Montag, 10. Dezember - Weihnachtsfest mit Überraschungen
‚You don't find love, it finds you. It's got a little bit to do with destiny, fate, and what's written in the stars' – Anais Nin
Nikkis Sicht
Und schon ist wieder Montag da. Die Weihnachtszeit scheint heuer wirklich zu verfliegen, da immer etwas los ist. Sei es Lernen für die Uni, arbeiten am Christkindlmarkt, Spielen mit meiner Schwester oder an meinem Song weiterzuarbeiten, ich habe nie eine Sekunde, in der ich mich frage, was ich denn jetzt tun könnte. So habe ich auch den Sonntag nicht anders verbracht, als einige Stunden zu lernen und mit Amira zu spielen.
Obwohl ich sonst eigentlich ein Morgenmensch bin, habe ich heute Früh schlechte Laune, weil ich kaum geschlafen habe. Ständig habe ich mich hin und her gewälzt und konnte mein Gehirn einfach nicht abschalten. Ich hatte einfach das Gefühl, als ob heute etwas Wichtiges passiert.
Dementsprechend still bin ich auch beim Frühstück, was meiner Schwester Gott sei Dank nicht auffällt. Denn sie ist schon jetzt richtig aufgeregt und kann nicht stillsitzen. Denn heute am Nachmittag ist die Weihnachtsfeier im Kindergarten, zu der auch die Familien der Kinder eingeladen sind. Da unsere Mutter zwei Nachtdienste hintereinander hat, gehe ich allein hin. Die Kinder werden zuerst etwas aufführen und dann gibt es einfach nettes Zusammensitzen und die Kekse und Kinderpunsch. Es wurde aufgeteilt, wer was mitbringt. Durch die Aufführung und die Möglichkeit, mir ihre neue Gruppe und ihre Freunde vorzustellen, ist sie dementsprechend hibbelig.
Eine Stunde später habe ich Amira abgeliefert und steige gerade am Uniparkplatz aus dem Auto. Wenn ich heute nicht meine letzte Klausur vor Weihnachten hätte, wäre ich heimgefahren und hätte die Uni geschwänzt. Aber nein, das Glück schlafen zu können, ist mit heute nicht vergönnt. Ich hoffe nur, dass meine Müdigkeit nicht allzu sehr mein angelerntes Wissen verschlingt. Bis jetzt habe ich noch keine Klausur wiederholen müssen und das muss ich in meinem letzten Jahr nicht ändern.
Harry wartet wie immer vor dem Eingang auf mich, mit Kaffeebechern in der Hand. Ich murmle nur ein leises ‚Guten Morgen', nehme ihn einen Becher ab und trinke ihn mit einem Schluck aus.
„Ich habe schon gedacht, dass du heute noch mehr koffeinbedürftig bist, als sonst. Also habe ich noch einen Zweiten für dich gekauft.", sagt mein bester Freund grinsend und hält mir noch einen Becher voll mit dem schwarzen Muntermacher hin.
„Ich kann dir wirklich nicht oft genug sagen, wie sehr ich dich liebe. Aber woher weißt du, dass ich heute die doppelte Dosis brauche?", frag ich ihn halb im Scherz.
„Ich bin einmal davon ausgegangen, dass du nicht allzu viel Schlaf hattest, da du das letzte Mal um 3:57 auf Whatsapp online warst.", antwortet Harry und grinst nur noch breiter, sodass man seine Grübchen sehen kann.
Tja, die neue Technik weiß einfach alles.
„Warum konntest du denn nicht schlafen? Wieder einmal dein übernatürlicher Superinstinkt, dass heute etwas passiert?", fragt er mitfühlend, kann sich jedoch einen scherzhaften Unterton nicht verkneifen. Ich zucke mit den Schultern und ziehe eine Grimasse. Harry kennt mich einfach viel zu gut.
