16

  Es war ein Horrorszenario.

Die Statue stieß ein Zischen aus, das mich stark zusammenzucken ließ und mir einen kalten Schauder über den Rücken jagte, der dank der feurigen Hitze auf dem Marktplatz nicht lange anhielt.

Schweiß trat auf meine Schläfen, sammelte sich dort und an allen anderen Stellen meines Körpers.

Auch meine Hände wurden schwitzig und ich musste mich bemühen, das Schwert an meiner Seite überhaupt aus seiner Scheide zu ziehen, so nass waren meine Handflächen.

Ich taumelte einen Schritt rückwärts, die Augen in dem ganzen Schock weit aufgerissen und auf die leeren Augenhöhlen der zehn Meter hohen Frau vor mir gerichtet, in denen die rubinroten Flammen nur so funkelten.

Die rasiermesserscharfen Zähne glitzerten teuflisch im goldenen Licht der Straßenlaternen und dem roten Schein der flackernden Flammen, die sich nun von den Haaren der Frau auf eine der Baracken ausbreiteten.

Ira zischte und ich hörte ein Lachen, das nicht aus dieser Welt stammen konnten.

Es war ein Lachen, das sich durch meine Haut, mein Blut, meine Muskeln fraß und mich dort traf, wo es am meisten Schmerz verursachte.

Ein Lachen, das meine Knochen abwetzte wie ein Schleifstein, der nicht aufhörte, sich zu drehen, der kein Erbarmen zeigte und schliff, bis nichts mehr von meinen zerbrechlichen Knochen übrig war.

Ich zitterte so heftig, dass ich meine Gedanken auf nichts anderes fokussieren konnte als auf meine Muskeln und meine Gelenke. Sie mussten mir wieder gehorchen, mussten aus ihrer Schockstarre erwachen, sonst wäre alles umsonst, alles zu spät.

Ich atmete schwer, als mein Kopf begann, stechend zu schmerzen und sich ein seltsamer Druck auf meinen Rippen aufbaute, den ich so noch nie gespürt hatte.

Rauch drang mir in die Nase und ich musste husten, aber ich konnte nicht, weil mein Kopf immer noch von dem Anblick vor mir lahmgelegt und mein Körper zu sehr mit herumstehen beschäftigt war, als dass er von alleine hätte handeln können.

Ich wusste nicht, wo ich war oder was ich hier tat.

Für einen kleinen, schockierenden Augenblick wusste ich nicht einmal, ob ich noch atmete, ob ich noch lebte.

Da war nur dieser Schock, der mich getroffen hatte, sobald ich die Augen der Frau, der Kreatur vor mir gesehen hatte.

Dieser Schock, den ich nicht abschütteln konnte, egal was ich versuchte, egal wie sehr ich kämpfte.

Meine Glieder fühlten sich an wie gelähmt, wie vereist und teil eines anderen Körpers, über den ich keinerlei Kontrolle hatte.

Ich konnte nichts machen.

Ich konnte absolut nichts machen, außer meinem Körper zu folgen, die Schritte zu machen, die mich rückwärts lenkten und schließlich auf eine der schmalen Gassen zu, die vom Marktplatz wegführten.

Entfernt nahm ich wahr, nahm dieser Körper, der mir nicht gehorchen wollte wahr, dass sich eine Wand aus Schutz vor mir aufbaute, die mich vor den lodernden Flammen abschirmte.

Aus Augenwinkeln, die sich nicht wie meine eigenen anfühlten, sah ich Calin, der Kraftfeld um Kraftfeld erzeugte, um mich zu schützen, um ihn und uns alle zu schützen, vor etwas, das nie das Licht der Welt hätte erblicken dürfen.

Grauen packte mich da, wo der Schock immer noch seine eiskalte, klauen-bewehrte Hand hatte und verstärkte diesen fremden Griff um meinen Körper nur noch.

Es war unmöglich, die Kontrolle zurückzugewinnen.

Unmöglich.

Ich holte zitternd Luft, ließ mich durch den Sauerstoff reinigen und versuchte, Schock und Grauen, Panik und Angst, Ekel und Taubheit abzuwaschen, indem ich die Luft durch meinen Körper pumpte und alles Schlechte hinausspülte.

Vergeblich.

Nichts konnte mir helfen, nichts konnte mich vor mir selbst retten, als ich einen kleinen Schritt nach dem anderen machte und mich immer weiter von dieser Kreatur, diesem Monster entfernte, das vor wenigen Sekunden noch aus Stein gewesen war.

