4. Kapitel: Alles auf Anfang

Das Erste, was Ezra wahrnahm war ein seltsamer Geruch. Er wirkte stechend und irgendwie penetrant. Langsam kam er zu Bewusstsein, seine Augen öffneten sich leicht, doch das Licht blendete ihn und er schloss sie wieder.

Wo bin ich? Das...das riecht nicht nach meinem Käfig. Und der Boden fühlt sich auch nicht so...weich an. Und normalerweise ist es auch nicht so hell....

Doch noch etwas fiel ihm auf. Etwas, was er nie wirklich gehabt hatte: Er spürte keine Schmerzen. Nichts. Das...das konnte nicht sein. Er verspürte immer Schmerzen. Er konnte sich nicht an einen Tag erinnern, wo er keine gehabt hatte. Nun auch das mit dem Erinnern war eine Sache bei ihm. Aber diese war vollkommen unwichtig.

Der Junge unternahm einen zweiten Versuch und blinzelte etwas, dann öffnete er die Augen. Nur um dann festzustellen, dass er sich nicht in seinem Käfig befand.

Wo bin ich? Das...wo...Was ist passiert?

Dann erinnerte er sich schließlich an die Auktion. Sie war wie jede andere gewesen...Oder? Nein, nein da war etwas gewesen was anders war. Diese seltsamen Fremden, sein neuer Meister, der ihn erworben hatte. Sie hatten ihn...umarmt? Wieso hatte sie das getan? Und sie hatten ihn bei einem seltsamen Namen genannt. Wie war der noch gleich?

Der Sklave kniff die Augen zusammen und versuchte sich zu erinnern, aber er bekam den Namen einfach nicht zusammen. Aber vermutlich hatte er dann auch keine Bedeutung für ihn, denn sonst würde er sich erinnern...hoffte er jedenfalls.

Er runzelte die Stirn, als er sich im Raum umsah. Es war ein weißes, steriles Zimmer mit zwei Betten und in einem lag er. Der Raum war nicht gerade groß, aber dieses Bett war so seltsam bequem und er hatte eine Decke und...es fühlte sich alles so ganz anders an, als wie er es gewohnt war. Als wie er es kannte.

Wie...wieso bin ich hier?

War da nicht...Diese Twi'lek gewesen? Hatte sie ihn nicht verbunden? Nein, das konnte nicht sein. Niemand hatte das bisher getan. Niemand kümmerte sich um ihn. Er hatte keinen Wert. Keinen Namen. Keine Zukunft. Er war ein Sklave und sein einziger Sinn im Leben bestand darin seinem Meister zu dienen. Wieso sich also Gedanken darum machen, wenn er bald sowieso weitergegeben würde? Er war ein Nichts, keine Person. Ein Gegenstand. Und das sollte er schließlich endlich akzeptieren. Wenn er weiter diese Gedanken haben würde, dieses kurze Aufbäumen...dann würde er immer weiter bestraft werden.

Der Junge tat sich eine Hand gegen die Stirn und schnaubte.

„Du bist ein dummer, erbärmlicher Gegenstand. Du bist nichts wert, du bist ein Nichts. Begreife es endlich!"

Er hatte einzig und allein seinem Meister zu dienen. In nichts anderem bestand sein Lebensinhalt.

Die Tür öffnete sich und der Junge hob den Kopf. Sein neuer Meister trat ein und zwar mit einem Tablett in den Händen und einem Lächeln im Gesicht. Das war so ungewohnt für den jungen Sklaven. Wieso lächelten sie ihn immer an? Was sollte das?

"Guten Morgen, Kleiner. Geht es dir besser? Bist du ausgeruht?"

Ezra wusste diese Fragen nicht zu deuten. Sprach er mit ihm? Offensichtlich, denn er sah ihn abwartend an und noch immer mit diesem Lächeln im Gesicht.

"Ich wünsche Euch einen angenehmen Morgen, Meister."

Dann fiel ihm auf, dass dieser noch immer das Tablett mit Frühstück trug und er in einem Bett lag. Etwas, was ihm sein neuer Meister nicht verzeihen würde. Schnell hatte er die Decke zur Seite geschlagen und war dabei aufzustehen, den Blick gesenkt und den Kopf ehrfürchtig geneigt - so wie es sich gehörte.

"Ich bitte um Vergebung, Meister. Lasst es mich für Euch tragen. Es wird nicht wieder vorkommen."

Das Lächeln von Kanan verschwand. Er stellte das Tablett auf den Nachttisch und sah zu Ezra. Dieser blickte ihn nicht an und hatte noch immer nicht den Kopf gehoben.

Also. Alles auf Anfang.

