Kapitel 15 - Rollercoaster

Gemeinsam liefen sie auf einem massiven Ast entlang, von dessen Ende aus sie gut an den Vogel gelangten.
„Du nimmst uns mit?" fragte Cal.

Überrascht fing er Willows Blick auf, welche lediglich grinsend mit den Schultern zuckte.
„Worauf wartest du, Redhead? Wir haben nicht den ganzen Tag zeit."

„Richtig, richtig."
Vorsichtig schritt er näher an das Tier heran, bedacht darauf, es nicht zu verletzen. Dann kletterte er auf den Rücken des Wesens und hielt Willow eine Hand hin.

„Komm schon, Lills. Wir haben nicht den ganzen Tag zeit", neckte er sie.

Das Mädchen musste lachen und schüttelte fassungslos den Kopf. Dann ergriff sie seine Hand und ließ sich hinter ihm nieder. Ein Glück hatte sie sich gegen ihre Schuluniform entschieden, ein Rock wäre in dieser Situation recht hinderlich gewesen. Der Damensitz war hier ziemlich riskant, da sich dadurch nicht genug Fläche zum Festhalten bot.

So positionierte sie sich, wie auf ihrem Besen auch, hinter ihrem Kumpel. Um ein bisschen mehr Stabilität zu bekommen packte sie, wie selbstverständlich, seine Schultern.
„Bereit?" fragte dieser über seine Schulter hinweg.

Bevor Willow antworten konnte, setzte das Tier sich in Bewegung. Entgegen Willows Erwartung stürzte es sich für den ersten Moment gerade runter in die Tiefe. Unvorbereitet rutschte sie Cal in den Rücken, welcher mit einem Arm nach hinten zu ihrem Oberschenkel griff, um sie zusätzlich zu stabilisieren. Ohne darüber nachzudenken nahm sie ihre Hände von seinen Schultern und griff mit beiden Armen um seine Taillie, während sie ihre Wange an seinen Rücken drückte. In ihrem Bauch kribbelte es leicht und Willow erklärte sich dieses Gefühl als Aufregung aufgrund des abrupten Senkfluges.

Schneller als gedacht fanden sie sich im Gleitflug wieder, und mit etwa jedem dritten Flügelschlag stiegen sie höher. Sie befanden sich knapp über den Wolken, das Meer an Grün nun um einiges weitreichender.
„So viel hat das Imperium noch nicht angerührt", rief Cal von vorne und verdiente sich damit ein paar glücklich klingende Laute von seinem Droiden.

Das Fliegen auf dem Vogel erinnerte Willow an die paar Male, in denen sie einen Hippogreif ritt, ein völlig unbeschreibliches Gefühl. Furchtlos löste sie sich von Cal und breitete ihre Arme aus. Sofort wurde sie von Freude in der pursten Form gepackt und ein Anfall von Lachern überkam sie.

Ihr hübscher Begleiter schenkte ihr über seiner Schulter einen Blick und keine zehn Sekunden später spiegelte er ihre Haltung. Zusammen ließen sie sich von dem Wind umarmen, der unbarmherzig durch ihre Kleidung kroch. Die Sonne schien warm auf sie herab und die Luft hätte nicht grüner riechen können. Die Zeit schien verlangsamt und Willow genoss jede Millisekunde, den Blick nicht nur auf die Aussicht des Planeten gerichtet.

Von absehbarer Distanz konnte sie schon eine lichtungsähnliche Plattform erkennen, auf der sie wohl gleich landeten. Überglücklich legte sie ihre Arme um ihren guten Freund und drückte ihn einmal fest - sie fühlte sich, als könnte sie die ganze Welt umarmen. Der junge Jedi legte eine Hand auf ihren Armen ab.
Bis zu ihrer Landung behielten sie diese Position bei und Willow war schon fast traurig, dass der Flug hiermit endete.

Völlig durch den Wind glitt sie von dem Tier hinunter und brauchte einen Moment, um sich zu sammeln. Cal folgte ihr und streichelte den anmutigen Vogel in einer dankenden Geste.
Willow sichtete direkt eine weitere Pflanze, die sie für ihre Sammlung pflückte.

Als sie sich umdrehte entdeckte sie Cal, wie er an einer Art provisorischen Werkbank zugange war. Sie gesellte sich zu ihm und sah, wie er ein Werkzeug zückte. Es sah einem Bohrer recht ähnlich, nur schien es wesentlich vielfältigere Optionen zu haben, als Willow es von der Erde kannte.

