Montag, 17. Dezember 2018 - Pläne

‚The best things happen unexpectedly'

Noahs Sicht

Als der Wecker mich aus dem Schlaf reißt, brauche ich keine halbe Minute, um richtig munter zu werden. Denn sofort steigt meine Nervosität an. Was sie wohl über meinen Vorschlag denkt? So ist es auch kein Wunder, dass ich sofort nach meinem Handy greife, den Flugmodus ausschalte und ungeduldig warte, bis es sich mit dem Wlan verbunden hat. Doch obwohl ich Whatsapp immer wieder aktualisiere, zeigt es mir keine neue Nachricht an. Enttäuscht lasse ich mich wieder zurück auf mein Kissen gleiten. Will sie einfach nicht? Mein Blick fällt abermals auf mein Handy, das mit anzeigt, dass sie meine Nachricht einfach noch nicht gelesen hat. Vielleicht ist sie auch einfach eingeschlafen? Immerhin war Nikki vom Arbeiten und dem Trinken am vorherigen Tag ziemlich fertig. Dieser Gedanke beruhigt mich ein wenig, aber ein kleiner Restzweifel bleibt.

Auch während des Frühstücks fällt mein Blick ständig auf mein Handy, was Claire natürlich sofort auffällt.
„Hat Nikki noch nicht auf deine Date-Anfrage reagiert?", fragt sie, wobei sie einen etwas belustigten Unterton nicht verhindern kann. Ich schüttle bloß den Kopf und nehme einen weiteren Bissen von meinem Müsli. Für etwas Anderes hat mir heute schlicht und einfach die Motivation gefehlt.

Um das Thema nicht weiter zu vertiefen, stelle ich ihr eine Gegenfrage: „Wie läuft es in der Schule? Hast du den Stoff, den du durch das Fehlen verpasst hast, halbwegs wieder aufgeholt?"

Claire nickt. „Ja, im Großen und Ganzen schon. Es hilft natürlich, dass ich mir Lernen immer einfach gefallen ist. Außerdem nehmen die Lehrer wirklich Rücksicht, wenn du wegen einem Autounfall deine Eltern verloren und deswegen auch im Koma gelegen hast." Auf diese Aussage hin verzieht sie das Gesicht zu einer Grimasse, fährt dann aber ohne Unterbrechung fort. „Das einzige Fach, das mir ein paar Schwierigkeiten bereitet, ist Mathe. Denn da fehlt mir nicht nur sehr viel von jetzt, sondern auch von den Monaten, die ich im Krankenhaus verbracht habe. Glücklicherweise hilft mir James da ziemlich." Nun liegt ein Lächeln auf ihren Lippen.

Ich hingegen verschlucke mich an meinem Müsli, weswegen ich stark husten muss. „James hilft dir in Mathe?", frage ich schließlich ungläubig. Mein bester Freund war wirklich nie schlecht in der Schule, aber Mathe war einfach nicht sein Fach. „Sollte ich dir nicht besser Nachhilfe darin geben?"

Daraufhin verzieht sich das Gesicht meiner Schwester zu einer versteinerten Maske. „James macht es gut. Du brauchst dich nicht immer aufdrängen.", sagt sie, steht auf, stellt ihre Müslischale in die Spüle und verschwindet aus der Küche. Verwundert schaue ich ihr hinterher. So einen Abgang hat sie schon seit Längerem nicht mehr hingelegt. Seit sie dreimal die Woche zu der Psychotherapeutin geht, ist sie eigentlich viel ausgeglichener.

Mia, die während der Unterhaltung zwischen Claire und mir überraschend still war, wirft schulterzuckend ein: „Mach dir nichts daraus Ni. Das sind die spätpubertären Hormone." Noch verwunderter richtet sich mein Blick nun auf meine kleine Schwester. „Woher hast du denn das?"

„Nina, eine Freundin aus dem Kindergarten, hat mir erzählt, dass ihre Mami sich immer über die spätpubertären Hormone ihrer großen Schwester Anna aufregt. Anna schreit dann immer viel herum, ist frech und geht einfach aus den Raum. So, wie Clee das gerade gemacht hat.", erklärt sie mir stolz. Daraufhin muss ich schmunzeln. „Na, wenn du schon so schlau redest, weißt du überhaupt was diese zwei Worte bedeuten?" Daraufhin überlegt Mia kurz, schüttelt dann den Kopf und grinst mich unschuldig an. „Ich bin erst vier, ich muss das noch nicht wissen."

