04. Mama, Theo und Aphrodite
Ich hatte Ashla und Nina gebeten nicht ins Krankenhaus mitzukommen. Das mit Theodor war einer der privaten Ereignisse in meinem Leben. Ein Glück hatten sie es verstanden und mich gebeten ihm viele Grüße von ihnen auszurichten.
»Lena!«, ruft meine Mutter erleichtert und kam auf mich zu gerannt. Sie hat tiefe Augenringe unter ihren strahlenden blauen Augen, ihre dunkelblonden Haare sind in einen zerzausten Pferdeschwanz gebunden.
Sie drückte mich lang und fest. »Mama«, nuschele ich in ihre Brust. Daraufhin, lässt sie mich los und schaut mich an, es fühlt sich so an, als würde sie tief in meine Seele starten. Ihre Augen sind rot und angeschwollen, sie hat bestimmt wieder total viel geweint.
»Wo ist Theo?«, krächze ich. Meine Stimme war verloren.
Sie holt tief Luft und zeigt auf die weiße Tür hinter sich. »Ich gehe ihn besuchen«, sage ich zu keinem so wirklich.
Meine Mutter nickt betrübt ihren Kopf, sie geht einen Schritt beiseite, so habe ich einen direkten Blick auf die Tür. Ich gehe auf sie zu, klopfe seichte und drücke anschließend die Klinke runter.
Was ich sehe zerbricht mir das Herz und ich kämpfe meine Tränen zurück - die drohten runterzufallen. Vor mir, in einem kaltem grauangestrichenem Raum lag mein kleiner Bruder. Er war an duzende von Kabeln angeschlossen, sein weißes Bett stand am Fenster, doch das war zu hoch für ihn um richtig rauszuschauen.
Nicht weinen, sage ich mir. Nicht weinen. Sei stark für ihn. Ich schließe die Tür hinter mir und wende mich wieder meinen zu.
Seine grünen Augen strahlen mich an. »Lena«, begrüßt er mich begeistert.
»Hallo Theo«, Sage ich lächelnd und setze mich auf sein Bett, »Wie geht es dir?«
»Gut!«, beantwortet er grinsend, »Guck mal, Lena, wie viele Kabel hier sind!«Er zeigt großäugig auf die verschiedenen Kabel die irgendwie an ihm verbunden sind. Er hört sich fasziniert an. Ich glaube er versteht garnicht so richtig was mit ihm passiert.
Ich lächle ihn kränkend an und schaue mir die Kabel an, »Ja, cool.«
Er nickte energisch seinen Kopf. »Viel mehr als letztes Mal«, stellt er begeistert fest.
Ich quäle ein Lächeln auf meine Lippen. »Ja«, stimme ich ihn geschmerzt zu.
»Ach ja, viele Grüße von Ashla und Nina«, fällt mir noch ein.
Wenn es möglich ist, strahlt Theo noch mehr. Theo ist echt mein Sonnenschein und als ich das denke, wandern meine Gedanken zurück zu dem Typ mit Ozeanblauen Augen. Schnell widme ich mich der Realität zurück und schaue meinen Bruder an.
»Viele Grüße zurück«, sagt er, »Sag Nina das ich sie vermisse.« Ich lache kurz auf und nicke dann meinen Kopf.
Theo mag Nina echt total - was Ashla immer einwenig betrübt, da sie Theo total toll findet. Ich bin mir aber nicht sicher ob er einfach nur Nina's Afro mag. Wahrscheinlich ihre Haare und sie.
»Werde ich tun«, sage ich ihm immer noch kichernd.
Es klopft an der Tür und meine Mutter steckt ihren Kopf hinein. Sie lächelt uns an, als ihr Blick auf uns fällt. In der Hand hält sie eine Bürste. Mein Blick schweift über die braunen Haare meines Bruders. Ja, die müssten vielleicht mal gebürstet werden. Ich stehe auf und lasse Mutter und Sohn alleine.
»Hallo Spatz«, höre ich meine Mutter sagen, dann schließe ich die Tür.
Einmal im Flur, laufe ich einwenig rum. Dahin wo mich die Toten Flure hinführen. Nach all dem laufen, gerate ich im Hof des Krankenhauses. Ich setze mich auf eine leere Bank und beobachte wie ein geschätzt 14-jähriges Mädchen im Rollstuhl von ihrem Vater geschoben wird.
Ich hasse Krankenhäuser. Ich hasse sie so sehr. So viel tot und Trauer. Mein Herz schmerzt. Mein Bruder war hier viel zu oft, dabei war er erst Vier Jahre alt. Er sollte draußen spielen! Ich spüre wie mir eine Träne runterkullert.
»Was weint ein so hübsches Mädchen denn alleine hier rum?«, höre ich ein beruhigende, tiefe Stimme. Ich blicke auf und schaue in dunkelblaue Augen. Es war der Typ vom Konzert.
»Was machst du denn hier?«, frage ich ihn überrascht.
»Meine Oma liegt hier im Krankenhaus«, erklärt er simpel. Er lässt sich neben mich nieder, »und du?«
Ich schaue von ihm weg, in die Ferne, wo das Mädchen weiter geschoben wird. »Mein Bruder«? sage ich leise.
