12|| Ich bitte dich
Die Frage hatte meinen Mund verlassen, bevor ich überhaupt darüber nachdenken konnte. Er runzelte seine Stirn, presste die Lippen angespannt aufeinander. Offensichtlich dachte er nach.
„Jemand der dir nur helfen will",meinte er schließlich entschlossen. Die Ehrlichkeit in seiner Stimme überraschte mich. Dennoch konnte ich nicht verhindern das ein spöttisches Lachen meinen Mund verließ. Er, mir helfen ?
Der Mann der mich angegriffen und verhören wollte, mit mir gekämpft hatte nur um mich dann letztendlich auszunutzen, wollte mir helfen? Das ich nicht lachte. Dachte er wirklich das ich so naiv war?
Du hast ihn geküsst..
Nein er hatte mich geküsst.
„Danke", presste ich angestrengt und überaus sarkastisch hervor. Im selben Moment stemmte ich meine Hände gegen seine Brust, um mich zu befreien und von ihm weg zu laufen. Ich wollte dringend das sich der Abstand zwischen uns auf mehr als nur 2 cm belief.
„Aber ich wüsste nicht wobei ich deine Hilfe gebrauchen könnte", zischte ich absichtlich unhöflich.
„Und jetzt gib.mir.den.Schlüssel."
Die letzten vier Worte betonte ich stärker als den Rest des Satzes und streckte fordernd meine Hand aus.
Ich fühlte mich einfach nur benutzt, betrogen und kam mir lächerlich vor.
Diese Begegnung gestern in der Stadt, sein Verhalten, seine Worte, es war alles nur Show gewesen. Eine verdammt gute Show. Und ich war darauf hereingefallen. Ich hatte ihm jedes Wort geglaubt, gehofft das ich eine Chance bei ihm hätte.
Wie lächerlich ich mich doch benommen hatte.
Einige Sekunden lang starrte Caden mir unverwandt in die Augen, als verstünde er nicht was mich so aufbrachte. Doch dann glitt seine Hand hinunter zu seiner Hosentasche, aus welcher er ein kleines silbernes Objekt fischte.
Der Schlüssel.
Meine Verwunderung darüber, dass er noch vor mir, der Person die hier wohnte, wusste das diese Tür einen Schlüssel besaß, schob ich vorerst beiseite.
Stattdessen musterte ich das kleine Objekt in seiner Hand so misstrauisch als könne es sich jeden Moment in eine Natter verwandeln und sich auf mich stürzen. Doch das passiert natürlich nicht. Alles was passiert war das ich ihm den Schlüssel aus der Hand riss und an ihm vorbei zur Tür lief. Immer noch nicht fähig zu registrieren was zur Hölle eigentlich hier los war. Wieso hatte ich ihn und mich in einer komischen Umgebung gesehen.
Diese Erinnerungen fühlten sich so fremd an.
Vielleicht träumte ich noch. Ja, das war es bestimmt. Ein langer böser Traum.
Ich blieb vor der Tür stehen und kniff mir in den Arm. Ich spürte einen kleinen Schmerz an der Stelle doch der Rest blieb so wie er war. Caden der hinter mir stand und mich wahrscheinlich mit seinen Blicken durchbohrte. Ich die mit dem Schlüssel in der Hand ein paar Zentimeter vor der Tür stand und immer noch nicht mit dem was ich gesehen hatte klar kam.
Es war genau dieselbe Situation wie wenige Sekunden zuvor.
„Was ist mit dem was du gesehen hast?", flüsterte er ruhig. Ich lauschte aufmerksam dem Geräusch das seine Schritte auf dem Holzboden hinterließen, als er auf mich zu trat.
„Ich habe nicht den blassesten Schimmer wovon du redest."
Meine Hand hing immer noch kurz vor dem Schloss in der Luft, den Schlüssel fest umschlossen. Ein Teil von mir wollte sie aufschließen und abhauen. Einfach gehen. Doch der andere Teil, wusste wovon er redete. Der andere Teil war sich dessen bewusst das vorgestern Nacht etwas passiert war, das ich mir nicht erklären konnte. Ich nicht, aber vielleicht Caden.