Als ich dann auch den zweiten Becher Kaffee in Rekordzeit ausgetrunken habe, hält mir Harry die Tür zur Uni auf.
„Na dann, auf ins Verderben."
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Drei lange Stunden später ist die Zeit, die wir für die Prüfung haben, um. Erleichtert seufzend mache ich das Testheft zu, stehe auf und gehe nach vorn, um meine Prüfung abzugeben. Die Prüfung war leichter, als ich angenommen habe. Da haben sich die vielen Stunden Lernen wirklich ausgezahlt. Denn diese Klausur war eine der Schwersten, die man in meinem einen Studiengang „Gesang" haben kann. Und der Stoff ist einfach wirklich langweilig, da es viel zu viel Theorie ist. Naja, jetzt kann ich wenigstens sagen, wie das Stimmorgan richtig funktioniert und wie sich die Entdeckungen im Laufe der Zeit entwickelt haben.
Kurz darauf trete ich mit Harry wieder ins Freie. „Also ich glaube, dass ist die erste Prüfung, die ich negativ habe.", meint er deprimiert. Daraufhin verdrehe ich die Augen. „Klar, genauso, wie du die anderen verhaut hast, bei denen du das gesagt hast."
„Nein, dieses Mal wirklich. Wieso muss ich diesen ganzen langweiligen Kram überhaupt wissen?", jammert er weiter. Noch einmal kann ich ein Augenverdrehen nicht verhindern, lasse das Thema jedoch fallen. Harry führt vor mir den Platz der Studiengangs-Besten. Klar, er hat die Prüfung sicher versemmelt.
Nachdem wir uns noch ein paar Minuten unterhalten haben – zu großen Teilen über Phi, denn sie ist momentan Harrys Lieblingsthema – verabschieden wir uns und ich mache mich seit langem wieder einmal auf den Weg ins Fitnessstudio.
Normalerweise mache ich mindestens vier Mal die Woche Sport, nicht immer nur ins Studio, sondern auch wandern, laufen, schwimmen, eigentlich alles Mögliche. Doch die letzten Wochen war so viel zu tun, dass ich das irgendwie habe schleifen lassen. Dementsprechend freue ich mich richtig, mich wieder einmal richtig auszupowern.
Zwei Stunden später sitze ich verschwitzt, aber seit Ewigkeiten wieder richtig tiefenentspannt im Auto. Es hat richtig gut getan, einfach einmal aufs Laufband zu steigen, die Trainingsmusik an und den Kopf auszuschalten. Überraschenderweise habe ich meine üblichen zehn Kilometer in einer Stunde und zehn Minuten sogar durchgehalten, trotz der langen Pause. Meine Übungen danach werde ich sicher morgen spüren. Meine Bauchmuskeln sind sogar jetzt schon beleidigt. Aber ich liebe es eigentlich, Muskelkater zu haben, denn dadurch merkt man, dass man etwas getan hat.
Glücklich fahre ich also heim und steige, dort angekommen, gleich unter die Dusche. Nachdem meine Haare trocken geföhnt sind und in leichten Wellen über meinen Rücken fallen und ich frisch geschminkt bin, gehe ich zurück in mein Zimmer und stehe wieder einmal unentschlossen vor meinem Kleiderschrank. Schließlich entscheide ich mich für eine schwarze High-Waist-Jeans und eine grüne, halblange Bluse. Zu guter Letzt lege ich die Kette um, die ich von meinem Vater bekommen habe, kurz bevor er gestorben ist. Sie ist silbern und schlicht, nur ein einziger Anhänger hängt daran: ein Notenschlüssel, den bei den Rundungen kleine Strasssteine zieren. Ich habe sie erst einmal umgehabt, damals bei seiner Beerdigung, aber heute fühlt es sich richtig an, sie zu tragen. Es fühlt sich an, als würde sie mir Kraft verleihen.
