Donnerstag, 20. Dezember - Liebeskummer
♪‚Goodbye, my almost lover
Goodbye, my hopeless dream
I'm trying not to think about you
Can't you just let me be?
So long, my luckless romance
My back is turned on you
Should've known you'd bring me heartache
Almost lovers always do'♪ – A Fine Frenzy
Nikkis Sicht
Starr liege ich in meinem Bett, mit Blick zur Decke und fühle einfach einen stechenden Schmerz in meiner Brust. Nach einem Tag des Verdrängens hat mich das schreckliche Gefühl des Liebeskummers schließlich eingeholt, doch immer noch kann ich nicht weinen.
Noch vierundzwanzig Stunden zuvor zierte ein Lächeln mein Gesicht, als ich in den Armen von Noah aufgewacht bin. Ich war einfach so unfassbar glücklich. Unser Date war perfekt und ich hatte wirklich gedacht, dass er meine Gefühle erwidert. Kein einziges Mal hat er mich bedrängt, wollte sogar auf der Couch schlafen, hätte ich ihn gehen lassen.
Ich hätte ewig so liegen bleiben können, doch meine Blase hat sich unglücklicherweise gemeldet. Leise bin ich durchs Haus geschlichen, in den unteren Stock, da mir Noah nicht gezeigt hat, wo das Bad oben ist. Da sind mir auch zum ersten Mal die Bilder an der Wand im Treppenhaus zeigen, die die ganze Familie abbilden. Schon im Bad angekommen habe ich mich gewundert, da dort Frauensachen verteilt am Boden lagen, darunter auch Unterwäsche. Als ich wieder nach oben gehen wollte, hat sich mir jedoch eine schöne blonde Frau, mit einer Figur wie die eines Victoria Secrets Model, nur in knapper Unterwäsche in den Weg gestellt. Ich habe sie nett begrüßt und wollte wieder in Noahs Zimmer gehen, als sie mich jedoch am Arm zurückgehalten hat. „Dir kleine Schlampe würde ich raten, dich von Noah fernzuhalten. Er gehört mir. Deinen Klamotten nach zu urteilen ist er auch nicht weiter an dir interessiert, glaub mir, wenn ihm eine Frau gefällt, dann behält sie keine Kleider am Leib, glaube mir, ich spreche aus Erfahrung. Also kannst du schön verschwinden, du graues Mauerblümchen, denn er benutzt dich nur, um mich nach einem Streit eifersüchtig zu machen." Mit diesen Worten hat sie mich einfach stehen gelassen und ist wieder nach oben verschwunden. Sofort fühlte ich mich innerlich taub. Nur in Trance habe ich mitbekommen, dass ich Harry angerufen und mich im Bad umgezogen habe. Auch an die Heimfahrt kann ich mich nicht mehr erinnern, ich weiß nur noch, dass Harry andauernd Fragen gestellt hat, auf die ich nicht reagiert habe. Nachdem ich Noah auf Whatsapp blockiert habe, lag ich stumm im Bett und habe die Decke angestarrt. Erst ein Anruf von Phi hat mich aus der Trance gerissen. Wieder ist eine Kellnerin ausgefallen und ich soll einspringen. Es war die Hölle los, doch das half mir dabei, das Gefühl in meiner Brust zu ignorieren und mich abzulenken. Ich habe gelächelt und war freundlich zu den Kunden. Doch meine beste Freundin wäre nicht meine beste Freundin, wenn sich nicht gemerkt hätte, dass etwas nicht stimmte. Doch ich bin ihren Fragen ausgewichen und nach meiner Schicht, die früher endete, als Phis, bin ich einfach schnell abgehauen. Und seitdem ist auch mein Handy aus. Ich bin wirklich froh, dass meine Mutter seit zwei Tagen ihren wohlverdienten Weihnachtsurlaub angetreten ist, denn sie sieht natürlich auch, dass etwas nicht stimmt, und kümmert sich deswegen allein um Amira.