Kanan hob vorsichtig eine Hand, aber ließ sie sofort wieder sinken, als er sah wie Ezra zusammenzuckte.

"Kid...siehst du mich bitte an?"

Ezra hob sofort den Kopf.

"Was kann ich für Euch tun, Meister?"

Der Jedi seufzte.

"Nun zuerst...nenne mich bitte einfach Kanan. Nur Kanan. Kein Meister, okay?"

Ezra nickte langsam.

"Natürlich, M- Kanan."

So jetzt das Nächste.

Er machte eine Handbewegung und Ezras Halsband brach auf und fiel mit einem Scheppern zu Boden. Ezra sah ihn ungläubig an. Und auch sehr verwirrt.

"M-Kanan?"

"Du bist frei, Kleiner. Du bist kein Sklave...mehr."

Ezra sah schon fast verängstigt auf das Halsband, dann zu Kanan.

"F-frei?"

Er legte den Kopf zur Seite.

"W-was bedeutet das? Ich muss Euch gehorchen."

Kanan schüttelte den Kopf.

"Nein, Kleiner. Du musst niemanden mehr gehorchen. Du bist frei, eine eigenständige Person mit einem eigenen Willen."

So wie du es auch schon vorher warst.

"Aber..aber ich bin ein Sklave. Ich war es immer. Ich habe keinen Willen. Ich...ich bin ein Nichts."

Kanans Herz fühlte sich bei diesen Worten so schwer an. Zu sehen was man aus seinem Padawan gemacht hatte...Aus seinem Sohn. Das war ein purer Albtraum.

"Mein einziger Sinn im Leben ist es meinem Meister zu gehorchen und das seid Ihr."

Ezra bückte sich nach dem Halsband und wollte es sich wieder anlegen, doch Kanan hielt ihn davon ab.

"Nein, kid. Du...du musst das nicht tun. Du bist jetzt frei, verstehst du? Du musst weder das Ding tragen noch sonst irgendetwas. Du bist frei."

Ezra sah ihn fragend und etwas ängstlich an.

"Was bedeutet das? Ich muss Euch gehorchen. Euch zu dienen ist mein Leben."

Kanan seufzte schwer.

"Nein, Ez. Nein, dass musst du nicht. Du..."

Oh das wird so viel schwerer, als ich dachte.

"Okay, hier ein Vorschlag. Ich werde dir zeigen, was es bedeutet frei zu sein. Im Gegenzug nennst du mich Kanan und duzt mich. Oh, und das Halsband tust du nicht um."

"Ist das ein Befehl...Kanan?"

Kanan sah ihn einen Moment an, seine Gesichtszüge wurden ganz sanft.

"Nein, Kleiner. Du kannst es tun oder nicht. Es ist deine Entscheidung, verstehst du?"

Ezra legte den Kopf schief.

"......nein. I-ich fürchte nicht. Verzeiht mir."

Er neigte erneut den Kopf und schien zu befürchten bestraft zu werden.

„Nein, kid. Du... Siehe mich an."

Ezra gehorchte sofort und Kanan raufte sich seufzend die Haare.

„Kleiner...du musst nicht den Kopf neigen oder dich vor mir verbeugen."

„Aber M-.."

„Bitte. Ich..."

Er machte eine Geste.

„Wir reden ein anderes Mal darüber. Ich würde dich gerne den anderen vorstellen. Das ist gestern ein wenig untergegangen. Hera kennst du ja bereits."

"Sie..sie hat mich gestern verbunden oder?", fragte Ezra mit leiser Stimme und mit sehr viel Zurückhaltung.

Kanan nickte.

"Genau. Aber bevor wir zu ihnen gehen, möchte ich das du etwas isst. Es wird dauern, bis du bei Kräften bist."

Ezra blickte zu dem Tablett, dann richtete er seinen Blick sofort wieder auf Kanan und schluckte verunsichert.

"Das...das ist für mich?"

Der Ältere nickte und lächelte ermutigend.

"Ja. Das ist alles für dich. Nur zu. Es gehört alles dir."

Ezra beäugte das Essen skeptisch und hielt sich noch immer zurück.

"Aber...aber das ist kein Brot. Kein Wasser. Das kann nicht mir gehören."

"Nein, aber frischer Yogan - Saft mit warmen Waffeln, die von Hera zubereitet wurden. Und zwar extra für dich."

Kanan nahm den Teller und hielt ihn Ezra hin.

"Bitte iss etwas."

Ezra sah ihn fragend an. Kanan seufzte.

"Nein, es ist kein Befehl. Eine Bitte, Kleiner."

