergessen kann", schnaubte Liza, „Ich muss mir dein hässliches Gesicht schon seit einem Monat jeden Tag in der Zeitung ansehen!"

„Mein Gesicht ist engelsgleich im Gegensatz zu deiner Visage!", verteidigte sich Konstantin.

„Diese Zankereien können wir auch nach drinnen verlegen", unterbrach Agnes den kleinen Streit, bevor er wirklich beginnen konnte und Konstantin blickte zu ihr.

Er war amüsiert, als er sah, dass sie den Blick einer Mutter aufgesetzt hatte. Den Blick, den Molly Weasley hatte, wenn ihre Kinder wieder irgendeinen Unsinn angestellt hatten. Den Blick, den seine eigene Mutter hatte, wenn Liza und er sich wieder einmal gestritten hatten. Den Blick einer Mutter. Es war lächerlich ironisch, dass Agnes diesen Blick beherrschte.

„Ja, Mutter." Konstantin beobachtete Agnes' Reaktion, als er das sagte und es war interessant zu sehen, wie Agnes' Gesichtsausdruck sich veränderte und sie tatsächlich verärgert darüber schien, so genannt zu werden.

„Nenn mich noch einmal „Mutter", Gregorovich, und ich verspreche dir, ich erwürge dich mit deinen eigenen Armen!", drohte Agnes ihm. Agnes hatte schon immer einen Hang für seltsam verstörende Drohungen gehabt. Konstantin grinste. Es war eine Reaktion, die er nicht ganz erwartet hatte und es war eine wichtige Komponente, die er brauchte, um Agnes Tripe zu verstehen. Immer wieder erfuhr er neue Sachen von Agnes, die ihre Persönlichkeit nur noch interessanter machten. Agnes war kein offenes Buch, das man aufschlagen konnte, um jedes Geheimnis zu lesen, nein. Agnes Tripe war ein Verließ – dutzende versperrte Türen und dunkle Gänge beschützten ihr Innerstes (oder schützten andere vor der Dunkelheit). Es war interessant zu wissen, dass es so eine Person war, in die Fred Weasley sich verliebt hatte und Konstantin konnte nicht anders, als sich zu fragen, wann Agnes Tripe begonnen hatte, sich mit Dunkelheit zu umhüllen, um sich selbst und vielleicht andere zu schützen.

„Würdest du lieber Mamágenannt werden?", fragte Tia mit ihrer kindlichen Unschuld und schaute Agnes verwirrt an.

Einen Moment lang dachte Konstantin tatsächlich, dass Agnes ihre Drohung umsetzen würde und Tia mit ihren eigenen Armen erwürgen würde (obwohl Konstantin ein seltsames Interesse daran hatte, zu sehen, ob das überhaupt möglich war, konnte er das natürlich nicht zulassen – er brauchte Tia Fuego noch), aber plötzlich wurde Agnes' Gesichtsausdruck sanfter und sie lächelte sogar leicht. Es kam Konstantin so vor, als hätte er eine weitere Tür in Agnes' Verstand aufgesperrt, aber vor ihm lagen noch hunderte weitere.

„Ich bin keine Mutter – gehen wir", beschloss Agnes schlicht.

„Folgt mir", Katie deutete mit einer Handbewegung in die Richtung, in die sie vor dem Treffen mit ihr gegangen waren und ging vor, während Konstantin und die anderen ihr folgten. Konstantin war überrascht, dass Katie ihnen genug vertraute, um ihnen den Rücken zuzukehren, aber er war auch erleichtert darüber. Er war viel lieber hinter Katie, als vor ihr, mit dem Hintergrundgedanken, dass diese sie vielleicht doch verraten könnte und ihnen in den Rücken fallen konnte.

Das hielt ihn aber nicht davon ab, sich doch immer wieder umzusehen. Irgendwie hatte Katie es geschafft, unentdeckt zu bleiben, als sie Tia gefunden hatte und das machte Konstantin nervös. Wenn Katie das konnte, dann auch andere.

„Wir haben einige Schutzzauber aufgestellt, damit wir keine unerwarteten Besucher haben", erklärte Katie entspannt, „Deswegen habe ich auf euch gewartet, um euch abzuholen. Die anderen sind schon ganz aufgeregt, euch zu sehen."

