Mittwoch, 19. Dezember - Ungewissheit


Uncertainty is the biggest torture in love' - unkown

Noahs Sicht

Mit geschlossenen Augen bleibe ich am Morgen einfach im Bett liegen und genieße es, das Gefühl des puren Glücks in meinen Adern zu spüren. Der gestrige Tag war einfach perfekt. Nikki ist einfach perfekt. Man kann mit ihr sowohl herumalbern als auch ernst reden. Trotz allem, was sie hat durchmachen müssen, ist sie unglaublich stark und nett zu allen. Viele andere Mädchen wären nach der Sache mit dem kaputten Auto abgehauen, oder spätestens nach dem langen Fußmarsch oder nach dem fast aufgezwungenen Spielen mit Mia. Doch sie hat das alles hingenommen, ohne sich einmal darüber zu beschweren und schien auch wirklich Spaß an der Sache gehabt zu haben. Als sie mir die Gesichte mit ihrem Vater und ihren Freunden erzählte, hat es mir selbst im Herzen weh getan, sie weinen zu sehen. Wieder einmal ist mir vor Augen geführt worden, dass es nicht selbstverständlich ist, wie Sam und James zu meinen Schwestern und mir stehen.

Nur der Gedanke an jedes Lächeln, das sie mir gestern schenkte, jede beiläufige Berührung jagt mir einen wohligen Schauer durch den Körper, lässt in mir die Schmetterlinge tanzen und bringt mein Herz zum Rasen. Es war gestern unglaublich süß und gleichzeitig das größte Dankeschön, das sie mir hätte machen können, als sie wollte, dass ich mit ihr in einem Bett schlafe. Ich darf nicht einmal an das Bild denken, als sie mit meinem Hoodie und mit halbnassen Haaren vor mir stand, denn der Anblick war einfach unglaublich sexy, ohne auch nur ein bisschen Haut zu zeigen. Sie ist einfach wunderschön, von ihnen wie von außen. Was würde ich nur dafür geben, sie endlich ‚mein' nennen zu können.

Erst nach einigen Minuten merke ich, dass das Bett neben mir leer ist. Überrascht schlage ich die Augen auf und sehe mich in meinem Zimmer um. Doch auch dort finde ich keine Spur des wunderschönen Mädchens. Also schwinge ich meine Beine aus dem Bett und gehe nur in Boxershorts durchs ganze Haus, doch es gibt keinen einzigen Hinweis, wo sie sein könnte. Als ich jedoch ins Gästebad komme, sehe ich auf dem Boden Frauensachen liegen, darunter ein pinker BH und ein Slip, der aus sehr wenig Stoff besteht. Soweit ich sagen kann, sind das definitiv nicht Nikkis Sachen. Ich will gerade wieder hinaus gehen, als mein Blick auf ein Bündel ordentlich zusammengefalteter Kleider am Waschbeckenrand fällt. Ohne Zweifel, das sind die Sachen, die ich ihr geborgt habe.

Stirnrunzelnd gehe ich wieder Richtung Zimmer, um mich anzuziehen, als ich im Wohnzimmer mein Handy liegen sehe. Also nehme ich es und wähle Nikkis Nummer. Doch schon nach wenigen Sekunden springt die Mailbox an. Ich versuche es noch einmal, doch es passiert das Gleiche. Es wählt kurz, und dann Mailbox. Legt sie etwa extra auf? Als ich ihr eine Nachricht auf Whatsapp schreiben will, geht diese ebenfalls nicht durch. Und ihr Profilbild kann ich nicht mehr anschauen. Was ist nur vorgefallen, dass sie mich blockiert? Habe ich sie mit irgendetwas zu sehr bedrängt?

Stirnrunzelnd setze ich meinen Weg ins Zimmer fort. Da mein Blick auf meinem Handy liegt, erschrecke ich und lasse dieses fallen, als plötzlich eine unerwartete Stimme mich aus meinen Gedanken reißt. „Hey Süßer! Sexy Sixpack." Mein ungläubiger Blick fällt auf Jessy, die nur in einem knappen Slip und einem BH vor mir steht. Länger als nötig wende ich ihn durch meine Überraschung nicht ab, was sie natürlich wieder falsch auffasst. „Du hattest anscheinend schon länger nicht mehr einen Leckerbissen vor deinen Augen. Wenn du willst, musst du nur zugreifen.", sagt sie lasziv und leckt sich danach über die Lippen. Daraufhin wende ich meinen Blick ab und will weiter gehen. Was macht sie überhaupt hier? Claire hat mir versprochen, den Kontakt abzubrechen. Doch als ich mich an Jessy vorbeidrücken will, flüstert sie noch leise in mein Ohr. „Deine neue Kleine bietet dir anscheinend nicht so viel Spaß, wie wir ihn hatten. Du bist einfach Meilen über ihrem Niveau." Daraufhin fahre ich herum.

