27.
"Es geht in den botanischen Garten"
Februar, die Tage wurden wärmer und sein Geburtstag stand an.
Die Sonne streichelte Leonards Gesicht, in dem sie zaghaft ihre Strahlen durch das Glas nach ihm ausstreckte. Er nieste leise und wandte sich wieder ihrem Biologietutor zu.
"Wann?", fragte Rob neben Leon, der es anscheinend geschafft hatte aus seinem Schönheitsschlaf aufzuwachen.
"Mister Wisons, wenn sie schon die gesamte Stunde durchschlafen..."
"Mister Luven, falls sie es noch nicht wussten, wir waren gestern noch in Everett, der Kleinbus war stickig, der Typ der den Bus gefahren hatte, war ein Exrocker mit nur einem Bein mit einem halsbrecherischen Fahrstil und ich konnte gestern nicht schlafen, weil wir dieses Tunier..."
"Mister Wisons!", plusterte sich Mr. Luven empört auf, als sein Schüler einfach auf ihn einredete und nicht im Entferntesten daran dachte, sich zu entschuldigen.
Leonard lächelte schief, er sprach genau dass aus, was auch ihm durch den Kopf gegangen war. Sie waren müde und vollkommen ausgelaugt wieder in Redan um fünf Uhr morgens angekommen, er hatte maximal zwei Stunden Schlaf abbekommen und er verfluchte sich, dem Baskteballteam beigetreten zu sein. Ein Glück kamen all diese Nachteile noch nicht bei seinen Noten an und er hoffte, es würde auch bei den zahlreichen Bs und As bleiben.
Insgeheim waren sie aber alle ungeheuer stolz auf sich, sie hatten St. Dennis geschlagen und Hae hatte zugesehen.
Leider hatte er sie bei den folgenden Spielen nicht mehr in dee Halle gesehen, aber er war stolz. Auf sich, auf seine Mannschaft...auf alles mögliche.
Das einzige, was ihn noch störte in seinem Höhenflug war, dass Hae und er kein einziges ordentliches Gespräch geführt hatten, seit dem Spiel.
Das dämpfte seine Laune gehörig und er warf Hae neben ihm einen unauffälligen Blick zu. Sie starrte angestrengt nach vorne mit einer solch konzentrierten Miene, dass er sie nicht wiedererkannt hätte. Wo war das Mädchen, dass sich nie etwas um schulische Leistungen gemacht hatte? Ihren Noten hatte sie auf ein stabiles B und C Feld gehievt, wenn man bedachte, dass sie vor einem Jahr noch fast versetzungsgefährdet gewesen wäre.
Stattdessen brachte sie Leon durcheinander, wenn er lernte.
Er bekam sie einfach nicht mehr aus seinem Kopf. Wenn er am Abend in seinem Zimmer lernte, oder Percy anrief oder Chica Gassi führte. Immer und überall war Hae.
"Also wann geht es in den lahmen Garten?", wollte Rob wissen.
"In der nächsten Stunde, also am Freitag sehen wir uns nach der vierten Stunde vor dem Botanischen Garten. Pünktlich. Sie werden Protokolle ausfüllen müssen, die ein großes Gewicht auf ihre Endnote haben werden", erklärte Mr. Luven und überging mit hochrotem Gesicht Robs Kommentar über den Botanischen Garten. Mit diesen Worten und grimmiger Miene entließ er sie in die Pause.
"Warum habe ich bloß Bio gewählt?", jammerte Rob. Er schnappte sich ein Tablett an der Ausgabe und stellte sich eine Schüssel mit Dessert dazu. Bella begrüßte ihren Freund und Leonard wurde einen Schritt langsamer, um den zwei Turteltäubchen ein wenig Privatsphäre zu geben, so weit es welche in einer überfüllten Kantine gab.
"Rob war ganz schön großmaulig heute", meinte Hae neben Leonard, er hatte nicht gemerkt, wie sie neben ihn getreten war und sich eines der Tablette genommen hatte. Mit der linken Hand griff sie nach einem Glas Multivitaminsaft und einen Teller mit Spaghetti.
Leonard konnte sie nur wie vom Blitz getroffen anstarren und bekam kein Wort aus seiner Kehle.
"Möchtest du auch?" Sie schwenkte mit einer Kelle Soße herum und wandte sich kurz zu ihm. Leon senkte seinen Blick auf seine Nudeln und nickte stumm.
"Wenn er so weiter macht, wird Mr. Luvens ihm ein D eintragen", fügte Hae hinzu. Leonard räusperte sich: "Sicher"
"Sicher? Was ist mit dir los, Leon?" Hae wandte sich mit einem schiefen Grinsen zu ihm und sie sah ihn mit einer übertrieben besorgten Miene an: "Bekam dir der Norden nicht?"