Er nickt nur seinen Kopf, seine Augen auch auf das geschobene Mädchen gerichtet. Ich bin ihm dankbar, dass er keine Fragen stellt und ich glaube er ist auch dankbar, dass ich ihm keine Stelle. Er kaut sich nachdenklich auf die Wange und sieht aus als sei er tief in Gedanken.
»Ich hasse Krankenhäuser«, sagt der junge Mann neben mir und schaut immer noch in die Ferne.
Ich lache leicht durch meine getrockneten Tränen: »Wer nicht?«
Er wendet seinen durchbohrenden Blick vom Mädchen ab und schaut mir tief in die Augen. Ein leicht schiefes Lächeln sitzt auf seinem Gesicht: »Die Ärzte.« Ich bin mir nicht sicher ob er es als Scherz meint oder nicht.
»Ich weiß nicht wie man freiwillig hier arbeiten kann«, redet er dann.
Ich schaue ihn neugierig an und finde seine Meinung interessant, ich empfinde es nämlich anders. »Wenn keiner hier freiwillig arbeiten würde, wer würde sich dann um die Kranken kümmern? Und ich glaube, das Gefühl jemanden geholfen zuhaben ist ein ganz wundervolles Gefühl.«Verträumt schaue ich wieder in die Ferne, nachdem ich ihm an meiner Meinung teilnehmen haben lassen. Als Besucher hasse ich auch Krankenhäuser, weil man nichts tun kann. Als Arzt aber kann man den Patienten helfen, eine Familie einen Herzbruch ersparen, leben retten.
Sein Blick ist jetzt wieder auf mich gerichtet, ich erwidere ihn. Ich habe das Gefühl gleich in seinen Wasserströmungen mitgerissen zu werden. Ich weiß nicht wie lange er mich so angeschaut hatte, aber ich bin die erste die weg schaut, als ich das Gefühl habe in seinen Augen verloren zugehen.
Er schaut mich von der Seite an und mein Bauch macht einen Salto unter seinem intensiven Blick.
»Willst du mal Ärztin werden?«, fragt er mich interessiert. Ich blicke wieder auf.
Ich überlege kurz, doch die Antwort ist mir eigentlich schon klar. »Ja. Ja, das will ich«, sage ich entschlossen.
Er lächelt mich wieder schief an und ich erblicke sein Grübchen. Mein Herz macht einen kleinen Hüpfer. »Ich glaube, du wirst eine gute Ärztin«, spricht seine raue Stimme.
Ich schaue ihn erst erstaunt an, dann lächle ich aber: »Danke.«Das Kompliment nehme ich sehr zu herzen. Diesmal ist er derjenige der zuerst wegschaut. Seine Augen sind auf eine Eiche gerichtet.
Wir sitzen schweigend nebeneinander. Erstaunlicherweise, ist es ein angenehmes schweigen, sowas hatte ich normalerweise nie mit dem anderen Geschlecht. Dann aber schaue ich auf die Uhr und merke, dass es an der Zeit ist wieder zu Theo zugehen. Ich stehe auf und er schaut mich neugierig an.
»Wo gehst du hin?»
Ich schaue ihn einwenig verlegen an: »Zurück zu meinem Bruder.«
Er nickt seinen Kopf, seine goldbraunen Haare fallen ihm ins Gesicht. Ich halte die Luft an, er sieht so gut aus. »Fertig mich abzuchecken?«, fragt er mich schmunzelnd, eine Augenbraue in die Höhe gezogen.
Ich puste Luft aus: »Das hättest du wohl gerne, was?« Ich lasse meine langen Haare über meine Wangen fallen und hoffe, dass sie meine Röte verdecken.
Er lacht und steht ebenfalls auf. »Sonnenschein, ich weiß, dass ich gut aussehe. Das kriege ich oft zuhören, du brauchst deine Liebe zu mir nicht zu verheimlichen.«
Ich schaue ihn entsetzt an: »Ich mag dich nicht! Ich kenne ja noch nicht einmal deinen Namen.«
»Ach so, es geht also um den Namen. Den habe ich dir doch schon heute verraten.«
»Du erwartest doch nicht ernsthaft, dass ich dich Gott nenne«, ich pruste laut los und er runzelt die Stirn.
Ich sammle mich wieder: »Wenn du Gott bist, dann bin ich...«, ich überlege kurz nach, »Aphrodite.« Ich grinse ihn an.
Er hebt eine Braue und hält mir seine Hand aus. »Aphrodite«, begrüßt er mich höflich, mit einem spielendem Licht in seinen Augen.
Ich schüttle seine Hand und kann nicht anders, als zu denken wie perfekt seine Hand doch ist: »Gott«, sage ich ebenfalls. Wie schütteln unsere Hände, es dauert aber nicht lange bis ich in Gelächter ausbreche. Er schaut mich amüsiert an, ein Lächeln schmückt sein Gesicht.
»Na dann, Gott«, ich betone das letzte Wort schmunzelt, »bis sich unsere Wege wieder kreuzen.«
»Bis sich unsere Wege wieder queren, Aphrodite.«
Wir gehen in verschiedene Richtungen, zurück zu unseren Geliebten.
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Eure SchlagfertigeMaus🥑
<3
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