Kapitel 24 - Unease

Nach Willows Niederlage bei ‚Schere, Stein, Papier' begab sie sich in die Küche, um etwas zu trinken. Greez wollte seine Aufmerksamkeit wieder dem Fliegen widmen und Willow wollte sich sowieso anders beschäftigen. In der kleinen Küche angekommen schnappte sie sich einen Becher und füllte diesen auf. Sie lehnte sich an den Esstisch und dachte nach, was sie jetzt am besten tun sollte. Da kam ihr eine Idee. Sie könnte versuchen, ihren Patronus-Zauber vollständig umzusetzen. Es würde sie definitiv ablenken und Übung machte schließlich den Meister.

Willow stieß sich gerade von dem Tisch ab und wollte in das Gästezimmer gehen, da fing Cere sie ab.
„Willow?"

„Ja?"

Das Mädchen drehte sich zu Cere um. Ihr letztes Gespräch mit Cere war schon einen Augenblick her und Willow verstand zunächst nicht, weshalb die Ex-Jedi jetzt das Gespräch suchte. Da kam ihr, oh nein, ein ganz unangenehmer Gedanke. Was, wenn Cere sie auf die seltsame Stimmung zwischen Cal und Willow ansprechen würde? Cere hatte es sicherlich bemerkt. So wie Willow es verstand, hatten Jedi doch ein feineres Gespür für so etwas, oder nicht? Willow schluckte.

Cere bedachte sie für den Bruchteil einer Sekunde mit einem undefinierbaren Blick, ehe sie weitersprach.
„Ich wollt nur wissen, wie's bei dir aussieht. Bereit für ein weiteres Training im Nahkampf? Wir sind ja nicht sonderlich weit gekommen bisher."

Willow fühlte sich, als sei ihr ein Stein vom Herzen gefallen. Sie war nicht sicher, ob sie ein Gespräch dieser Art mit Cere ausgehalten hätte. Die junge Schülerin wusste doch selbst nicht einmal, was das zwischen Cal und ihr war. Sie wusste lediglich, dass da etwas war, was sie nicht einordnen konnte. In jedem Fall wollte sie lieber mit Cal persönlich darüber sprechen, auch wenn es sie Überwindung kosten würde.

„Oh, klar!", antwortete Willow daher und lächelte ihre Gegenüber an. Ihren Patronus würde sie dann einfach nach der Trainingssession üben.

„Gut. Wir starten in fünf Minuten beim Wohnraum."

Cere ging davon und Willow stellte ihren Becher ab. Im Augenwinkel sah sie, dass Cere bei Cal halt machte und ihm etwas erzählte. Da dämmerte es Willow - Cal würde bei dem Training bestimmt wieder mitmachen. Sie hoffte, dass es die gesamte Situation nicht verschlimmern würde. Wenn sie ihm nämlich zu nahe gekommen war, dann war ein Nahkampf bestimmt nicht der klügste nächste Schritt.

Bis das Training losging verschwand Willow in ihrem Zimmer. Es machte sie auf unerklärliche Weise nervös, dass sie Cal gleich wieder gegenüberstehen würde. Wäre die Stimmung nicht so eigenartig würde sie das niemals stören. Doch jetzt war es anders. Wie sollte sie sich bloß verhalten, wenn sie gar nicht wusste, was sie überhaupt angestellt hatte?
Willow tigerte noch einen Moment umher, ehe sie einen Blick auf ihre Armbanduhr warf. Die fünf Minuten waren um und sie bewegte sich zurück in den Wohnbereich.

Cere und Cal standen beide bei dem runden Tisch. Cal hatte sich von seinem Poncho und Schrottsammler-Shirt befreit, stattdessen trug er ein Tanktop. Vermutlich war das sein Go-To Trainingsshirt. Doch leider hatte dieses Shirt einen ungewollten Effekt auf Willow. Es lag eng an und betonte Cals schlanke Figur. Die leichte Muskulatur seines sommersprossigen Oberarms hüpfte einmal auf und ab, als er sein Lichtschwert auf den Tisch legte. Willow biss sich kräftig auf ihre Unterlippe. Sie spürte, wie ihr die Hitze in die Wangen kroch und machte auf Absatz kehrt. Um das ganze nicht verdächtig aussehen zu lassen begab sie sich in die Küche, schnappte sich ihren Becher und kippte die restliche kühle Flüssigkeit mit einem Mal hinunter.

