19.

"...Rob war nett" Bella stockte und rang mit ihren Händen. Dann legte sie eine Hand auf ihren Bauch, als könnte sie schon das Baby spüren. Nur leider sah man bis jetzt nichts und Hae bezweifelte auch, dass irgendetwas bei Bella auf die Schwangerschaft hinwies außer der positive Schwangerschaftstest.

"Nett...und ihr bleibt zusammen" Allison hatte versucht den Satz, wie eine Tatsache in den Raum zu stellen, aber es klang tatsächlich mehr nach einer Frage. Bella verzog missbilligend ihren Mund: "Natürlich. Was denkst du denn von Rob?"

Hae und Allison warfen sich eine Blick zu und zuckten mit den Schultern. Was gab es da viel zu denken, er war Bellas Freund. Und mehr bedurfte es eigentlich auch nicht um einen Jungen zu definieren. Sie biss ihre Zähne zusammen und Shawn war der Junge, der Hae Warley entjungfert hat. Das klang doch auch mega, nicht?

"Also ist alles gut?", hakte Allison nach und Bella straffte ihre Körperhaltung: "Alles gut. Wir treffen uns nächstes Wochenende bei seinen Eltern!"

"Um ihnen zu beichten, dass sie Großeltern werden", brummte Hae in ihren nicht-vorhandenen-Bart. Ein Blick auf die Uhr in der Toilette verriet, dass sie bald wieder in den Unterricht mussten und das war eines der Dinge, die Hae am liebsten sonst wohin geschoben hätte.

Allison legte ihr mitfühlend eine Hand auf den Arm: "Ist wenigstens nicht ein Kurs mit Shawn"
In den letzten Tagen waren sie alle drei ziemlich gute Freunde geworden, wobei Freundschaft in der High School ja eigentlich relativ war.

"Wenigstens?", echote Hae. Ally mochte Recht haben, aber das schwere Grummeln ihres Magens und das Kribbeln in ihren Handfläche erzählte ihr, dass es leider kein besser gab in dieser Situation.

"Wir werden es schon überleben", meinte Hae nach einem Moment und schluckte schnell, Bella drückte sie beide kurz und auch Ally verabschiedete sich. Erst als es zur nächsten Stunde läutete, richtete Hae sich langsam auf und machte sich auf den Weg zu ihrem Kursraum.

Als ihr Zimmer betrat, spürte sie die Blicke der Klassenkameraden auf ihrer Haut, wie Säure brennen. Sie hatte es stets geliebt im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu stehen und stets hatte sie sich eingeredet, dass die Meinung anderen Menschen nicht viel für sie zählte, aber jetzt erst wurde ihr klar, dass sie unrecht hatte.

Hae packte ihr Schulzeug auf ihrem Tisch aus und begegnete Leonards Blick, der sie als einer der Wenigen nicht so komisch musterte. Sein offenes, freundliches Grinsen, ließ sie beinahe vergessen, was sie eigentlich sich an dem Morgen nach der Party bei Shawn versprochen hatte.

"Diese verdammten Hausaufgaben..." Er setzte sich auf den Stuhl neben ihrem und schlug entspannt die langen Beine übereinander. Seine blauen Augen musterten sie kurz, dann zog er eine Augenbraue hoch: "Ganz schön still heute...?"

"Nein. Nichts ist passiert. Wie war dein Tag?", antwortete sie schnell. Er zuckte kurz mit den Achseln: "Wie immer. Diese ganzen Aushänge im Schulhaus. Ich habe gehört, dass Rob Bella auf den Ball fragen will. Bin ich froh, dass es den beiden gut geht"

"Ich auch"

"Einen weinenden Rob wäre das Letzte gewesen. Aber kannst du dir das vorstellen?" Er senkte seine Stimme und beugte sich zu ihr vor, sodass sein Atem ihr am Hals kitzelte und seine blonden Strähnen ihre Schulter streiften. Der Geruch von seinem Shampoo hüllte sie ein, wie in eine tröstende Umarmung und sie zuckte unwillkürlich zurück. Das durfte sie sich nicht einmal einbilden.

Leon hatte das nicht gemerkt, der typische Junge halt. Hae hatte nie einen Jungen oder einen Mann gekannt, der die Gedanken der Frau las, wie es in alle den Teenageeromanen war. Niemand, rein niemand der testeronengesteuerten Idioten konnte von irgendwem die Gedanken lesen oder taktvoll sein.