Sie sahen sich einander einen Moment an, dann streckte Ezra vorsichtig und zitternd eine Hand nach einer Waffel aus und nahm sie. Er beäugte sie, aber biss langsam ein Stück davon ab. Seine Augen weiteten sich und er sah ungläubig auf die Waffel in seinen Händen. Kanan lächelte.

"Schmeckt es dir?"

Ezra nickte langsam und nahm erneut einen kleinen Bissen. Dann noch einen. Während Ezra sehr langsam sein Frühstück aß, wobei er nur eine halbe Waffel schaffte und etwas von dem Saft trank, beobachtete Kanan ihn nachdenklich. Es würde sehr viel schwerer werden Ezra an alles wieder zu gewöhnen und dem Jungen zu zeigen, dass er frei und kein Sklave mehr war. Zudem würde ihnen ein regelrechter Kampf darin bevorstehen Ezra körperlich gesund zu machen. Der Kleine war schon immer dünn gewesen, geradezu dürr, als er ihnen damals begegnet war. Mit der Zeit auf der Ghost hatten sie ihn gerade so auf ein akzeptables Gewicht bekommen, wo er und Hera unermüdlich daran gearbeitet hatten. Und nun schien ihr Junge nicht viel mehr als ein Skelett zu sein.

Kanan unterdrückte ein Seufzen und schüttelte innerlich den Kopf. Sie mussten es langsam angehen lassen und die ersten Schritte machten. Alles würde seine Zeit brauchen.

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Schließlich befand Kanan Ezra für fit genug, um das Zimmer zu verlassen und ihn den anderen vorzustellen. Nun oder mehr das er ihnen vorgestellt wurde. Wie erwartet saß der Rest der Crew im Gemeinschaftsraum. Hera sah als Erstes auf und lächelte Ezra zu.

"Hey, Ezra. Wie geht es dir?"

Sabine und Zeb blickten ebenfalls zu dem Padawan. Kanan stand hinter Ezra und auf ihre fragenden Blicke hin, schüttelte er leicht den Kopf. Ezra schluckte und blickte sehr unsicher drein.

Ezra....schon wieder dieser komische Name. Wieso nennen sie mich so?

Er neigte den Kopf und deutete eine Verbeugung in Heras Richtung an.

"Mir geht es gut. Ich danke Euch für das Essen und dass Ihr mich verbunden habt, gnädige Frau."

Heras Lächeln erblasste, während Zeb und Sabine mit einer Mischung aus Unglaube, Trauer und Besorgnis Ezra ansahen. Was war nur mit ihrem Spectre – 6 passiert? Er war wirklich nicht wieder zu erkennen...

Die Twi'lek seufzte, erhob sich vom Tisch und kniete sich vor dem abgemagerten Jungen hin.

"Das habe ich sehr gerne gemacht, dass ist nichts, wofür du mir danken solltest. Du bist weit von einem gesunden Zustand entfernt."

Sie legte eine Hand auf seine Schulter. Ezra, der das nicht hatte kommen sehen, zuckte leicht und kniff die Augen zusammen. Kanan betrachtete seine Miene nachdenklich, wie auch die anderen Drei. Es lag auf der Hand, was Ezra erwartet hatte bei dieser Reaktion und der Gedanke daran war noch schlimmer als die Situation vor ihnen.

"Ich hätte eine Bitte an dich. Du kannst uns alle duzen und brauchst dich nicht vor uns zu verneigen oder sonst etwas in der Art. Du bist niemanden zu Gehorsam verpflichtet, Ezra."

Heras warme, sanfte Stimme schien Ezra zu beruhigen und etwas zu ihm durchzukommen. Er nickte langsam und hob dann den Kopf, blickte Hera fragend an.

"Ich...ich verstehe das nicht. Wieso...wieso seid ihr so nett zu mir? Ich...ich bin doch nur ein Sklave. Mehr nicht. Niemand muss nett zu mir sein, ich...ich muss nur gehorchen."

Kanan legte eine Hand vor seine Augen. Es würde sehr lange dauern bis sie Ezra vom Gegenteil überzeugen konnten. Und er hatte es im Gefühl, dass sie dafür sehr viele Versuche brauchen würden.

"Oh Ezra. Du bist kein Sklave. Du bist frei, du gehörst niemanden. Du bist so viel mehr als das..."

Hera hatte Mühe ihre Tränen zurückzuhalten, als sie den gebrochenen Jungen ansah. Es war Ezra, aber auch irgendwie nicht. Er war nicht mehr derselbe Junge, den sie einst gekannt hatten. Nur noch ein einsamer, gebrochener Schatten seiner selbst.

Kanan ergriff erneut das Wort.

