22.Kapitel

-Ian-

Summend legte ich die Brötchen in den Korb und stellte diesen auf den Esstisch. Wie jeden Morgen frühstückten Rae und ich zusammen, meine Mate war noch oben im Badezimmer und duschte. Sie sang etwas schief einer ihrer Lieblingssongs. Ich liebte diese kleine Gesangseinlage am Morgen, sodass wenn diese einmal ausfiel, es überraschend still im Haus war.

Doch heute war etwas anders, ich vernahm einen weiteren zarten Herzschlag neben Raes. Er kam ebenfalls aus dem oberen Stockwerk. Stirnrunzelnd machte ich mich auf dem Weg nach oben. Niemand war hereingekommen, außerdem hätte ich jede fremde Person sofort gerochen. Wie kam also ein zweiter Herzschlag in unser Haus?

Ich erreichte das Badezimmer und lauschte. Immer noch singend stand Rae unter der Dusche, das Wasser prasselte hörbar gegen die Fliesen. Aber genau hinter der Tür hörte ich das zweite Flattern. Stirnrunzelnd klopfte ich gegen die Tür. "Rae, hast du einen unbekannten Gast mit eingeschleust?", fragte ich scherzhaft. Meine Gefährtin stellte das Wasser ab und ich vernahm, wie sie die Glastür zur Dusche zurück schob, ehe ich ihre kleinen Füße über den Fliesenboden tapsen hörte.



-Raelyn-

Laut singend, auch wenn ich keinen einzigen Ton traf, unterstützte ich Nathan Evans bei Heather On The Hill aus voller Kehle, während ich mir die Spülung aus den Haaren wusch. Meine Performance wurde jedoch unterbrochen, als ich Ian vor der Tür hörte.

Verwirrt über seine Frage, huschte ich aus der Dusche. Wen sollte ich denn bitte hier mit hineingeschleust haben? Rasch band ich mir ein Handtuch um. Außer mir und unserem kleinen Wolf war kein anderer in diesem Raum. Das wüsste ich schließlich.

Oder hörte Ian etwa...? Nein. Das konnte doch nicht sein! Es war ja allgemein bekannt, dass man mit den entsprechenden Geräten den Herzschlag eines Babys bereits ab der fünften Woche hören konnte, aber konnte es sein, dass Ian den Herzschlag unseres Babys nun allein durch sein gutes Gehör wahrnahm? Das wäre unglaublich!

Auf der anderen Seite würde es mich auch wiederum nicht verwundern. Schließlich gab es auch Gestaltwandler, wieso also sollte das nicht möglich sein? Zärtlich strich ich über die leichte Wölbung meines Bauches. Kann es sein, dass dein Papa dich gehört hat?

Mit diesem Gedanken öffnete ich Ian die Tür:,,Also ehrlicherweise würde ich sagen, dass du dafür verantwortlich warst, wenn du mich schon so fragst."


-Ian-

Als Rae mir die Badezimmertür öffnete, kam mir eine Schwade Dampf und ihr wundervoller Geruch nach Vanille entgegen. Ich räusperte mich, da ich kurz abgelenkt war. Ihre Nähe war war einfach wie die Luft zum Atmen. Stirnrunzelnd betrachtete ich meine Mate, welche mit einem Turban auf dem Kopf und einem Handtuch um ihren Körper geschlungen vor mir stand.

Erst da machte es Klick. Denn neben Raes gewohnt beruhigendem Schlagen ihres Herzens, war das zusätzliche Flattern nun ebenfalls direkt vor mir zu hören. Es war unser Baby. Es war der Herzschlag unseres Kindes. Vollkommen überwältigt sank ich auf die Knie und hob meine Hände zu dem etwas gewölbten Bauch von Rae.

"Du bist das, unsere kleine Überraschung. Du bist endlich groß genug, damit ich dich hören kann." Ehrfürchtig küsste ich durch das Handtuch ihren Bauch. Vollkommen überwältigt von dieser Situation und all meinen Gefühlen, presste ich mein Gesicht gegen den Stoff und atmete tief ein und aus. Jetzt wurde es mir wirklich bewusst:

Ich wurde Vater! Wir würden Eltern werden und unser Baby existierte tatsächlich in Raes Bauch und war behütet. "Ich liebe dich, Rae. Euch beide", flüsterte ich.



-Raelyn-

Ich spürte, wie sich Tränen in meinen Augen zu sammeln begannen, aufgrund dessen, was hier gerade geschah. Das war einer dieser Momente, die ich in meinem Leben nie vergessen und tief in meinem Herzen aufbewahren würde. All das, was wir durchgemacht hatten, war genau das hier wert gewesen:,,Wir lieben dich auch. Du glaubst gar nicht, wie sehr."