Tatsächlich bewirkte es sogar, dass die junge Hexe sich wieder auf das Wesentliche fokussierte. Willow schüttelte einmal den Kopf. Die Gedanken wieder beim eigentlichen Thema gesellte sie sich zurück zu den beiden anderen. Cere lächelte ihr aufmunternd zu.

„Okay, Willow. Beim letzten Mal haben wir das Ausweichen geübt. Ich habe geplant, dass wir dazu erst noch einmal eine Wiederholung machen, ehe wir den nächsten Schritt angehen."

Das Mädchen nickte. Eine Wiederholung sollte nicht schaden. Also stellte sie sich gegenüber von Cal und beide brachten sich in Position. Cere erklärte noch einmal die verschiedenen Schritte und Methoden. Unter der Hand der Ex-Jedi und Cals Rolle als Angreifer hatte Willow ihr erlerntes schnell wieder aufgefrischt. Dann war es Zeit für den nächsten Schritt.
„Blocken", hatte Cere gesagt, „hängt viel mit Beobachtung zusammen. Achte besonders auf die Gelenke. Die Schultern, Knie und auch die Hüfte sind meist die frühesten Anzeichen für einen kommenden Angriff. Sobald du das siehst, musst du reagieren."

Cere bedeutete Willow an die Seite zu treten. Jetzt spielte sie die Angegriffene und Cal behielt die Rolle des Angreifers bei. Cere erklärte beim Blocken, welches beide in verlangsamter Form ausführten, wie Willow zu agieren hatte. Die Schülerin hörte aufmerksam zu und machte sich gedanklich mehrere Notizen. Schneller als gedacht war sie selbst dann wieder an der Reihe.
Sie begab sich in Position und traute sich, in das wunderschöne Grün von Cals Augen zu sehen. Er erwiderte ihren Blick und zwinkerte ihr einmal zu, ehe sich seine Miene wieder verschloss. Dieser kurze Moment machte Willow Hoffnung, dass vielleicht doch alles in Ordnung war. Durch diese kleine Geste fühlte sie sich selbstbewusster und streckte ihren Rücken durch. Dann ging es weiter mit dem Training.

Willow atmete einmal tief ein und versuchte, sich auf Cals Bewegungen zu konzentrieren. Ceres Worte hallten in ihrem Kopf wider; achte auf die Schultern, Knie und die Hüfte. Ihren Blick fixierte Willow auf die Gelenke ihres Gegenübers. Doch in der Hitze des Moments verschwammen Ceres Hinweise vor ihren Augen. Plötzlich bewegte sich Cals rechte Schulter und alles in Willow schrie danach, ihre linke Seite zu blocken. Doch ihre Muskeln reagierten nicht schnell genug und Cals Schlag traf sie. Es war kein kräftiger Schlag, er tat nicht weh. Es war, als wollte Cal ihr damit versichern, dass er sie nicht ernsthaft verletzen würde. Und wenn Willow ganz ehrlich war, dann war sie dafür auch sehr dankbar. Seitdem sie sich der Crew angeschlossen hatte, hatte sie sich viel zu oft verletzt.

Das Mädchen schüttelte den Gedanken ab, er würde sie jetzt nur ablenken. Stattdessen versuchte sie, sich selbst anzufeuern. Einmal ist keinmal. Du kannst das, Willow.
Aber immer und immer wieder landete Cal einen Treffer, weil Willow seine kommenden Bewegungen nicht sehen konnte. Genervt warf sie ihren Kopf in den Nacken und schüttelte ihre Arme aus. Als sie wieder nach vorne sah und in Position trat, sah sie in Cals besorgtes Gesicht. Ohne auch nur ein Wort auszutauschen winkte Willow seine unausgesprochene Frage ab. Sie wollte jetzt nicht mit dem Training aufhören.