Diese leeren Höhlen, in denen das hungrige Feuer lauerte wie ein Biest, das bereit war, mir das Leben mit einer Bewegung aus dem Körper zu ziehen, zu saugen, zu pressen...

Der Jähzorn ließ die langen roten Krallen aneinanderstoßen und verursachte dadurch ein leises Geräusch, das mich an das Schnappen eines Gebisses erinnerte, in dem Zähne aus Messerklingen warteten, um mich zu zerfleischen.

Der Teufelsschwanz peitschte um den Körper der Frau wie eine tödliche Waffe, die alles verderben würde, das sie auch nur streifte. Das schwarze Pentagramm auf ihrer Stirn begann, das Licht aufzusaugen und ich hätte schwören können, dass die Hörner genüsslich wackelten.

Ich machte einen weiteren Schritt zurück, als ich mich fragte, wieso sie ihre Messer noch nicht geworfen hatte.

Aber dann fiel mir ein, dass die Schutzschilde immer noch intakt waren, um uns vor jeglichen Angriffen zu schützen.

Die Schutzschilde...

Calin...

Calin war hier bei mir und zählte auf mich.

Meine Freunde zählten auf mich und ich war einfach zu verstört und hypnotisiert vom Anblick der Statue, um zu handeln.

Ich wollte knurren.

Und ich schaffte es endlich, aus diesem unsichtbaren Gefängnis auszubrechen.

Ein kehliges, wölfisches Knurren verließ meine Kehle, als ich alle Kraft in dieses Geräusch der Frustration legte.

Ich durchbrach die Barriere mit einem erleichterten Aufschrei und wirbelte auf der Stelle zu Calin und den anderen herum.

Ich konnte nicht mehr als eine Minute in diesem inneren Gefängnis eingesperrt gewesen sein, denn sie standen alle noch an fast derselben Position.

In Calins Augen leuchtete seine blaue Macht, die mir das Gefühl von Schutz und Geborgenheit verschaffte, während Lyane sich mit einem Schwert und zwei Messern bewaffnet auf einer Seite der Kraftfeldlinie aufstellte, flankiert von Cassandra, die ebenfalls bis an die Zähne bewaffnet war.

Ivory konnte ich nirgendwo entdecken, aber ich war mir sicher, dass die Gestaltwandlerin sich ebenfalls irgendwo in der Nähe herumtrieb.

Ich biss die Zähne zusammen und griff mit der rechten Hand nach meinem Schwert, während ich die linke sacht auf eines der Kraftfelder legte, die mich wie ein Wall aus Seide und Samt umgaben.

Ich setzte meine magischen Wellen dazu ein, die Magie aus dem Kraftfeld in meinen Körper zu leiten und mir somit zumindest ein klein wenig elementare Macht zu sichern.

Ich hatte schon Schlachten ohne Magie geschlagen, aber ein kleines bisschen schadete nie.

Ich wollte einfach für alles vorbereitet sein, wenn ich einem zum Leben erwachten Teufel gegenübertreten musste.

Als hätte sie meine Gedanken gehört, zog die Ira die Lippen zu einem Lächeln zurück und verließ mit einem großen Schritt ihr Podium.

Das Wasser des Brunnens war aufgrund der unfassbaren Hitze, die die Dame des Todes ausstrahlte, schon lange verdampft.

Ich sah auf ihre Schuhe, deren Absätze aus diesen scharfen Klingen bestanden. Sie hatte einen Fuß zu einem schwungvollen Tritt erhoben und schenkte uns noch eine bestialische Fratze, bevor sie das Messer auf die Kraftfelder niedersausen ließ und nun auch mit den restlichen Klingen angriff.

Die Ira war ein Sturm aus Feuer und Eisen und Blut, der durch nichts mehr gestoppt werden konnte. Sie war die Verkörperung des ganzen Zorns und der Wut, die es je in Mavar gegeben hatte, und sie würde nicht zurückschrecken.

Nicht vor uns kleinen Würmern, die nicht den Funken einer Chance gegen sie hatten.

Sie würde nicht knien, denn sie war der Teufel und die Hölle und die Wut und der Hass.

Aber ich wusste, dass auch wir nicht knien würden.

Wir waren die Zeit und der Schutz, der Diebstahl und die Verführung, die Einheit der Garde und die Vertreter unseres Königs.

Sie mochte vielleicht zehn Meter groß sein und über die Macht des Feuers und der Hölle verfügen, aber sie war alleine und wir waren ein funktionierendes Team.

Ich wandte mich einer der Gassen zu, um mich nach einem möglichen Fluchtweg umzusehen, doch ich wurde von etwas abgelenkt.