„Was? Woher weißt du von Nikki? Hast du sie gesehen?", sage ich zornig und ich packe sie leicht an den Oberarmen. Wie kann sie nur so über sie reden? Jessy kann eine Spur Überraschung nicht verbergen. Normalerweise werde ich auch nicht schnell wütend, aber momentan bin ich einfach verzweifelt.

Sie zuckt mit den Schultern. „Wir sind uns vor gut einer Stunde hier am Gang über den Weg gelaufen. Mach doch bitte kein Drama wegen so einem Flittchen. Sie ist doch nichts anderes als ein graues Mäuschen."

Langsam nehme ich meine Hände von Jessy und sage betont ruhig, wobei ich einen drohenden Unterton nicht verhindern kann. „Du verschwindest jetzt sofort aus meinem Haus und lässt dich hier nie wieder Blicken. Du hast fünf Minuten, ansonsten rufe ich die Polizei."

Im ersten Moment sieht Jessy aus, als würde sie protestieren wollen, doch ich schneide ihr das Wort ab. „Raus habe ich gesagt.", knurre ich, dieses Mal bedeutend schärfer.

Daraufhin gibt sie sich geschlagen und geht die Treppe hinunter. Ich folge ihr bis zur Tür. Bevor ich diese zuschlage, muss ich jedoch noch eins loswerden.

„Und nur damit du es weißt, Nikki ist tausendmal schöner, klüger als du und eindeutig über deinem und meinem Niveau."

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Schweiß rinnt über meine Stirn und über meinen ganzen Körper, da ich nun schon seit einer Stunde auf den Boxsack in unserem Keller hineinschlage, um meine Wut in den Griff zu bekommen. Das brauche ich einfach, um herunterzukommen und meine Gedanken zu sortieren. Kurz nachdem ich Jessy rausgeworfen habe, ist ein braunhaariger Junge aus dem Zimmer meiner Schwester gekommen, den ich dann ebenfalls sofort aus dem Haus geschmissen habe. Claire war richtig erschrocken, als sie gesehen hat, dass ich schon munter bin. Doch ich wollte ihre Erklärungen gar nicht hören, stattdessen habe ich nur schnell Sportsachen angezogen und bin in den Keller gegangen. Ich will nicht herumschreien. Auch wenn ich sauer auf meine Schwester bin, hat sie es verdient, dass ich vernünftig mit ihr rede.

Doch ich kann heute einfach nicht abschalten, meine Gedanken kreisen einfach weiter. Ich bin wirklich verzweifelt. Was habe ich getan, dass Nikki abgehauen ist und sich jetzt einfach nicht meldet und auf meine normalen SMS, die ich ihr geschickt habe, und Anrufe reagiert? Jedes Gespräch, jede Berührung gehe ich in meinem Kopf durch, doch ich finde einfach keinen Grund. Hat vielleicht Jessy etwas damit zu tun? Doch sie kann doch nicht ernsthaft glauben, dass ich etwas mir so einem Flittchen hätte? Und was zur Hölle haben sie und der Junge überhaupt hier gemacht? Claire hat versprochen, sich von ihren alten Freunden zu lösen.

Erschöpft schlage ich noch einmal zu, bevor ich den Sandsack auffange und nach einem Handtuch lange. Ich atme einmal tief durch und mache mich dann seufzend auf, um mich wieder frisch zu machen. Als ich zehn Minuten später frisch geduscht und mit nassen Haaren das Wohnzimmer betrete, sehe ich Claire, die mit Mia auf dem Boden sitzt und eine Kinderserie schaut. Bei meinem Eintreten mir einem entschuldigenden Blick aufsieht.

Ich setze mich auf die Couch und sehe sie abwartend an, während Mia zu mir kommt und sich auf meinen Schoß kuschelt. „Hör zu Noah, es tut mir wirklich leid, okay? Jessy hat mich mitten in der Nacht angerufen, sie war total aufgelöst und hat gesagt, dass sie nirgendwo schlafen kann. Ich wusste nicht einmal, dass Chris noch dabei ist. Aber ich konnte sie doch um halb sechs in der Früh nicht einfach wieder wegschicken."