Ein Blick auf mein Handy zeigt mir, dass ich mich beeilen sollte, da es mittlerweile schon halb vier ist, was bedeutet, dass die Weihnachtsfeier schon in einer halben beginnt. Also schnappe ich mir meine Tasche, in der alles Notwendige schon drin ist und gehe die Treppe hinunter in die Küche, in dem der Keksteller schon bereit steht. Glücklicherweise habe ich ihn gestern schon gerichtet, denn ansonsten müsste ich mich jetzt wirklich sputen.
Durch meine Umsicht habe ich also noch Zeit, mir einen Kaffee zu machen und das Koffein genüsslich wirken zu lassen. Gott sei Dank bin ich durch den Sport nicht mehr so müde, wie ich es vor der Klausur war. Ansonsten müsste ich mir wirklich Sorgen machen, während der Vorstellung einzuschlafen. Das würde mir Amira und auch ich mir selbst nie verzeihen.
Als ich ausgetrunken habe, stelle ich die Tasse in die Spüle und breche nun endgültig auf.
Eine Viertelstunde später parke ich im letzten freien Platz vor dem Kindergarten. Da habe ich ja gerade noch einmal Glück gehabt. Anscheinend haben die Kinder mit den Betreuern den ganzen Tag hart geschuftet, denn nun hängen sogar hier draußen Lichterketten. Und auch drinnen ist alles weihnachtlich geschmückt. Überall hängen Strohsterne, Kugeln und Glitter. Sogar Kunstschnee kann ich erkennen. Meine Laune hebt sich das erste Mal an diesem Tag sichtlich. Wie könnte sie es auch nicht, bei diesen ganzen Weihnachtsboten?
Ich stelle den Teller mit den Keksen schnell in dem Raum der Gruppe ab, da dort dann das Zusammensitzen stattfinden wird, und gehe dann in Richtung Turnhalle, da dort der Auftritt stattfinden wird. Dort angekommen rennt mir Amira auch schon freudestrahlend in die Arme. Ich muss grinsen, als ich sehe, dass sie als Engel verkleidet ist. Das passt wirklich genau zu ihr.
„Ni, endlich bist du da. Ich bin schon soo aufgeregt.", ruft sie mir ins Ohr, als ich mich niederknie und sie in die Arme schließe.
„Hey Maus, du schaffst das. Du konntest deinen Text schon letzte Woche auswendig.", antworte ich ihr. Aber da wird das Gesicht meiner Schwester auf einmal ängstlich.
„Aber es schauen so viele zu.", murmelt sie und kuschelt sich in meine Halsbeuge. Ich streiche ihr beruhigend über den Rücken, bevor ich sie ein wenig wegdrücke, um ihr ins Gesicht schauen zu können. „Das sind doch nur die Eltern deiner Freunde, die alle sehr stolz auf euch sind, was ihr in eurem Alter schon alles könnt.", sage ich und senke dann die Stimme ein wenig. „Und wenn du zu aufgeregt bist, stell dir einfach vor, alle wären in Unterwäsche."
Daraufhin muss Amira laut lachen. Sie reißt sich von mir los und läuft zurück zu den anderen Kindern, jedoch schreit sie schon am Weg: „Mia, ich weiß jetzt was wir machen müssen! Wir stellen uns einfach alle nackt vor!"
Natürlich wenden sich alle Eltern dem lauten Ruf zu und automatisch schießt mir die Röte ins Gesicht. Okay, das wollte ich jetzt nicht damit bezwecken, aber wenn es den Kindern hilft, weniger aufgeregt zu sein, dann kann ich die Peinlichkeit schon ausstehen.
Langsam beginnt sich der Turnsaal zu füllen. Ich setze mich also in die erste Reihe, direkt vor das Podium, auf dem die Kinder auftreten werden, um ein gutes Bild zu bekommen. Ganz nach dem Motto, wer zuerst kommt, malt zuerst. Außerdem bin ich relativ klein, und wenn dann irgendein großer Vater – oder auch Mutter, man weiß ja nie – vor mir sitzt, sehe ich nicht wirklich etwas.
