25
Marinette lag mit geschlossenen Augen auf Cat Noirs Brust und sie fragte sich, ob es in Zukunft immer so sein würde.
Sie beide, zusammen in diesem Bett, zwischen ihnen nichts außer den Masken auf ihren Gesichtern.
Jetzt gerade fiel es ihr so leicht wie noch nie, sich das Leben mit ihm in dieser Wohnung vorzustellen.
Nach so einem gemeinsamen Nachmittag im Bett würde sie aufstehen, eine Dusche im angrenzenden Badezimmer nehmen und anschließend zurück hierher ins Schlafzimmer kommen, nur mit einem Handtuch und der Maske bekleidet.
Sie würde sich etwas zum Anziehen aus dem Kleiderschrank holen, den sie sich mit Cat Noir teilte - vielleicht ein Kleid, unter dem ihr Babybauch genügend Platz hatte - und dann würde sie in die Küche gehen, wo er bereits das Abendessen zubereitete.
Sie würde den Tisch decken, während er leise vor sich hinsummend den Salat wusch und das Dressing anrührte.
Sie würden nicht miteinander reden können, aber das wäre auch gar nicht notwendig, denn wie beim Kämpfen würden sie sich auch in ihrem Alltag mit Blicken verständigen.
Über den Tisch hinweg würden sie sich anlächeln und vielleicht würde Cat Noir zu ihr kommen, von hinten die Arme um sie legen und ihr mit verstellter Stimme ein paar liebevolle Worte zuraunen.
Auf einmal rührte Cat Noir sich unter ihr und richtete sich auf. Marinette rutschte von seiner Brust auf das Kissen hinab und sah zu ihm auf.
Als hätte er ihre Gedanken gehört sah er sie an und seine Lippen verzogen sich zu genau dem Lächeln, das sie sich eben vorgestellt hatte.
Sie wollte ihn schon mit ihrem Blick fragen, warum er sich aufgerichtet hatte, als er begann, mit seinen Händen eine Reihe ihr unbekannter Gesten zu machen und dabei den Mund zu bewegen, als würde er sprechen.
Im ersten Moment war sie verwirrt davon, doch dann erinnerte sie sich an eines ihrer Chat-Gespräche, das sie kurz nach ihrem letzten Treffen geführt hatten.
Ihr Zusammenziehen würde viele ihrer momentanen Probleme lösen, aber es würde auch herausfordernd und kompliziert werden und so hatten sie sich schon in den ersten Tagen nach der Entscheidung viele Gedanken über konkrete Schritte gemacht.
Dabei hatte Cat Noir die Idee geäußerte, dass sie sich die Grundlagen der Gebärdensprache anlernen sollten, um auch ohne ihre Stimmen kommunizieren zu können.
Marinette hatte seitdem nicht wieder daran gedacht, aber Cat Noir hatte anscheinend bereits mit dem Lernen begonnen und wollte ihr nun etwas mitteilen.
Sie hatte nur keine Ahnung, was.
Mit einem entschuldigenden Gesichtsausdruck sah sie zu ihm auf und es brauchte keine weiteren Gesten von ihrer Seite, damit er verstand.
Als er die Arme sinken ließ, wirkte er ein kleinwenig enttäuscht, lächelte sie aber an.
Marinette streckte die Hand nach ihm aus, um ihn wieder neben sich zu ziehen – ohne die Wärme seines Körpers war es trotz der Bettdecke ziemlich kühl im Raum und sie wollte ihn schnell mit ein paar Küssen über die Enttäuschung hinwegtrösten. Doch da war er schon aufgestanden und begann, seine Kleidung vom Boden aufzusammeln.
War es zur Abwechslung er von ihnen beiden, der viel zu früh wieder gehen musste? War es das, was er ihr versucht hatte, zu sagen?
Allerdings passte das nicht zu seiner Mimik.
Und als er das Zimmer verließ, warf er ihr einen Blick zu, der auch nicht so recht dazu passte.
Trotzdem wurde Marinette leicht nervös.
