6|| Nur ein Weg zurück

Mein Körper stand unter Schock.
Ich suchte in seinen Augen nach irgendeinem Hinweis, das er mich anlog.
Aber nein, er zog eine ernste Miene.
Sein Blick richtete sich auf den Boden.
Das war schlicht weg nicht möglich.

Langsam schüttelte ich meinen Kopf.

„Nein", flüsterte ich erschrocken.
Caden's Kopf schoss in die Höhe.
Seine Augen begegneten den meinen.
Er sah mich durchdringend an.

„Sieh dich doch um", war alles was er sagte.

„Nein, nein, nein!" mehr konnte ich nicht sagen.
Mein Kopf suchte nach einer logischen Erklärung für all das.
Kutschen, Kleider,  keine Elektrizität?
Etwas stimmte nicht und das wusste ich auch. Nur wusste ich noch nicht so ganz was es war.
Eher gesagt wollte mein Gehirn es nicht wahr haben.
Denn es gab eine logische Erklärung dafür das ich im 18. Jahrhundert sein musste. Es gab jede Menge.

Es gab nur keine logische Erklärung dafür was ich hier machte oder wie ich hierher gekommen war.

Diese Frau die ich gesehen hatte, dieselbe wie damals..
Ein schaudern überlief meinen Rücken als ich daran dachte.
Ich erinnerte mich an alles.
Ihr einladendes Lächeln als ich auf sie zuging.
Meine Schreie, als ihre kalte Hand nach mir Griff und..

Nein, ich wollte nicht an all das zurückdenken was damals passiert war.
Bis heute packte mich jedes Mal blanke Panik wenn ich an einem Spiegelkabinett vorbei lief.
Ich hatte mir damals eingeredet das alles nur erfunden zu haben.
Achtjährige haben viel Fantasie oder nicht?

Doch nun, da ich den Sand unter meinen Füßen und den Wind der sanft an meinen Haaren riss spürte, und so vieles an diesem Ort nicht in meine Zeit passte, konnte ich kaum leugnen das ich mich nicht im 21. Jahrhundert befand.

„Wie bist du her gekommen?", fragte der Fremde dessen Name Caden war in einem flüsternden Ton.
Ich zuckte nur die Schultern.
Ja, wie war ich hergekommen?

Ich senkte meinen Blick zu Boden, ihn anschauen wollte ich nicht.
Das alles wirkte immer noch zu unwirklich.
So als wäre in den nächsten Sekunden jemand um die Ecke gesprungen und hätte
‚Reingefallen' gerufen.
Doch das passierte nicht.
Alles was passierte war, das Caden einige Schritte auf mich zu kam, und mich musterte.
Ich sah zwar nicht wie er mich beobachte doch ich spürte es.
Spürte seine neugierigen Blicke, auf mir.

Als ob es mir eine Antwort entlockt hätte mich anzustarren.

„Denk nach, was passiert ist bevor du hier warst."

Seine Stimme klang forsch, mit etwas Panik. Hatte er Angst? Aber wovor?
Ich tat was er verlangt hatte. Ich ging alle möglichen Schritte noch einmal durch die ich getätigt hatte bevor ich hier her gekommen war.

Harper- Streit
Runter gegangen- bettfertig gemacht.

Geräusche gehört- aufgestanden.
Hochgegangen - Spiegel..

Der Spiegel..
War das möglich ?
Ich sah auf, und begegnete seinem Blick.

Er sah mich forschend an.
„Wenn ich dir das sage, sagst du mir dann wie ich hier wegkomme?"

Er schien einen Moment lang zu überlegen, ehe er vorsichtig nickte.
Ich holte tief Luft.
Das was ich in den Folgenden Sekunden sagte, hörte sich verrückt an. Doch war es nicht auch verrückt sich in einer Gasse mit einem jungen Mann zu prügeln, in einer Zeit die nicht in meine Passte?

Ja, es war verrückt.

„Ich..", ich stockte, konnte ich das wirklich aussprechen?
Denn wenn ich es aussprach, dann  wurde es wirklich.
Mir würde klar werden, dass ich wirklich hier feststeckte.
Mir würde klar werden, in welcher Zeit ich mich wirklich befand.
Konnte ich das ganze schon akzeptieren?
Wollte ich es akzeptieren?

Was wenn das alles nur ein Traum ist?

Fuhr es mir durch den Kopf.
Ein Gedanke nach dem anderen fuhr mir durch den Kopf.
Sie schwirrten solange durch meinen Schädel, bis ich mir die schmerzenden Schläfen rieb.