In der Mitte der schmalen Gasse lag ein großer Felsbrocken, der den Fluchtweg blockierte.

Ich wirbelte zu einem weiteren Auweg herum, doch auch dieser war versperrt.

Ein grauer Felsbrocken blockierte den Weg.

Nacheinander ließ ich den Blick im Kreis um den größten Platz des Grenzviertels schweifen und nahm jede der Gassen unter die Lupe, die von hier wegführten.

Es waren dreizehn Stück.

Und jede davon war blockiert, weil ein riesiger Felsbrocken mitten auf der Straße lag.

Ich hätte schwören können, dass diese Felsen noch nicht da gewesen waren, als die letzte Kutsche losgefahren war, denn die war durch eine der Straßen verschwunden und hatte ohne Probleme zwischen den kleinen Baracken hindurchgepasst. Es war unmöglich, dass ein Felsbrocken von dieser Größe bereits dort gelegen hatte.

Aber mal davon abgesehen, dass ich keine Ahnung hatte, wann die Felsen dort erschienen waren, hatte ich auch keine Idee, wie oder weshalb.

Ich hatte jedoch nicht genügend Zeit, um darüber nachzudenken, da die Ira ein weiteres Zischen ausstieß, bevor sie den Mund aufmachte und ihre spitzen Reißzähne entblößte...

Und dann spie sie Feuer.

Rubinrote, heiße Flammen strömten über ihre blutigen Lippen und griffen nach den Kraftfeldern, die Calin um uns alle errichtet hatte, ließen sie bersten und knacken wie trockenes Laub unter Stiefeln.

Ich knirschte mit den Zähnen, als das Feuer begann, mir zuzusingen und mir Gedanken ins Ohr zu flüstern, die ich nicht hören wollte.

Ich bin wütend auf dich, sagten sie mit Dominics Stimme, dann mit Jasmines und schließlich mit Spencers.

Ich versuchte, die hasserfüllten Worte auszublenden und mich stattdessen auf die ohrenbetäubenden Geräusche zu konzentrieren, die die Flammen an den Kraftfeldern auslösten.

Schaudernd schluckte ich, als eines der Messer ein Loch in den Schutzschild riss und Calins Magie in meinen Ohren kreischte.

Schmerz durchzuckte meinen Körper, als die Macht, die ich darin gespeichert hatte, spürte, dass ihr etwas genommen wurde, etwas entrissen wurde wie ein Herz aus einer Brust.

Ich drängte den Schmerz zurück und sah Calin an, dessen Gesicht alle Farbe verloren hatte.

Seine Lippen zitterten, die Wangen schienen seltsam eingefallen als hätte er seit Tagen nichts gegessen. Aus seinen Nasenlöchern und von seinen Mundwinkeln lief scharlachrotes Blut, das von seinem Kinn auf die schöne weiße Tunika tropfte, die sich über seine muskulöse Brust spannte.

Seine Ohren waren feuerrot angelaufen, weil es ihn so viel Mühe kostete, die Barrieren aufrecht zu erhalten, an denen unser Leben wie an einem seidenen Faden hing.

Mein Herz begann zu bluten.

Ich stieß ein Geräusch aus, das man mit Worten einfach nicht beschreiben konnte, das wild war und unmenschlich und fremd. Ein Geräusch, das mir vielleicht Angst gemacht hätte, wäre ich nicht so unfassbar wütend gewesen, so unfassbar hasserfüllt.

Gegen die Statue, gegen Kaya, gegen Ryn, die mir meine Freiheit rauben wollten, meine Liebsten, mein Leben.

Ich biss die Zähne so fest zusammen, dass es wehtat und spukte Blut auf die Pflastersteine zu meinen Füßen.

Der Schmerz auf meiner Zunge war unverkennbar und mir wurde bewusst, dass ich mich in meinem Blutrausch wohl gebissen hatte.

Der metallische Geschmack in meinem Mund hinterließ Bitterkeit und Schärfe, die ich nicht verdrängen konnte.

Aber ich wusste, was ich zu tun hatte.

Was ich immer hätte tun sollen.

Ich nahm mit einem letzten Atemzug all meinen Mut, all meinen Willen zusammen und machte den ersten Schritt auf mein Ende zu.

Ich lief zu Calin, dessen Haut sich eiskalt unter meiner anfühlte und schleifte ihn zu einer der Baracken, an die er sich stöhnend lehnte.

Mit einem Ärmel meiner schwarzen Tunika wischte ich das Blut von seinem Kinn und dann hob ich seinen Kopf, sodass er mir in die Augen sehen musste.

Er erkannte die eiserne Entschlossenheit und nickte mir zu.