Konstantin zuckte zusammen. Es gab offenbar noch mehr, die sie treffen sollten und das machte ihn nervös. Wie viele gab es – mit wie vielen musste er rechnen. Je größer eine Gruppe war, desto größer war die Gefahr, dass sich ein Verräter unter ihnen befand. Man konnte nicht so viele Menschen auf einmal kontrollieren.

„Die anderen?", fragte auch Liza ebenso nervös, wie Konstantin – wenigstens noch eine in der Gruppe schien nicht vergessen zu haben, dass sie sich im Krieg befanden.

„Welche anderen?", fügte Konstantin hinzu. Er war lieber misstrauisch, als dann verraten zu werden. Noch konnte er Katie und diesen anderen Fremden nicht vertrauen. Er konnte noch nicht sein Leben oder das von einer seiner Begleiter verlieren.

„Keine Sorge, ihr könnt allen dort vertrauen", winkte Katie ab, aber das beruhigte Konstantin keineswegs. Eigentlich machte ihn das noch nervöser, immerhin vertraute man immer einem Verräter, bis dieser sich als Verräter offenbart. Wenn man einem Verräter misstrauen würde, wäre es kein Verräter.

Das Haus, zu dem die Adresse führte, kam in Sicht und plötzlich erinnerte Konstantin sich daran, warum der diese Straße kannte.

Es war schon lange her – Monate waren vergangen und er hatte versucht, dieses Erlebnis zu verdrängen, aber plötzlich kamen die Erinnerungen zurück.

Er sah sich selbst wieder, wie er dieses Haus zusammen mit Tonks und Dawlish betrat. Es war das Haus, über dem das Dunkle Mal geschwebt hatte und in dem sie die Leichen von Lydia und Henry Travis gefunden hatten. Das war der Mordfall gewesen, bei dem Konstantin zum ersten Mal aufgefallen war, wie gleichgültig er dem Tod gegenüber geworden war. Wie kalt und gefühlslos er geworden war, nachdem er herausgefunden hatte, dass Sirius Black tot war.

Er hatte sich gebessert, seit er Sirius wiedergefunden hatte, aber dann erinnerte er sich daran, wie sie die Lichtung betreten hatte, zu der Tia Liza und ihn geführt hatte.

Es war die Lichtung gewesen, auf der Tia zum ersten Mal Agnes' und Sirius' Geruch aufgenommen hatte – die erste Hoffnung, dass die beiden noch lebten.

Aber Agnes war nicht spurlos verschwunden – sie hatten zwei Leichen hinterlassen – zerfetzt und von dem Monster zerrissen, das in Agnes schlummerte.

Es war bestimmt ein schlimmer Anblick gewesen, die beiden so schlimm zugerichteten Leichen vorzufinden, aber Konstantin hatte nichts gefühlt. Es war ihm absolut egal gewesen, dass sie tot waren.

Es war ihm auch egal gewesen, dass Agnes im Ministerium einen so mächtigen Zauber heraufbeschworen hatte, der auch Unschuldige hätte umbringen können.

Konstantin fragte sich, ob er überhaupt noch wirklich bei Verstand war, oder ob ihn sein brillanter Verstand schon lange in den Wahnsinn getrieben hatte. Wusste man überhaupt selbst, ob man wahnsinnig war oder brauchte es andere, die das einem sagten. Woher sollte Konstantin wissen, ob er noch zurechnungsfähig war, wenn er nicht mehr wusste, wie es nicht anfühlte, gesund zu sein?

Er hatte gar nicht bemerkt, wie er stehengeblieben war und einfach nur auf das Haus starrte, bis Sirius ihn in Kniehöhe sanft mit der Schnauze anstupste und Liza ihn besorgt fragte: „Ist alles okay, Kon?"

„Hu?", Konstantin war offensichtlich verwirrt, als er aus seinen Gedanken gerissen wurde und sich umsah, als wäre er gerade aus einem tiefen Schlaf gerissen worden, „Oh... ja... ich..."