Er positionierte sein Lichtschwert auf der Arbeitsfläche und begann daran herumzuwerkeln. Willow kam nicht drum herum, ihn zu beobachteten. Die feinen Falten auf seiner Stirn, die sich bildeten, wenn er konzentriert war. Das war ihr schon anfangs aufgefallen und sie kam zu dem Entschluss, dass es eine Angewohnheit von ihm war. Sein rotes Haar wehte leicht in dem Wind, der hier oben herrschte und sorgte dafür, dass ihm feine Strähnen ins Gesicht fielen.

Ihr Blick wanderte zu seinen Händen und wie in Trance beobachtete sie, wie er seine Waffe reparierte. Seine Handgriffe waren wie geübt, als hätte er so etwas schon tausende Male zuvor gemacht.
„Wo hast du das gelernt?"

Cal sah kurz zu ihr auf: „Auf Bracca. Ich habe dort als Schrottsammler gearbeitet, bis..." er zögerte kurz, „bis Cere und Greez mich gefunden haben."

Sie nickte und bevor sie ihm eine weitere Frage stellen konnte trat er einen Schritt von der Werkbank zurück. Sofern Willow es beurteilen konnte, hatte er den Griff seiner Waffe bearbeitet. Er nahm sein Lichtschwert und aktivierte es. Die Klinge leuchtete in dem gewohnten Blau. Doch dann aktivierte er die zweite Klinge des Schwertes, sodass er eine Doppelklinge hatte.
Stolz grinste er die Hogwartsschülerin an.
„Was sagst du?" fragte er, während er es einmal in seinen Händen schwang.

Anerkennend hob Willow die Augenbrauen.
„Das ist sehr cool. Da werd ich ja fast neidisch", scherzte sie.

Zufrieden befestigte Cal seine Waffe an seinem Gürtel.
„Okay, ich glaube, hier gehts lang", sagte er schließlich und deutete auf einen schmalen bewachsenen Pfad.

Nähe Ende des Pfads begann Cals kleiner Droide zu beepen.
„Suchst du was?"

Auf der anderen Seite des Weges befand sich eine zugewucherte Statue.
„Hey, das ist noch so eine Zeffo-Statue", hatte Cal gesagt.

BD-1 lief auf die Statue zu, ehe er durch seine blauen Laser ein Videohologramm abspielte. Willow erkannte einen älteren Mann in der Abbildung. Er hielt etwas in seiner Hand, nicht sehr groß und rundlich. Während seines Monologs drehte er es immer wieder in seinen Händen:
„Endlich habe ich es gefunden. Das Astrium, wie Zeffo-Weise es vor Jahrtausenden benutzt haben. Hier in meiner Hand ruht ein Teil galaktischer Geschichte. Oh, dafür kann ich Tarfful niemals genug danken. Weißt du was das bedeutet, mein Freund? Wir müssen nicht zurück nach Dathomir! Die Dunkelheit hat jeden Versuch vereitelt das Astrium in Kujets Grab zu finden, aber die Macht- Die Macht bereitet uns einen neuen Pfad."

Willow nahm an, dass dieser Mann Meister Eno Cordova sein musste. Mit einem Mal verstand sie was Cere meinte, als diese ihren ehemaligen Meister als exzentrisch bezeichnet hatte.
Das Hologramm verschwand und Cal sah aus, als sei ihm etwas wie Schuppen von den Augen gefallen. Er lief rückwärts den Weg zurück, den sie gekommen waren und sah Willow erwartungsvoll an, als er lediglich zwei Worte sagte: „Kujets Grab."

Das Mädchen, nicht ganz sicher, was sie mit dieser Information anfangen sollte, eilte ihm nach. Sie mündeten in einer Art Nest, wo der Vogel scheinbar auf sie wartete. Von der Größe dieses Nests zog Willow den Entschluss, dass es dem riesigen Tier gehörte.
Mit einem Grinsen näherte sie sich dem Vogel, Cal dicht an ihrer Seite. Sie kamen vor ihm zum Stehen und Willow hob gerade ihre Hand, da tauchte hinter dem Wesen ein bekanntes Schiff auf. Es feuerte auf das Tier, welches gnadenlos in die Tiefe stürzte.

Der Droide auf Cals Schulter schrie vor Schreck auf und auch die zwei Teenager riefen wie aus einem Munde: „Nein!"

Das Schiff feuerte erneut auf das Trio. Ohne, dass Willow jegliche Reaktionszeit blieb, wurde sie aus dem Nest geschleudert. Ein weiteres Mal prallte sie hart auf dem Boden auf, ehe sie sich unter dem Beschuss schützend die Arme über den Kopf hielt. Einige schwere Äste des Nests wurden in die Luft katapultiert und schlugen kräftig auf. Unglücklicherweise erwischte ein Ast direkt Willows Schienbein, welche schmerzerfüllt fluchte. Sie war eingeklemmt.

