»Kapitel 27
Jennys POV
Zitternd am ganzen Körper, wartete ich darauf, dass Mrs. Grogan meinen Namen ausrief. Ich saß nun schon seit einer halben Stunde in dieser muffigen Praxis und grübelte. In letzter Zeit sah ich überall kleine Kinder. Ich wurde langsam paranoid. Ich glaubte, dass Schicksal hatte sich gegen mich verschworen.
„Mrs. Havens?“, holte mich die Stimme eines Mannes aus meinen Gedanken.
„Ehm…ja. Das bin ich“, antwortete ich etwas verwirrt von seinem Geschlecht.
„Folgen sie mir in das Beratungszimmer?“ Jetzt wurde es ernst. Meine Knie wurden ganz weich. Ich hatte das Gefühl jeden Moment umzukippen. Stumm trottete ich hinter dem Mann hinterher. Er war ungefähr 40 Jahre alt, hatte graue Haare und einen leichten Bierbauch. Außerdem zog er immer wieder eine düstere Miene. Ich konnte nur hoffen, von Dr. Burton untersucht zu werden.
„So. Machen sie sich unten schon einmal frei. Dr. Burton kommt gleich“
Bevor ich ihm widersprechen konnte, war er auch schon verschwunden. Ich brauchte bloß einen Ultraschall und ein Beratungsgespräch. Mich unten rum frei zu machen wäre vollkommen überflüssig.
Also stand ich nun in dem Behandlungszimmer und wartete. Nach einer Ewigkeit kam Dr. Burton in das Zimmer.
„So Mrs. Havens. Dann wollen mir schauen. Warum haben sie sich denn noch nicht unten rum frei gemacht?“
„Ich möchte doch bloß wissen ob ich schwanger bin, verdammt!“ sagte ich in einem etwas lauteren Ton als geplant. Diese verdammten Stimmungsschwankungen.
„Dann sagen sie das doch gleich. Dann können wir auch einen Ultraschall machen.“, antwortete sie etwas geknickt.
„Es tut mir Leid. Ich wollte sie nicht so anfahren“, sagte ich reumütig und war schon wieder den Tränen nahe.
„Kein Problem. Legen sie sich bitte mal auf die Liege und streifen sie ihr Oberteil so nach oben, dass ich ihr Becken frei liegt. Ich mache ihnen dann etwas Gel auf ihr Unterleib und wir schauen mal nach, ob in ihrer Gebärmutter etwas heranwächst oder nicht“
Ich gehorchte und wartete ungeduldig auf das Ergebnis. Mit zugekniffenen Augen lag ich auf dieser Liege und lauschte der angenehmen Stille.
„Herzlichen Glückwunsch Mrs. Havens. Sie werden etwa im Juli nächsten Jahres ein Baby zur Welt bringen.“
Ein leises „Scheiße“ entwich meinen Lippen.
„Wie darf ich das verstehen Mrs Havens?“
„Ein Baby kann ich jetzt einfach nicht gebrauchen. Es passt nicht in meinen Plan. Ich meine ich bin erfolgreiche Köchin, plane mein eigenes Restaurant. Ich kann mir keine Pause erlauben. Schon gar nicht über mehrere Monate, geschweige denn Jahre. Ich kann keinen Schreihals gebrauchen. Verstehen sie?“ versuchte ich ihr meine Situation zu erklären.
„Also wenn ich sie richtig verstanden habe, wollen sie sich über eine Abtreibung informieren?“, fragte sie zaghaft.
„Ja“, versuchte so überzeugend wie möglich zu sagen. Eigentlich war ich mir sicher…denke ich.
„Ok“ Ich war mir nicht sicher, ob sie mich fragte, oder ob es eine Aussage werden sollte.
Nach einer Stunde konnte ich die Praxis endlich verlassen. Freitag war der Termin. Dann war ich das dämliche Ding endlich los. Ich weiß ehrlich gesagt nicht was ich damit soll, aber Dr. Burton hatte es mir gegeben.
Ich nahm es aus meiner Tasche und betrachtete den schwarzen Punkt. Mir wurde zwar alles erklärt, doch ich hatte absichtlich weg gesehen.
„Ist sie das?“, riss mich eine mir nur zu gut bekannte Stimme aus meinen Gedanken.
„Theoretisch könnte es auch ein er sein“, erwiderte und drehte mich um, um ihm direkt in seine braunen Augen zu sehen.
„Können wir reden?“, fragte er mich und legte seine Hände um meine Hüften um mich etwas an ihn heran zu ziehen.
„I´d love to“, antwortete ich und fiel ihm in die Arme. Ich brauchte einfach in diesem Moment starke Arme um mich.
Nach einer Ewigkeit löste ich mich aus der Umarmung und wurde wieder ernst: „Josh wir müssen reden. Ich würde vorher aber gerne Liam dazu holen. Schließlich könnte es ihn auch betreffen.“ Bei dem Namen Liam verdunkelte sich seine Miene schlagartig.