"Wir werden dir zeigen, was es bedeutet frei zu sein. Es wird seine Zeit dauern, aber du wirst dich bei uns gut eingewöhnen."

Erneut.

Sabine ging zu Ezra und lächelte ihn freundlich an.

"Wir werden alles tun, damit du es tust. Ich bin Sabine, Sabine Wren."

Sie streckte ihm die Hand entgegen und hoffte darauf, dass er irgendetwas, sei es nur ihren Namen wiedererkennen würde. Doch vergebens. 

Ezra hob vorsichtig die Hand.

"D-danke, M-..."

Er sah ihren Blick.

„Sabine."

Auch Zeb stellte sich Ezra erneut vor, wobei Letzterer noch immer Furcht vor dem riesigen Lasat verspürte.

"Ich bin Zeb, Kleiner."

Ezra nickte erneut und hatte einen Kloß im Hals.

"O-okay."

Er trat einen Schritt zurück und hielt sich unsicher seinen Arm. Hera und Kanan wechselten einen Blick. Das war alles so falsch, so..so irreal.

"D-darf ich euch etwas fragen?"

Ezras Stimme war leise und hatte einen ängstlichen Unterton an sich. Kanan nickte ihm ermunternd zu.

"Natürlich, kid. Du kannst uns alles fragen."

"W-wieso nennt ihr mich Ezra?"

Die Frage musste kommen, dass wussten sie nur zu gut. Doch was sollten sie darauf antworten? Sie wussten ja noch nicht mal, ob Ezra sich je wieder erinnern würde. Sie hatten ihn ja noch nicht untersuchen lassen. Kanan und Hera wechselten erneut einen Blick. Letztere atmete tief durch und lächelte den Jungen sanft an.

"Das ist dein Name. Ezra."

"M-mein Name? Ich habe einen Namen?"

Sabine nickte sehr langsam, die Traurigkeit war nur zu deutlich in ihren Augen zu sehen.

"Ja. Ja, den hast du."

Sie standen einen Moment einfach nur so da, während Ezra versuchte die Eindrücke zu verarbeiten. Er wusste nicht wieso, aber wie seltsam der Name auch klang er gefiel ihm.

"Ezra", murmelte er langsam und wiederholte seinen Namen ein paar Mal. Hera seufzte.

"Sabine, Zeb kümmert ihr euch weiter um die Reparaturen?"

Die beiden nickten, noch immer davon berührt das Ezra sich an nichts erinnern konnte.

Kanan sah zu Ezra.

"Was hältst du davon, wenn Hera und ich uns etwas um dich kümmern, kid? Ein Bad würde dir sehr guttun."

"Ein Bad? Für mich?"

Kanan seufzte. Daran würden sie sich gewöhnen müssen. Sehr gewöhnen müssen. Hera nickte und drückte seine Schulter.

"Ja, Ezra. Und danach geben wir dir andere Kleidung und kümmern uns um dich."

Ezra sah sie nur fragend an. Wieso taten sie das für ihn? Wieso kümmerten sie sich um ihn? Das ergab keinen Sinn. Absolut keinen. Wieso waren sie anders? Wieso behandelten sie ihn nicht so wie seine vorherigen Meister? Wieso waren sie so nett zu ihm und behandelten ihn...wie einer von ihnen? Sahen sie denn nicht, was er war? Dass er kein menschliches Wesen, dass er nur Abschaum war? Das er nichts wert war?

Der Junge sagte nichts, sondern nickte nur. Wenn es ihr Wunsch war, dann würde er ihnen gehorchen. Auch wenn sie sich wünschten, dass sie ihm ein Bad ermöglichten und sich um ihn kümmern konnten. Es war alles so seltsam und fremd...aber irgendwie konnte Ezra nicht verhindern, dass ihm das irgendwie gefiel. Auch wenn er sich wiederholt klarmachen musste, dass das kein normaler und schon längst kein Zustand von Dauer sein würde.

###

Am Abend war Ezra kaum wiederzuerkennen - na ja zumindest äußerlich. Nach einem langen und warmen Bad hatte Hera ihm seine alte Kleidung gegeben - sie hatten Ezras Sachen stets aufbewahrt. Niemand von ihnen hatte es übers Herz gebracht sie zu entsorgen. Allerdings war ihm seine alte Kleidung, die ihn mit der Zeit auf der Ghost perfekt gepasst hatte, nun viel zu groß. Ezras skelettartiger Körper war nicht zu übersehen. Hera machte sich geistlich sofort eine Notiz dem Jungen eine spezielle Ernährung zusammenzustellen, damit dieser Zustand sich schleunigst änderte. Darüber würde sie sich auch mit einem Arzt beraten. Das Ezra nicht verhungert war, war mehr als ein Wunder. Nachdem Ezra nun seine alte Kleidung mehr oder weniger trug, machte sich Hera an die nächste Hürde: Seine Haare. Diese reichten ihm inzwischen bis zu den Schultern und es war höchste Zeit sie zu schneiden. Ezra hatte seine Haare nun wieder so kurz, wie er sie vor sechs Monaten gehabt hatte. Doch beim Schneiden war Hera etwas aufgefallen, etwas worüber sie mit Kanan reden würde.