Durch Flammen und Rauch hindurch erkannte sie, dass Cal sich nach ihr umschaute. Als er sie entdeckte hielt er dem Augenkontakt stand und Willow realisierte, dass er sie mit Hilfe der Macht aus dem Nest geschupst haben musste. Allerdings trug das die Folge, dass Cal nicht mehr entkommen konnte. Er war in dem Nest eingekesselt.

Hilflos sah Willow dabei zu, wie aus dem Qualm heraus die neunte Schwester in das Nest trat. Ohne zu zögern zog Cal seine Waffe und aktivierte diese, die Inquisitorin tat es ihm gleich.
„Hab ich dich wieder!" Die Schadenfreude in ihrer Stimme war nicht zu überhören.

„Du schadest niemandem mehr!"
Cal war wütend. Willow konnte erkennen, wie seine Hand den Griff um sein Lichtschwert festigte. Seine Knöchel traten bereits weiß hervor.

„Ich weiß gar nicht, warum die zweite Schwester dich für so wichtig hält. Sie mag Souvenirs, aber Erinnerungen sind mir egal und ganz ehrlich", mit ihrer rot leuchtenden Klinge deutete sie auf Cal, „Du bist meine Zeit nicht wert. Also machen wir's schnell."

Unmittelbar danach brach der Kampf aus. Die Inquisitorin kämpfte wild und unkalkuliert, höchst unberechenbar. Cal steckte ganz schön ein, ehe er die Oberhand gewann. Er nutzte die nächstmögliche Gelegenheit und schnitt der neunten Schwester die Hand ab, in der sie ihre Waffe hielt.
Die Frau ging auf die Knie und hielt sich den verwundeten Arm, aber kein einziger Laut verließ ihre Kehle. Der Anblick verschaffte Willow eine unangenehme Gänsehaut.

„Es ist vorbei", sagte Cal, seine Waffe noch leise brummend in seiner Hand.

„Als Inquisitorin weiß ich, dass kein Rückschlag zu groß ist. Wenn du dich selbst verloren hast, dann ist ein Arm das Geringste", sie erhob sie wieder.
„Weißt du, ich war auch ein Jedi. Ich würde dich gerne anwerben und zerbrechen sehen, wie den Rest von uns."
Mit der Macht hob sich das feindliche Lichtschwert in die Höhe und flog zurück zu der neunten Schwester. Beinahe hätte sie Cal dabei erwischt, doch er duckte sich noch rechtzeitig weg.

Dann griff sie ihn wieder an. Mit jedem von ihr ausgeführten Schlag, den Cal gekonnt abwehrte, führte sie ihre Rede weiter.
„Ist das Zorn?" Sie lachte und Willow wurde schlecht.
„Darauf folgt Isolation. Folter. Verstümmelung. Und deine Freunde", Cal konnte ihr Schwert gerade so abwehren. „Beginnend bei deiner kleinen Freundin dort drüben", sie sah Willow direkt an. Der Wahnsinn in den Augen der Inquisitorin tobte so arg, dass der Blickkontakt ihr Blut in den Adern gefrieren ließ.

„Von denen lässt du die Finger, verstanden?!"
Cal setzte zu einem Angriff an.

„Niemand stoppt das Imperium!"

„Aber dich schon", konterte er und schlug ihre Waffe beiseite. Mit einem Salto über ihren Kopf hinweg schnitt er sie am Rücken, ehe er sie bei der Landung mit einem Machtschub kräftig schupste. Sie wurde durch das lodernde Holz des Nests in die Tiefen geschleudert, ehe mehrere kiloschwere Stämme hinunter brachen. Die neunte Schwester war erledigt.

Cal stand einen Moment einfach nur da, als müsste er verarbeiten, was soeben passiert war. Sein Droide beepte, woraufhin er ihm eine Antwort lieferte:
„Ja. Das war das Ende eines Inquisitors."

Eilig versuchte Willow, das schwere Holz von ihrem Bein zu heben. Dummerweise lag sie auf der Seite eingeklemmt und kam so nicht an ihren Zauberstab, der in einer Tasche um ihren Oberschenkel befestigt war.
Bei dem Versuch sich zu befreien schien sie eine Kettenreaktion ausgelöst zu haben, mehrere kleine Stämme purzelten zusätzlich auf ihren Körper, wodurch sie kurz schmerzhaft aufstöhnte.
„Verdammt", murmelte sie und war genervt von ihrem eigenen Ungeschick.

