Freitag, 7. Dezember - Ski-Spaß mit Hindernissen
‚Nothing is a coincidence. Everything you're experiencing is meant to happen exactly how it's happening. Embrace the lessons. Be grateful.' - unknown
Noahs Sicht
Mein Gesicht ziert ein riesiges Grinsen, als ich immer schneller den steilen Hang hinuntergleite. Der Tag ist perfekt zum Skifahren, wolkenlos, nicht zu kalt, nicht zu warm, und da es erst halb zehn in der Früh ist, sind die Pisten leer. Wobei das hoffentlich auch so bleibt, denn es ist immerhin unter der Woche und da müssten die Leute in der Arbeit, auf der Uni oder in der Schule sein. So, wie ich eigentlich auch.
Aber die Idee, Skifahren zu gehen, kam gestern ganz spontan. Denn als ich gestern Claire vom Krankenhaus abgeholt habe, hörten wir im Radio, dass durch den Schneefall des gestrigen Tages heute perfekte Bedingungen für den Wintersport herrschen würden. Die Augen meiner Schwester begannen daraufhin zu leuchten und ich habe spontan vorgeschlagen, einfach den Tag zu schwänzen. Sowohl sie als auch Sam und James, als ich ihnen den Vorschlag unterbreitet habe, waren sofort einverstanden.
Denn keiner von uns hat noch schwierige Prüfungen vor Weihnachten, meine Schwester aufgrund des Feiertages am Samstag so oder so schulfrei.
Kathy hatte auch Zeit ein paar Stunden am Abend auf Mia aufzupassen, bis wir wiederkommen würden. Außerdem ist das Skigebiet, das wir uns ausgesucht haben, nur eine Stunde von uns entfernt, weshalb es auch das ist, auf das wir am häufigsten gehen.
Und es wirklich die richtige Entscheidung. Nicht nur, dass wir alle Spaß haben, sondern das Leuchten in den Augen meiner Schwester zu sehen, wenn wir zusammen im Lift sitzen, ist das Schwänzen wert.
Die Zeit vergeht wie im Flug. Zu Mittag gehen wir in unsere „Stammskihütte". James und ich haben sie nur durch Zufall vor ein paar Jahren entdeckt. Denn sie ist etwas abgelegener als die übrigen Touristenhütten. Aber wir haben uns hier sofort wohl gefühlt. Das Personal ist wirklich nett und das Essen ist wirklich gut. Meine übliche Wahl - die Käsespätzle - sind ohne Frage die besten, die ich bisher gegessen habe. Zudem ist der Ausblick über die verschneiten Bergkuppen wirklich fabelhaft.
Gerade warten wir sehnsüchtig auf unser Essen, als mich auf einmal eine hochgewachsene Gestalt neben mir auftaucht und mich mitten im Satz unterbricht.
„Hey Leute, was macht ihr denn hier?", sagt sie und quetscht sich neben mich.
Ich kann ein Augenrollen nicht unterdrücken. Oh nein, was mach Jessy denn hier? Ich kann in den Augen der anderen erkennen, dass sie ebenso nicht begeistert sind, dass das neue Mädchen aufgetaucht ist. Zu meiner Freude verzieht auch Claire, die mir direkt gegenüber sitzt, das Gesicht.
Doch Jessy scheint nicht zu merken, dass sie unerwünscht ist, denn sie verzieht mitleidig das Gesicht und legt meiner Schwester ein Hand auf ihren Arm
„Schätzchen, geht's dir wieder besser? Es war ja so furchtbar, als ich sehen musste, wie sie dich im Polizeiauto mitgenommen haben.", sagt das blonde Püppchen in einem falschen mitfühlenden Unterton. Ich beiße fest die Zähne zusammen, um sie anzuschreien. Sie ist doch ein Mitgrund, wieso Claire das passiert ist. Denn Jessy ist einer dieser wunderbaren ‚Freunde', mit sie in letzter Zeit immer zusammen war.
Zu meiner großen Erleichterung sehe ich, wie meine Schwester ihre Hand wegzieht. „Es ist alles in Ordnung. Noah hat gut auf mich aufgepasst.", antwortet sie kühl.