Konstantin stammelte und er hasste das. Er war Konstantin Gregorovich. Er stammelte nicht – er brachte andere zum Stammeln. Er war nicht schwach, er war nicht verwirrt, er war stark und in Kontrolle. Wenn er die Kontrolle verlor, wer war er dann noch? Konstantin brauchte die Kontrolle, die er über sich selbst erlangt hatte. Er hatte gelernt, wie man lächelte, ohne Gefühle zu zeigen. Er hatte gelernt, wie man selbstbewusst ging und mit einem einzigen Wort einen Mann verunsichern konnte. Er hatte gelernt, wie Menschen funktionierten, um sie kontrollieren zu können, denn das war alles, das Konstantin konnte. Er verließ sich auf seine Fähigkeiten, in Kontrolle zu sein, denn wenn er das verlor, dann blieb ihm nichts übrig.

Konstantin musste sich zusammenreißen. Er durfte nicht schwach sein – er musste stark bleiben. Nicht für Liza oder Tia oder Sirius, nein – er musste für sich selbst stark bleiben, denn mit der Schmach, schwach zu sein konnte er nicht leben.

Er brauchte wieder Kontrolle über sich selbst und er hasste es, dass er seine Kontrolle vor seinen Begleitern und besonders vor der fremden Katie verloren hatte.

Konstantin räusperte sich also und lächelte – das Lächeln erreichte nicht seine Augen, aber es verriet seine Gefühle nicht. Es war eine Maske, die niemand durchschauen konnte – niemand außer seiner Schwester.

„Ich kenne nur dieses Haus", winkte er ab, als wäre es keine große Sache, obwohl er sich daran erinnert hatte, dass dieser eine Mordfall ihm vor Augen geführt hatte, was für eine Person er geworden war.

„Hast du die Travis' gekannt?", fragte Katie und Konstantin wünschte sich, sie würde nicht weiter nachfragen, aber ihr keine Antwort zu geben, hätte ihnen allen verraten, dass Konstantin nicht darüber sprechen wollte.

„So ähnlich", Konstantin wählte seine Worte mit Bedacht, „Ich bin einer der Auroren gewesen, die ihren Mordfall untersucht haben."

Er hatte diese Schlacht gewonnen. Katie nickte und schien selbst nicht mehr über dieses Thema sprechen zu wollen. Er hatte nicht seine wahren Gefühle preisgegeben. Er hatte wieder Kontrolle über sich.

Als Katie sie weiterführte, bemerkte Konstantin, dass Liza ihren Bruder anstarrte, einen besorgten Gesichtsausdruck im Gesicht.

Konstantin spürte ihren Blick, aber er sah nicht zu ihr. Stattdessen ging er mit sicheren Schritten weiter und lächelte. Es war kein echtes Lächeln, aber es täuschte jene, die getäuscht werden sollten.

Was zählte, war er selbst. Das redete er sich zumindest ein. Er war Konstantin Gregorovich, er hatte eine Fassade aufrecht zu erhalten. Er war der Auror, der sich selbst an erste Stelle stellte. Er war das Geheimnis, das niemand wirklich durchschauen konnte. Er war eine Maske, die er niemals ablegen konnte, denn viel zu lange schon hatte er sich hinter dieser Fassade versteckt und er war nicht bereit, seine Einstellung zu sich selbst zu ändern (obwohl es schon zu spät dafür war und Konstantin selbst noch nicht bemerkt hatte, dass diese Fassade nur noch eine Ruine war).

Das Haus, das Konstantin schon einmal betreten hatte, sah so anders aus aber doch gleich. Die zerstörten Möbel waren entfernt und nicht wieder ersetzt worden. Konstantin erinnerte sich an die Unordnung, die die Todesser hinterlassen hatten – kein Möbelstück im Gang war unzerstört geblieben. Diese Unordnung war verschwunden und zurück blieb eine spartanische Erinnerung daran, was einmal ein liebevoll eingerichtetes Familienhaus der Travis' gewesen war. Die Türen auf den Gängen waren alle verschlossen. Als Konstantin das letzte Mal im Haus gewesen war, waren alle Türen weit offen gewesen, als gäbe es bei den Travis' so etwas wie verschlossene Türen nicht.