"...ich meine, klar, es war immer klar, dass Bella und Rob irgendwann heiraten. Aber dass sie sich ausgerechnet jetzt noch fortpflanzen..."
Hae legte eine Hand auf Leonards Schulter und schob ihn bestimmt von sich weg: "Lehrer ist da"

Sie spürte, wie sein Ego einen deutlichen Kratzer abbekommen hatte, aber sie hatte sich zurzeit um ihr eigenes Ego zu kümmern, das einen schlimmeren Schlag hätte nicht erleiden können.

Hae biss sich also auf die Zunge, obwohl sich eine Entschuldigung in ihren Hals geschlichen hatte. Dann ermahnte sie sich und verschränkte die Arme vor der Brust, genauso wie es Leon immer zu pflegen tat.

Es ist der falsche Weg, flüsterte ihr eine Stimme aus dem Hinterkopf zu.

Sie dachte, an ihre Mutter und den ganzen Freunden, die sie nach hause gebracht hatte.
Hatte ihre Mum nie genug gehabt? Nie gewollt, dass die nicht endendwollende Kette aus neuen Männern endlich mal abbrach und sie sich festlegte?

Hae lauschte nur mit dem halben Ohr ihrem Lehrer, das was er erzählte, hatte sie gestern schon vorgearbeitet. Sie wusste selbst nicht, was sie erwischt hatte, dass ausgerechnet Hae Warley sich am Abend hinsetzte und für die Schule paukte. Vielleicht war es diese Aussichtslosigkeit, die sie gepackt hatte, als sie sich ihr letztes Zeugnis angesehen hatte.
"Mit den Noten", hörte sie ihren Tutor mot aalglatter Stimme sagen, "könnten glatt zwei Schüler sitzen bleiben. Was denken Sie sich eigentlich dabei, Miss Warley?"

Hae ballte ihre Fäuste und biss sich auf die Unterlippe, als sie sich an den Blick ihrer Mutter erinnerte. Diese Enttäuschung und die bodenlose Hilflosigkeit.

Vielleicht war es Zeit erwachsen zu werden. Hae schüttelte sich bei dem Gedanken und ihr Blick schweifte zu dem Fenster. Der Dezember kündigte sich an mit Kälte und die kahlen Äste der Bäume streckten sich hilfesuchend in den grauen Himmel. Erwachsen werden. Warum wollten alle auch erwachsen werden, sie war schon seit zwei Monaten erwachsen und bis jetzt fühlte sie sich nicht sonderlich anders, als sie es vor ihrem Geburtstag gewesen war. Nur noch ein bisschen orientierungsloser und eindeutig planlos.
Bella hatte vor nach dem Schuljahr ein Freiwilligenjahr einzulegen, Ally würde auf die andere Seite des Kontinents fliegen, um in Florida mit Sergio zusammen zu ziehen. Und dann ihr Semester an der Jamestown University Florida anzufangen.
Nur Hae wusste noch nicht ganz, was sie nach der Schule machen sollte. Studieren? Arbeiten? Ein Gap Year?
Nein, Hae wollte nicht erwachsen werden. Ihr hatte immer die High School gefallen, hier hatte sie sich groß gefühlt, sie war nicht das Mädchen, deren Mutter Überstunden arbeitet um die Wohnung zu bezahlen und mit allen möglichen Männern aus der Stadt geschlafen hatte, sie war plötzlich diejenige gewesen, die sie erschaffen hatte. Die kissproof-Hae.

Hae strich sich fahrig ihre Haare aus der Stirn und warf Leon einen kurzen Blick zu. Sie erlaubte sich einen minimalen Blick zur Seite.

Dann wandte sie sich wieder ihrer Tischplatte mit mäßigem Interesse zu.
Aber leider war sie nicht Wendy aus Peter Pan und hatte leider auch keine Wahl.

"Miss Warley. Eine ausreichende Erörterung, etwas an dem Thema vorbei, aber sicher das B wert" Eine gepflegte Männerhand legte ihre Klausur auf den Tisch und sie sah kurz zu ihrem Lehrer auf, um ein kleines Lächeln zu erübrigen.

Ein B würde ihre Note dieses Jahr nicht retten, aber wenn sie in der nächsten Klausur sich noch einmal anstrengte, war ein A nicht allzu abwägig.

Sie schüttelte den Kopf, seit wann dachte sie ernsthaft darüber nach zu Lernen und gute Noten zu schreiben? Ihr Blick wanderte beinahe wie von selbst zu Leonards Cox-Reid, der sich über seiner Klausur gebeugt hatte.

Das durfte einfach nicht wahr sein...