Als sie Ezra nach seiner äußerlichen Veränderung zur Gesicht bekamen, hatten sich die Mienen der anderen schlagartig aufgehellt. Allerdings hatte das nur für einen kurzen Moment angehalten. Die Kleidung stimmte, das Haar stimmte, doch der Blick, die Mimik, der Körper stimmte nicht.

Aber es war ein Anfang und genügte für das Erste.

Was Ezras Schlafquartier anbelangte, so wurde entschieden, dass er erstmal in Kanans Kabine schlafen sollte. So konnte dieser immer ein Auge auf seinen Jungen haben, außerdem wollten sie nicht, dass Ezra allein war. In seiner alten Kabine hatte er zwar Zeb, aber mit allein war mehr die Anwesenheit von Kanan oder Hera gemeint. Besonders Ersterer wollte Ezra am liebsten keine Sekunde aus den Augen lassen.

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Kanan und Hera saßen noch spät in der Nacht zusammen, als der Rest der Crew bereits in ihren Kojen lag und schlief. Was auf Ezra ebenfalls zutraf, der zuvor ziemlich schnell in den Schlaf gefunden hatte.

"Die Wunde ist ziemlich deutlich, Kanan. Fast sein ganzer Hinterkopf."

Hera sprach das Thema ein, was ihr schon seit ihrer Entdeckung auf der Zunge gelegen hatte und was keinen Aufschub mehr duldete.

Kanan runzelte nachdenklich die Stirn und nahm einen Schluck von seinem Kaf.

„Das muss von der Explosion sein. Vielleicht hat er dadurch sein Gedächtnis verloren durch den Aufprall am Boden."

Hera nickte langsam.

"Dachte ich mir auch. Es hat ganz sicher etwas damit zu tun, aber wir können nur vermuten. Jedenfalls bis ein Arzt sich Ezra ansieht und wir mehr über seine Amnesie wissen."

Sie seufzte und biss sich auf die Unterlippe, blickte Kanan mit einer Spur von Unsicherheit und Verlegenheit an.

„Es...es ist....Ich meine irgendwie ist es Ezra, aber dann ist er es wieder nicht. Ich meine heute...durch die Kleidung, durch das Haar hat es gepasst, aber dann..."

Sie zuckte mit den Schultern.

„Es ist er, aber...er ist auch ein Fremder. Wir sind ihm fremd und er...uns."

Kanan nickte und legte seine Hand auf ihre. Der Jedi seufzte schwer.

"Ich weiß. Ich weiß, was du meinst. Aber es wird besser, Love. Mit jedem Tag wird er sich mehr an alles gewöhnen. Es braucht nur Zeit und wir geben ihm alle Zeit, die er braucht. Er ist in Sicherheit und vor allem ist er wieder bei uns. Vielleicht sollte uns das fürs Erste genügen, ich meine...dass allein ist schon ein Wunder."

Hera schluckte und lehnte sich an ihn, vergrub sich an seiner Brust.

„Ich weiß. Das er wieder bei uns ist...ich könnte der Galaxis nicht mehr danken. Aber ich...ich vermisse ihn, Kanan. Ich vermisse den spitzbübischen, frechen, sturen Ezra. Wie er immer seinen Kopf durchsetzen will, wie er sich beschwert, wie er sich aus allem möglichen herauswinden kann. Wie er..."

Kanan musste etwas schmunzeln.

„Wie er mit einem Lächeln absolut jeden für sich gewinnen kann und sich gar nicht darüber im Klaren ist wie sehr man sein Plappermaul und seine große Klappe lieben muss. Ich weiß, mir fehlt dieser Ezra auch. Sehr sogar. Ich würde alles darum geben, dass er mit mir über sein Jedi – Training diskutiert, seine üblichen Tricks anwendet oder einfach mich in den Wahnsinn treibt. Ich vermisse unseren kleinen Wirbelwind."

Hera seufzte.

„Ihn so zu sehen...so gehorsam, so brav und einfach ergeben...Wie er sich versucht zu unterwerfen und alles tut, was wir ihm sagen...es ist einfach nicht er. Nicht unser Ezra."