Hinter einer der verschlossenen Türen wurde ein Gespräch geführt – es schienen einige Personen zu sein, die sich in diesem Raum befanden und es lief Konstantin ein kalter Schauer über den Rücken, als er sich erinnerte, dass sich hinter dieser speziellen Tür das Wohnzimmer befand – das war der Raum gewesen, in dem sie Lydia und Henry Travis gefunden hatten. Tot – aber selbst im Tod vereint. Sie waren ein süßes Paar gewesen, das Seite an Seite gestorben war. Konstantin fand das lächerlich. Seite an Seite zu sterben hatte für ihn nichts Romantisches. Es hatte eine Zeit gegeben, in der er sich gewünscht hatte, dass er sterben könnte, um wieder mit Sirius vereint zu sein, aber er wollte niemals wirklich an Sirius' Seite sterben.

„Sie sind vermutlich alle im Wohnzimmer", bemerkte Katie und ging vor, um sie weiter zu führen, obwohl Konstantin ganz genau wusste, wo sich das Wohnzimmer befand, „Folgt mir."

Katie öffnete die Tür, die in das Wohnzimmer führte und sofort schien das Gespräch zu verstummen. Sie waren erwartet worden.

„Seht mal, wen ich auf der Straße gefunden habe! Darf ich sie behalten?", scherzte Katie heiter und Konstantin konnte nicht anders, als sie ein bisschen zu bewundern. Trotz der offensichtlichen Spannung, die herrschte, schaffte sie es irgendwie, ihren Humor zu behalten. Konstantin wusste aber nicht, ob ihm das lieber war, als jemand ernsthaftes.

Tia ging vor, aber Konstantin konnte ihr nicht ins Innere folgen. Sie blieb im Türrahmen stehen, wie erstarrte und Konstantin konnte über ihre Schulter blicken und sah eine beunruhigende Menge an Menschen. Es waren vielleicht zwanzig junge Männer und Frauen, die auf dem Boden saßen.

Konstantin bemerkte, dass das Wohnzimmer ganz anders aussah, als er es in Erinnerung hatte. Natürlich lagen Lydia und Henry Travis nicht mehr auf dem Boden, aber auch alle zerstörten Möbel waren entfernt worden und statt ihnen herrschte dieselbe Leere, die er auf dem Gang bemerkt hatte. Es gab keine Sofas, Stühle oder sonstige Möbel, was wohl auch der Grund war, warum alle Anwesenden auf dem Boden saßen.

„Ihr erwartet jetzt doch keine Rede, oder?", fragte Tia unsicher und Konstantin lächelte hinter ihr und auch einige im Raum lachten belustigt – es war kein gemeines Lachen, sonst hätte Konstantin bestimmt etwas dagegen gemacht.

Tia schien genug Mut gesammelt zu haben, um den Raum vollends zu betreten und Konstantin, Liza und Sirius konnten ihr hineinfolgen. Konstantin sah sich schnell um, aber es beunruhigte ihn, als er bemerkte, dass er niemanden so wirklich kannte. Manche hatte er vielleicht schon einmal gesehen, aber er konnte keine Namen zuordnen und das machte ihn nervös. Er war umgeben von Fremden.

Agnes war die letzte, die den Raum betrat und Konstantin bemerkte sofort, dass die Leute ihren Anblick nicht erwartet hatten. Das war auf eine gewisse Art und Weise verständlich, immerhin zogen sich hässliche Narben über ihr einst hübsches Gesicht und sie sah sich mit den Augen eines Raubtiers um, das in die Ecke gezwängt worden war. Agnes schien die Blicke ebenfalls zu bemerken und hielt ihren Kopf stolz hoch erhoben – sie erinnerte Konstantin an ihre Mutter.

„Wenn ihr nicht sofort aufhört zu starren, zwinge ich euch, eure Augen zu essen", drohte Agnes Agnes-typisch, aber Konstantin war sich nicht so sicher, ob das ein guter Moment war, um zu drohend. Es konnte sich noch immer um eine Falle handeln.

Tia begann zu lachen, als hätte Agnes einen ausgezeichneten Witz erzählt, aber sie würde die einzige bleiben, die lachte und als sie langsam und unsicher verstummte, legte sich eine angespannte Stille über die Anwesenden.

„Agnes", es war ein junger Mann, den Konstantin nicht kannte und noch nie gesehen hatte, soweit er wusste, aber er schien Agnes zu kennen, „immer noch die Alte, wie ich sehe."

Agnes legte ihren Blick auf ihn und Konstantin erkannte, dass sie den Mann ebenfalls erkannte und sie schien erleichtert darüber.