Und seit ich gestern heimgekommen bin, liege ich hier und starre auf die Decke und versuche mit aller Macht, die Tränen zurückzuhalten. Ich will nicht weinen, ich will stark bleiben. Doch seit einem kurzen, unerholsamen Schlaf wird das drückende Gefühl in meiner Brust immer schlimmer. Egal, wie sehr ich dagegen ankämpfe, ich weiß, dass ich die Schwelle bald überschreiten werde. Jetzt schon habe ich Angst vor diesem schmerzendem Gefühl in meiner Brust. Ich habe ihn so schnell in mein Herz gelassen, so stark für ihn empfunden, weswegen ich Angst habe, aus diesem Loch so schnell nicht mehr aufzustehen. Und das, obwohl ich Noah gerade einmal seit knapp drei Wochen kenne. Dabei schien er doch einfach perfekt zu sein.
Stopp, rufe ich mir ins Gedächtnis, als ein weiteres Mal die Schranke zu meinen Gefühlen einzubrechen droht. Ich darf nicht an ihn denken, nicht an unseren einzigen Kuss, denn dann werde ich schwach.
Meine Gedanken gehen wieder in Richtung des Theaterstücks, in dem ich die Hauptrolle habe. Jede einzelne meiner Zeilen gehe ich von vorne bis rückwärts durch. Doch meine Konzentration wird jäh gestört und ich setze mich ruckartig auf, als auf einmal meine Zimmertür auffliegt und Phi hereinstürmt, die, wie man in ihrem Gesicht ablesen kann, fuchsteufelswild ist. Mit etwas Abstand und einer entschuldigenden Miene folgt Harry ihr.
„Was fällt dir eigentlich ein, Harry und mich mehr als einen tag zu ignorieren. Du kannst nicht komplett fertig bei der Arbeit auftauchen und dann von mir verlangen, dass ich dich einfach allein dahinvegetieren lasse. Du hättest wenigstens abheben und mich am Telefon anschreien können, dass es mich nichts angeht, was los ist. Aber nein, Madame leidet lieber still vor sich hin. Weißt du, welche Sorgen du mir gemacht hast? Ich konnte die ganze Nacht nicht schlafen. Und ständig hat Noah angerufen und geschrieben und Harry und ich durften ihn wegen Freundschaftsloyalität ignorieren, dabei wissen wir nicht einmal, was der Herr denn getan hat. Ich...", redet sie lautstark los, doch ich unterbreche sie mit einem leisen Murmeln.
„Er hat eine Freundin." Auf diese Aussage hin bricht Phi mitten im Satz ab und sowohl sie als auch Harry starren mich mit verwirrten Gesichtsausdruck an. Ophelia bewegt sich als erstes und setzt sich neben mich aufs Bett.
„Was? Woher weißt du das denn?" fragt sie ungläubig, während sie meine Hände nimmt.
„Ich bin ihr am Morgen über den Weg gelaufen. Modelfigur, blondes, langes Haar und wunderschön. Sicher älter. Hat mir gedroht, ich solle mich von ihrem Freund fernhalten, er würde nicht auf so ein graues Mauerblümchen wie mich stehen." Die letzten Worte hauche ich nur noch, denn nun ist der Damm endgültig gebrochen. Sofort legt Phi ihre Arme um mich und versucht mich zu trösten, doch durch mein anhaltendes Schluchzen höre ich sie kaum. Es dauert über eine Stunde, bis ich mich soweit beruhigt habe, dass ich meinen besten Freunden die ganze Geschichte erzählen kann.
Harry will daraufhin sofort losfahren und ihn zur Rede stellen, doch ich kann ihn Gott sei Dank soweit beruhigen, dass er nicht geht.
„Ich wusste, dass es richtig war, ihn zu ignorieren.", sagt Phi zornig.