„Ich glaube, dass du genau weißt wovon ich rede."
Ich erschrak als sein Atem meine Haut streifte. Wann war er mir so nahe gekommen? Meine Hände begannen zu zittern.
Ich war seit zwei Tagen in dieser Stadt und verlor beinahe den Verstand.
Eins war klar: Hätte ich gewusst was alles auf mich zu kommt, wäre ich nie in diese Stadt gezogen. NIEMALS.
Aber jetzt war es wohl zu spät oder?
Ich war mittendrin. Auf gut Deutsch ausgedrückt, ich steckte richtig tief in der Scheiße.
„Geh einfach",brachte ich mit zittriger Stimme hervor. Ich schloss meine Augen, versuchte meinen Atem zu regulieren. Dann öffnete ich sie wieder.
„Okay, ich gehe."
Erleichterung machte sich in mir breit, sobald er die Worte ausgesprochen hatte. Er würde gehen und dann hatte ich genug Zeit um sorgfältig über alles nachzudenken. Wie einen rettenden Anker hielt ich den Anhänger fest, der an meinem Hals baumelte.
„Unter einer Bedingung."
Was hatte er da gesagt? Was wollte er denn noch von mir? Meine Erleichterung wurde zu Verzweiflung.
„Ich gehe, sobald du mir in die Augen sehen und mir sagen kannst, dass du nicht das Gefühl hast das mit dir etwas passiert ist das du dir nicht erklären kannst."
Für einen Moment war es Totenstill. Da waren nur Cadens gleichmäßigen und meine hektischen Atemzüge. Es war einfach. Ich musste es ihm nur sagen, dann würde er mich in Ruhe lassen. Doch aus irgendeinem unerklärlichem Grund, konnte ich es nicht. Ich könnte es einfach nicht sagen. Ich konnte nicht verleugnen das etwas unerklärliches mit mir passiert war und das Caden eine sehr große Rolle darin spielte.
„Geh jetzt, bitte."
Meine Stimme klang flehend. Ich kniff die Augen zusammen.
„Nein!",sagte Caden laut, bevor der mich an der Schulter herumdrehte sodass ich in seine blauen Augen blickte. Mein Herz begann wie verrückt zu pochen.
Er war mir so nahe das ich seinen Atem auf meiner spüren konnte und unsere Nasenspitzen nur wenige Millimeter voneinander entfernt waren.
Überrumpelt ließ ich den Schlüssel fallen, welcher mit einem lauten scheppern den Boden erreichte. Das hielt Caden jedoch nicht davon ab mir weiterhin eindringlich in die Augen zu sehen. Unter seiner Hand brannte meine Haut angenehm.
„Faith."
Auch wenn mein Verstand es nicht wahr haben wollte, es gefiel mir wie sanft er meinen Namen aussprach.
„Du musst es nur sagen und ich gehe."
Zartbitter braun traf auf eine Mischung aus Himmel und Ozean blau. In seinem Blick schwang Fürsorge sowie Mitleid aber auch ein wenig Misstrauen mit. Einerseits wollte ich die Worte aussprechen, wollte das er ging. Die Begegnung in der Gasse und dieses Gespräch vergessen sobald er verschwunden war.
Doch andererseits wollte ich wissen was in der Nacht meines Geburtstags mit mir passiert war. Wieso ich mich erst daran erinnert hatte nachdem Cadens Lippen meine berührt hatten. Diese Antworten konnte nur er mir geben.
Ich erinnerte mich an das Misstrauen das ich in seinen Augen gesehen hatte, als wir in der Gasse standen. Dasselbe das ich nun in ihnen sah, nur das es nicht mehr so stark war wie in dieser Nacht.
Wie konnte er in einer Sekunde so fürsorglich und sanft mit mir umgehen und mich in der anderen mit Misstrauischen Blicken durchbohren?