„Duncan", konnte Agnes den Mann benennen und lächelte sogar leicht, aber angespannt, „Lange nicht gesehen!"

Der Mann, den Agnes Duncan genannt hatte, stand auf und musste über einige sitzende Personen steigen, um zu ihr zu kommen.

„Das ist bestimmt nicht meine Schuld gewesen", verteidigte sich dieser Duncan lachend, „Sie haben uns gesagt, du seist tot, aber offenbar kann dich nichts und niemand umbringen."

Diese Theorie hatte Konstantin auch schon gehabt. Natürlich war Agnes nicht unsterblich, aber sie war eine der Personen, von denen man normalerweise nur in Büchern lesen konnte. Eine dieser Personen, die auf ihrem Weg scheinbar unendlich viele Hindernisse überwinden musste und unendlich viel Schmerz und Leid auf den Schultern zu tragen hatte, aber trotzdem stand Agnes immer wieder auf. Der Tag, an dem Agnes nicht mehr aufstehen würde, wäre der Tag, an dem die Welt zum Scheitern verurteilt war. Der Tag, an dem Agnes Tripe aufgab, wäre der Tag, an dem schon lange alle Hoffnung verschwunden wäre.

Harry Potter war ein Idol für den Widerstand geworden, aber für Konstantin waren es andere. Es war Tia, das Mädchen, das noch immer lächeln konnte und es war Agnes, die immer wieder aufstand, egal, wie viel Schmerz sie erleiden musste. Nichts konnte Agnes Tripe umbringen, außer sie selbst.

Duncan umarmte Agnes und Agnes schien einen Moment lang überhaupt nicht zufrieden damit, aber dann umarmte sie ihn doch zurück.

Nun standen mehrere Personen auf und begann, die, die sie kannten zu begrüßen – also Tia und Agnes.

Konstantin und Liza standen nebeneinander, noch immer die Hände um ihre Zauberstäbe in ihren Manteltaschen geklammert, aber nicht mehr, weil sie sich wirklich bedroht fühlten, sondern weil der Griff um den Zauberstab ihnen Sicherheit gab.

Sirius hingegen schien diese Unsicherheit nicht zu kennen und mischte sich unter die Leute. In der Gestalt eines Hundes würde niemand auf die Idee kommen, dass er Sirius Black war und vielleicht war das auch ganz gut so. Konstantin hatte sich noch nicht überlegt, ob es weise war, ihn zu offenbaren und im Moment schien Sirius sich auch als Hund wohl zu fühlen.

„Es ist seltsam, ausnahmsweise einmal niemanden zu, kennen, oder?", fragte Liza ihren Bruder so leise, dass nur er sie hören konnte.

Konstantin beobachtete, wie Tia und auch Agnes von einer kleinen Gruppe umgeben war und die beiden schienen sich gut zu unterhalten. Andere, die wohl nicht so gut mit den beiden befreundet waren, standen in eigenen, kleinen Gruppen herum und Konstantin bemerkte, wie ihm und seiner Schwester hin und wieder vielleicht leicht misstrauische Blicke zugeworfen wurde. Es war tatsächlich seltsam, ausnahmsweise einmal der Fremde in einer Gruppe zu sein. Konstantin hatte Allianzen überall (das bewies sein Spion im Ministerium), aber er kannte niemanden, der sich im Raum befand und sie kannte ihn vermutlich nur aus Erzählungen oder auch von den Bildern in der Zeitung, die besagten, dass er jemanden im Ministerium umgebracht hatte. Das Bild, das von ihm in der Zeitung abgebildet war, war (wie Konstantin fand) nicht sonderlich gut getroffen und er sah nicht wirklich gut aus. Vielleicht sogar ein bisschen bedrohlich und die Anwesenden im Raum, die sich versammelt hatten, waren hauptsächlich Kinder.

Konstantin und Liza waren im Moment die ältesten im Raum und das sagte viel über den Krieg aus, den sie im Moment führten. Es waren eigentlich noch Kinder, die bereit waren, sich gegen das Regime aufzulehnen. Diese Kinder kämpften wirklich für das, in das sie glaubten, während Erwachsene es bevorzugten, sich versteckt zu halten. Vielleicht war das teilweise auch gut so – manche der Erwachsenen, die gejagt wurden, weil sie sich gegen das Regime aufgelehnt hatten oder einfach nur Muggelgeborene waren, hatten Familie und Kinder, wie Arthur Weasley zum Beispiel, die sie in Gefahr brachten, wenn sie sich so offen gegen das Ministerium stellten, wie diese Kinder es taten.