„Ist alles okay?", fragte er besorgt.
Bevor ich auch nur anders reagieren konnte, nahm Caden meine Hände in die Seinen.
Er streichelte über meine Handrücken und musterte sie besorgt.
Ich dachte darüber nach sie ihm zu entreißen. Das tat ich wirklich.
Doch, es fühlte sich gut an.
Seine Hände, die die meinen berührten gaben mir ein Gefühl von Geborgenheit.

Zum ersten Mal, seit ich ihn getroffen hatte sah ich ihm in die Augen. Ein weiterer Windstoß umhüllte mich.
Ich fühlte mich sogleich wie am Meer. Ein Blick in seine Augen, gab mir das Gefühl das Meer anzusehen.

Stürmisch blaue Wellen.
Peinlich berührt sank ich  meinen Blick. Meine Hände entriss ich  ihm.
Sofort verschwand das Gefühl von Geborgenheit.
Ich verschränkte meine Arme vor meiner Brust, begann ihm zu antworten ohne ihm in die Augen zu schauen.

„Ich stand vor einem Spiegel und.."
Ich stockte. Konnte ich..? Ich musste.
Vielleicht war das ganze ein Traum, ein Traum der nur so enden könnte wie er angefangen hatte. Wenn ich durch einen Spiegel ging und mich wieder ins Bett legte. Dann würde er bestimmt enden.

„..und ging hindurch."

Für einen Moment schienen Caden die Worte zu fehlen. Er starrte noch immer an die Stelle an welcher meine Hände gewesen waren.
In seinen Augen glänzte Verwunderung oder Angst ?
Ich konnte es nicht ganz zuordnen.

Er fasste sich mit seiner Hand an sein rasiertes Kinn.
Es schien als hätte ich ihn für einen Moment aus dem Konzept gebracht.
Aber das konnte es nicht sein oder ?
War es möglich das ich einen derart gefährlichen Mann aus dem Konzept bringen konnte?

„Komm", sagte er und hielt mir seine Hand hin.
Ich zögerte. Sollte ich sie ergreifen ?
Wenn es nur ein Traum war sollte mir doch nichts passieren oder?
Ich wollte nachhause. Mehr als alles andere sehnte ich mich nach meiner Familie.
Nach dem neuen Haus, welches ich noch nicht allzu lange kannte.

Ich ergriff seine Hand.
Wärme durchflutete mich, doch ich ignorierte dieses Gefühl.
Ich musste mich darauf konzentrieren nachhause zu kommen.
In den darauf folgenden Minuten liefen wir behutsam die Gasse entlang.

Als wir am Ende angekommen waren, sah er sich um, ehe er mich weiter hinter sich her zog.

„Wo, wo lang gehen wir?",stotterte ich, da ich etwas fröstelte.

Der Wind ließ die naheliegenden Bäume hin und her Wippen.
Er antwortete mir nicht.
Ging nur stumm weiter.
Als hätte er Angst bei etwas ertappt zu werden.
Musste man in Träumen auch vorsichtig sein ?

Es ist vielleicht gar kein Traum..

Sagte mir die Stimme in meinem Kopf.
Es musste einer sein. Alles andere war gar nicht möglich.
Ich ging also stumm weiter, ließ ihn mich hinter sich her ziehen.
Ohne fragen zu stellen.
Wir liefen in der Dunkelheit durch die nicht beleuchteten Wege.
Als Straßen hätte man dies kaum noch bezeichnen können.
Es gab weder Teer, aus welchem die Straßen gemacht waren, noch Laternen.
Es war wie eine andere Zeit.
Eine Zeit in welche ich eingedrungen war, ohne um Erlaubnis zu bitten.
Ich zog den Mantel noch ein Stück enger um mich.

Es fühlte sich an, als wollte mich diese Gegend genau so schnell loswerden, wie ich von dort wegwollte.
Nach einigen Minuten kamen wir an einer etwas abgelegeneren Hütte an.
Sie wirkte vermodert.
Ein weiter Windstoß ließ mich erzittern.
Ich hatte das Gefühl, als wäre die Temperatur noch um ein paar mehr Zentimeter abgestiegen.

Der Wind wehte nun in regelmäßigen Abständen durch die Baumkronen.

„Wir sind da",sagte Caden und zog mich bestimmerisch in die Hütte hinein.
Was wollte er hier ?
Ein glänzendes Objekt zog meine Aufmerksamkeit auf sich.
Es war ein Spiegel.
In Silber verkleidet, mit Bronzenen Rosen, welche in Abständen von 20 Zentimetern auf dem Rahmen prangten.