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Als ich schließlich eine gute halbe Stunde später Mia im Kindergarten abgeliefert habe, parke ich pünktlich am Parkplatz vor dem Fitnessstudio. Sam, James und ich haben uns nämlich spontan beschlossen, die frei gewordene Zeit zu nützen, um den ganzen Weihnachtsleckereien ein wenig vorzubeugen und öfter Sport zu machen, als nur das Fußballtraining drei Mal in der Woche. Und, da die Uni nun für drei Wochen geschlossen ist, haben wir so oder so viel freie Zeit zur Verfügung.

Meine Freunde warten schon am Eingang auf mich. Wir begrüßen uns wie üblich mit einer kumpelhaften Umarmung und gehen hinein. Da mir die Unterhaltung mit Claire immer noch im Kopf ist, kann ich nicht anders, als die Frage, die mir seither auf der Zunge liegt, zu stellen. „Du gibst also Claire Nachhilfe in Mathe?"

Sams Augen werden groß, als er das hört, und fängt an, schallend zu lachen. „Ach James, ist das deine neue Anmachstrategie? Und was passiert, wenn sie merkt, dass du absolut keinen Plan davon hat?"

James wird daraufhin rot. „So schlecht war ich doch gar nicht.", verteidigt er sich trotzdem.

Daraufhin fängt Sam nur noch lauter an, zu lachen und auch ich stimme ein. „Ja klar, Alter, rede es dir nur ein." Lachend schlage ich ihm kumpelhaft die Hand auf den Rücken.

Auch während des Trainings bin ich ziemlich abgelenkt von meinem Handy, was meinen besten Freunden natürlich auffällt. „Was ist denn nur heute mit dir los? Normalerweise lässt du dein Handy überhaupt in der Kabine, und jetzt schaust du alle zwei Minuten drauf. Wartest du auf eine wichtige Nachricht?", fragt James schließlich.

Ohne es zu wollen, spüre ich, wie sich eine leichte Röte auf meinen Wangen ausbreitet.

„Ich... habe Nikki gestern Abend gefragt, ob sie morgen mit mir auf ein Date gehen möchte. Naja, und sie hat bis jetzt nicht geantwortet.", antworte ich schließlich.

Daraufhin verdreht Sam die Augen. „Und du machst dir jetzt nicht wirklich Sorgen, dass sie das vielleicht nicht möchte, oder? Nikki ist genauso verrückt nach dir, wie du es nach ihr bist. Ich habe zwar keine Ahnung, wieso, wenn man dich so ansieht, aber anscheinend musst du es echt drauf haben beim Küssen. Also steck endlich dein Handy weg und trainier ordentlich, damit du sie wenigstens mit einem Sixpack beeindrucken kannst."

Ich kann ein kleines Grinsen nicht verhindern und schalte einfach mein Internet aus. Durch seine Provokation, die, wie ich weiß, nicht ganz ernst gemeint ist, fühle ich mich wirklich ein wenig besser.

„Na dann, ran an den Speck.", antworte ich lächelnd und gehe auf die Freigewichte zu.

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Eine Stunde später biege ich wieder auf den Parkplatz des Kindergartens ein. Ich habe nämlich von Lisa einen Anruf erhalten, dass Mia sich übergeben und anscheinend auch Fieber hat. Mit schnellen Schritten gehe ich in das Gebäude und auf den richtigen Gruppenraum zu. Und wirklich, als ich dort ankomme, sehe ich, dass meine Schwester ganz blass um die Nase ist und entsetzlich zu frieren scheint. Ich nehme sie schnell in die Arme, verabschiede mich dankend von Lisa und trage meine Schwester so schnell wie möglich ins Auto, die sich den ganzen Weg zitternd, trotz ihrer vom Fieber heißen Haut, an meinen Hals schmiegt.