Sie wunderte sich, wo Cal abgeblieben war. Sie konnte ihn nicht mehr sehen. Um hier wieder rauszukommen brauchte sie Hilfe. Doch was, wenn er schon abgehauen war? Was, wenn er sie vergessen hatte? Willow, kurz vor der Verzweiflung, holte tief Luft um ihn zu rufen.

Bevor sie auch nur einen Ton sagen konnte, wurden die Stämme auf ihr angehoben. Dahinter kam Cal zum Vorschein.

Erleichtert hievte Willow sich auf die leicht verletzten Beine. Mehr als ein paar Hämatome würde daraus wohl nicht resultieren. Schnellen Schrittes begab sie sich zu Cal und bei ihrem Partner angekommen musterte sie ihn einmal prüfend. Er war erstaunlich gut aus dem Kampf hervorgekommen.
Die Temperatur in dem Nest war durch das lodernde Holz um sie herum schon fast zu heiß. Kombiniert mit einem kräftezehrenden Kampf einer Inquisitorin war es verständlich, dass sich auf seiner Stirn kleine Schweißperlen bildeten.
Erleichtert, dass er okay schien, lächelte sie ihn leicht an.

Willow hörte, wie die Stämme hinter ihr zu Boden fielen, als er seine Hände auf ihre Schultern legte. Cals Stirn zog sich in sorgenvolle Falten und sein Blick schweifte über ihren Körper, ehe er bei ihren Augen stehen blieb.
„Lills, es tut mir so leid. Ich wollte dich nicht verletzen. Du hast heute ziemlich einstecken müssen und ich wollte vermeiden, dass die neunte Schwester dich in die Hände kriegt. Es war quasi eine Kurzschlussreaktion, um ehrlich zu sein habe ich gehandelt, ohne darüber nachzudenken."

Cals Worte waren so aufrichtig, sie konnte nicht anders als zu lächeln. Wenn sie ehrlich mit sich selbst war, dann tat diese Entschuldigung unheimlich gut. Zwar fand Willow nicht, dass sie nötig war, doch war es schön, sie zu hören. Es mochte lächerlich klingen, doch hatte sie seit Jahren keine so geradlinige Entschuldigung bekommen. Nicht von ihren Professoren, als sie in ihrem fünften Jahr beinahe ihr eigenes Leben gelassen hatte. Auch keine Anstandsentschuldigung von irgendwem, als sie zwei ihrer Freunde sterben sah. Nicht einmal Sebastian hatte sich bis zum heutigen Tage ernsthaft entschuldigt, als er sie trotz allem, was sie für ihn getan hatte, als ignorant bezeichnet hatte.

Willow legte ihre Hände auf Cals ab.
„Das ist wirklich lieb von dir Cal, ich danke dir. Doch von jedem, der mir eine Entschuldigung schuldig ist, bist du definitiv keiner davon. Du hast aus guter Intention heraus nach deinem Instinkt gehandelt, das rechne ich dir hoch an. Also... Danke. Ehrlich."

Er erwiderte nichts darauf und schaute sie einfach nur an. Der Blickkontakt war intensiv und es kribbelte alles in Willow. Durch das Feuer um sie herum strahlten seine grünen Augen stärker als sonst.
Der Moment brach ab, als der Wind unnatürlich auffrischte. Die Quelle lag bei den kräftigen Flügelschlägen, des totgeglaubten Vogels. Er landete kurz vor dem Nest.

Überrascht ließ Cal von Willow ab und näherte sich dem Tier. Sie folgte ihm.
„Hey! Wir dachten du wärst tot", kam es von dem Rotschopf. Der Vogel senkte seinen Kopf und gemeinsam streichelten sie ihn kurz.

Wie schon zuvor stiegen sie auf den Rücken des Wesens. Als Willow sich platzierte sagte Cal: „Wir müssen zurück, Cere und Greez erwarten uns."

Der Flug zurück zur Landeplattform verging schnell und ohne große Besonderheiten. Da sie mehr runter als hoch flogen, hielt Willow sich abermals um Cals Bauch fest und genoss die letzten Minuten der Unbeschwertheit. Sie vermutete, dass die Stimmung auf der Mantis sich nicht groß verändert hat und war nicht erpicht auf das, was auf die Jugendlichen wartete.
Den Gedanken abschüttelnd atmete sie einmal tief ein und genoss die Mischung der Gerüche. Das Fliegen dieser Art würde sie vermissen.
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