Die Traumfabrik

5.5.2023

Ich lebte und arbeitete in einem alten, ziemlich kaputten Gebäude. Die grauen aus Beton bestehenden Wände hatten Risse und Rohre in den Wänden waren am lecken. Wir waren eigentlich sehr wichtig für die Gesellschaft, aber man verzichtete dennoch darauf, uns irgendwie zu unterstützen. Weil wir keine Menschen mehr waren? Weil es so wirkte, als wäre unser Job sinnlos? Weil niemand verstand, was wir eigentlich taten? Wahrscheinlich alles zusammen. Meine Haut war grau und meine Hände und Füße sehnig und irgendwie zu lang. Ich lief nur barfuß und der Rest meiner Kleidung war auch kaum mehr als ein abgetragener Fetzen.

Das Stockwerk, in dem ich mit etwa zehn anderen lebte, war recht groß, aber ich kannte eigentlich nur drei Räume: Badezimmer, gegenüber die Küche (die ich nie betrat aber ich wusste, dass sie dort war) und der Raum in dem ich arbeitete. Ich hatte keine Freunde dort und die Personen waren nicht weiter wichtig. Der Raum, in dem wir Tag und Nacht unser Leben verbrachten, war relativ lang und mit Säulen an den Wänden geschmückt. Jeder von uns hatte eine eigene runde, kleine, halb geschlossene Röhre und eine Papiertüte. Die Röhren waren mit Schläuchen und Kabeln verbunden, die in die Decke gingen. Ansonsten waren sie einfach aus Blech. Ich schlief darin im Sitzen und unsere Arbeit war es quasi, zu schlafen. Bzw zu träumen. In der Papiertüte waren meine persönlichen Dinge. Kleidung lag obendrauf und ich weiß nicht, was drunter war. Ich nahm niemals Dinge heraus, aber ich nahm die Tüte überall hin mit. Es war einfach so, ich hinterfragte nichts.

Alles was mein Leben ein bisschen anders machte, war Met. Sie wohnte ein Stockwerk über uns und war ebenfalls in diesem Gewerk tätig, nur war ihr Job etwas theoretisches. Sie kam öfter vorbei und redete mit den Leuten hier unten. Dann versteckte ich mich immer. Denn sie sah nicht so aus wie wir, die dort oben lebten sehr viel besser mit Fenstern, Pflanzen und sogar Haustieren. Ich schämte mich für das, was ich war. Bis Met in den Raum kam, in dem wir arbeiteten. Sie kam auf mich zu und wir redeten über etwas bis ich sie fragte, ob ich nicht einmal mit nach oben kommen könne. Sie war überrascht, aber stimmte zu.

Als es Abend wurde, stieg ich also die Treppen hinauf und Met erwartete mich bereits. Sie führte mich durch einen großen schönen Raum zur Rezeption, deren Tisch zum Fenster gedreht war. Ich sagte nur, dass mein Name Sylvain war und sie belächelten mich. Daraufhin betraten wir Mets Zimmer, sie hatte einen schwarzen Papagei als Haustier, der im Regal wohnte. Er durfte sich frei im Zimmer bewegen und biss Fremden in die Finger, wie ich schnell merkte. Ich stellte die Papiertüte an die Wand und wir legten uns schlafen, oder so.

Wir schliefen noch nicht, als ein hoher, kaum wahrnehmbarer Alarm ertönte. Vielleicht war er auch nur in meinem Kopf. Ich starrte zur Decke hinauf, wo ich die Sterne sehen konnte und sah, dass immer mehr verglühten und es schon jetzt viel zu wenige waren. Ich entschuldigte mich bei Met und rannte dann die Treppe hinunter um mich in der Blechröhre schlafen zu legen und neue Sterne zu erschaffen. Neue Träume. Neue Gedanken. Neue Fantasie.

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