Kurz darauf scheinen alle hier zu sein, denn das Licht wird ein wenig gedimmt und Lisa tritt auf die Bühne, um alle zu begrüßen.
„Guten Abend alle zusammen. Es freut mich, dass Sie alle so zahlreich erschienen sind. Die Kinder haben so hart geprobt und ich bin wirklich stolz auf sie. Sie waren wirklich mit Engagement und Herzblut bei der Sache. Aber ich will nicht zu viel verraten, Sie können sich davon gleich selbst überzeugen. Ach ja, bevor ich es vergesse, wir nehmen den ganzen Auftritt auf und lassen Ihnen dann das Video zukommen. Also können Sie sich ganz auf Ihre Kinder konzentrieren und müssen nicht das Handy halten." Sofort hört man ein von überall her ein Rascheln, da alle ihre Handys und Kameras wieder wegpacken. Als es wieder leise ist, fährt Lisa fort: „So, jetzt aber genug gequatscht, Vorhang auf, für die Kinder der Raupen Gruppe."
Und er improvisierte Vorhang geht wirklich auf, Musik beginnt zu spielen und die Kinder kommen auf die Bühne und beginnen, das erste Mal zu singen. In diesem Moment geht die Tür des Saals noch einmal auf, aber ich drehe mich nicht um, um zu sehen, wer herein kommt, zu sehr bin ich auf die Kinder vor mir konzentriert. Das Stück handelt von der Weihnachtsgeschichte, also Joseph und Maria, die nach Betlehem gehen und dort in einem Stall das Jesuskind zur Welt kommt. Doch sie spielen nicht nur, sondern der Auftritt ist eher wie ein Musical aufgebaut. Ich bin wirklich begeistert und baff, was diese Kinder schon schaffen. Immerhin sind sie zwischen 3 und maximal 5 Jahren alt. Als Amira mit ihrer Freundin Mia, die beide die Engel darstellen, ein Duett singen, kann ich nicht anders, als ein Video davon zu machen.
Schließlich geht das Licht wieder an und ich bin nicht die Einzige, die aufsteht im tosend Beifall zu klatschen. Ich platze fast vor Stolz, so wie alle anderen Eltern wahrscheinlich auch. Die Kinder haben das wirklich großartig gemacht.
Während sich die Kinder unter der Aufsicht einer anderen Betreuerin umziehen gehen, kommt Lisa noch einmal auf die Bühne.
„Und, habe ich zu viel versprochen?", sagt sie scherzend, wodurch einige Pfiffe durchs Publikum gehen. „Ich muss wirklich sagen, dass war besser als jede Probe. Ich bin wirklich stolz auf sie und Ihnen allen geht es sicher gleich. Wir werden das Video in den nächsten Tagen auf CD brennen und es Ihnen durch die Kinder dann zukommen lassen. Sie ist natürlich gratis, jedoch möchte ich um eine kleine Spende bitten. Der Erlös geht nämlich an die Kinderkrebs-Hilfe, was mir und dem ganzen Team ein großes Anliegen ist. So, aber jetzt bitte ich Sie, in den Raum der Raupen zu gehen und auf die Kinder zu warten. Danke an all die zahlreichen süßem Köstlichkeiten und den Punsch, den Sie bereitgestellt haben. Ich freue mich auf ein nettes Zusammensitzen. Lasst uns zusammen einen netten Abend machen. Danke für Ihre Aufmerksamkeit!"
Noch einmal ertönt ein tosender Beifall, bevor sich alle zum Raum aufmachen.
Dort angekommen dauert es nicht lange, bis die Kinder ankommen und auf einem Schlag ist der ganze Raum von aufgeregten Kinderstimmern erfüllt. Amira macht mich schon nach wenigen Sekunden aus und kommt auf mich zugestürmt. Ich fange sie auf und umarme sie stürmisch.