Daraufhin wendet Jessy sich mir zu und greift plötzlich um meinen Arm. „Du bist ja so ein Held. Man kann sich einfach immer auf dich verlassen!", säuselt sie und klimpert mit den Wimpern. „Und wow, hast du viel trainiert in der letzten Zeit? Dein Arm fühlt sich ja so stark an. Das ist wirklich richtig heiß, aber das ist ja nichts Neues.", macht sie weiter und zwinkert mir zu. Ich bin so perplex, dass ich im ersten Moment nicht weiß, was ich darauf antworten soll.
Glücklicherweise wird Jessy in dem Moment von einer ihrer Freundinnen gerufen. „Es war soo schön, euch alle zu sehen. Wir sehen uns Claire.", sagt sie noch, steht auf, wirft ihr blondes Haar über die Schulter und stolziert zur Tür hinaus.
Sofort, als sie außer Hörweite ist, fangen Sam und James schallend an, zu lachen.
„Uh, Noah du bist ja soo heiß. Bitte, vernasche mich hier und jetzt.", ruft Sam in verstellter Stimme. Ohne es zu wollen werde ich puterrot im Gesicht und schlage ihn fest auf dem Arm.
„Das ist nicht witzig, du Idiot.", zische ich, woraufhin meine besten Freunde noch mehr lachen. Ich sehe sogar bei Claire einen Mundwinkel zucken.
„Oh doch, das ist es und das weißt du selbst. Es ist einfach zu gut, wie sie sich jedes Mal an dich ranschmeißt. Tja, das sollte dir eine Lehre sein. Den Fehler wirst du sicher nicht mehr machen.", bringt James immer noch kichernd hervor.
Ich verdrehe nur die Augen. Sollen sie doch denken, was sie wollen.
---
Der Nachmittag vergeht leider gleich schnell, wie der Vormittag. Im Laufe des Tages haben sich die Pisten augenscheinlich gefüllt. Denn viele müssen freitags nur bis Mittag arbeiten und die, die dann in der Nähe wohnen, können noch ein paar Stunden Pistenspaß genießen. Ich würde es nicht anders machen, wenn ich könnte.
Schließlich stehen wir bei der Talstation und diskutieren, ob wir noch ein letztes Mal hinauf fahren sollen. Ich will schon klein beigeben, nachdem meine Schwester verkündet, dass sie genug hat, als sich James ihr anschließt. Überrascht ziehe ich die Augenbrauen in die Höhe, doch ich lasse es unkommentiert. Also machen nur Sam und ich uns noch einmal auf den Weg zur Liftstation.
Doch den schönen Tag wollen anscheinend viele noch ein wenig länger ziehen, denn bei der Gondel ist eine wirklich lange Schlange.
Meter um Meter schieben wir uns weiter, während der Zeiger der Uhr aufhältlich Richtung 16:15 rückt, an dem die Lifte zusperren. Würden die Liftwarte uns noch einmal fahren lassen, auch wenn wir zu spät ankommen?
Doch meine Sorge ist unbegründet, denn wir sitzen sogar schon zehn Minuten vor Schluss in der Gondel. Ich drehe gerade meine Kopf zu Sam, der bei der Tür sitzt, da er mir durch einen Stoß zu verstehen gegeben hat, dass er mir etwas sagen will, als mir plötzlich etwas ins Auge fällt.
Ich brauche keine Sekunde, um die Gestalt, die nur fünf Meter von der Gondel entfernt ansteht, zu identifizieren. Das ist sie wieder, das unbekannte Mädchen.
„Was ist denn mit dir los?", fragt Sam, der meinen überraschten Gesichtsausdruck mustert.
„Man, Sam, da ist sie wieder. Das Mädchen mit der schwarzen Jacke und den langen braunen Haare, die neben dem Jungen steht, der diese auffällige grüne Jacke anhat.", antworte ich ihm und will aufstehen. Doch in dem Moment geht ein Ruck durch den Lift und ich falle zurück auf meinen Platz. Verzweifelt klopfe ich an die Scheibe, obwohl mir bewusst ist, dass man sicher nichts nach draußen hört. Aber in dem Moment dreht das Mädchen seinen Kopf und sieht mich direkt an. Zuerst überrascht, fängt sie wie im Einkaufszentrum an, zu lächeln. Das ist jedoch das letzte, was ich sehe, da die Gondel an Geschwindigkeit gewinnt und in Richtung Bergspitze fährt.