Obwohl es wohl keine ganze Minute dauerte, fühlte es sich qualvoll lang an, bis die Tür sich endlich wieder öffnete und Cat Noir in seinem schwarzen Anzug im Türrahmen erschien.
Erleichtert strahlte sie ihn an.
»Wie hältst du das nur die ganze Zeit aus, nichts sagen zu dürfen?«, fragte er grinsend. »Mein Mund fängt schon nach fünf Minuten an, unangenehm zu kribbeln, und es fühlt sich an, als würde mir irgendwas im Hals stecken.«
Wenn Marinette etwas hätte sagen können, hätte sie nun angemerkt, dass er schon deutlich länger als fünf Minuten stumm gewesen war. Allerdings waren seine Lippen den Großteil der restlichen Zeit mit anderen Dingen beschäftig gewesen, weshalb es für ihn offenbar nicht zählte.
Sie hatte kein Problem, diese Ungenauigkeit unausgesprochen zu lassen - das Lächeln verschwand aus einem anderen Grund von ihrem Gesicht.
Wenn er es nicht einmal fünf Minuten lang aushielt, nichts sagen zu können: was bedeutete das dann für die restliche Zeit ihrer Schwangerschaft und für ihr weiteres gemeinsames Leben in dieser Wohnung?
Sie waren sich einig gewesen, dass Cat Noir, sobald sie hier zusammen wohnten, im Alltag vorwiegend unverwandelt bleiben sollte.
Dass nur Marinette ihre Stimme nicht benutzen konnte, würde womöglich auf Dauer dem Gleichgewicht in ihrer Beziehung schaden, außerdem sollte es nicht ständig die Barriere seines Anzuges zwischen ihnen geben.
Der wichtigste Grund für diesen Entschluss war jedoch folgender gewesen: Cat Noir sollte sich in dieser Wohnung wie Zuhause fühlen und nicht nur als Superheld mit Marinette hier leben.
Das bedeutete, dass er für sehr lange Zeit seinen Mund nicht benutzen durfte.
Was war, wenn er das nicht konnte?
»Hey, Prinzessin, was ist los?«
Er verließ den Türrahmen und kam mit einem besorgten Gesichtsausdruck zu ihr gelaufen. Er setzte sich neben sie auf die Bettkante und sah sie fragend an.
Und schon spürte Marinette, wie sie mit der Blickkommunikation an ihre Grenzen kam.
Auch wenn er ihr forschend in die Augen sah, verstand Cat Noir offensichtlich nicht, was sie gerade beschäftigte.
Auf der Suche nach einem Stück Papier und einem Stift sah Marinette sich im Raum um, doch ihre Tasche war im Wohnzimmer zurückgeblieben. Zumindest das verstand Cat Noir.
»Warte kurz.«, sagte er und rannte ins Nebenzimmer. Als er diesmal zurückkehrte, hatte er ihre Tasche dabei und reichte sie ihr.
Sie holte Notizblock und Stift heraus und schrieb hastig die Kurzfassung ihrer Gedanken auf.
Wenn wir hier zusammen leben wollen, wirst du das Nicht-Reden sehr oft und noch viel länger ertragen müssen.
Cat Noir las die Worte und sah sie dann wieder an. Seine Hand hatte er auf ihre gelegt und trotz seines krallenbesetzten Handschuhs war diese Berührung warm.
»Was ich gerade gesagt habe, war nicht so ernst gemeint. Natürlich halte ich es länger als fünf Minuten aus, meinen Mund zu halten!
Erst recht, wenn ich es für dich tue.«
Er lächelte sie an und sein Blick war sanft und einfühlsam. Trotzdem senkte Marinette sofort wieder den Kopf und führte den Stift aufs Papier.
Nicht für mich. Für UNS.
»Das meinte ich doch.«, sagte er.
Aber sie war noch nicht fertig mit Schreiben.
Wir machen das Ganze, damit wir nicht mehr so viel füreinander aufgeben müssen, richtig?
Wenn das Schweigen zu viel für dich ist, sag es mir bitte jetzt.
»Ist es nicht.«, antwortete Cat Noir sofort und sah ihr dabei fest in die Augen.