„Ich bin so so so stolz auf dich. Das war unglaublich wirklich.", lobe ich sie. Amiras Augen fangen durch das Lob an, zu strahlen. Immer noch sind ihre Wangen ganz rot vor Aufregung. „Haben Mia und ich auch richtig gesungen?", fragt sie und schiebt vor lauter Erwartung ihre Lippen vor. Daraufhin muss ich kurz lachen. Natürlich will sie meine Meinung wissen, immerhin studiere ich Gesang.
„Das war eines der schönsten Lieder, die ich je gehört habe.", antworte ich ihr ehrlich. Daraufhin beginnt sie, wenn möglich nur noch mehr zu strahlen und vergräbt ihren Kopf an meiner Halsbeuge. Doch kurz daraufhin will sie nicht mehr getragen werden und ich komme ihrem Wunsch nach.
„Ni, ich dachte schon du verpasst den Auftritt.", ertönt hinter mir eine Kinderstimme, die ich als Mias identifiziere. Aufgrund des gewohnten Spitznamens, den meine Schwester immer benutzt drehe ich mich um.
Nur wenige Meter vor mir steht ein Jungen, bin dunkelblonden Haaren, der ein entschuldigendes Lächeln aufsetzt und sich zu Mia hinunterbeugt und ihr antwortet. Ich bin wie erstarrt. Erst der Ausruf meiner Schwester bringt mich wieder ins hier und jetzt. „Schau mal Ni, da sind Mia und ihr Bruder."
Durch den Ruf schaut auch der Junge auf und begegnet meinem Blick. Sein Gesichtsausdruck ist überrascht, aber nach nur wenigen Sekunden breitet sich ein strahlendes Lächeln darauf aus und er richtet sich wieder ganz auf. Niemals in hundert Jahren hätte ich gedacht, dass ich ihn gerade hier wiedertreffen werde. Ohne großen Aufwand verziehen sich auch meine Lippen zu einem Lächeln.
Die beiden Mädchen reden zu unseren Füßen schon angeregt, als der Junge einen Schritt auf mich zutritt. „Das nennt man einmal eine Weihnachtsüberraschung. Hey, ich bin Noah.", sagt er mit einem verschmitzten Lächeln und hält mir die Hand hin.
„Hey, ich bin Nicole... ich meine Nikki.", stammle ich und nehme seine Hand. Unser Handschlag dauert länger, als es normal üblich ist, denn wir schauen uns beide einfach nur in die Augen, noch immer zu überrascht, um uns zu bewegen.
Er wird erst unterbrochen, als Lisa auf einmal neben uns auftaucht.
„Nikki, Noah, kennt zwei euch etwa?", fragt sie erstaunt. Ich werde rot, als ich daran denke, wie wir uns kennengelernt haben. Auch Noah sieht aus, als müsste er ein Lachen unterdrücken. „Flüchtig.", antwortet er stattdessen.
„Na, dass ist ja ein Zufall. Vor allem weil Mia und Amira sich so gut verstehen. Naja, was ich eigentlich sagen wollte, ist, dass ihr euch gerne hinsetzen könnt. Irgendwer muss einmal anfangen, ansonsten kommen wir heute nicht mehr weit.", sagt sie und verschwindet schon zu den nächsten Eltern.
„Na dann, Ladys first.", meint Noah und macht eine einladende Handbewegung. Ich ziehe grinsend eine Augenbraue hoch. Ein Gentleman also.
Aber ich tue wie geheißen, steuere auf den ersten Tisch zu und setze mich neben meine Schwester, die mir gefolgt ist, hin. Noah setzt sich genau gegenüber hin.
Während Mia und Amira sich weiter unterhalten, suche ich verzweifelt nach einer Möglichkeit, das Gespräch anzufangen.