Ehrlicherweise hatte ich das Gefühl, dass Ian im Augenblick nervöser war als ich. Wir saßen im Warteraum meiner Frauenärztin, während wir darauf warteten, aufgerufen zu werden. Zu seiner Verteidigung sollte man allerdings vermutlich hinzufügen, dass es das erste Mal war, dass er unser Baby heute sehen würde. Dennoch spürte ich seine Aufregung und so viel Verständnis ich dafür normalerweise auch gehabt hätte, gerade machte es mich wahnsinnig, weswegen ich beruhigend meinte:

,,Ich bin auch aufgeregt, aber könntest du bitte nicht meine Hand halb zerdrücken?" Sofort wurde der Druck um meine Hand weniger.


-Ian-

Mein Herz schlug schnell gegen meine Brust, seit wir bei Raes Gynäkologin im Wartezimmer saßen. Gleich konnte ich mit meinen eigenen Augen unser Kind sehen. Was war, wenn es eventuell Probleme gab, wenn es krank war? Würde ich überhaupt ein guter Vater werden? Was war, wenn ich es einfach nicht hinbekam? Und wenn Rae plötzlich klar wurde, dass ich doch ein irres Monster war und sie in ihren Augen eine Bestie in sich heranwachsen ließ?

Schließlich konnte ich bereits jetzt durch mein Gehör den Herzschlag unseres Kindes wahrnehmen, das war schließlich nicht normal und eindeutig eine nicht menschliche Eigenschaft.

Als Rae mich gereizt anfuhr, ließ ich ihre Hand los. Ich strich mir über meinen Oberschenkel. Bevor ich jedoch etwas erwidern konnte, rief uns die Assistentin der Praxis auf. Wir beide schnappten überrascht nach Luft und sprangen von unseren Stühlen, ehe wir in eines der Untersuchungszimmer geführt wurden.


-Raelyn-

Während ich bereits auf der Liege Platz nahm, schalte ich mich selbst in Gedanken. Es klang vielleicht etwas verwirrend, aber ich hatte genau bemerkt, dass Ian meine harschen Worte, die ich ganz anders gemeint hatte, als er sie verstanden hatte, verletzt hatten. Denn auch wenn wir uns wieder näher gekommen wären, würde er diese Wunde, die ich ihm unfreiwillig zugefügt hatte, vermutlich noch länger mit sich herumtragen. Und es tat mir so verdammt leid!

Aber ich war eben gereizt gewesen und hatte nicht nachgedacht und somit schneller gesprochen, als ich mir Gedanken darüber gemacht hatte, dass es ihn möglicherweise triggern könnte. ,,Ian, ich-" Ehe ich jedoch noch etwas sagen konnte, trat meine Frauenärztin ein und begrüßte uns beide freundlich. ,,Wie geht es Ihnen denn heute, Ms. Campell? Übelkeit, besondere Gelüste, sonst etwas?"

,,Ich habe immer noch mit Morgenübelkeit zu kämpfen, aber es wird besser. Ansonsten geht es mir gut."

,,Wunderbar. Also diese sollte sich bald bessern, da kann ich sie beruhigen. Andernfalls melden Sie sich bitte bei mir. So, Sie sind heute beide hier für den Ultraschall, richtig? Okay, also gut,dann wollen wir doch mal schauen."


-Ian-

Die brünette Ärztin verteilte auf Raes Bauch das durchsichtige Ultraschallgel und blickte dann auf den Monitor. Ein schwarz-weißes Bild erschien mit einer kleinen Blase und einem schlagendem Herzen. In der Blase war ein kleines Wesen mit winzigen Fingern und Füßen.

Ich hielt die Luft an und sah völlig gebannt auf den Bildschirm. Dort war mein Kind, unser Baby. Es war lebendig, mit einem schlagendem Herzen. Man erkannte schon die ersten menschlichen Züge, den Kopf, Hals sowie Arme und Beine.

Tausende Gefühle strömten gleichzeitig auf mich ein: Glück, Freude und vor allem Liebe. Liebe zu diesem kleinen Wesen. "Ist alles in Ordnung mit unserem Kind?", fragte ich deswegen gespannt, denn ich hatte Angst, dass es vielleicht krank war. Ich würde es dennoch lieben, es war schließlich unser Baby, aber ich wollte sichergehen und vorbereitet sein.


-Raelyn-

,,Ja, es ist bestens entwickelt, machen Sie sich da keine Sorge. Aktuell gibt es keinen Anlass, etwas anderes anzunehmen. Sowohl dem Kind als auch ihrer Partnerin mangelt es aktuell an nichts, Mr. McLean. Ms. Campell, haben Sie noch genug Folsäuretabletten und auch die gegen Eisenmangel?"