Als die Tränen am Nachmittag endlich für eine Weile trocknen, zwingen die beiden mich, aus meinem Pyjama zu schlüpfen und mir etwas normales anzuziehen. Erst zu spät realisiere ich, was sie vorhaben. Doch als ich mich gegen ihre Idee wehre, hebt mich Harry einfach auf und trägt mich zum Auto, in dem er mich auf der Rückbank anschnallt.
„Habt ihr überhaupt eine Ahnung, wie ich aussehe? Wenn mich so jemand erkennt, kann ich nie wieder aus dem Haus gehen.", schimpfe ich los, als Harry das Auto startet. Im Rückspiegel sehe ich, wie die beiden synchron die Augen verdrehen. „Du siehst wirklich nicht so aus, als hättest du stundenlang geweint, wirklich. Eher, als hättest du eine lange Nacht hinter dir und nicht geschlafen, also beruhige dich.", meint Phi ernst.
Doch ihr Freund kann sich ein kleines Zucken in seinem Gesicht nicht verkneifen, weswegen ich ihre Lüge durchschaue.
„Ich hasse euch.", brumme ich und lasse mich tiefer in meinen Sitz sinken.
„Schätzchen, ich weiß, dass du und liebst, also hör auf zu schmollen und genieß die frische Luft. In deinem Zimmer konnte man schon meinen, es wäre jemand darin gestorben."
Zehn Minuten später halten wir vor einem Supermarkt. Stur wie ein kleines Kind verschränke ich die Arme vor der Brust und weigere mich, auszusteigen.
„Willst du es wirklich darauf ankommen lassen? Wenn ich dich aus dem Auto trage, sieht erst recht jeder her, darauf kannst du dich verlassen.", sagt Harry und hält mir die Tür auf. Kurz beginne ich ein Blockduell mit ihm, doch ich weiß leider, dass er es ernst meint. Also gebe ich seufzend auf, steige aus dem Auto und ziehe mir die Kapuze meines Hoodies tief ins Gesicht. Mit Blick zum Boden folge ich meinen beiden besten Freunden, die verliebt Händchen halten. Warum kann es nicht immer so schön und einfach sein?
---
Nachdem wir alles für eine neue Kekssorte und ganz viel Eis gekauft haben, fahren wir als nächstes zum Kindergarten, um Amira abzuholen, da meine Mutter heute Nachmittag einen Arzttermin hat. Doch hier weigere ich mich wirklich, mit hinein zu gehen, da mich hier alle kennen. Nach einer kurzen Diskussion zieht Harry Phi einfach rein und ich schenke ihm so gut es geht ein dankbares Lächeln. Doch er hat leider vergessen, sein Auto wieder aufzusperren, wodurch ich jetzt in der Kälte stehe. Zitternd warte ich ein paar Minuten und lasse meinen Blick über die angrenzenden Häuser gleiten, als mich plötzlich eine überraschte Stimme aus meiner Trance reißt. „Nikki?"
Erschrocken drehe ich meinen Kopf in die Richtung, aus der der Name kam und sehe in braune Augen.
„Sam... hi.", bringe ich stotternd heraus und betrachte den besten Freund von ihm, wodurch sofort wieder Tränen in meine Augen steigen, da sein Anblick zu schöne Erinnerungen hervorruft.
Auch er scheint überrascht zu sein, mich hier zu sehen, denn er braucht einen Moment, ehe er sich räuspert. „Ich.. Nikki, ich weiß, es geht mich eigentlich nichts an, aber Noah..."
„Da hast du absolut recht, es geht dich nichts an. Noah wird wohl wissen, wieso Nikki nicht bei ihm bleiben kann. Und wenn du uns jetzt entschuldigst, es wartet Arbeit auf uns.", unterbricht ihn die kühle Stimme von Harry, während Phi mich auf die Rückbank schiebt und sich neben mich setzt, da sie anscheinend merkt, dass ich kurz davor bin, zusammenzubrechen. Harry hingegen holt den Kindersitz aus dem Kofferraum und braut ihm am Beifahrersitz ein, damit Amira dort Platz nehmen kann. Als wir schließlich vom Parkplatz rollen, sehe ich, dass Sam noch immer auf der gleichen Stelle steht und mit einem verwirrten und auch traurigem Blick Harrys Auto nachschaut.