Ein trauriges, resigniertes Nicken, das so viel Dankbarkeit durch meinen Körper fließen ließ, dass mein blutendes Herz warm wurde.

Ich schenkte ihm ein grimmiges Lächeln und sah ein letztes Mal sein Gesicht an.

Blutiges Kinn, blutige Lippen, blutige Nase, feuerrote Ohren, leichenblasse Haut... aber seine Augen funkelten mich mit einer Lebendigkeit an, die ich noch nie in seinem Blick erkannt hatte.

Ich ließ kurz zu, dass mein Geist sich in den Tiefen der mit Sternen übersäten Nacht verlor und in der grauen Leere trieb.

Dann wandte ich mich ab und eilte weiter über den Platz.

Ich erreichte Cassandra und Lyane, die immer noch in Kampfposition waren, bereit uns mit ihrem Leben zu verteidigen, sobald die Kraftfelder versagten und die unsichtbare Mauer fiel.

Ich brachte auch sie zu Calin und wies sie an, sich nicht zu bewegen, bis ich zurück wäre.

Cassandra wollte widersprechen, wollte mir erklären, dass es reiner Selbstmord war, was ich vorhatte.

Aber ich ließ sie nicht.

Mit einer verzweifelten Bewegung warf ich Calins Magie auf meine Freunde und erzeugte ein Kraftfeld, das stärker war als alle anderen auf dem Platz zusammen.

Denn es war mit Liebe ummantelt.

Ich erzeugte ein Kraftfeld, das dazu dienen würde, die drei vor der Ira zu schützen, sie am Leben zu halten, bis es erledigt war, bis ich tot war und Ryn endlich hatte, was er wollte.

So musste es kommen.

So hatte es von Anfang an kommen müssen.

Aber das Kraftfeld war nicht nur dafür da, um die Ira von ihnen fernzuhalten, solange ich lebte.

Nein. Es sollte sie auch gefangen halten, damit ich ungestört tun konnte, was ich endlich zu tun bereit war.

Damit ich mich für das Leben meiner Freunde opfern könnte, ohne dass sie dieses Opfer vergeblich sein ließen.

Mit tränenüberströmtem Gesicht wandte ich mich ihnen ein letztes Mal zu.

Ich prägte mir jeden ihrer Gesichtszüge ein, wie ich es vor wenigen Augenblicken auch bei Calin getan hatte.

Violette Augen. Haare in derselben Farbe, die von dunklen und hellen Strähnen durchzogen wurden. Eine Narbe, die eines der Augen heller hatte werden lassen als das andere. Eine schwarze Tunika, die der meinen ähnlich war wie ein Zwilling.

Ich schluckte und drängte die Gefühle zurück, die mich zu überwältigen drohten.

Auch Lyane warf ich einen letzten Blick zu, doch sie nickte nur entschlossen.

Sie wusste ebenso wie ich, dass ich nur zu gut wusste, was ich tat.

Was ich tun musste, um ihre Leben zu retten.

Dankbar erwiderte ich ihr Nicken.

Dann wirbelte ich herum und rief Calins Macht erneut, um die Barrieren abzureißen, die mich jetzt noch von meiner Aufopferung trennten.

Die unsichtbaren Mauern begannen zu bröckeln und zu knarzen, als ich sie mit meiner Macht einriss.

Ich hörte ein Keuchen und einen Schrei, die zweifellos von Calin und Cassandra stammten, aber ich blendete sie aus und konzentrierte mich ganz auf die Dame des Todes, die mich aus diesen bösartigen Augen musterte.

Hitze schlug mir ins Gesicht, als das Feuer endlich nicht mehr von den Kraftfeldern aufgehalten wurde.

Ich atmete ein letztes Mal tief durch und machte den entscheidenden Schritt.

Es war eine enorme Anstrengung, mein Bein anzuheben, weil es sich anfühlte als wäre es aus massivem Stein und schwerem Eisen geschmiedet, würde von einem riesigen Anker am Boden festgehalten werden und von einem riesigen Magneten angezogen.

Anschließend fiel es mir schwer, das gehobene Bein wieder zu senken, da es plötzlich so unfassbar leicht war, leichter als Luft und unmöglich für die Schwerkraft zu erreichen.

Ich seufzte erleichtert, als ich den Schritt gemacht hatte und nun mitten in dem brennenden Kreis aus Feuer stand, der sich aufgrund der Schutzschilder hier gebildet hatte.

Ich atmete Rauch. Hustete.

Ich spürte die Flammen an meinen Beinen hinauf züngeln, aber blendete den Schmerz aus, der mich schreien lassen wollte.