Ich nickte, leicht benommen, da ich vollkommen fasziniert davon war, unser Kind vor mir zu sehen und sogleich überkam mich eine Welle der bedingungslosen Liebe, die ich für dieses kleine Wesen empfand. Ich spürte, wie mir Tränen in die Augen schossen, oh man. Scheiß Hormone!

,,Also gut. Ms.Campell, Sie hatten mich das letzte Mal gebeten, dass wir dieses Mal schauen, ob wir heute das Geschlecht des Babys herausfinden können, mit etwas Glück, wissen sie es gleich."

Mein Blick glitt zu Ian, der in den letzten Minuten verdammt still geworden war und vollkommen fasziniert auf den Bildschirm gestarrt hatte. Nun schaute er mich jedoch überrascht an, denn ich hatte ihm davon wohlweislich nichts erzählt:,,Überraschung", meinte ich leise.


-Ian-

Ich war etwas perplex, dass wir mit etwas Glück das Geschlecht unseres Babys erfahren konnten. Denn ich hatte bei diesem Termin gar nicht daran gedacht. Außerdem spielte es für mich sowieso keine Rolle. Egal ob Junge oder Mädchen, ich würde es lieben und vergöttern. "Also ich bin bereit", lächelte ich zaghaft und sah zu Rae. Auch sie nickte.

Die Ärztin fuhr mit dem Ultraschallkolben nochmals über Raes Bauch. Das Bild veränderte sich leicht, man erkannte das Profil des Fötus. Dann strahlte die brünette Ärztin. "Sie haben Glück, ihr Kind ist nicht schüchtern und man erkennt es prima. Herzlichen Glückwunsch Ms, Campbell, sie bekommen ein Mädchen!"

Raes Reaktion waren zuerst strahlenden Augen, ehe kleine Tränen ihre Wangen hinunter liefen. Auch ich rutschte unruhig auf meinem Stuhl umher, ehe ich mich zu meiner Mate beugte und sie innig küsste.

Ein Mädchen, eine kleine Prinzessin. Ich würde auf sie aufpassen müssen, wenn sie mindestens genauso bezaubernd werden würde wie ihre Mutter. Ich konnte sie wahrscheinlich nie aus den Augen lassen, ohne dass sie bezirzt werden würde. Doch da müsste man wohl erst an mir vorbeikommen!


-Raelyn-

Wir hatten uns dazu entschlossen, nach meinem Frauenarzttermin noch eine Runde spazieren zu gehen, doch nun lagen mir gefühlt hunderte Fragen auf der Zunge und eine Entschuldigung. Denn mein Gefährte und ich liefen zwar Hand in Hand nebeneinander und doch spürte ich seine Unsicherheit, die er aber absolut nicht haben sollte!

Gleichzeitig rasten viel zu viele Fragen durch meinen Kopf: Wie würde diese Schwangerschaft weiter verlaufen? Würde sie sich von einer rein menschlichen unterscheiden? Und würde sich unser Mädchen später auch in einen Wolf verwandeln können?

Ich wünschte es mir beinahe, da ich diese Vorstellung einfach unfassbar süß fand! Zuallererst wollte ich mich aber für vorhin entschuldigen, denn Ian war, im Gegensatz zu unserem Hinweg, erstaunlich still und ich wollte seinen Zweifeln keinen Raum geben, zu wachsen:,,Ian, wegen der Situation im Wartezimmer... Ich wollte mich entschuldigen, denn meine Worte scheinen bei dir anders angekommen zu sein, als sie sollten. Ich war gereizt und dann habe ich schneller gesprochen, als ich nachgedacht habe und... Es tut mir leid. Du weißt, dass das absolut nicht gegen dich ging?"


-Ian-

Ich nickte auf Raes Frage. Noch immer war ich in Gedanken und ließ den Ultraschalltermin Revue passieren. Ich würde Vater einer Tochter werden, noch immer konnte es mein Hirn nicht ganz fassen. Ehe ich schließlich seufzte.

"Ich verstehe dich und ich wusste, dass es nicht gegen mich gerichtet war. Ich habe deine Nervosität bemerkt und deinen rasenden Herzschlag. Ich wusste in diesem Moment nur nicht, wohin mit meinen Gefühlen und Emotionen, es war das erste Mal, dass ich unser Kind live sah. Es hat mich überwältigt."

Rae blieb eine Sekunde auf dem Berg vor Edinburgh Castle stehen, sie lächelte, der Wind wehte ihre roten Haare umher und sie sah hinreißend aus. Doch ich konnte ebenfalls Unsicherheit und Sorgen in ihren Augen lesen. Das machte mich unruhig. "Da ist noch etwas, stimmt's? Worüber denkst du nach?"