Ich seufze. „Okay. Ich hatte nur Angst, dass du wieder zu ihr in Kontakt stehst."

Claire schüttelt den Kopf. Eine Weile schweigen wir und erfolgen die Sendung im Fernsehen, als Claire neugierig fragt: „Wie war dein Date gestern?"

Mein Gesicht verzieht sich zu einer traurigen Grimasse, was meiner Schwester Antwort genug zu sein scheint. „So schlimm?"

Ich schüttle den Kopf. „Nein, eigentlich überhaupt nicht. Es war richtig schön. Selbst als nicht alles so lief wie geplant hat Nikki das einfach hingenommen und das Beste daraus gemacht. Wir haben gelacht und sind uns wirklich näher gekommen. Und sie hat sich wirklich gut mir Mia verstanden. Wir haben uns sogar fast geküsst. Als sie dann an meiner Brust eingeschlafen ist, habe ich sie in mein Bett getragen und wollte gerade zu meiner Couch gehen, als sie mich im Halbschlaf gebeten hat, dass ich bleibe. Und das war wirklich die beste Nacht, die ich je hatte, ohne dass nur irgendetwas passiert ist." Ohne es zu wollen verzieht sich mein Gesicht bei den Erinnerungen zu einem Lächeln.

„Das klingt richtig romantisch. Wo ist denn deine Herzdame jetzt?", fragt Claire neugierig.

Sofort fallen meine Mundwinkel wieder nach unten. „Das ist ja gerade die Frage. Als ich heute aufgewacht bin, war sie einfach verschwunden. Sie hebt weder ab, noch beantwortet sie meine SMS und auf Whatsapp hat sie mich blockiert. Ich weiß einfach nicht, was vorgefallen ist. Und Jessy hat mich nur noch mehr verwirrt, da sie sie anscheinend in der Früh gesehen hat."

Claires Miene verwandelt sich sofort zu einer mitleidigen Maske und sie kommt zu mir und gibt mir eine Umarmung. „Hey, das wird schon wieder Ni. Ich verspreche dir, ich helfe so gut ich kann. Vielleicht muss sie sich nur über ihre Gefühle klar werden und braucht ein wenig Abstand. Und es tut mir wirklich doppelt so leid, sollte Jessy etwas damit zu tun haben."

Ich gebe ihr einen Kuss aufs Haar, aber wirklich beruhigt bin ich nicht.

Nur eine halbe Stunde später verschwindet Claire, die die ersten beiden Stunden Entfall hatte, zur Schule und ich mache mich langsam daran, Frühstück für Mia und mich zu machen. Da sie gestern Abend wieder ein wenig erhöhte Temperatur hatte, habe ich beschlossen, sie heute noch einen Tag daheim zu lassen. Heute scheint es ihr nämlich auch wieder ein wenig schlechter zu gehen, denn sie ist wirklich ungewohnt ruhig.

Zehn Minuten später gehe ich mit einem Müsli für mich und Zwieback mit gestocktem Honig für meinen kleinen Engel wieder ins Wohnzimmer.

Während des Essens lasse ich ‚Coco-der neugierige Affe' über mich ergehen. Und irgendwo kann ich verstehen, wieso Mia diese Serie mag, es ist eigentlich ganz witzig.

Später hole ich jedoch meinen Laptop von meinem Zimmer und arbeite ein paar Sachen für die Uni auf. Als ich meine Emails checke, sehe ich, dass ich eine Nachricht von Bob habe. Stirnrunzelnd überfliege ich die Zeilen und bin froh, wenigstens eine gute Nachricht an dem heutigen Tag zu erhalten. Anscheinend hat er es geschafft, dass das Verfahren gegen Claire wegen irgendeines Formmangels eingestellt wird. Ich schreibe ihm eine lange Dankes-Mail zurück, in der ich ihn auch einlade, gerne einmal bei uns vorbeizuschauen in den Feiertagen. Da ich ihn schon von klein auf kenne, ist er praktisch wie ein Onkel für mich und war auch nach dem Unfall unserer Eltern immer für uns da.