All meine Sinne waren benebelt.

Ich sah Feuer, schmeckte Rauch und roch verbranntes Holz und angekohlte Steine. Ich fühlte, wie die Flammen meine Haut versengten und ich hörte ihr schelmisches Knistern, das die Funken sprühen ließ.

Die Ira stieß ein Zischen aus, das nicht von dieser Welt war und meine Knochen zermalmte, bis sie Brei waren und meine Beine nur noch zitterten.

So war es also, dem Tod gegenüberzustehen.

Dem Teufel.

Sie lächelte und entblößte damit ihre rasiermesserscharfen Zähne und die gespaltene Zunge, die die Luft bereits nach meinem Fleisch zu kosten schien.

Ich schluckte.

Aus dem Augenwinkel nahm ich eine Bewegung wahr, aber ich war zu hypnotisiert von diesen leeren Augenhöhlen, dem Feuer der Hölle, das darin loderte.

Ich sah, wie die Dame des Todes eines der Messer in ihrer Hand ableckte und das Blut kostete, das der Künstler auf die Klinge gemeißelt hatte.

Dann ließ sie einen triumphierenden Schrei erklingen und hob das riesige Messer, um es mir zwischen die Augen zu rammen.

Innerhalb einer Millisekunde war er vor mir.

Ich sah nur eine kurze Bewegung, einen Schatten, der sich in mein Blickfeld schob.

Aber mehr musste ich nicht wissen.

Ich taumelte zurück, viel zu schockiert, um das Geschehene zu verarbeiten.

Es war... es war...

Seine letzten Worte an mich hallten erneut durch meinen Kopf, als sich mein Magen verkrampfte.

Er hatte sich geopfert, um mich zu retten.

Mich.

Und das, obwohl ich mich ihm gegenüber so verhalten hatte...

Ich werde mich für dich ändern.

Ich konnte den Blick nicht von Marlons kahlem Schädel nehmen, als ihn die Klinge traf.

Die Statue zischte wütend, weil sie ihr Ziel nicht getroffen hatte, zugleich ebenfalls von der Aktion des Axtkriegers überfordert und verwirrt.

Das Messer bohrte sich tief in Marlons Brust.

Er warf den Kopf in den Nacken, Blut lief ihm aus den Mundwinkeln.

Einen Augenblick später durchstach die Spitze der riesigen Klinge seinen Rücken und hatte ihn vollständig durchbohrt.

Er stieß ein bitteres, harsches Lachen aus, als er den Blick auf die Frau aus Feuer und Zorn richtete. „Du hast in all deinem Jähzorn vergessen", meinte er leise, sein Atem ging bereits flach. „Dass die guten Menschen die bösen immer besiegen."

Die guten Menschen.

Er war ein guter Mensch.

Er war wirklich ein guter Mensch, selbst wenn es nur für einen kurzen Moment, für den letzten Moment war.

Aber er hatte es geschafft.

Er hatte sich wirklich geändert.

Für mich.

Ich wollte zu ihm laufen, ihn umarmen, mich bei ihm für all die schlimmen Dinge entschuldigen, die ich ihm an den Kopf geworfen hatte, aber der Ausdruck in seinen Augen hielt mich davon ab.

Ich blieb wie angewurzelt stehen und betrachtete sein Gesicht.

In dem magischen Leuchten, das von seinen Augen ausging, schimmerte die brutale Brandnarbe noch unheilvoller, noch gespenstischer.

Der Steinelementar hob in einer letzten verzweifelten Geste die Arme und entfesselte seine gesamte Macht.

Um den gesamten Platz herum wurden die Steine gerüttelt, geschüttelt, gebrochen und geformt. Es wurden Dolche und Speere und Schwerter und Lanzen geschaffen, die sich alle auf den Mörder ihres Meisters richteten.

Die Statue hatte keine Chance.

Alle ausgerissenen Pflastersteine, die Wandsteine der Baracken, die Steine, die das Fundament des Springbrunnens bildeten.

Sie alle bohrten sich in den Körper des Monsters und ließen rubinrotes Blut in alle Richtungen spritzen.

Als sie schon längst röchelnd auf dem Boden lag, tat Marlon Crass seinen letzten Atemzug und schleuderte all die riesigen Felsbrocken, die er vermutlich in den dreizehn Gassen deponiert hatte, auf die Leiche der Ira.

Sicher war schließlich sicher.

Wie gebannt schaute ich zu, wie der Elementarmagier und die Dame des Todes in einem steinernen Grab gefangen wurden, aus dem es für keinen von beiden ein Entkommen geben würde.

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