»Ich habe sehr viel über all das nachgedacht.
Wie es sein wird. Was es im Detail bedeutet.
Und ich will nach wie vor mit dir zusammen hier wohnen – mit allem, was dazugehört.«
Er machte eine kurze Pause und als er weitersprach, hatte seine Stimme einen noch sanfteren Unterton als zuvor.
»Wir waren uns doch einig, das Trennung keine Option mehr ist. Erst recht nicht, seit wir das mit der Schwangerschaft wissen.
Bitte hör auf damit, nach Gründen zu suchen, warum es nicht funktionieren wird.«
Das tue ich nicht.
, schrieb sie auf den Block.
Ich will nur die Probleme erkennen, bevor sie auftreten. Um noch etwas dagegen unternehmen zu können.
Cat Noir lächelte, nachdem er diese Sätze gelesen hatte, und hob die Hand, um ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht zu streichen.
»Du weißt, dass das Leben so nicht funktioniert, oder? Erst recht nicht unser Leben.
Wir können uns nicht auf alle möglichen Hindernisse oder Komplikationen vorbereiten, die uns noch begegnen werden.«
Marinette sah ihm eine Weile lang in die Augen und dachte über das nach, was er gesagt hatte. Schließlich griff sie wieder nach dem Stift.
Hältst du es wirklich für falsch, solche Dinge vorher abzuklären und zu bereden?
Jetzt haben wir noch die Möglichkeit, über Alternativen nachzudenken.
Diesmal schien es länger zu dauern, bis Cat Noir fertig gelesen hatte. Und anders als die Male zuvor, sah er sie nicht an, bevor er etwas erwiderte.
»Ehrlich gesagt habe ich schon über Alternativen nachgedacht.«
Obwohl Marinette es eben noch selbst benutzt hatte, klang das Wort »Alternativen« aus seinem Mund grauenhaft für sie.
Etwas an seiner Stimme – oder vielleicht war es auch der Inhalt das Satzes selbst – erinnerte sie plötzlich an ein früheres Gespräch zwischen ihnen.
Ein Gespräch, dass sie nur wenige Meter von hier entfernt geführt hatten und bei dem ebenfalls die Zukunft ihrer Beziehung das Thema gewesen war. Oder besser gesagt: Die nicht vorhandene Zukunft ihrer Beziehung.
Und nicht nur der Tag ihrer Trennung war Marinette auf einmal in die Gedanken gekommen. In ihrem Kopf gab es mittlerweile zu viele Treffen mit Cat Noir – zu viele Gespräche zwischen ihnen beiden - die mit Sätzen geendet hatten, die sie lieber nicht ausgesprochen hätten, und ein Gefühl sagte ihr, dass der nächste auf dieser Liste unmittelbar bevorstand.
Ehe Cat Noir noch etwas hinzufügen konnte, hatte sie ihm den Finger über die Lippen gelegt - die universelle und unmissverständliche Geste für: »Ich will es nicht hören.«
Er wehrte sich nicht dagegen, aber auf seinem Gesicht war ein leicht verwirrter Ausdruck zu erkennen.
Er verstand, was sie von ihm wollte, aber offenbar konnte er den Grund dafür nicht nachvollziehen.
Um sicherzugehen, dass er nicht weiterredete, flehte sie ihn zusätzlich zu ihrem Finger auch mit ihren Augen an.
Er erfüllte ihr den Wunsch.
Etwa eine Minute lang erwiderte Cat Noir einfach nur ihren Blick und unter dem vertrauten Grün seiner Augen spürte sie, wie sie ruhiger wurde.
Schließlich griff er nach ihrer Hand, umschloss sie mit seiner und führte sie in einer langsamen Bewegung von seinem Gesicht weg.
Er lächelte sie sanft an.
»Du musst keine Angst haben.«, sagte er.
Er sprach leise. Und er beobachtete sehr genau, wie sie darauf reagierte.
»Wir werden zusammen bleiben und hier wohnen.
Ich verspreche es dir.«
Erst bei diesen Worten erkannte Marinette, dass es tatsächlich Angst war, was sich schon wieder von ihrer Seite in das Gespräch geschlichen hatte.