„Was stimmt nicht mit mir?",murmelte ich fassungslos. Für wenige Sekunden herrschte Totenstille. Caden Strich mir eine verirrte Haarsträhne hinters Ohr. Dabei ließ er mich keine einzige Sekunde aus den Augen. Sein Blick wurde nur noch eindringlicher.
„Mit dir stimmt alles."
Seine Hand begann liebevoll meine Wange auf und ab zu streicheln.
„Du bist nur etwas besonderes", flüsterte er vorsichtig.
„Genau wie ich."
Was? War er auch so wie ich?
Er schien kurz mit sich zu ringen.
„Genau wie die Anderen."
Ich riss meine Augen ungläubig auf.
Was hatte er da gesagt? Auch Caden schien nicht glauben zu können welche Worte seinen Mund verlassen hatten. Denn er wirkte so geschockt als hätte er etwas gesagt das nicht für meine Ohren bestimmt war. Doch es war zu spät. Ich hatte es gehört. Es gab also noch andere Leute. Leute die genau das gleiche Problem hatten wie ich in der Nacht meines Geburtstags?
In Gedanken versunken hob er den Schlüssel vom Boden auf und lief hastig an mir vorbei zur Tür. Wollte er gehen? Was bedeutete sein plötzlicher Gefühlsumschwung? Er konnte doch nicht einfach gehen! Er war doch der einzige der die Antworten auf meine Fragen wusste!
Die Tür schwang auf. Nein, er durfte nicht gehen!
Derweil stürmte Caden die Treppen hinunter. Vielleicht lag es daran das ich antworten wollte, oder einfach daran das ich lebensmüde war, aber ich rannte ihm hinterher.
„Stopp!!", rief ich in der Hoffnung das er anhalten würde. Doch das tat er nicht.
„Caden!",versuchte ich es erneut.
In Windeseile polterte ich die Treppen hinab. Er lief weiter. Es schien ihn nicht zu stören das ich wie eine irre hinter ihm her rannte und seinen Namen rief.
Dann öffnete er die Haustür.
„Nein warte!"
Ich lief noch schneller, so schnell wie ich nur konnte, doch es reichte nicht.
Als ich an der Haustür ankam war er schon in unserem Vorgarten.
Verzweifelt blieb ich im Türrahmen stehen. Er konnte nicht gehen. Nein er durfte mich nicht hier stehen lassen.
Nicht ohne mir alles zu erklären.
„Caden...", bat ich ihn leise. Fast so leise das ich Angst hatte er hätte es nicht gehört.
„Bitte.."
Er blieb stehen. Ich sah wie er den Kopf unsicher zur Seite legte, ehe er einmal in den Himmel sah. Caden schien erneut mit sich zu ringen. Nur war ihm noch nicht ganz klar welche Seite gewinnen würde.
Es vergingen einige Sekunden. Fast dachte ich das er einfach weiter gehen würde. Doch dann drehte er sich um und kam festen Schrittes wieder auf mich zu. Mein Herz machte erneut einen Satz, als seine blauen Augen mich entschlossen musterten.
Kurz vor mir blieb er stehen. Aufmerksam beobachtete ich jede seiner Bewegungen. Vorsichtig streckte er mir schließlich seine Hand entgegen.
„Komm mit, dann erkläre ich dir alles."
Es widerstrebte mir mit einem fast Fremden mitzugehen. Das war normalerweise nicht meine Art. Ganz und gar nicht. Aber ich wollte Antworten.
Nein, ich brauchte Antworten.
Selbst wenn das hieß über meinen Schatten zu springen und seine Hand zu ergreifen.
„Willst du nun Antworten oder nicht?"
Ich atmete tief ein. Dann nickte ich entschlossen und ergriff seine Hand.
„Erkläre es mir."
Hellow!!
FEEDBACK IST ERWÜNSCHT!
Wie hat euch das Kapitel gefallen? :)
Tschüüüü eure Jo
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