Kapitel 23 - Distance
Als Willow am nächsten Morgen erwachte, fühlte sie sich erholter als jemals zuvor. Dieser Schlaf übertrumpfte sogar den, den sie vorige Nacht hatte, als sie mit der Phiole eingeschlafen war. Ihre Nerven waren ausgeruht und in ihrem Kopf fühlte sie sich frisch. Als hätte Cals Anwesenheit eine Reset-Taste bei ihre gedrückt.
Mit noch geschlossenen Augen runzelte sie die Stirn. Für einen Augenblick hatte Willow ganz vergessen, dass sie ja neben Cal eingeschlafen war. Doch nun spürte sie seine Anwesenheit nicht, also öffnete sie blinzelnd ihre Augen. Den Kopf drehte sie zu ihrer Rechten, da wo Cal gelegen hatte. Doch er war nicht da.
Noch ein wenig schlaftrunken stützte Willow sich auf ihre Unterarme. Den Blick ließ sie durch das kleine Zimmer schweifen. Von Cal war keine Spur. Leise schlich sich Unsicherheit in ihren Kopf. Warum war er schon gegangen?
Willow entschied, dass sie nicht zu viel in Cals Handeln interpretieren durfte. Vielleicht hatte er etwas besorgt oder wollte was nachsehen. Die Ungewissheit abschüttelnd begab sie sich in das Bad. Dort machte sie sich einmal frisch für den kommenden Tag. Zu ihrer Zufriedenheit stellte Willow fest, dass zu ihren alten Wunden keine schwerwiegend Neue dazugekommen waren. Die älteren Blessuren und Schnitte, die sie von Kashyyyk noch auf ihrer Haut beherbergte, waren gut am Verheilen.
Die junge Schülerin wechselte in ihre Duellierkleidung, faltete den Pyjama zusammen und legte ihn auf das gemachte Bett. Ihre Gedanken drifteten wider ihres Zutuns zurück zu Cal. Mit einem Verschwinden seinerseits hatte Willow nicht gerechnet. Widerwillig flüsterten ihr die wildesten Gedanken zu, dass sie etwas falsch gemacht hatte. Vielleicht hätte sie seinen Vorschlag für die Übernachtung nicht annehmen dürfen. Oder er hatte in ihrer Nähe nicht gut schlafen können? War sie ihm vielleicht sogar versehentlich zu nahe gekommen? Fühlte er sich überrannt von der recht plötzlichen Nähe? Wenn dem so war, dann konnte Willow das gut nachvollziehen. Sie selbst war nie ein großer Freund von körperlichem Kontakt gewesen, doch bei Cal war es irgendwie anders. Nachdenklich kaute Willow auf ihrer Unterlippe herum. Sollte sie ihn bei der nächsten Gelegenheit darauf ansprechen? Dabei war sie eigentlich kein Fan von Konfrontationen.
Bevor die Unsicherheit Willow überwältigen konnte, hörte sie das summende Geräusch ihrer sich öffnenden Zimmertür. Überrascht drehte sie sich um und sah in das verschlafene Gesicht des jungen Jedis. Im Leben hatte Willow nicht damit gerechnet, dass er an diesem Morgen in ihr Zimmer zurückkehren würde. Sie spürte Erleichterung bei dem Fakt, dass Cal sich entschieden hatte wieder zu kommen. Doch etwas war anders. Willow konnte sich nicht erklären wieso, doch sie hatte den Eindruck, dass die Stimmung zwischen ihnen leicht angespannt war.
Cal schien unsicher, als er seine Arme unter seinem blauen Poncho verschränkte. Für einen kurzen Moment hielt er Blickkontakt mit Willow, ehe er auf seine Schuhe starrte.
„Guten Morgen. Ich wollte dich nur wissen lassen, dass unser nächster Halt Ilum ist. Wird 'ne Weile dauern, bis wir ankommen."