Während der Fahrt schläft mein kleiner Engel schon ein, nur ein Husten ab und zu ist aus ihren Mund zu hören. Daheimangekommen wacht sie nicht einmal wirklich auf, als ich sie in ihr Zimmer trage und ihr sachte den Pyjama überstreife. Zur Sicherheit stelle ich ihr noch einen Kübel neben das Bett. Meine Stirn ist mit Sorgenfalten übersehen, während ich meine kleine Schwester bei ihrem unruhigem Schlaf betrachte. Hoffentlich wird sie bald wieder gesund.

Schließlich verlasse ich seufzend das Zimmer und stelle mich unter die Dusche, meine Gedanken immer noch bei Mia. Sie ist eigentlich nie krank, das Schlimmste, was sie in ihren vier Jahren einmal hatte war eine verstopfte Nase. Da ich natürlich absolut keine Erfahrung habe, wie man mit einer Magen-Darm-Grippe bei Kleinkindern umgeht, beschließe ich, nachdem ich mir eine Jogging-Hose und einen Hoodie übergestreift habe, ein wenig zu googeln. Und die Ergebnisse lassen mich wirklich schlucken. Bei Kleinkindern kann, wenn man sie falsch behandelt, diese Krankheit sogar lebensbedrohlich sein.

Schnell schreibe ich Claire, was Mia hat und, dass sie in eine Apotheke fahren soll, um die auf der Website empfohlenen Präparate zu holen.

Um die Wartezeit, bis meine größere Schwester endlich aus der Schule auftauchen würde, zu verkürzen, setze ich mich auf die Couch und lasse ‚The Walking Dead' auf Netflix laufen. Doch ich höre nur halb hin, denn ich mache mir viel zu viele Sorgen um Mia. Ich könnte es nicht ertragen, sie zu verlieren.

Als ich endlich die Haustüre ins Scholl fallen höre, kann ich nicht anders, als Claire entgegenzugehen.

„Hey, hast du alles bekommen.", frage ich fast hysterisch.

Daraufhin zieht sie eine Augenbraue hoch und geht mit einer kurzen Begrüßung an mir vorbei in die Küche. Verwundert gehe ich ihr hinterher und sehe, wie sie in aller Ruhe ein Sackerl voll mit Einkäufen auf den Tresen stellt und anfängt, dieses auszuräumen.

„Claire, hast du es von der Apotheke geholt? Sonst fahr ich noch einmal schnell. Auf dieser Website stand, dass diese Präparate wirklich gut sein sollen, um das Schlimmste zu vermeiden. Du...",

Weiter komme ich nicht, denn Claire fällt mir grinsend ins Wort. „Du hast ernsthaft gegoogelt, was man bei einem einfachen Magen-Darm-Virus, wenn es denn überhaupt einer ist, tut? Mia hat sich einmal übergeben, nicht mehr. Und hast du überhaupt Fieber gemessen? Vielleicht hat sie nur eine erhöhte Temperatur. Wir warten erste einmal ab. Für mich sieht das einfach nach einem einfachen grippalen Infekt aus. Und weißt du, was am Besten dabei hilft?" Sie sieht mich herausfordernd an und zieht dann eine Flasche Cola und Soletti aus dem Sackerl. „Das ist das Wundermittel gegen eine kleine Verstimmung. So, wie es auch Mama es uns immer gegeben hat. Also atme tief durch, komm runter und spiele nicht die hysterische Mutti. Und hör bitte auf irgendwelche Symptome im Internet zu googeln, denn nach denen haben wir doch alle eine unheilbare Krankheit."

Ich blinzle zweimal, während ich versuche, das Gesagte zu verarbeiten. Dann setze ich mich seufzend hin und lache ein wenig über mich selbst. „Du hast recht, tut mir leid."

Claire schenkt mir ein Lächeln. „Ist schon okay, das kommt doch nur dadurch, dass du so angespannt bist. Hat Nikki immer noch nichts zurückgeschrieben?"

So schnell ich kann springe ich auf und laufe zu meiner Trainingstasche, in der immer noch mein Handy mit abgeschaltetem Internet liegt.

Ich warte ungeduldig, dass es sich verbindet, während ich wieder zurück ins Wohnzimmer gehe und mich auf die Couch setze.