"Nein. Nicht-..." Hae streckte eine Hand nach seiner Stirn aus und fühlte seine Temperatur: "Kein Fieber. Warum bist du heute so stumm?"
Sie stieß ihn leicht in die Seite und er balancierte überrascht das Tablett aus, bevor alles sich auf den Boden ergießen konnte, was er draufgeladen hatte.
Dann erst fing er sich und konnte wieder antworten: "Nichts. Ich war nur überrascht"
Es war ja nicht so, als hätten wir seit Wochen nicht mehr geredet.
Leon festigte den Griff um sein Tablett, er befürchtete es würde ihm einfach aus den Händen gleiten, wenn er sich nicht endlich zusammen nahm. Er räusperte sich noch einmal, während das Murren hinter ihm laut wurde. Er sollte sich beeilen.
Dann goß er etwas Soße auf seine Nudeln und ließ sich von Hae durch die Kantine zu Bella und Rob führen. Er starrte förmlich ein Loch in ihre braunen, kurzgeschnittenen Haare, die ihr ordentlich um den Kopf fielen.
Er hatte sich oft gefragt in den letzten Tagen, was schief gelaufen war. Ob es an diesem Ball lag, wo ihre Beziehung sich sichtlich entspannt und verfreundschaftlicht hatte oder war das einfach Haes Art und Weise? Er hatte sie im Unterricht beobachtet, gerätselt, warum ihr Kontakt so urplötzlich verstummt war. Und er musste gestehen, er hatte sie vermisst. Ihm war klar-es ist eigentlich vollkommener Blödsinn, sie kannten sich nicht gut. Er hatte sie erst kennengelernt, weil es eine Wette zu gewinnen gab und anscheinend der nächste Name auf ihrer wundervollen Liste werden sollte, aber sie waren sich näher gekommen.
Er hatte sie näher gelassen, als jedes Mädchen zuvor. Und er hatte eigentlich sich eingebildet, es wäre auch andersrum. Naja, bis zu den letzten Wochen.
Er war schlagartig aufgewacht - Hae dachte nicht einmal ansatzweise so viel über ihn, wie er über sie nachgedacht hatte.
Wenn sie wüsste, wie oft Leon Percy wegen Hae genervt hatte oder wie oft er beim Lernen abgelenkt worden war, nur um ihre verkorkste Freundschaft nach zu denken, dann wäre sie sicher nicht annähernd so entspannt, wie sie es war, als sie sich auf den Platz neben Bella fallen ließ und ihre Knie beim Sitzen gegeneinander stießen.
"Habt ihr schon über einen Namen nachgedacht?", wollte Allison wissen, nachdem sie ihre Nachrichten auf ihrem Handy durchgelesen hatte. Ein seliges Lächeln lag auf ihrem Gesicht und Leon beneidete sie, um ihre Klarheit, die sie bei ihrer Beziehung hatte. Wenn Hae sich genauso berechnend oder rational verhalten würde, wie die anderen Menschen, würde er selig werden.
"Floriana", erklärte Bella mit einem kurzen Seitenblick auf Rob.
"Schie will unbeding' das Geschlescht bis zur Geburt verheimlischen", brachte Rob mit vollem Mund hervor und Bella sah selbstbewusst in die Runde drein: "Rob will, dass es ein Mädchen wird. Ich bin fest überzeugt, dass er nur eine Prinzessin zum Verhätscheln braucht"
Ihr Freund verdrehte die Augen: "Jetzt sind wir wieder bei den irrationalen Eifersuchtsproblemen"
"Du hast mir ja auch genügend Gründe gegeben", versetzte seine Freundin, "du bist gestern abend bei einer Frau gewesen..."
"Jemand wichtigem. Wir mussten noch etwas abklären...wegen du weißt schon was"
"Was?", wollte Hae wissen. Sie sah neugierig von ihrem Essen auf und rutschte auf die Kante ihres Stuhls. Dabei berührte sie seine Knie und dachte gar nicht dran, ihre Beine zurück zu ziehen.
"Sag es schon, Rob", forderte Allison nun interessiert den Braunhaarigen auf.
Rob verdrehte entnervt die Augen, aber Bella stippte ihn mit einem Funkeln in den Augen in die Seite: "Du, Schauspieler. Du hast schließlich gefragt, also verdreh ja nicht die Augen!"
Rob lächelte breit seine Freundin an und Leonard war überrascht über die Zärtlichkeit, mit der er ihr einen Kuss auf den Scheitel hauchte. Dann wandte er sich wieder seinen Freunden und ratlosen Zuhörern des ominösen Dialogs zu.