Kanan küsste sie auf den Kopf.

„Er wird wieder unser Ezra sein, Hera. Wir werden nicht aufgeben, niemals. Ezra wird sich wieder erinnern und wir werden ihm helfen. Ganz egal wie lange es auch dauern wird."

Sie wurden von einem lauten Geschrei unterbrochen. Die Stimme hätte Kanan unter Tausenden erkannt. Es war Ezra.

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Kanan und Hera rannten sofort zu Kanans Kabine. Der Jedi gab den Universalcode ein und die Tür öffnete sich. Weitere Schreie ertönten, Ezra wälzte sich hin und her. Die Decke lag auf den Boden, sein Gesicht ganz bleich und auf seiner Stirn hatten sich Schweißperlen gebildet. Tränen rollten seine Wangen hinunter und sein Kopf warf sich von der einen Seite zur anderen. Kanan spürte einen Stein in seiner Magengrube. Ezra hatte einen Albtraum.

"Was ist passiert?"

"Geht es ihm gut?"

"Wir haben Schreie gehört und..."

Hera legte einen Finger an ihre Lippen und schüttelte den Kopf. Zeb und Sabine sahen sich an, doch bevor sie weitere Fragen stellen konnten, schob Hera sie aus dem Zimmer. Sie sah zu Kanan, der ihr zunickte. Er würde das übernehmen. So wie er es auch zuvor immer getan hatte.

Als die Tür sich geschlossen hatte, ging Kanan auf Ezra zu und kniete sich neben seiner Koje. Er konnte Ezras Gefühle durch die Macht spüren. Sie waren voller Furcht, Angst und...Schmerz? Er rüttelte ihn leicht an der Schulter.

"Ezra? Ezra, wache auf."

Keine Reaktion, was allerdings zu erwarten gewesen war. Auch als er leicht seine Wange tätschelte wachte er nicht auf. Ezra war wohl mehr in seinem Albtraum gefangen, als Kanan dachte. Aber warum jetzt? Warum jetzt und nicht bereits in der ersten Nacht? Dann fiel es ihm ein. Natürlich die Schmerzmittel. Sie hatten Ezra letzte Nacht einen ruhigen und ungestörten Schlaf beschert. Ihre Wirkung fehlte.

Dann eben auf eine andere Weise. Auch wenn es ihm gehörig missfiel.

Kanan atmete tief durch und schloss die Augen. Die Macht hatte er seit Ezras...Verschwinden nicht mehr benutzt und er hatte sie aus seinem Leben verbannt. Genauso wie er es damals nach der Order 66 getan hatte. Nur allein Ezra war es zu verdanken gewesen, dass die Macht wieder in seinem Leben Einzug erhalten hatte. Nun ja bis Ezras Verschwinden und da dieser wieder bei ihnen war...hatte er nun keinen Grund mehr die Macht auszusperren. Nun so schien es, was aber in der Realität ganz anders aussah.

Manchmal hatte die Macht einen düsteren Sinn für Ironie.

Kanan seufzte und schob sein Gefühl von Unwohlsein zur Seite. Nur noch dieses eine Mal. Da musste nicht bedeuten, dass er gleich wieder der Macht vertraute. Nein das bestimmt nicht.

Eine Hand legte sich auf Ezras Stirn und Kanan versuchte nach dem Band zu greifen, was er für immer verloren geglaubt hatte. Erleichterung durchfuhr ihn. Ezra konnte sich zwar nicht erinnern, aber das Band war nach wie vor da - auch wenn es mehr einem losen Faden glich. Doch sobald er das Band berührt hatte, schlug Kanan seine Augen auf. Er zischte leise auf und rieb sich verwirrt die Stirn. Die letzten sechs Monate hatte er sich wieder vor der Macht verschlossen. Aber so eine Reaktion und dann auch noch Kopfschmerzen...das war vorher noch nie passiert.

Ein leises Stöhnen ließ Kanan den Kopf heben und was er erblickte ließen ihn seine Kopfschmerzen auf einen Schlag vergessen. Ezra war dabei aufzuwachen. Dieser blinzelte und schlug die Augen auf. Seiner Atmung glich einem Keuchen und ängstlich sah er sich um. Ehe Kanan etwas sagen konnte, schreckte Ezra zurück und rollte sich zu einer Kugel zusammen. Er zitterte am ganzen Körper was Kanan unschwer erkennen konnte.

"Ezra?"