Aber es war trotzdem seltsam, der älteste im Raum zu sein. Konstantin fühlte sich schon beinahe alt. Mit seinen siebenundzwanzig Jahren näherte Konstantin sich schon langsam seinem dreißigsten Lebensjahr – unfassbar alt, wie er fand. Wollte er überhaupt alt werden? Vermutlich nicht.

Liza neben ihm war auch schon fünfundzwanzig. Konstantin wusste nicht einmal, ob sie Kinder haben wollte oder nicht. Er wusste eigentlich nicht einmal zu hundert Prozent, ob sie überhaupt wirklich mit Charlie verlobt war, aber er sah, dass es ihr schlechter ging, seit sie ihn verlassen hatte. Konstantin glaubte ihnen langsam, dass sie wirklich schon lange zusammen waren und er glaubte ihnen auch langsam, dass sie wirklich heiraten wollten. Vielleicht Kinder bekommen – Leute in seinem Alter dachte schon über Kinder nach oder hatten vielleicht schon welche. Konstantin fühlte sich unendlich alt und dieses Gefühl der Vergänglichkeit zeigte ihm, dass sein Leben ein bisschen jämmerlich geworden war.

„Jepp, es ist ziemlich seltsam", antwortete er Liza nach einer längeren Pause, „Wir sind die ältesten hier, ist dir das schon aufgefallen?"

Liza sah sich um und ihr Gesicht verzog sich zu einer missbilligenden Grimasse. „Das sind Kinder. Tia und Agnes sind noch Kinder. Tia ist erst achtzehn und Agnes gerade einmal neunzehn. Das sind Teenager. Alle hier sind so jung, aber trotzdem sind sie es, die kämpfen und sich wie Erwachsene benehmen müssen."

„Krieg wartet nicht darauf, dass man erwachsen wird", erinnerte Konstantin sie, „Schau uns an – sind wir wirklich erwachsen?"

„Mein Ausweis sagt, dass ich sogar in Amerika schon Alkohol trinken darf", verteidigte sich Liza lachend, bevor sie wieder ernst wurde, „aber du hast Recht. Ich glaube nicht, dass man jemals erwachsen genug für Krieg sein kann."

„Man kann niemals bereit für Krieg sein", stimmte Konstantin ihr zu, „aber trotzdem sucht er uns alle heim."

„Wir haben nicht sonderlich viel Wahl gehabt, oder?", zeigte Liza auf, „Unsere ganze, kleine Gruppe – wir alle sind Gesuchte. Gejagte, in unserem eigenen Land."

„Irland?", fragte Konstantin schmunzelnd.

„Man würde mich auch in Irland suchen", erinnerte Liza ihn, „Irland gehört zum Aufgabenbereich des Ministeriums."

„Wir hätten fliehen können", bemerkte Konstantin, „Mom und Dad leben in Amerika – wir hätten uns dort verstecken können. Wir wären sicher gewesen."

Liza schnaubte belustigt. „Die Gregorovich-Geschwister – wohl die größten Workaholics, die die Welt jemals gesehen hat – sollen sich verstecken, während ihre Familie und Freunde kämpfen und sterben? Du glaubst doch selbst nicht, dass wir es wirklich auch nur einen Tag ausgehalten hätten, oder?"

„Nein", Konstantin schüttelte den Kopf, „Wir wären zurückgekommen, sobald das Flugzeug gelandet wäre."

„Wir beide – wir sind nicht dazu gemacht, einfach herumzusitzen", erinnerte Liza ihn, „Wir können es nicht – das ist unsere größte Schwäche. Deswegen haben wir diese kleine Gruppe zusammengefügt. Ich will mir zwar einreden, dass ich mich verstecken könnte, wenn ich das wollen würde – ich könnte sicher sein, für Charlie – aber ich lüge mich selbst an, wenn ich das denke. Wir sind Gregoroviches – wir sitzen nicht herum. Wir verschwenden nicht unsere Zeit. Wir tun, was getan werden muss. Das ist unsere größte Stärke und gleichzeitig unsere größte Schwäche und irgendwann wird das unser Untergang sein."