Schließlich räuspere ich mich und fange einfach mit dem Erstbesten, das mir einfällt, an. „Meine Freundin hatte also recht, man trifft sich wirklich mehrmals im Leben."
Noahs Gesicht verzieht sich zu einem Grinsen. „Ja, so etwas Ähnliches haben meine Freunde auch gesagt. Aber man konnte wirklich schon fast meinen, dass das Schicksal uns veräppeln will. Das mit dem Einkaufszentrum tut mir übrigens wirklich leid. Ich habe genau in dem Moment, als die Touristen vorbeigekommen sind, einen wichtigen Anruf erhalten und musste dringend weg."
Ich winke ab. „Ach das kann ja passieren. Mir tut das wegen Freitag leid, ich habe bei der Mittelstation gewartet, aber dich anscheinend übersehen, als du vorbei gefahren bist.", antworte ich meinerseits entschuldigend.
„Tja, du konntest mich schwer sehen, denn ich habe bei der Bergstation gewartet. Sicher bis halb fünf oder so.", antwortet Noah lachend. „Naja, egal, das Schicksal hat es anscheinend doch gut mit uns gemeint."
Ich grinse und nicke zustimmend.
„Fühlst du dich auch so jung zwischen all den Eltern?", fragt er leise, sodass nur ich es hören kann. Leicht lächle ich und nicke. „Ja, aber meine Mutter hat Nachtschicht im Krankenhaus. Sie ist nämlich Krankenschwester, da lässt sich oft nicht vermeiden, dass ich einspringen muss. Was ist mit deinen?"
Ein Schatten zieht sich über Noahs Gesicht. Er räuspert sich, bevor er antwortet: „Sie sind... verhindert." Oh okay, kein gutes Thema, weswegen ich mir schnell etwas anderes ausdenke. „Und was machst du so, wenn du nicht zu spät zu den Auftritten deiner Schwester kommst?", frage ich scherzhaft.
Noahs Gesicht entspannt sich wieder, erleichtert von dem Themawechsel. „Zu meiner Verteidigung, die Klausur, die ich heute geschrieben habe, hat länger gedauert, als gedacht. Ich studiere Jus, im letzten Jahr. Und du?" Wow, schlau ist er auch noch.
„Ich studiere Gesang und Schauspiel, auch im letzten Jahr.", antworte ich. Noah zieht bewundernd die Augenbrauen nach oben.
„Wow, das klingt total spannend. Wie bist du dazu gekommen?", fragt er. Den Rest des Nachmittages unterhalten wir uns angeregt über unsere Studien und alles Mögliche und lassen uns die Kekse und den Punsch schmecken. Und mit jedem Wort von Noah wird er mir sympathischer. Er wirkt so offen und ehrlich. Allein, wie er mit Mia umgeht fasziniert mich. Und mal ehrlich, gibt es etwas anziehenderes, als wenn ein Mann mit kleinen Kindern umgehen kann?
Ich bin richtig traurig, als der Nachmittag schließlich zu Ende geht und wir draußen in der einbrechenden Nacht stehen, bereit, uns zu verabschieden.
„Na dann, schönen Abend noch.", meint Noah und überrascht mich, als er mich umarmt. Der Duft seines Parfums steigt mir in die Nase und ich bekomme weiche Knie. Wow, er riecht wirklich gut. Als er sich wieder von mir löst, zwinkert er mir zu und geht mit Mia an der Hand in der Dunkelheit davon. Ich brauche ein wenig, bis ich mich aus meiner Starre löse, Mia an die Hand nehme und die andere in meine Jackentasche stecke. Doch dort trifft meine Hand auf einmal etwas Weiches. Überrascht bleibe ich stehen und ziehe einen Zettel aus der Tasche, auf dem eine Telefonnummer und ein xo stehen.