Verärgert schlage ich meine Hände vor dem Gesicht zusammen. Was habe ich dem Schicksal getan? Will es mich veräppeln?
„Man, beruhig dich, wir warten einfach bei der Talstation und dann könnt ihr endlich miteinander reden, okay?", meint Sam, auch wenn ein amüsierter Unterton in seiner Stimme mitschwingt.
Die Minuten, die es dauert, um bei der Gipfelstation anzukommen, kommen mir ewig vor. Unruhig rutsche ich auf meinem Sitz hin und her. Das wird auch nicht besser, als wir oben angekommen sind und ich ungeduldig am Ausgang des Lifts warte. Bei jeder Gondel, die ankommt, flammt meine Hoffnung auf, nur um erneut enttäuscht zu werden, da sie nicht dabei ist.
Ich höre zwar, dass Sam mir etwas erzählt, aber ich gebe nur immer wieder ein Nicken von mir.
Doch als schließlich der Zeitpunkt kommt, an dem keine Leute mehr aussteigen, sondern die Gondeln in den Keller der Talstation gebracht werden, muss ich mir eingestehen, dass das Mädchen nicht mehr kommen wird. Ist sie einfach nicht interessiert daran, mich kennenzulernen? Und war der Junge neben ihr vielleicht ihr Freund?
Sam bemerkt meine bedrückte Stimmung natürlich und legt mir deswegen eine Hand auf die Schulter. „Hey, mach dir keinen Kopf. Sie ist sicher bei der Mittelstation ausgestiegen. Und das neben ihr war sicher nicht ihr Freund, dann hätten die zwei sich anders verhalten. Wären näher nebeneinander gestanden und so. Ich habe doch ihr Lächeln gesehen. Es hat sicher nichts mit dir zu tun, dass sie nicht hier ausgestiegen ist."
Ich seufze nur und nicke. Was soll ich auch sagen? Die letzte Abfahrt, so schön sie auch ist, kann mich nicht mehr fesseln. Stattdessen freue ich mich, heimzukommen, um nach einer heißen Dusche einfach zu entspannen. Natürlich merken Claire und James, dass etwas nicht stimmt, als wir schließlich alle im Auto sitzen. Sam dreht sich im Beifahrersitz um und erzählt ihnen die Geschichte, doch ich versuche nur, ihn auszublenden und versuche, mich nur auf das Fahren zu konzentrieren. Wie schafft sie es bloß, mich so zu beeinflussen? Sie ändert meine Laune innerhalb weniger Sekunden, dabei kenne ich sie ja nicht einmal. Obwohl mir das einerseits Angst macht, ist es doch mit ein Grund, warum ich sie nur noch sehnlicher kennenlernen würde. Wenn ich sie jetzt schon so aufregend finde, wie wäre es dann erst, wenn ich sie besser kenne?
Aus dem entspannten Abend allein wird dann doch nichts. Denn James und Sam beschließen, einfach bei uns zu bleiben. Umziehsachen hätten sie eh hier und sonst nichts anderes vor. Das sagen sie zumindest, denn ich weiß, dass sie das nur machen, dass ich mich nicht in meinem Zimmer verkrieche. Wieder einmal wird mir klar, wie gute Freunde ich habe. Für nichts in der Welt würde ich sie eintauschen.
Nachdem wir also alle vier heiß Duschen waren – getrennt versteht sich – bestellen wir Pizza und beschließen, einen Spieleabend zu machen. Da Mia natürlich mitmacht, entscheiden wir uns für Memory. Und wer hätte es gedacht, dieser kleine Schlingel schlägt uns alle. In der ersten Runde haben wir Erwachsenen uns extra nicht wirklich angestrengt, damit Mia nicht traurig ist. Doch von Runde zu Runde haben wir diese Umsicht abgelegt. Denn trotz dessen, dass wir wirklich ernsthaft spielten, ist Mia niemals schlechter als zweite gewesen. Ein einziges Mal hat Claire sie um ein Paar besiegt. An den Gesichtern der anderen kann ich erkennen, dass sie genau so erstaunt sind, wie ich.