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"Paparazzi"

Robs Stimme riss Leon aus seiner Beobachtung. Hae stand auf der andere Seite des Netzes und es war absolut umwerfend, wie sie einfach nicht den Ball über das Netz bekam. Leon bekam das dämliche Grinsen gar nicht mehr aus dem Gesicht.

"Das sagst ausgerechnet du" Leon drehte leicht den Kopf und strich sich verlegen über dem Nacken. Natürlich war es ihm unangenehm beim Starren erwischt zu werden. Aber sein Blick wurde gerade zu magnetisch von Hae angezogen.

Rob packte ihn bei den Schultern und drehte ihn zu sich: "Du hast die Wette verloren. Gegen Shawn und du siehst genauso dumm drein, wie am Anfang. Wenn du Hae noch ihren Triumpf gibst, ein Name auf ihrer wundervollen Liste zu werden..."

"Lass mich" Er streifte die Hände des Kleineren von seinen Schultern und wandte sich wieder ihren Gegnern zu.

"Du weißt, dass wir heute Basketballtraining haben. Nächstes Wochenende ist ja das Tunier gegen die Little Illoines.",meinte Daniel. Sie kannten sich aus Biologie und Basketball und Leon mochte den schüchternen jungen Mann mit dem Leberfleck unter dem linken Auge. Er war stets nett und zuvorkommend gewesen, außerdem war er einer der wenigen, die ihm nicht seinen neuen Spitznamen nach riefen.
So weit er wusste, war er ein Name auf Haes Liste.

Daniel nahm den Volleyball an und spielte ihn direkt wieder über das Netz in ihr Feld und Leon konnte für ein kurzes Weilchen das bevostehende Training vergessen. Wohleher verdrängen.

Und das war gut, denn Shawn erinnerte ihn fruh genug daran, dass er nicht ungeschoren davon kommen würde. Vor der Turnhalle stand der Angeber und selbsternannte Bad Boy der Schule und drehte sich bei ihrer Ankunft um: "Schwuchtel, Schwuchtels Freund und das Weichei..."

Seine Stimme troff vor Sarkasmus und Leon ballte die Fäuste zusammen, als die Hohlköpfe drum herum noch begannen zu lachen. Rob biss die Zähne zusammen und Daniel wurde etwas bleicher um die Nase.

Leon würde hier nicht drum herum kommen und leider war er weder einflussreich noch gut genug, um Shawns Rauswurf aus der Basketballmannschaft in die Bahnen zu leiten. Also musste er es wohl ertragen, als der Trainer ihnen die Umkleide aufschloss, verzog Leon sich auf die andere Seite und versuchte das Gemurmel und die spöttischen Kommentare zu überhören. Ihm blieb keine Wahl, als leise und stumm aus seiner Kleidung zu schlüpfen und die Sportsachen heraus zu holen.

"Raus hier", murmelte Rob ihm aus dem Mundwinkel zu und sie drei quetschten sich schnell aus der Tür. Inderweile war die Wut in Leons Bauch am brodeln und er band sein Haar nachlässig tief im Nacken zusammen, um sich gleich einen Ball zu schnappen und loszustürmen.

Verdammte Scheiße, verdammte High School und verdammter Shawn. Warum hatte er sich auf diese Wette eingelassen?

Der Trainer meinte es ernst, die Spiele waren hart und als Leon bei seinem vierten über Shawns Fuß fiel, konnte er sich nicht schnell genug aufrappeln, um den Ball entgegen zu nehmen. Wenigstens, dachte er sich, muss ich nicht ständig an die Idioten denken.

Dafür taten sie es. Shawn und seine Anhänger warfen den Ball unerreichbar weit und hoch, für seine erschöpften Muskeln, er stolperte merhmals gefährlich und wurde mit dem Ellebogen seiner Gegner in der Seite und am Rücken getroffen. Am Ende des Trainings brannten seine Lungen, die Muskeln in seinen Beinen fühlten sich butterweich an und er war am Ende. So geschafft war er noch nie gewesen.

Als es endlich wieder in die Umkleiden nach zweieinhalb Stunden ging, nahm Leon einfach sein Duschzeug und wollte in Frieden duschen. Mehr nicht.
Er zog die Sportsachen aus, wandte das Handtuch um seine Hüfte und verschwand in der Dusche.

Als er das Tuch aufhängte und das Wasser aufdrehte, um seine verspannten Muskeln unter dad warme Wasser zu halten, hörte er das Klatschen zuerst, als er die Hand auf seinem Arsch spürte. Leon drehte sich erst gar nicht um, er wollte nicht das verlogene Grinsen der Anderen sehen, aber er hörte das verdammte Lachen.