Und wirklich, nur wenig später zeigt mir mein Smartphone eine neue Nachricht von Nikki an. Nervös verharre ich ein paar Sekunden über dem Bildschirm, unsicher, ob ich die SMS öffnen soll oder nicht. Doch meine Neugier siegt schließlich und meine Augen fliegen nur so über ihre Zeilen.

Hey Noah, es tut mir unendlich leid, dass ich mich erst so spät melde, aber ich bin gestern einfach eingeschlafen. Dann hat natürlich mein Wecker nicht geklingelt und ich musste in aller Eile Amira in den Kindergarten bringen, bevor ich auf den Weihnachtsmarkt gefahren bin, da eine Kellnerin ausgefallen ist und ich einspringen musste. Und in meiner Eile habe ich natürlich mein Handy daheim vergessen. Naja, jedenfalls zu deiner Frage: Ja, ich hätte morgen Zeit und unglaubliche Lust, etwas mit dir zu unternehmen. 😊 Was hast du denn geplant? 😊'

„Na, deinem Lächeln zu urteilen hat sie dem Date zugestimmt.", ertönt auf einmal die Stimme von Claire, die lautlos ins Zimmer getreten ist, neben mir. Ich sehe auf und nicke, bevor ich mich wieder meinem Handy widme. Doch noch bevor ich die Nachricht eintippen kann, stoppe ich und lasse es wieder sinken.

„Ich kann morgen doch gar nicht weg. Wenn Mia krank ist, muss ich ja hierbleiben.", sage ich etwas verstimmt, während mein Kopf irgendeinen Lösungsweg sucht.

„Ruf doch einfach Katie an, ob sie Zeit hat. Ich habe morgen leider lange Schule, ansonsten wäre ich eingesprungen.", schlägt Claire schulterzuckend vor.

Ich schaue meine Schwester dankend an und gebe ihr einen Kuss auf die Wange. „Du bist ein Genie."

Daraufhin muss sie lachen. „Das Mädchen muss ich unbedingt kennenlernen, die meinem sonst so intelligenten Bruder so sehr denn Kopf verdreht, dass er nicht einmal mehr auf die einfachsten Sachen denkt."

Ich bin viel zu glücklich, um auf ihre Stichelei einzugehen. Stattdessen rufe ich die Babysitterin an, die glücklicherweise wirklich Zeit hat und verspricht, um zehn hier zu sein.

Dann widme ich mich endlich wieder der Nachricht.

‚Tja, wenn man seine eigene Grenze nicht kennt, muss man eben mit den Konsequenzen leben :P Nein, Spaß, das ist wirklich blöd gelaufen :/ Super 😊 Das wird eine Überraschung. Zieh aber etwas Warmes an, mit dem du dich aber auch bewegen kannst 😊', schreibe ich zurück.

Den restlichen Nachmittag und Abend sitze ich mit Claire auf der Couch und machen seit langen wieder einmal einen Geschwister Abend, ganz nach unserer Tradition. Das heißt, wir sehen einen Horrorfilm nach dem anderen und bestellen Pizza. Mia hingegen wacht nicht ein einziges Mal auf. Währenddessen schreibe ich jedoch mit Nikki, die unbedingt herausfinden will, was ich geplant habe. Aber ich bleibe eisern und gebe ihr nicht den kleinsten Tipp. Von Phi habe ich am Samstag, während Nikki sich gerade mit Harry unterhalten hat, erfahren, dass sie sowohl Überraschungen -auch, wenn sie das nie zugeben würde - und auch das Geplante wirklich gern hat.

Als ich dann kurz vor Mitternacht im Bett liege, schreibe ich noch eine letzte Nachricht. ‚Sei nicht böse, Kleine, in wenigen Stunden weißt du es. Schlaf gut, Prinzessin, träum etwas Schönes. 😊 Ich freue mich schon auf morgen Herz'

Dann schließe ich in voller Erwartung auf morgen die Augen und schlafe mit einem Lächeln auf den Lippen ein.

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Hey Leute!

Heute ist es wirklich spät, aber gerade noch vor Mitternacht xD

Wie gefällt euch das Kapitel?

Habt ihr Ideen, was Noah geplant haben könnte?

Schlaft gut :)

Lg :)

Lene217

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