Willow hob ihre Augenbrauen. Sie kam nicht drum herum, sich ein wenig vor den Kopf gestoßen zu fühlen. Cal hatte seine Aussage ziemlich sachlich formuliert. Für Willow ergab sein distanziertes Verhalten keinen Sinn, nachdem sie doch gestern erst eine innige und intime Konversation geführt hatten.
Schließlich nickte sie.
„Oh, okay", antwortete sie und ein Moment der Stille kehrte ein. Es schien, als wüsste keiner über was sie noch reden konnten und das machte die Situation ein wenig unangenehm. Zudem schien Cal mit den Gedanken ganz woanders zu sein. Willow warf ihre Unsicherheit über Board als sie ihn gerade heraus fragte: „Wie hast du geschlafen?"
Offenbar hatte sie damit einen wunden Punkt getroffen. Cal trat ein paar kleine Schritte zurück, doch er suchte ihren Blick.
„Gut, gut. Ich..." Cal zögerte und zupfte nervös an dem Saum seines Ponchos. „Ich geh dann mal zu den anderen", sagte er und deutete mit dem Daumen hinter sich. Statt tatsächlich zu gehen blieb er allerdings wie festgewurzelt stehen. BD-1, Cals kleiner Droide, machte ein paar Laute, woraufhin er, kaum merklich, errötete. Dann machte er auf dem Absatz kehrt und verschwand aus Willows Raum.
Verblüfft bewegte Willow sich die nächsten Sekunden nicht. Sie musste verarbeiten, was soeben passiert war. Zu gern wüsste sie, weshalb Cal sich auf einmal so seltsam verhielt. Dummerweise sprach sie kein Binär, sonst hätte sie vermutlich BD-1 nach Informationen ausgequetscht. Der kleine Droide war Cals bester Freund, er wusste sicher, was den jungen Jedi beschäftigte.
Willow schüttelte einmal den Kopf, wie als wolle sie keinen weiteren Gedanken an Cals wirrem Verhalten verschwenden. Dann hob sie ihre Robe vom Boden auf und legte diese auf das Bett neben dem Pyjama. Anschließend schnappte Willow sich ihren Zauberstab und verstaute diesen in der kleinen Tasche um ihren Oberschenkel. Sie rieb sich einmal mit den Fingern über die linke Augenbraue. Die junge Hexe würde jetzt zu den anderen gehen und sie war nicht sicher, wie die Stimmung sein würde. Willow hoffte, dass zumindest der Konflikt zwischen Cere und Cal geklärt war, nachdem beide ein „privates" Gespräch am gestrigen Abend hatten.
So selbstbewusst wie es ihr möglich war trat Willow in die Küche. Die anderen Crewmitglieder saßen bereits am Tisch, wo das Frühstück noch immer in dem Kochgeschirr dampfte. Die Crew schien auf Willow gewartet zu haben, damit sie zusammen essen konnten.
„Ah, da bist du ja, Mädchen. Setz dich, setz dich. Das Essen ist gerade fertig geworden", begrüßte Greez sie.
Cal hatte sich heute am Kopfende platziert mit Cere zu seiner linken und Greez zu seiner Rechten. Es war ein wenig merkwürdig, nachdem Willow all die vorherigen Mahlzeiten doch neben Cal gesessen hatte. Aber jetzt bekam sie allmählich den Eindruck, dass Cal ihr aus dem Weg gehen wollte. Bei dem Gedanken sank ihr Herz kurz. Also nahm Willow neben dem Piloten platz, welcher eifrig die Mahlzeit auf vier Teller verteilte. Schweigend machten sie sich über das Essen her. Auch hier nahm Willow eine leichte Anspannung war und genervt stellte sie fest, dass diese Anspannung nun auch auf sie umschlug. Vor ein paar Minuten noch hatte sie gedacht, dass alles in Ordnung war. Doch jetzt war von diesem Gefühl keine Spur mehr. Still beobachtete sie Cal aus dem Augenwinkel heraus. Dieser schaute ausschließlich auf seinen Teller und hob kein einziges Mal den Blick. Willow bemerkte auch, dass Greez ein paar Mal den Blick hin und her huschen ließ. Sicherlich war die Anspannung auch für Cere und Greez spürbar. Doch die Ex-Jedi wirkte kontrollierter, als jeder andere an diesem Tisch.