„Naja es ist deine Entscheidung. Die muss ich akzeptieren. Ob ich will oder nicht.“
Liams POV
Ich saß gerade an dem Flügel und spielte ein wenig, als mein Handy klingelte. Unbekannte Nummer leuchtete auf dem Display auf.
„Payne, Hallo?“, ging ich an mein Handy.
„Hey hier ist Jenny. Ich ruf von Joshs Handy an. Bevor du fragst. Ich will nicht lange drum herum drucksen. Komm Bitte in einer halben Stunde zum Starbucks in der Oxford Street. Stammplatzt. Ich warte da.“
Und schon hatte sie aufgelegt.
Was sie wohl von mir wollte?
Ich schaute auf die Uhr. 16.30 Uhr. Um 17.00 Uhr musste ich erst da sein.
Ich schlurfte also in mein Zimmer, zog meine Jogginghose aus, eine Jeans an, wechselte mein T-Shirt und ging in das Badezimmer. Etwas Deo und Aftershave waren nie verkehrt. Dank Zayns Kamm, Harrys Haargel und Louis Haarspray saßen auch meine Haare nach nur fünf Minuten. Zwar nicht perfekt, aber so, dass man unter die Menschen gehen konnte.
Ich schloss leise die Tür hinter mir und trat in das abendliche London. Eine leichte Brise ließ mich erzittern. Ich hätte mir doch eine Jacke nehmen sollen. Aber nun war es zu spät. Ich schaute auf meine Uhr. Eine viertel Stunde Zeit hatte ich noch. Genug um einen Umweg durch den Park zumachen.
Dort angekommen duftete es herrlich nach frisch gemähtem Rasen. Es gibt doch nichts schöneres, oder? Ich nahm mein Handy aus meiner Hosentasche und stöpselte meine Kopfhörer ein. Musik an, Welt aus. Der Bass setzt ein, mein Herz setzt aus, oder wie heißt es so schön.
Den Rest des Weges lief ich wie in Trance.
Erst als ich im Starbucks stand und auch schon Jenny und Josh erblickte, machte ich meine Musik aus und lief zu ihm.
Jennys POV
Da stand er. In Jeans und T-Shirt. Haare hochgestylt und Kopfhörer im Ohr. Langsam versuchte er seine Kopfhörer unter seinem Shirt vor zu holen, ohne, dass man sein Sixpack sehen konnte, was ihm offensichtlich nicht gelang. Sein Blick schweifte über die Tische, bis seine braunen Augen, genau in meine blickten. Ein leichter Ansatz eines Lächelns breitete sich in dem Moment auf seinen Wangen aus. Er schlängelte sich durch die Tische und kam direkt auf uns zu.
„Darf ich mich setzten?“, kam es von meiner Linken.
„Klar“, antwortete ich. Warum sollte ich es ihm verbieten? Schließlich wollte ich doch mit ihm reden.
Langsam zog er den Stuhl neben mir nach hinten und ließ sich auf diesen sinken. Automatisch verdunkelte sich Joshs Miene, der mir gegen über saß. Er griff nach meiner Hand, die auf dem Tisch lag und verschränkte unsere Finger. Diese dämlichen Vergiss- es- sie- gehört- mir-Spielchen gingen mir so auf die Nerven.
„So du wolltest reden Jen?“ brach Liam die aufgekommene Stille.
„Ehm…ja. Also ich war heute beim Frauenarzt… und der …hat mir… bestätigt, dass ich schwanger bin.“ Stotterte ich vor mich hin. Auf den Gesichtern der Jungs breitete sich ein breites Grinsen aus. „Stopp Jungs! Freut euch nicht zu früh. Ich habe mich im gleichen Atemzug über Abtreibung schlau gemacht. In drei Tagen habe ich einen Termin in der Klink am Hyde Park. Dann ist das Ding endlich weg. Versucht gar nicht mich um zu stimmen. Mein Entschluss ist gefasst!“, sagte ich entschlossen, keinen Widerspruch duldend. Bevor mir einer beiden eine Standpauke halten konnte stand ich auf und ging. Aus dem Augenwinkel sah ich wie Liam und kurz danach Josh auch aufstanden. Doch Josh hielt Liam zurück. Anscheinend wollte er mir folgen. Doch ich war Josh unheimlich dankbar, dass er Liam zurück hielt.
Ich brauchte einfach meine Ruhe. Musste Nachdenken. In drei Tagen war es weg. Eigentlich hätte ich glücklich sein müssen. Doch alles was ich empfand war Leere. Keine Gefühle.
Es begann zu regnen. Anstatt mich zu beeilen, nahm ich meine Kopfhörer mit samt meinem Handy aus meiner Tasche und setzte mich unter 'meinen´ Baum im Hyde Park. Mitten in Don´t you worry child ertappte ich mich, wie ich meine Hand auf meinem Bauch hatte. Erschrocken, nahm ich sie sofort da runter. Es war inzwischen Dunkel. Wie lange hatte ich so da gesessen? Ich wusste es nicht. Mit eingeschlafenen Gliedern versuchte ich mich auf zu rappeln, als ich eine dunkle Gestalt auf mich zu laufen sah.
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