Cal verstand und auch er stellte sich kampfbereit hin. Das Mädchen konzentrierte sich. Mit einem Mal schien die Zeit wie verlangsamt. Willow sah Cals Knie leicht einknicken, dann zuckte sein Arm nach vorne. Jetzt!, dachte sie und ihr Herz raste. Willow hob den Arm zum Blocken, ihre Muskeln spannten sich an und für den Bruchteil einer Sekunde dachte sie, sie hätte es geschafft. Doch Cal änderte seine Richtung in letzter Sekunde, seine Faust prallte gegen ihre Seite und sie keuchte überrascht auf.
Unmittelbar ärgerte Willow sich über sich selbst. Du weißt doch, was Cere gesagt hat. Wieso kannst du es nicht einfach umsetzen?
Doch jedes Mal, wenn sie glaubte, den nächsten Schritt zu erkennen, war Cal schneller. Willow begann, an sich selbst zu zweifeln. Vielleicht war sie nicht gut genug.

Willow bekam fast Kopfschmerzen. Sie schaffte es nicht, diese unterschwellig angespannte Atmosphäre zu ignorieren und das warf sie aus der Bahn. Mit jedem weiteren Treffer wurde Willow frustrierter. So schwer hatte es bei Cere doch gar nicht ausgesehen!
Willow war kurz davor, einfach aufzugeben. Ihre Arme fühlten sich schwer wie Blei. Jeder Schlag von Cal wurde schneller und fühlte sich härter an - oder war es nur die Erschöpfung, die ihre Reflexe verlangsamte? Willow wollte aufgeben, aber der Gedanke daran, dass Cal sie immer wieder so leicht überwältigte ließ sie ihre Zähne zusammenbeißen. Sie wischte einmal mit der Hand über ihre Augen. Da spürte Willow eine Hand auf ihrer Schulter. Mit Schweißperlen auf der Stirn sah sie von der Hand in das Gesicht von Cere.

„Du verlierst deinen Fokus", sagte sie, die Stirn in tiefe Falten gelegt. Doch in Willows Ohren hatte sie nicht kryptischer klingen können. Das Mädchen hob die Augenbrauen.

Da mischte Cal sich ein. Er hob eine Hand in Willows Richtung, doch ließ sie augenblicklich wieder fallen.
„Du bist nicht ganz bei der Sache. Irgendwas lenkt dich ab."

Sag bloß, dachte Willow und biss sich auf die Zunge. Beinahe wäre ihr etwas rausgerutscht, was sie eventuell hinterher bereut hätte.
„Ich-" fing sie an, doch brach direkt wieder ab. Sie fuhr sich einmal über die feine Narbe in ihrer linken Augenbraue, ehe sie wieder ansetzte. „Ich weiß."

„Würde es dir helfen, wenn wir drüber reden?" bot Cere sich an und deutete in Richtung der Schlafräume.

Widerwillig schoss Willows Blick zu Cal, der sie musterte. Als sich ihre Blicke trafen sanken seine Gesichtszüge und er brach den Blickkontakt unmittelbar ab. Wenn Willlow seinen Blick richtig deutete, dann traf auch ihn die aktuelle Situation. Und sie musste gestehen, dass sie leicht verletzt war. Der kleine Droide trillerte vor sich hin. Willow schüttelte den Kopf.
„Nein, alles gut."

Sie stellte sich wieder kampfbereit hin und beobachtete, wie Cere und Cal einen kurzen Blick tauschen. Am liebsten hätte Willow die Augen gerollt, doch sie ignorierte das Bedürfnis. Das Training lief weiter und wider Erwarten war tatsächlich eine kleine Steigerung ihrer Block-Künste zu sehen.
Cals Fuß drehte sich leicht nach innen, ein verräterisches Zeichen für einen bevorstehenden Seitenhieb. Willow bemerkte es dieses Mal früh genug und hob ihre Arme zum Blocken. Cals Schlag hatte sie, wider Erwarten, erfolgreich abgeblockt.
Überrascht von ihrer eigenen Leistung sah sie in seine Augen. Der Rotschopf strahlte sie an. Willow war froh, ihn wieder lächeln zu sehen. Sie hatte es schon fast vermisst, wie sein hübsches Gesicht sich aufhellte und sich kleine Falten in seinen Augenwinkeln bildeten. Doch der Moment ging viel zu schnell vorbei.
Cal ging wieder in seine Position über und die junge Schülerin tat es ihm gleich. Schnell waren sie wieder in ihrem Rhythmus und das Training ging weiter. Willow blockte bei weitem noch nicht jeden Angriff, doch im Durchschnitt war sie schon etwas besser.