Nach dem Frühstück, welches sich unnatürlich ernst angefühlt hatte, schwärmten alle in verschiedene Richtungen. Greez steuerte auf das Cockpit zu, um die Mantis im Kurs zu halten. Cere blieb bei dem Holotisch stehen und Cal verschwand in die Richtung der Schlafzimmer. Willow war am Esstisch hinterblieben und seufzte, als sie den Haufen an dreckigem Geschirr sah. Sich auch mal um das Geschirr zu kümmern war das mindeste, was Willow als kleines Dankeschön tun konnte. Sie zückte ihren Zauberstab und beförderte mit dem Schwebezauber das Geschirr in der Spüle auf die Arbeitsplatte daneben.
Willow zielte mit ihrem Stab auf das Geschirr und führte den Ratzeputz-Zauber aus. Damit wusch sich das Geschirr von alleine, welches sie daraufhin mit einem weiteren Zauber trocknete. Die Prozedur dauerte keine halbe Stunde, da war alles Geschirr gewaschen und zurück in die Schränke sortiert. Anschließend sorgte Willow noch dafür, dass sowohl der Tisch, als auch der Boden sauber waren. Beim Putzen ließen ihre Gedanken ihr keine Ruhe. Zweifel über Zweifel schwirrten in ihrem Kopf umher und sie war froh, als sie endlich fertig war.
Als dies erledigt war, keimte Langeweile in Willow auf. Klar, sie könnte in ihren Schulbüchern lesen und pauken, doch sie wusste, dass sie sich darauf momentan nicht konzentrieren konnte. Sie wollte sich unter allen Umständen von der seltsamen Situation mit Cal Ablenken. Also gesellte sie sich zu Greez in das Cockpit und nahm wie selbstverständlich auf dem Co-Piloten Sitz platz. Eigentlich hatte Willow vorgehabt, den Captain etwas zu fragen, doch all die blinkende Technik hier vorne lenkte sie augenblicklich ab.
„Whoa! Wofür sind denn die ganzen Knöpfe hier?" fragte sie interessiert.
Greez musste kurz grinsen.
„Ach, die. Nichts besonderes", winkte er bloß ab. „Aber rühr die lieber nicht an!"
Willow hob direkt ihre Hände.
„Okay, okay. Ich fass nichts an. Aber ist es nicht wahnsinnig viel, was man sich merken muss?"
„Ja, naja. Natürlich. Aber es lohnt sich. Erst recht für dieses großartige Schiff."
„Seit wann fliegst du die Mantis?"
„Oh", machte der Pilot. „Schon seit einer Ewigkeit", fuhr er fort und holte Luft, um zu erklären. Dann hielt er inne und beäugte Willow skeptisch. „Ist das ein Ablenkungsmanöver? Oder ist dir einfach nur langweilig?"
Eilig schüttelte Willow den Kopf.
„Nein, nein! Ich will dich nicht ablenken. Ich weiß nur nicht, wie ich mich gerade beschäftigen kann."
Ein Moment der Stille trat ein. Dann kam Willow auf eine Idee.
„Hey, Greez. Wollen wir etwas spielen?"
„Etwas spielen? Hm, ich weiß nicht... Ich kann mich nicht von hier wegbewegen, Mädchen."
„Wie gut, dass du dich dafür auch nicht bewegen musst. Ich brauche nur eine deiner vier Hände", lächelte sie Greez an.
Dieser sah sie panisch an.
„Eine meiner Hände?! Wofür? Doch nicht etwa für Hexenkram, oder?"
Willow musste kurz schmunzeln.