Auch mir tut es weh, von ihm Abschied zu nehmen, denn wir haben uns wirklich gut verstanden, genauso wie ich mit James gut klar gekommen bin. Doch sie haben mich ebenso belogen wie Noah, da sie wussten, dass er nur seine Freundin eifersüchtig machen wollte.
Wieder steigen mir die Tränen in die Augen und ich schaue nach oben, damit die Flüssigkeit nicht über meine Wange rinnen kann. Phi neben mir drückt meine Hand und schaut mich besorgt an. Doch ich schüttle nur den Kopf. Ich muss jetzt stark sein, für meine kleine Schwester. Also reiße ich mich zusammen und höre Amira zu, wie sie angeregt über den Tag im Kindergarten erzählt.
---
Drei Stunden später wische ich mir erschöpft das Mehl aus dem Gesicht und fange an, die Küche ein wenig zu putzen. Sechs Bleche voll Zimtsterne haben wir gemacht. Naja, jedenfalls sind sie vom Rezept her wie Zimtsterne, denn Mia hat darauf bestanden, ein paar Ausstecher zu nehmen und so haben wir sie jetzt in allen möglichen Formen. Selbst Harry hat mitgebacken und Phi hatte auf ihrem Handy eine Weihnachtsplaylist laufen. Niemals hätte ich das für möglich gehalten, aber die letzten paar Stunden haben mich wirklich von meinem ganzen Liebesdrama abgelenkt und ich habe sogar hin und wieder gelacht.
Gerade, als ich den letzten Dreck weggeräumt habe, kommt Mama um die Ecke und bleibt erstaunt stehen, als sie mich in der Küche sieht, während ich zu einem Weihnachtslied tanze. Mit besorgtem Blick kommt sie zu und nimmt mich fest in die Arme. Diese kleine Geste reicht, um mich fast wieder zum Weinen zu bringen.
„Du bist so unglaublich stark Schatz. Ich bin so stolz auf dich, hörst du?", flüstert sie mir ins Ohr. Ich muss schlucken. „Woher weißt du es?", frage ich mit gebrochener Stimme. „Phi hat es mir gesagt, bevor sie dich nach draußen geschleift haben." Ich nicke und umarme sie nur noch fester.
Ein Klatschen reißt uns schließlich auseinander. „So, Amira schläft, unser Mädchenabend kann beginnen." Phi lacht bloß über unsere erschrockenen Gesichter. Ich schenke ihr ein dankbares Lächeln, nehme ihre ausgestreckte Hand und folge ihr ins Wohnzimmer. Den restlichen Abend schauen wir drei kitschige Liebesfilme, bestellen Essen vom Chinesen und machen uns im Anschluss noch Mikrowellen Popcorn und essen Eis. Selbst meine Mutter und Harry machen mit. Und ich könnte ihnen nie in den angemessenen Worten sagen, wie viel es mir bedeutet, dass sie so für mich da sind. Denn dadurch kann ich mich unglaublich gut ablenken. Erst, als ich spät am Abend alleine im Bett liege, kehren die Tränen zurück. Doch die Worte meiner Mutter helfen mir. Ja, ich bin stark und ich werde das durchstehen. Denn auch wenn Liebeskummer eines der schlimmsten Gefühle ist, die es gibt, hilft es unglaublich viel, Freunde und Familie zu haben, die einem beistehen. Und wie sagt man denn so schön: Die Zeit heilt alle Wunden, nicht?
---
Hey Leute!
Heute wirklich einmal etwas früher xD
Wie gefällt euch das Kapitel? Ich würde mich wirklich sehr über Rückmeldungen freuen :)
Habt noch einen schönen Abend. :)
LG :)
Lene217
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top