„Ich warte ehrlich gesagt schon seit Jahren darauf, dass du irgendwann einfach vor Erschöpfung umkippst", gestand Konstantin lachend, „Erinnerst du dich noch damals, als du von diesem Werwolf angegriffen worden bist–?"

„Olivia Patel", Liza nickte und verzog das Gesicht, „Ja, ich erinnere mich."

„Charlie ist von ihr erwischt worden, oder?", erinnerte sich Konstantin, „Du bist auch verletzt worden..."

„Charlie ist noch nie gut im Apparieren gewesen", Liza berührte die Stelle an ihrem Bein, die von ihrer Hose verdeckt wurde, aber sie wusste, dass sich darunter eine Narbe befand – die Narbe, die sie erhalten hatte, als Patel sie und Charlie in ihrer Wohnung angegriffen hatte und Liza zersplintert war, als Charlie sie appariert hatte. Sie hatte ihm das nie übelgenommen und hätte es auch niemals können.

„Ich bin ins Krankenhaus gekommen, als ich gehört habe, was passiert ist", erinnerte sich Konstantin, „aber als ich dort angekommen bin, habe ich nur Charlie gefunden – du warst nicht da."

Liza lächelte leicht. Sie wusste ganz genau, was an diesem Tag passiert war.

Du hast dich nicht hingelegt, hast dich kaum untersuchen lassen und hast gearbeitet. An diesem Tag habe ich gewusst, dass du bei der Arbeit sterben wirst. Du wirst es nicht schaffen, dich hinzusetzen und dich behandeln zu lassen und ein kleiner Kratzer wird dein Untergang sein."

„Du bist dramatisch", schnaubte Liza und schlug ihrem Bruder leicht gegen die Schulter, „Schau lieber darauf, dass dir nicht dieses Schicksal widerfährt. Wie lange schon gibst du nicht zu, dass es dir überhaupt nicht gutgeht? Wie lange schon streitest du ab, dass du okay bist?"

Konstantin zögerte einen Moment lang. Er wusste tatsächlich nicht, was er darauf antworten sollte. „Ich habe keine Zeit, um nicht in Ordnung zu sein", schnaubte er unzufrieden und wich Lizas Blick aus, „Sobald ich die Zeit finde, werde ich nicht mehr okay sein, versprochen."

„Siehst du?", Liza lächelte leicht, „Du bist ein Gregorovich – vielleicht waren Mom und Dad nicht so, aber irgendetwas an ihrer Erziehung hat uns zu denen gemacht, die wir heute sind. Hoffnungslose Workaholics, die sterben werden, weil sie nicht aufhören, zu arbeiten."

„Aber den Krieg überleben wir", grinste Konstantin, „Kämpfen ist keine Arbeit – es ist... eine Bestimmung."

„Du bist schon wieder dramatisch", lachte Liza, „Kämpfen ist genauso eine Arbeit, wie Heiler oder Auror. Kämpfen ist die Arbeit, die erledigt werden muss, damit die Welt wieder in Ordnung ist."

„Eine wirklich verrückte Vorstellung von Krieg und der Welt", murmelte Konstantin leise, aber hörbar für Liza.

Das Gespräch zwischen den Geschwistern wurde unterbrochen, als Sirius Black (in all seiner glorreichen Pracht) beschloss, dass es der perfekte Zeitpunkt war, um sich wieder in einen Menschen zu verwandeln.

Sofort waren zwanzig Zauberstäbe auf ihn gerichtet, als die Kinder des Widerstands ein fremdes Gesicht scheinbar aus dem Nichts auftauchen sahen.

Konstantin konnte nur seufzen. Manchmal wünschte er sich, dass alle in seiner Umgebung so denken würden, wie er. Dass alle so vorausdenkend wären, wie er und nicht einfach so solchen Unsinn anstellen, wie Sirius im Moment. Aber leider (oder auch zum Glück) war niemand wie Konstantin – besonders Sirius nicht.

„Hey!", rief Sirius überrascht, als er sah, dass er umzingelt war und hob sicherheitshalber seine Hände, „Ich komme in Frieden!"