Als die Schlafenszeit meiner kleinen Schwester immer näher rückt, stehe ich auf und will sie ins Bett bringen, doch sie schüttelt den Kopf. „Clee soll mich ins Bett bringen." Ich kann sehen, wie sehr diese kleine Geste Claire erfreut, denn ein Lächeln erscheint auf ihrem Gesicht und sie verschwindet bereitwillig mir ihr nach oben.
Währenddessen machen wir Jungs es uns im Wohnzimmer bequem. Dank zwei Sofas, die in einem L um den Fernseher stehen, haben wir auch genug Platz.
„Denk gar nicht einmal daran, deine Gedanken laut auszusprechen.", mahnt Sam, der neben mir auf der Couch sitzt, auf einmal. Woher wusste er bitte, dass ich mich gerade wieder einmal bedanken wollte?
Die Frage steht mir anscheinend ins Gesicht geschrieben, denn James sagt: „Hey Alter, wir kennen dich jetzt seit über zehn Jahren, glaubst du nicht, wir werden aus deinen Mienen schlau?", wirft James ein und grinst. Ich verdrehe nur die Augen und belasse es dabei.
Nach einer Weile kommt Claire wieder und setzt sich auf das Sofa, auf dem auch James sitzt. „Ach Jungs, ich will nicht irgendeinen Actionkram sehen. Gib mal die Fernbedienung her, großer Bruder.", sagt sie und schnappt mir, bevor ich reagieren kann, das Gerät aus der Hand.
James, Sam und ich verdrehen synchron die Augen, als sie den dritten Teil der Twilight-Reihe, Eclipse, einstellt. Doch Claire lässt sich durch keinen Kommentar umstimmen.
Nach ungefähr der Hälfte des Films merke ich auf einmal, dass sowohl Sam neben mir und meine Schwester an James Schulter gekuschelt. auf der anderen Couch eingeschlafen sind. Außerdem liegt der Fokus meines Freundes nicht länger am Bildschirm, sondern betrachtet nachdenklich das schlafende Gesicht von Claire. Doch er scheint meinen Blick zu bemerken, denn als er ertappt aufsieht, verzieht sich sein Gesicht zu einer schuldbewussten Maske.
„Ich... tut mir leid, Noah, ich schwöre da ist nichts. Von ihrer Seite aus jedensfalls, ich...", stammelt er, doch ich unterbreche ihn.
„He, Mann, ist schon gut. Sie wäre blind, wenn sie nicht sieht, was für ein Glück sie mit dir hat. Und ich könnte mir niemand Besseren für sie wünschen, ehrlich.", antworte ich ihn, und meine es auch so. „Nur verletzte sie bitte nicht.", füge ich hinzu und kann nicht verhindern, dass eine Spur von Schärfe in dem zuletzt Gesagten mitklingt.
James Gesichtszüge entspannen sich und ein kleines Lächeln stiehlt sich in seine Miene, als er flüstert: „Das würde ich niemals."
Auch meine Mundwinkel zucken und ich wende meinen Blick wieder dem Fernseher zu. Wie könnte ich jemanden vorschreiben, wen er zu lieben hat und wen nicht? Immerhin fühle ich mich von einem Mädchen angezogen, das ich nicht einmal kenne. Außerdem stimmt das, was ich gesagt habe. James ist einer der nettesten, hilfsbereitesten und fürsorglichsten Menschen, die ich kenne. Und wenn er Claire glücklich macht, dann werde ich mich nicht dagegen stellen.
Als dieser bescheuerte Film endlich aus ist, schläft auch James, seine Arme um meine Schwester geschlungen. Wieder muss ich grinsen, hole dann den dreien eine Decke und lege sie über sie, bevor ich in mein Zimmer gehe. Es braucht nicht lange, nachdem ich mich hingelegt habe, dass auch mich der Schlaf übermannt. Und wer hätte es gedacht? Mein letzter Gedanke ist die Erinnerung an dieses wunderschöne Mädchen, dass mir durch die geschlossene Gondel das süßeste Lächeln zuwirft, das ich je gesehen habe.
---
Hey Leute :)
Neues Kapitel :)
Gefällt es euch?
Das Bild soll James darstellen :)
Lg:)
Lene217
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top