Epilog
Meine Schritte hallten durch den Flur wie Donnerschläge, erfasst von einem schnellen, hektischen Rhythmus, der das Schlagen meines Herzens widerspiegelte.
Ich schaffte es nicht, meinen Atem ruhig zu halten.
Sei nicht zu spät.
Sei bitte nicht zu spät.
Ich konnte keinen anderen klaren Gedanken fassen.
Ich erreichte den Fuß der Treppe und sprintete sie so schnell wie möglich nach oben, jede zweite Stufe überspringend, um nicht unnötig Zeit zu verschwenden.
Meine Hand umklammerte das kleine Stück Papier, das sich zwischen meinen Fingern eiskalt anfühlte.
Fast so kalt wie der Schauder, der mir über den Rücken lief.
Fast so kalt wie die blanke Panik, die sich in meiner Brust ausgebreitet hatte, seitdem ich die Nachricht gelesen hatte.
Eine Nachricht von Königin Asaylle.
Ich wirbelte herum, um einen weiteren Gang entlang zu sprinten, als wäre der Teufel persönlich hinter mir her.
Vielleicht war er das auch, wenn man die Worte berücksichtigte, die in einer schönen, geschwungenen Handschrift auf das Papier geschrieben standen.
Ich ballte die Hände zu Fäusten und biss die Zähne zusammen.
Es war naiv gewesen, zu glauben, dass Blair ihr letzter Spielzug gewesen war.
Es war naiv gewesen, nicht mit einem weiteren Angriff zu rechnen, besonders nach Samuels Tod durch unsere Hand.
Es war verdammt nochmal viel zu naiv gewesen, sich auf Ryn zu fokussieren, während Asaylle da draußen immer noch ihr Unwesen trieb.
Ich wusste, dass wir diesen Fehler bitter bezahlen würden.
Sei bitte, bitte, bitte nicht zu spät.
Als ich den Wandteppich erreichte, riss ich ihn so stürmisch beiseite, dass es nur reines Glück sein konnte, ihn nicht herunter zu reißen.
Mit großen, schnellen Schritten stieg ich die dahinterliegenden Stufen hinauf.
Ich hätte schwören können, dass die Luft mit jedem Meter dünner wurde. Dass die Finger der Verzweiflung mit jedem Meter mehr an mir zerrten. Dass das Grauen in meinem Herzen mit jedem Meter mehr von mir verschlang.
Als ich meine Suite erreichte, zitterte ich unkontrolliert.
Die Türklinke fühlte sich glitschig an, wollte meinem Griff entgleiten, sobald meine Hand sie berührte.
Es kostete mich viel zu viel Mühe, die hölzerne Tür aufzustoßen.
Der metallische Geruch von Blut schlug mir entgegen.
Ich wollte umdrehen, wollte davonlaufen und nie mehr wiederkehren.
Ich wusste, was mich erwartete, aber meine Beine bewegten sich wie von alleine, mein Kopf war wie leer gefegt und mein Körper hörte nicht auf die Instinkte, die mir alle zuschrien, sofort umzudrehen.
Es war zu spät.
Ich war zu spät.
Wie in Trance faltete ich das kleine Stück Papier auseinander, das ich zwischen meinen Fingern verborgen hatte.
Ich atmete ruhig.
Viel zu ruhig.
Es war, als würde ich mich selbst dabei beobachten, wie ich die Worte las, die Königin Asaylle dort für mich hinterlassen hatte.
Als wäre mein Körper nicht mein Körper, als wäre ich wieder gefangen in einem mentalen Gefängnis, aus dem es keinen Ausweg gab, auch wenn es diesmal ein Käfig aus Angst und Grauen war und keine magische, undurchdringliche Barriere.
Auf dem Zettel standen nur wenige Worte, doch diese Worte schafften es, dass ich mich übergeben wollte, dass ich weinen und schreien wollte, bis meine Stimme und meine Tränen versagten.
Es war eine deutliche Botschaft, die – zusammen mit dem Gestank des Blutes – nur eines bedeuten konnte.
Ich hielt den Atem an.
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Königskillerin.
Leben mit Leben.
Tribut und Bezahlung.
Laken des Grauens.
Schlaf der Ewigkeit.
Dunkelheit und Finsternis.
Feind des Reiches.
Tod.
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Ich ließ den Zettel einfach fallen.
Mit weit aufgerissenen Augen starrte ich auf mein Bett, das mit scharlachrotem Blut überzogen war.
Auf das Laken des Grauens, das mich für immer in meinen Albträumen verfolgen würde, vielleicht sogar noch mehr als diese kleine hölzerne Hütte im Wald.
Ich starrte auf den Kopf, der auf meinem Kissen positioniert worden war, als wäre das hier nichts weiter als ein tiefer, tiefer Schlaf.
Der Körper fehlte. Abgetrennt.
Schlaf der Ewigkeit.
Das Blut, das das hübsche Gesicht verdreckte, zeugte von einem qualvollen, langsamen Tod.
Leere Augen starrten mich an, schienen durch mich hindurchzublicken als wäre ich aus Glas.
Dunkelheit und Finsternis.
Tod.
Leben mit Leben.
Ich sank auf die Knie, als ich erkannte, wessen Kopf ich vor mir hatte.
Dunkle Haut.
Kinnlange Haare, in denen das Blut klebte.
Pechschwarze Augen.
Jasmine.
Als die schreckliche Illusion verblasste, hörte ich noch lange nicht auf zu schreien.
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(to be continued...)
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