Bis zu Mittag bewegen Mia und ich uns kaum, außer etwas zu Trinken zu holen oder auf die Toilette zu gehen. Doch just in dem Moment, in dem ich meinen Laptop zu klappe, da ich für heute mit der Arbeit fertig bin, fängt meine Schwester neben mir an zu zappeln. Bis vor wenigen Minuten hat sie noch an meiner Seite für etwa eine Stunde geschlafen. Doch Schlaf hat bei ihr schon immer Wunder gewirkt, was man auch jetzt wieder sieht.

„Ni, mir ist langweilig."

„Was würdest du denn gerne machen?", frage ich sie belustigt über ihren jammernden Ton. Daraufhin überlegt sie ein paar Sekunden.

„Kekse backen.", sagt sie mit einem strahlenden Lächeln.

Und meine Kleine hat Glück, denn wir haben noch die richtigen Zutaten daheim, um Zitronenkekse zu machen. Also schalte ich den Radio ein und wir machen uns ans Werk, während wie beide zu Weihnachtsliedern tanzen.

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Seufzend lasse ich mich um acht wieder auf der Couch neben Claire nieder. Durch das viele Rasten der letzten Tage war Mia fast gar nicht ins Bett zu kriegen. Und das, obwohl wir einen relativ aktiven Nachmittag hatten. Denn nach dem Backen kam Claire heim und wir haben, nachdem wir und vor allem Mia dick eingepackt waren, einen Schneespaziergang gemacht. Über eine Stunde haben wir im Schnee getobt, ohne dass sie den Anschein erweckt hätte, noch eine Krankheit in sich zu tragen. Morgen werde ich meine kleine Schwester also wieder in den Kindergarten lassen.

Wieder schaue ich auf mein Handy, wie ich es heute jede halbe Stunde getan habe, aber immer noch habe ich keine Nachricht. „Immer noch nichts?", fragt Claire neben mir besorgt. Ich schüttle den Kopf und senke den Blick auf meine Hände. „Nein. Und auch ihre zwei Freunde habe ich nicht erreicht. Sie haben mich zwar nicht blockiert, aber sie schreiben weder zurück, noch heben sie ab."

Daraufhin legt sich eine Hand auf meinen Arm, was mich aufschauen lässt. „Ni, du darfst nicht aufgeben, zu kämpfen. Ich habe sie zwar noch nicht kennen gelernt, aber ich sehe, welche Auswirkungen sie auf dich hat, und das nach nur zwei Wochen. Du lächelst mehr, bist offener zu allen und musst nicht immer alles perfekt hinbekommen. Ich meine, du, der größte Weihnachtsgegner den ich kenne, hört sich auf einmal freiwillig Weihnachtslieder und geht's auf den Christkindlmarkt an. Außerdem müsstest du dich einmal sehen, wenn du von ihr sprichst. Deine Augen fangen an zu leuchten, was ich seit über einem Jahr nicht mehr gesehen habe, und deine Lippen verziehen sich automatisch zu einem Lächeln. Sie macht dich wirklich glücklich und deshalb solltest du jetzt nicht den Kopg hängen lassen, sondern kämpfen. Denn du brauchst so jemanden wie sie in deinem Leben. Nein falsch, du brauchst sie in deinem Leben, und ich werde dir bei allem helfen, wenn du dieses Ziel erreichen willst. Und sie wäre wirklich blöd, wenn sie einen Fang wie dich nicht haben wollen würde."

Ich kann nicht anders, als Claire daraufhin fest zu umarmen. Ihre Worte haben mir Hoffnung geschenkt. Wie man sieht, brauchen nicht nur meine Schwestern mich, sondern ich auch sie. Und ist es nicht dieser Zusammenhalt und diese selbstlose Hilfe nicht das, was eine Familie ausmacht?

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Hey Leute!

Neuer Teil, ich hoffe er gefällt euch :)

Irgendwie sind die Ferien fast stressiger als Uni, dass ich einfach nicht früher zum Schreiben komme, tut mir leid. :/

Das Bild soll Jessy darstellen. (Ich habe absolut nichts gegen Gigi Hadid und finde sie eigentlich mega schön, aber es passt einfach in die Geschichte; also fühlt euch nicht angegriffen, wenn ihr Fans von ihr seid)

Wie findet ihr das Kapitel? Habt ihr Ahnungen, wieso Nikki abgehauen ist? Schreibt sie doch in die Kommentare :)

Schlaft schön :)

LG :)

Lene217

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