Der Vormittag verging durch das Training wie im Fluge und ehe sie sich versah, stand das Mittagessen bereit. Willow verschwand noch einmal im Bad um sich zu waschen. Cal war ein guter Kämpfer und seine schnellen Angriffe hatten sie ziemlich ins Schwitzen gebracht. Auch wenn das Training offensichtlich sehr körperlich war, war Willow aufgefallen, dass Cal dennoch weiterhin Abstand hielt. Sie hatte nicht den Eindruck, dass er bei seiner Demonstration mit Cere da ebenfalls so darauf geachtet hatte.

Allerdings tat Willow sich schwer damit, ihn auf seine Distanz anzusprechen. Konfrontationen waren ihr unangenehm und noch dazu war sie sich nicht einmal sicher, ob ihre Gefühle berechtigt waren. Was, wenn sich doch nichts geändert hatte, und sie selbst nach der Übernachtung lediglich mehr erwartet hatte? Wenn sie Cal dann doch darauf Ansprach, könnte die Konsequenz sein, dass sich die Stimmung noch weiter verschlechterte. Und eigentlich, wenn Cal ein Problem mit ihr hatte, dann würde er sie sicherlich darauf ansprechen. Oder? Sie biss sich auf die Unterlippe, ehe sie entschied, dass sie zurück zu den anderen gehen sollte.

Neu erfrischt kam Willow zurück in die Küche. Das Mädchen war froh über die Pause. Das Training hatte sie sowohl physisch als auch psychisch ordentlich ausgelaugt. Die Crew hatte sich so platziert, wie sie es an diesem Morgen auch schon tat. Willow tischte sich zwar nur eine kleinere Portion auf, doch die Stille an diesem Tisch machte sie wahnsinnig. Angestrengt suchte sie nach einem Thema, um die Anspannung zu brechen. Da fiel ihr etwas ein.
„Wieso fliegen wir eigentlich nach Ilum? Was gibt es da?"

Tatsächlich meinte sie die Frage auch vollkommen ernst. Bei der gesamten Situation hatte sie ganz vergessen, dass sie über Ilum gar nicht im Bilde war. Die drei anderen tauschten Blicke, ehe Cal sich räusperte.
„Ich brauche ein neues Lichtschwert. Auf Ilum gibts nen Haufen an Kyberkristallen. Die braucht man für sein Lichtschwert", erklärte er und stocherte dabei in seinem Essen herum.

Cals Aussage war kontrolliert formuliert, doch durch sein Spiel mit dem Essen vermutete Willow, dass er sich unwohl fühlte. Sie nickte. Da räusperte sich der kleine Pilot neben ihr.
„Wo kommt eigentlich die Kerze auf dem Tisch beim Sofa her?" fragte er und musterte jeden am Tisch genau.

Willow und Cal tauschten einen Blick. Völlig perplex stellte sie fest, das in seinem Blick eine fast spürbare Wärme lag. Sie war verwirrt. Er war ihr so nah und doch so fern, aber wieso? Der Augenkontakt war vertraut intensiv und die Zeit schien stillzustehen.

„Ah, natürlich. Ihr zwei schon wieder", meckerte Greez.
Sofort fokussierte Willow den Blick auf ihren Teller. Den Kopf leicht gesenkt fielen ihr die Haare ins Gesicht. Das kam ihr zu Gunsten, denn so sah niemand ihre rosa Wangen.

„Ich hätte es wissen müssen", murmelte der Captain und Cere schüttelte grinsend den Kopf.

„Greez, beruhige dich. Es ist doch nur eine Kerze", verteidigte die ältere Frau die Teenager.

Willow wagte es, zu Cal zu schielen. Seine Ohren waren tiefrot, aber abgesehen davon hätte er nicht gelangweilter aussehen können. Greez grummelte mürrisch vor sich hin und bei Ceres mütterlichen Art musste Willow lachen. Innerhalb weniger Sekunden lockerte die Stimmung sich ein kleines bisschen auf und die verschiedensten Themen wurden beim Essen diskutiert. Es war die lebhafteste Mahlzeit die sie hatten, seitdem Willow sich der Crew angeschlossen hatte. Mit vollem Bauch und einigermaßen zufrieden ließ sie sich in den Stuhl sinken. So wie jetzt konnte es immer sein.
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2.270 Wörter,

und zum Ende nochmal ein kleines Hoch!

wie hat euch dieses Kapitel gefallen? habt ihr vielleicht sogar Verbesserungsvorschläge?

bis zum nächsten Mal!
~Alice

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