„Nein, keine Sorge. Das Spiel ist ganz einfach. Es wird auf der Erde gerne von Muggeln gespeilt. Das sind quasi nichtmagische Menschen, also Normalos. Das Spiel heißt Schere, Stein, Papier", grinste sie.
Greez runzelte nur die Stirn. Willow begann unbeirrt, ihm die Regeln des Spiels zu erklären. Der kleine Captain hörte aufmerksam zu und am Ende von Willows Erklärung setzte er zu Rückfragen an.
„Also, Moment. Schere schlägt Papier, weil sie es durchschneidet. Verstanden. Stein schlägt Schere, weil der Stein die Schere zerstört. Hab ich auch verstanden. Aber was ist die Rolle von Papier noch gleich?"
„Papier schlägt Stein."
„Wie? Das ergibt ja keinen Sinn", grummelte Greez.
„Doch. Das Papier umwickelt nämlich den Stein, Greez. Deshalb schlägt Papier Stein. Vertsanden?" fragte sie.
Der Pilot winkte bloß mit einer Hand ab.
„Jaja, hab ich verstanden. Also was dann? Du zählst bis drei und dann zeig ich dir die Figur, für die ich mich entschieden habe?"
„Fast. Statt zu zählen sagen wir ‚Schere, Stein, Papier' und wenn wir bei ‚Papier' angekommen sind, dann zeigen wir unsere Figur. Aber wir müssen es gleichzeitig machen. Sobald wir versetzt sind, zählt es nicht."
Greez zuckte die Schultern.
„Meinetwegen."
Gesagt, getan. Beide hoben ihre Fäuste und Willow zählte runter. Greez entschied sich für die Schere und Willow zeigte Papier.
„Hey, großartig! Der erste Punkt geht an dich, Greez."
Die kleinen schwarzen Augen des Pilots strahlten auf. Erfreut klatschte er einmal in die Hände.
„Wirklich? Okay, nochmal."
Sie spielten noch einige Runden. Der Captain war mit Leib und Seele dabei und Willow musste gestehen, dass sie dabei mehr Spaß hatte, als sie angenommen hatte. Greez' Freude über jeden seiner Erfolge war so ansteckend, dass Willow bei jedem Jubel seinerseits lachen musste. Nach ein paar Minuten lag Greez haushoch in Führung.
„Wahnsinn, Greez! Wie machst du das? Schummelst du?", fragte sie lachend.
Greez streckte seine Brust raus und klopfte sich zweimal dagegen.
„Das ist pures Können, Mädchen."
Kopfschüttelnd musste Willow über sein Verhalten lachen. Wer hätte gedacht, dass Greez bei einem so simplen Kinderspiel mit Herzblut dabei sein würde? Sie hörte, wie auch Cere einmal auflachte. Willow drehte ihren Kopf in dessen Richtung und war überrascht, auch Cal dort stehen zu sehen.
Der Junge beobachtete sie mit einem leichten Lächeln auf dem hübschen Gesicht. Doch als er Willows Blick bemerkte räusperte er sich einmal und verwickelte Cere in ein Gespräch. Die Schülerin war froh zu sehen, dass die beiden sich wieder verstanden. Doch verletzte es sie ein wenig, dass Cal ihr aus dem Weg zu gehen schien. Vielleicht musste sie doch die Initiative ergreifen und das Gespräch suchen. Mental setzte sie sich eine Frist. Wenn Cals Verhalten sich bis heute Abend nicht geändert hatte, dann würde Willow ihn darauf ansprechen.
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1.981 Wörter,
und damit wieder etwas kürzer. Wie gefällt euch das Bonding zwischen Willow und Greez? Ich persönlich hab gehofft, dass die beiden noch die Gelegenheit auf eine schöne Szene bekommen.
Und oh, oh - Willow bekommt die kalte Schulter. Was meint ihr, wieso ist Cal so seltsam und distanziert auf einmal?
Lasst mich gern eure Meinung wissen!
~Alice
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