„Dieser Idiot wird so nicht nur sich selbst umbringen, sondern auch uns", grummelte Konstantin unzufrieden, aber Liza warf ihm einen belustigten Blick zu.

„Aber du liebst ihn – vielleicht genau deswegen?", erriet sie. Konstantin wusste nicht, was er darauf antworten sollte. Liebte er Sirius? Er wusste es nicht.

„Nein, ich bin mir sicher, er hat böse Absichten", rief Agnes offensichtlich sarkastisch, aber trotzdem konnte Konstantin nicht anders, als sein Gesicht hinter seinen Händen zu verbergen und genervt zu seufzen, „Wir sollten ihn alle zusammen einfangen, lebendig häuten und aus seiner Haut eine Flagge herstellen, damit unsere Feinde wissen, was sie erwartet, wenn sie sich mit uns anlegen."

„Warum bin ich von Leuten wir euch umgeben?", fragte Konstantin genervt an niemand besonderen gerichtet.

Liza grinste amüsiert, als sie spöttisch beruhigend eine Hand auf seine Schulter legte. „Das ist wohl der Preis für Intelligenz."

„Ich wäre lieber dumm, anstatt mir das anzutun", seufzte Konstantin.

„Das glaubst du wohl selber nicht", schnaubte Liza und sie hatte (wieder einmal) Recht.

Sirius schien ebenso von Agnes' Worten ein bisschen beunruhigt – immerhin war es kein guter Moment für Sarkasmus. „Was ist los mit dir?", fragte er Agnes verstört, „junge Dame, du bist wirklich gestört. Wir kommst du immer auf solche Ideen?"

„Muss wohl an der Familie liegen, Cousinchen", grinste Agnes offensichtlich belustigt von der Situation und Konstantin verfluchte den Tag, an dem er beschlossen hatte, sich mit dieser Familie anzulegen. Alle zusammen – Tia, Remus, Agnes, Sirius – sie alle waren verrückt. Sie versteckten es gut, aber tief im Inneren waren sie alle wahnsinnig.

„Bist du der Hund gewesen?", fragte ein Junge, der kaum älter als sechszehn sein konnte – einer der jüngsten im Raum.

„Warum gewesen?", fragte Agnes und Konstantin seufzte – Agnes war viel zu amüsiert von der Situation, „Er sieht noch immer wie ein Hund aus, finde ich."

„Du bist gemein, Agnes", beschwerte Sirius sich und verschränkte die Arme vor der Brust. Konstantin konnte im Moment nicht glauben, dass das wirklich der Mann war, den er langsam zu lieben lernte.

„Ladies und Gentlemen", seufzte Konstantin, der die Situation ein bisschen beruhigen wollte, nachdem die Anwesenden noch immer ihre Zauberstäbe auf Sirius richteten (es wäre eine Schande, wenn er Sirius schon wieder verlieren würde), „Darf ich euch allen den schrecklichen, gefährlichen, furchterregenden Sirius Black vorstellen?"

Du bist Sirius Black?", fragte eine junge Frau mit dunkler Haut und Dreads sofort, offenbar überrascht (und Konstantin konnte es ihr nicht übelnehmen, immerhin wirkte Sirius im Moment tatsächlich nicht wie der Massenmörder, für den er bekannt war – eigentlich wirkte Sirius niemals wie ein Massenmörder... die meiste Zeit war er einfach nur... Sirius).

„Der einzig wahre", Sirius schien nicht zu bemerken, dass seine tatsächliche Person eine Enttäuschung war, im Gegensatz zu dem, was die Leute von ihm gehört hatten.

„– und darüber sind wir alle sehr froh", fügte Agnes noch hinzu.

Konstantin wusste nicht, ob er ihr widersprechen konnte – vermutlich nicht.

Plötzlich öffnete sich die Tür und dieses Mal waren es Liza und Konstantin, die bereit waren, ihre Zauberstäbe zu zücken, aber ausnahmsweise erkannte Konstantin die Person, die durch die Tür trat. Er kannte sie nicht persönlich, aber er hatte von ihr gehört und ein Bild gesehen und irgendwie war es wie ein Geist, den er sah, als sie den Raum betrat.

Die Anführerin des Widerstands.

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