Keine Antwort. Kanan brach es bei diesem Anblick das Herz. Wie ein bedrängtes Tier presste Ezra sich gegen die Wand, sein Gesicht von seinen Händen bedeckt. Kanan fiel sofort etwas auf. Sich zu einer Kugel zusammenzurollen hatte Ezra auch vorher getan, wenn er Angst gehabt hatte oder mehr von einem düsteren Albtraum heimgesucht worden war.

Zögerlich, dann sicherer streckte Kanan eine Hand nach Ezra aus. Er musste den Jungen irgendwie beruhigen, sonst würde er sich vielleicht noch selbst verletzen.

"Ezra..."

Was Kanan nicht erwartet hatte war, dass er sich innerhalb von wenigen Sekunden an der Wand hinter sich befand. Nicht gerade sanft machte sein Rücken Bekanntschaft mit der Wand, dann fiel der Machtsensitive zu Boden. Stöhnend rappelte er sich auf und rieb sich den Kopf. Kanan hätte sich selbst für seine eigene Dummheit schlagen können. Erstens war es nicht das erste Mal gewesen, dass Ezra ihn aus Furcht aus Versehen angegriffen hatte und zweitens hätte es ihm klar sein müssen. Natürlich hatte Ezra noch immer die Macht, das war ihm völlig entfallen. Wie konnte er nur so dumm sein? Er hätte darauf vorbereitet sein müssen. Gerade wo er noch zuvor festgestellt hatte, dass ihr Band zueinander noch existierte.

Der Junge, der aufgeschreckt war nach dem lauten Knall als Kanan gegen die Wand geworfen war, sah auf. Seine Augen weiteten sich und waren praktisch aufgerissen, als er Kanan erkannte, der sich noch immer den Nacken rieb und langsam auf ihn zuging. Mit einem Satz war Ezra aus dem Bett und fiel ihm zu Füßen. Er senkte den Kopf und zitterte am ganzen Körper.

"Meister! Meister, es tut mir leid. Bitte vergibt mir. Ich wollte das nicht. Ich weiß nicht, wieso das passiert. Bitte, Ihr müsst mir glauben."

Korrektur. Das brach Kanan das Herz. Diese Furcht, diese Unterwürfigkeit, dieser strikte Gehorsam...das war alles nur nicht Ezra. Niemals.

Er kniete sich auf ein Bein und tat dem Jungen eine Hand auf die Schulter. Ezra zuckte zusammen, doch sein Kopf blieb gesenkt.

"Hey, beruhige dich. Ich bin nicht wütend auf dich, Kleiner. Ich weiß das. Du warst verängstigt, ich hätte es besser wissen müssen."

Ezra hob etwas den Kopf und sie blickten einander in die Augen. Kanan stockte der Atem, als er den Schmerz und die Angst in Ezras Augen sah. Er stand auf und half ihm vorsichtig hoch.

"Bist du okay? Wir haben dich schreien gehört."

Ezras Augen weiteten sich, dann schüttelte er den Kopf.

"I-ich...mir geht es gut. Danke, Meister."

Er machte eine leichte Verbeugung.

"Kid, ich bin nicht dein..."

Kanan seufzte. Das würde viel länger dauern, als er gedacht hatte - oder vielmehr gehofft hatte. Aber Ezra musste sich erstmal an alles gewöhnen - erneut.

"Okay, gut. Du solltest noch etwas schlafen. Du brauchst die Ruhe."

Ezra schüttelte den Kopf.

"Nein, es ist gut. Kann ich Euch irgendwie helfen, Meister?"

"Ja, indem du dich wieder in deine Koje legst und schläfst. Du brauchst das."

"Aber..."

Ezra sah ein, dass er keine andere Wahl hatte. Er ging zurück in seine Koje oder mehr Kanans und legte sich hin. Zu seiner Überraschung legte Kanan die Decke über ihn.

"Brauchst du noch etwas?"

Ezra war so überrascht, dass er für einen Moment das Sprechen vergaß.

"N-nein. Nein, Meister."

Kanan musterte ihn einen Moment, aber gab sich mit dem zufrieden. Kleine Schritte waren angebracht und nur so würden sie ihm helfen können.

"Okay. Wenn etwas ist, dann sag es einfach."

Er kniete sich vor die Koje und legte seine Hände auf seine Knie.

"Ich bin die ganze Zeit hier. Gute Nacht, kid."

Der Junge blinzelte müde.

"G-gute Nacht, Meister."

Bald darauf war Ezra eingeschlafen. Kanan betrachtete seinen Padawan lächelnd und wachte über seinen Schlaf.