"Wir heiraten"
Leonard spuckte beinahe seinen Saft über Haes Essen aus und auch die Reaktion von Hae war nicht minder spektakulär. Sie hustete mehrmals trocken und stürzte ihr halbes Saftglas runter: "Was?!"
Die Schüler an den umliegenden Tischen drehten sich mit neugieriger Miene zu ihnen um.
Hae schien sich nichts bei den Blicken zu denken, denn sie drehte sich einmal um ihre Achse: "Wird es dann mal? Wisst ihr wie unhöflich es ist, Menschen so anzustarren?"
Bei ihren Worten drehten sich die Jüngeren um oder zogen ihren Kopf zwischen ihre Schultern ein und Hae drehte sich zufrieden wieder zu Leon: "Diese kleinen Spanner-aber, warte was? Ihr heiratet? Das ist ein Scherz oder?"
"War vorhersehbar", meinte Allison mit glänzenden Augen voller Aufregung, "weißt du, was du mir immer versprochen hast, wenn du jemals Rob heiraten solltest?"
"Heilige Scheiße, Rob. Du bist ja erwachsen geworden!", entfuhr es Hae und hielt Rob ihre Hand hin. Der Braunhaarige schüttelte nur seinen Kopf und sah sie müde an: "Wenn ich gewusste hätte, wie anstrengend heiraten ist, hätte ich nicht Bella gefragt."
"Ich dachte, du wolltest nicht heiraten?", fragte Leon vorsichtig seinen besten Freund. Er war noch etwas unschlüssig, was er von den Neuigkeiten halten sollte. War es nicht ein wenig zu überstürzt? Ein klitzekleines bisschen, mit 18 zu heiraten? Obendrauf war Rob immer der vehemente Verteidiger der Heiraten-ist-altmodische-Scheißtradition-kampagne gewesen und hatte sich deswegen nicht selten mit Bella gestritten.
"Heiraten ist noch immer uncool. Traditionell überbewertet und überholt-glaub mir, da hat sich meine Meinung nicht...au!"
Bella sah mit einem liebreizenden Lächeln in die Runde: "Rob wollte sagen, dass er sich sehr freut, diese Neuigkeit mitteilen zu können und es würde uns unglaublich freuen, wenn ihr kommen könntet"
"Wann wollt ihr denn heiraten? Ist das nicht ein wenig früh?", fragte stattdessen Hae.
"Wir heiraten in ein-und-einhalb Jahren. Aber verlobt sind wir schon"
Bella winkte mit ihrer rechten Hand an der ein dünner Ring funkelte und Allison lehnte sich etwas über den Tisch: "Den musst du mal zeigen...woraus ist der und wie um himmelswillen hast du Rob dazu bekommen, dir einen Antrag zu machen?"
Das würde Leon gerne auch wissen.
"Erstens, ich habe ihr den Antrag gemacht. Sie hat mich nicht dazu bekommen", meldete sich Rob zu Wort, "zweitens, wir haben noch ein-und-einhalb Jahre, Bella, also bitte, hör auf Menschen einzuladen!"
"Weißt du wie viel Zeit in der Planung einer Hochzeit steckt? Und was soll ich sonst einladen? Außerirdische? Entspann dich"
Mit einer nicht allzu subtilen Geste fuhr sie Rob über sein Knie bis zu seinem Schritt und Leon wandte hastig den Blick ab. So war er gezwungen Hae wieder in das Gesicht zu sehen und keine Frage, die Sicht war grandios...er ließ seinen Blick unruhig durch die Kantine wandern, aber er wurde geradezu magisch von Haes sommersprossenbesprenkeltem Gesicht angezogen. Um es nicht allzu auffällig zu machen, ließ er den Blick immer wieder sinken, aber er streifte dabei immer ihren Hals, ihren Busen und ihr Essen. Sie machte es vermutlich nicht gerade besser, dass sie seelenruhig zurück starrte und ihre Knie sich bei jeder kleinsten Bewegung berührten. Ihm wurde abwechselnd heiß und kalt, Schweiß brach unter seinen Achseln aus und er hoffe, dass er in dem Halbschlaf heute morgen Deo genutzt hatte.
Plötzlich lehnte sie sich rasch über den Tisch und neigte sich zu Leon, ihr Zeige-und Mittelfinger legten sich unter sein Kinn, um sein Gesicht zu ihrem zu ziehen. Die Berührung brannte und doch wagte er es nicht, sich ihr zu entziehen.
Sie waren sich so nah, sodass ihre Nasen sich berührten und er den feinen Geruch des Multivitaminsafts roch. Ein intensives Funkeln ließ ihre Augen aufleuchten und ein breites Grinsen hob ihre Mundwinkel triumphiert.
"Checkst du mich gerade ab, Cox-Reid?"
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