"Oho, so einen knackigen...", höhnte Shawn.

"Halt die Fresse",unterbrach Rob ihn mit zusammengekniffenen Zähnen. Leon drehte das Wasser zu und wollte Rob bedeuten, dass er sich beruhigen solle. Aber Shawn war noch lange nicht fertig: "Habe gehört, du hast deine Freundin geschwängert. Wohl nicht gut genug beim Biounterricht aufgepasst, aber wenn ich sie mir mal vornehme, werde ich es nicht vergessen..."

Der Aufschrei von Leons braunhaarigen Freund wurde durch die kalten Fliesen zurückgeworfen und Leon und Daniel konnten ihn gerade noch an den Armen packen und zurückziehen, bevor er Shawn an den Hals gehen konnte, der nackt, wie sie auch in der Mitte der Gemeinschaftsdusche stand.

"Weißt du, mein Dad sagt immer, Schwuchtel, wie du gehören getötet" Oh ja, Shawns Vater. Desmond Carlton war einer der bedeutenden Sponsoren der Schule und der Basketballmannschaft. Leon kannte ihn aus einigen Feiern, die stets nach Abschluss einer Saison folgten. Er war genauso stur, unberechenbar und hitzköpfig, wie sein Sohn. Außerdem war es kein Geheimnis, dass Desmond Carlton überzeugter Homophob war.
Ihm war nie klar gewesen, dass Shawn seinem Vater so bald in die Fußstapfen treten wollte.

"Ich bin nicht schwul", zischte Leon scharf Shawn zu und lockerte ein wenig den Griff um Robs Arm. Jetzt wäre ein guter Augenblick Rob auf Shawn loszulassen. Keine Frage, Leonard hätte es genossen diesen Idioten in die Finger zu bekommen und sich Rob einfach anzuschließen. Aber er musste den Verstand bewahrend. Wenn Mr. Carlton erfahren würde, dass sein Sohn von einem langhaarigen Jungen verprügelt wurde, der zurzeit in dem halben Jahrgang als "Schwuchtel" bekannt war, würde er Himmel und Hölle in den Gang setzen, um Leonard eins auszuwischen. Und auf noch mehr Ärger war er nicht aus.
Er würde Shawn nicht die Freude geben, dass sie auf seine Provokation reingefallen waren.

Shawn strotzte nur so vor Selbstbewusstsein und in seinen Augen lag blanker Ekel und Hass. Und langsam zweifelte Leon an seiner Selbstkontrolle.

"Schwuchtel, wie du..."

"Er hat gesagt, er ist nicht schwul, Homophob" Daniel hatte sich gestrafft und hob das Kinn in die Höhe, um Shawn in die Augen zu sehen. "Du bist ein toleranzloser Idiot. Ein Homophob, der nur der verwöhnte und gewalttätige Bengel eines noch größeren Arschlochs ist. Was Leon getan hat, hätten wir alle schon lange tun sollen. Wir hätten dir schon lange zeigen sollen, dass du nicht so mit uns umspringen kannst. Du bist nicht mehr als das letzte Stücke Scheiße. Du bist der Hurensohn hier!"
Daniel spuckte aus und traf Shawn an der Brust, der angeekelt seine Hand hob. Aber im nächsten Moment flackerte bösartige Wut in den dunklen Augen des jungen Mannes. Sie hatten das Feuer entfacht.

Das war das Kommando, Shawn stürzte vor und packte Daniel blitzschnell an den Schultern. So schnell, wie alles von statten ging, hätten sie nicht reagieren können. Der drahtige Kerl wurde herum geschleudert und das Geräusch, als der Schädel von Daniel auf die geflieste Wand traf, war übelerregend laut in der Dusche. Shawns Anhänger packten rasch Rob, der sich aus Leons Griff gewunden hatte, drückten ihn auf den Boden und Leonard  fand sich eingekesselt von zwei von Shawns Freunden. Aussichtslos.

Aber Leon konnte einfach nicht von Daniel lassen, ihm floss ein dünner Blutstrom aus der Nase und ein roter Fleck prangte an der Wand, wo der Junge aufgekommen sein musste. Daniel rollte langsam den Kopf im Nacken und seine Wirbel knackten, wie bei dem Entsichern eines Maschinengewehrs.

"Hurensohn. Du bist ein Scheißhurensohn, Carlton."

***
"Votet und ihr dürft Shawn auch 'Hurensohn' nennen!" - Daniel, der eigentlich nicht der Typ ist, der sich von Shawn zusammen schlagen lässt.

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