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In der restlichen Nacht blieben bei Ezra die Albträume aus. Am nächsten Morgen gab es zur Abwechslung auch mal gute Nachrichten. Der Hyperantrieb der Ghost war endlich repariert und sie konnten endlich diesen gottverdammten Planeten verlassen. Was wiederum bedeutete, dass sie zurück zur Flotte konnten und sich ein Arzt Ezra ansehen konnte. Doch zuerst gab es eine viel schwierigere Aufgabe zu bewältigen, abgesehen davon Ezra zu überzeugen, dass er kein Sklave mehr war.

Ezra zum Essen zu bringen. Mal sollte meinen, dass ein abgemagertes Kind sich nur so aufs Essen stürzen würde, wenn es etwas sah. Speziell Ezra, der zuvor ein schwarzes Loch als Magen gehabt hatte. Doch das war vor jener Mission gewesen...

...jetzt sah die Sache allerdings ganz anders aus.

"Ezra, bitte iss doch wenigstens etwas."

Der Junge schüttelte den Kopf.

"Ich kann nicht. Ich habe bereits meine Ration gehabt. Ich brauche nicht mehr."

Kanan seufzte. Das ging jetzt schon seit gut einer Stunde so. Hera schaffte es einfach nicht Ezra dazu bewegen mehr zu essen, obwohl er es mehr als dringend brauchte. Eine weitere Sache, die der Arzt untersuchen würde. Als sie ihn damals auf Lothal gefunden hatte war Ezra stark untergewichtig gewesen, doch das hatte sich im Laufe der Zeit auf der Ghost geändert und er hatte ein gesundes Gewicht gehabt - zwar hätte er noch etwas mehr vertragen können, aber das war nichts zum Vergleich zu der gegenwärtigen Situation. Absolut nicht.

"Kid, bitte. Versuche es wenigstens. Du musst dich daran gewöhnen, sonst wirst du nie bei vollen Kräften sein. Bitte iss so viel, wie du vertragen kannst."

Kanan flehte ihn praktisch an. Allein wenn er Ezra ansah wurde ihm furchtbar schlecht. Sein Padawan war so krankhaft dünn. So würde er nie gesund werden, nicht mal ansatzweise.

Ezra verzog leicht das Gesicht und schien sich dafür zu schämen. Er wandte den Blick ab und verfiel wieder in seiner unterwürfigen Pose.

"I-ich kann nicht. Ich... Es tut mir leid, Meister."

Zeb und Sabine wechselten einen Blick, der an Verzweiflung grenzte.

"Kanan...wahrscheinlich kann er es wirklich nicht. Eine Sklavenration beträgt eine Scheibe Brot und etwas Wasser pro Tag. Ezras Magen hat sich daran gewöhnt und kann nicht mehr aufnehmen", flüsterte Sabine leise und schluckte. So wie Ezra aussah hatte er garantiert noch weniger bekommen. Das der Padawan sich noch auf den Bein halten, geschweige denn sich richtig bewegen konnte war ein Wunder.

Hera sah besorgt zu dem Jungen, der den Kopf gesenkt hatte und sich auf die Unterlippe biss. Er fühlte sich, als ob er jeden Moment platzen würde, obwohl er kaum etwas gegessen hatte. Zudem hasste er dieses Gefühl in sich. Dieses Gefühl...diese Fremden, die so nett zu ihm waren und sich wirklich um ihn kümmerten...enttäuscht zu haben.

"Dann müssen wir das ändern. Langsam, aber sicher. Der Doktor wird uns sicherlich eine große Hilfe sein", seufzte Hera und hoffte wirklich, dass der Arzt ihnen helfen konnte.

Sie warf einen letzten Blick auf Ezra und erhob sich dann.

"Wird Zeit, dass wir dieses Schlammloch verlassen. Wir setzen den Kurs zur Basis."

Sie gab Kanan einen Kuss auf die Wange und verließ dann den Raum. Chopper war bereits im Cockpit und wartete auf Hera. Dort hielt er sich die meiste Zeit auf, denn er wollte Ezra nicht erneut erschrecken. Es brauchte seine Zeit, auch wenn er unbedingt seinen kleinen Kumpel sehen wollte. Aber Hera hatte ihm erklärt das Ezra irgendwie krank war und deshalb Angst vor ihm hatte. Also musste er warten, bis es Ezra besser ging.

"Wap- Waup?"

Trotzdem ließ er es sich nicht nehmen immer nachzufragen.

Hera seufzte und ließ sich in ihren Sitz fallen.

"Er braucht Zeit, Chop. Es wird sehr schwer werden, aber irgendwie werden wir das schaffen."

Sie betätigte die Schalter und die Ghost erhob sich in die Lüfte. Die Twi'lek seufzte und nahm die Steuerung in ihre Hände. Sie schluckte schwer.

"Wir müssen es einfach."

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