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Daheim angekommen kann ich kaum erwarten, bis die Schlafenszeit von Amira endlich da ist. Und heute ist es durch die Aufregung natürlich noch schwerer, sie ins Bett zu bringen. Als sie endlich ruhig ist, kann ich nicht schnell genug in mein Zimmer kommen. Mit zitternden Fingern wähle ich die Nummer von meiner besten Freundin, die schon nach wenigen Sekunden abhebt.
„Hey Nikki, wie war die Aufführung?", fragt sie gleich als Begrüßung.
„Super, die hättest du sehen müssen.", antworte ich und kaue auf meinem Nagel herum. Wie soll ich nur anfangen?
Doch Phi wäre nicht meine beste Freundin, wenn sie nicht hellhörig werden würde, wenn ich so kurz angebunden reagiere.
„Nikki, was ist dort im Kindergarten passiert?", fragt sie schmunzelnd. „Und soll ich weggehen, oder auf Lautsprecher schalten, denn ich bin bei Harry."
„Er kann ruhig mithören, dann muss ich die Geschichte wenigstens nicht zweimal erzählen." Also beginne ich. Und oh Wunder, als ich erwähne, dass ich den Jungen getroffen habe, fängt Phi an zu kreischen und unterbricht mich. „Das ist jetzt nicht dein Ernst oder?"
Lachend bejahe ich es und fahre fort.
„Okay, Nikki, Harry und ich haben leider noch etwas vor, weswegen wir morgen ausführlicher quatschen okay? Aber sei kein Feigling, kriege deinen Hintern hoch und schreibe ihm endlich.", fordert meine beste Freundin am Ende meiner Erzählung.
„Auch, wenn man das netter ausdrücken kann, hat mein Schatz recht. Es kann ja nichts passieren. Aber wir müssen jetzt pünktlich zum Restaurant kommen. Schönen Abend noch.", meint Harry und beendet, nachdem ich dem Wunsch entgegnet habe, den Anruf.
Also nehme ich mir die Aufforderung zu Herzen und ziehe den Zettel aus meiner Hosentasche. Sie haben ja recht, was habe ich schon zu verlieren. Also speichere ich die Nummer ein und fange mit zitternden Fingern an, eine Nachricht zu schicken.
‚Hey, hier ist Nikki 😊 Bist du eigentlich immer so frech und küsst jedes Mädchen auf der Straße und steckst ihr heimlich deine Nummer zu? XD', schreibe ich.
Es dauert keine Minute, als ich eine Antwort erhalte.
‚Hey Nikki 😊 Mist, jetzt hast du meine Masche durchschaut :o Aber sie scheint ja zu funktionieren 😉' steht da.
Ich kann ein Grinsen nicht verkneifen. Da hat jemand aber ein mächtiges Selbstvertrauen.
‚Ach ja, woher willst du das denn wissen? Vielleicht schreibe ich einfach mit dir, weil mir die anderen Jungs in meinem Telefonbuch gerade zu langweilig sind? 😉', tippe ich schnell und beiße mir in die Lippe. Das ist normalerweise gar nicht meine Art, aber ich kann nicht anders, als ihn ein wenig zu ärgern.
‚Wenn dem so wäre, dann hätte ich mich wirklich schwer in dir getäuscht, liebe Nikki. Auch, wenn ich mit Konkurrenz rechnen muss, wenn ich mir dich und deine Art anschaue. 😊', steht da.
Und ohne es zu wollen, verziehen sich meine Lippen zu einem riesen Lächeln, mein Herz schlägt einen Takt zu schnell und in meinem Bauch rumoren Schmetterlinge. Was macht dieser Junge nur mit mir?
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Hey Leute!
Danke, danke, danke für über hundert Reads! *-* Ihr seid die Besten :)
Wie gefällt euch das Kapitel? Was sagt ihr zu der Begegnung?
Das Bild soll Harry darstellen :)
Habt einen wunderschönen Montag :)
Lg :)
Lene217
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