„Was nun?",fragte ich während ich ihm meine Hand entriss.
Es war nicht länger nötig sie festzuhalten. Außerdem durfte ich nicht außer Acht lassen, dass er mich angegriffen hatte.
Aber wieso eigentlich?
Caden legte seine Hände auf meine Schultern, während er mich vor den Spiegel schob sodass ich hinein blicken konnte.
Was ich sah, waren die dunklen Holzwände der Hütte. Den alten vermoderten Boden und ein paar Fenster.
Ansonsten war sie Leer.
Das einzige Möbelstück, dass sich dort drinnen befand, war dieser Spiegel.

Ich sah Caden, welcher mich voller Misstrauen musterte obwohl er mir anscheinend helfen wollte.
Für was hielt er mich, dass ihn mich so ansehen ließ?
Und dann sah ich noch mich.
Mich, in meinem  Pyjama mit der Blau Weiß gestreiften kurzen Hose und dem blauen Top.
Meine Beine waren an einigen Stellen mit Sand beschmutzt genau so wie meine Haare.
Welche zudem auch noch völlig zerzaust waren.

Meine schönen Haare...
Dachte ich, während ich die Spitzen durch meine Hände gleiten ließ.
Meine tief braunen Augen wirkten fahl und ängstlich.
Von dem fröhlichen Optimistischem Mädchen, welches ich eigentlich war fehlte jede Spur.

„Du wirst hindurch gehen."

„Was?", fragte ich fassungslos.
Ich wollte nicht schon wieder dort hindurch.
Er nahm seine Hände von meinen Schultern.
Ich drehte mich zu ihm um. Das konnte er nicht ernst meinen oder?

„Du musst ruhig bleiben. Denk einfach an den Ort an den du willst."

Er sagte es als wäre nichts dabei.
Mein Puls begann sich zu beschleunigen.
Erneut kam Panik in mir auf.
Ich wollte dort nicht hindurch. Zu sehr packte mich die Angst davor.

„Ich kann nicht", beteuerte ich.
Ich wusste nicht was ich von ihm erwartete.
Mitgefühl oder Hilfe? Vertrauen?
Stattdessen blickte er mich nur ratlos an.
Fast schon schockiert.

„Natürlich kannst du, wie bist du denn her gekommen?" seine Stimme würde gegen Ende immer lauter.

„Das, das war aus versehen!", versuchte ich mich zu verteidigen.
Ich fühlte mich immer verzweifelter.
Wieso machte mich dieser Traum nur so fertig?

Es ist kein..
Sei. Leise..

Es konnte  nur ein Traum sein!
„Wenn du nicht ruhig bleibst, wird das nichts!"

Ich hielt inne. Was?
Wenn ich mich nicht beruhigte, sollte ich also nicht hier weg kommen?
Wer bestimmte das?

Verzweifelt schlug ich mir die Hände vors Gesicht.
„Stell dich einfach vor den Spiegel", meinte er ruhig. „Wie kriegen das schon hin."

Ich gehorchte stumm. Nickte nur zum Zeichen das ich verstanden hatte und stellte mich mit dem Rücken zum Spiegel etwas weiter davor.

Caden folgte meinen Schritten.
Ich sah ihm in die Augen, hoffte in ihnen zu erkennen was ich tun sollte. Wie ich nachhause kam.

Doch ich fand in ihnen nur Misstrauen und vielleicht etwas Mitleid.

„Du musst dich beruhigen",redete er auf mich ein.
Doch meine vor Angst zitternden Hände ließen sich nicht beruhigen.

Denk an deine Familie

Kam es mir in den Sinn und ich tat es.
Dachte an meine zierlich gebaute Schwester, Harper. Mit den kinnlangen dunkelblonden Haaren, die dieselbe Farbe hatten wie meine.
Ihre Karamell farbenden Augen, heller als die meinen.
An ihr Lächeln, das ich wieder sehen wollte.
Langsam beruhigte ich mich.
Ich war bereit, glaubte ich.

Mit einem letzten Blick zu Caden, ging ich mit dem Gedanken an Westbrook und Harper, durch den Spiegel..

Cheerio Leute:)

Hattet ihr schöne Ferien bzw. habt ihr immer noch Ferien?
Meine sind übermorgen zu Ende :(

Wie immer wäre Feedback toll :D

Man sieht sich.

Eure Jo

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