-Raelyn-

Wunderbar, eigentlich hatte ich verhindern wollen, dass Ian mir meine Sorge ansah, aber das war nun wohl hinfällig. Und da ich wusste, wie wichtig Kommunikation war.... Außerdem war es so oder so ein Gespräch, was wir würden führen müssen:

,,Wie wird diese weitere Schwangerschaft verlaufen? Muss ich auf irgendetwas speziell achten? Kann ich die gesamte Zeit über bei meiner Frauenärztin bleiben oder besteht die Gefahr, dass sich unsere Kleine irgendwann wandelt und sie es sehen würde? Unterscheidet sich eine Schwangerschaft mit einem Gestaltwandlerbaby von einer menschlichen? Und-" Bevor noch mehr Fragen aus meinem Mund purzeln konnten, unterbrach mich Ian sanft.


-Ian-

Rae sprudelte nur so mit Fragen und überschlug sich dabei fast. Deswegen nahm ich sanft ihre Hand. "Langsam, langsam, Rae. Du musst mal Luft holen. " Ich blickte mich auf der Straße um, doch für einen Vormittag war es ziemlich leer auf den verschneiten Straßen.

"Gestaltwandlerschwangerschaften unterscheiden sich nicht wirklich von menschlichen, denn der Wolf eines Gestaltwandlers zeigt sich oft erst im Teenageralter, zwischen fünfzehn und sechzehn Jahren, davor ist man wie ein Mensch.

Außer, dass man vielleicht vorher schon eine etwas höhere Körpertemperatur besitzt, aber das fängt zumeist erst ab dem ersten Lebensjahr an. Du kannst ganz normal bei deiner Frauenärztin bleiben. Und du musst auf nichts achten, nur darauf, dass du auf dich aufpasst... und vielleicht meine musst du als Nebenwirkung meine überfürsorgliche Art ertragen.

Meist sind männliche Wölfe während einer Schwangerschaft ziemlich beschützerisch. Aber...dir macht es nichts aus, dass unser Mädchen sich eines Tages wandeln wird? Dass sie eine vollwertige Wölfin wird?"

-Raelyn-

Energisch schüttelte ich den Kopf:,,Nein, ganz und gar nicht! Ich finde die Vorstellung eigentlich sogar richtig süß, um ehrlich zu sein. Dann kann sie mit ihrem Vater durch die Gegend streifen."

Ich war erleichtert, dass es keine gravierenden Unterschiede während dieser Schwangerschaft hinsichtlich einer menschlichen gab. Das nahm mir doch einiges an Sorge ab, die sich stetig in mir aufgebaut hatte, während ich bei meinen Eltern festgehalten worden war, wusste ich doch nicht, ob ich irgendetwas falsch machte.

Ich griff nach Ians Hand, während ich meinte:,,Solange du mich ab jetzt nicht ständig durch die Gegend trägst oder mir alles abnehmen willst, werde ich mich nicht beschweren."


-Ian-

Lachend schüttelte ich den Kopf, "Das kann ich dir nicht versprechen, wenn du einmal kugelrund bist, werde ich wahrscheinlich fast an dir kleben. Aber ich bin mir sicher, dass Isla oder unser Rudel mich davon abhalten werden, damit ich nicht deine persönliche Glucke werde. Willst du noch irgendwas wissen? Oder hättest du Lust in einem warmen Café einen Kaffee oder Chai Latte zu trinken? Dein Gesicht ist von der Kälte ganz rot, dort kannst du dich aufwärmen."

Rae nickte zustimmend. "Gern", ich führte sie über die Straße zu dem kleinen Cafe, das ich nur zu gut kannte und öffnete die Tür. Ich hatte das Gefühl, dass es ein wundervoller Nachmittag werden würde.


Huhuuuu, meine lieben Eulen! 🦉

Ich wünsche euch allen einen schönen vierten Advent.🕯🕯🕯🕯Irgendwie ist die Adventszeit dieses Mal krass schnell herumgegangen😅.

Soderle, dann geht es jetzt ab zu den üblichen Verdächtigen: 😁

Was sagt ihr zu dem Aesthetic ? 🐺❤️

Und es wird ein Mädchen!😍 Habt ihr schon irgendwelche Vermutungen, wie die Kleine heißen wird? Dann ab damit in die Kommentare.☺️

Ich freue mich auf eure Kommentare und hinterlasst auch gerne bei @pink-lilly einen Kommentar einen Stern oder beides. ❤️

Jagt gerne den Fehlerteufel.😉

Fühlt euch alle gedrückt. 🥰🥰🥰

Eure Weltenwandlerin 🌏🌍🌎

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