Die Angst, dass es nicht zu diesem Leben kommen würde, von dem sie eben noch geträumt hatte.
Die Angst, dass die Befürchtungen vom Anfang sich doch noch bewahrheiteten und die Hindernisse unüberwindbar waren.
Die Angst, dass es letztendlich kein Happy End für sie beide gab, so sehr sie auch darum kämpften.
Cat Noir hatte diese Ängste sogar schon vor ihr erkannt. Und mit dem Versprechen, das er ihr eben gegeben hatte, und seinem sicheren, furchtlosen Blick war er dagegen angegangen.
Es war so effektiv, dass sie bereits jetzt nur noch den blassen Schatten dieser Ängste spürte.
Ihre Vernunft – oder war es ihre Mutlosigkeit? - erinnerte sie daran, wie oft ihre Hoffnungen schon enttäuscht worden waren.
Wie hart und erbarmungslos die Realität sein konnte, wie verletzend und zerstörerisch.
Doch gegen Cat Noir kam all das nicht an.
Ihm vertraute Marinette mehr als der verräterischen Stimme in ihrem Kopf.
Sie ergab sich dem Sog, der sie zu ihm hinzog, und schlang die Arme um ihn.
Die Decke rutschte dabei von ihrem Oberkörper und großflächig traf ihre nackte Haut auf das Leder seines Anzuges.
Es fühlte sich warm an. Als wäre es ein Teil von ihm.
Sie vergrub das Gesicht in Cat Noirs Halsbeuge.
»Ich hab dich, Prinzessin.«, flüsterte er und strich ihr mit der Hand übers Haar, während sein Arm sie noch enger an sich zog.
Marinette küsste ihn auf den Hals, knapp über dem Kragen seines Anzuges. Unter ihren Lippen spürte sie seinen pulsierenden Herzschlag.
Er war hier. Bei ihr.
Und es war nicht nur ein Traum - weder im wörtlichen noch im übertragenen Sinne.
Mit ihren Händen fuhr sie seinen Nacken hinauf und vergrub sie in seinen Haaren. Wieder und wieder presste sie ihre Lippen gegen seinen Hals.
Als er sie sanft nach hinten drückte, lockerte sie ihren Griff und ließ sich zurück auf das Kissen sinken.
Nun hing sein Gesicht über ihr. Unter halb gesenkten Lidern sah sie zu ihm auf und bat ihn mit ihren Augen um einen Kuss.
Seine Lippen trafen auf ihre; behutsam, wie jede seiner Handlungen der letzten Minuten.
Trotzdem spürte Marinette die Kraft dahinter.
Seine Miraculous-Stärke.
Noch immer lag sein Arm in ihrem Rücken und sie wusste, dass er sie mit Leichtigkeit hätte hochheben können. Beinahe wünschte sie sich, er würde es tun; sie wieder auf Händen tragen.
Gleichzeitig sehnte sie sich zurück nach dem unverwandelten Cat Noir - und das war kein Widerspruch.
Sie wollte ihn. Alles von ihm.
Auch von Cat Noirs Seite nahm die Intensität des Kusses zu.
Ganz leise warnte die Stimme in ihrem Hinterkopf Marinette vor dieser Situation. Noch hatte er ihr nicht einmal ansatzweise wehgetan, aber wie lang würde er sich noch beherrschen können?
Immerhin lag sie komplett nackt unter ihm. Nur noch ihr linkes Bein war teilweise von der Bettdecke verhüllt.
Cat Noir machte keinerlei Anstalten, sich zurückzuverwandeln, und womöglich würde er es weiter hinauszögern, als es gut für Marinette war. Und für ihr Kind.
Sie brachte es trotzdem nicht fertig, ihre Lippen, ihre Zunge oder ihre Hände zurückzuhalten. Auch sie wollte es bis zum allerletzten Moment ausreizen.
Sie legte erst ihre Hände auf Cat Noirs Brust, um ihn mit sachtem Druck von sich zu schieben, als ihr ein weiterer Gedanke kam.
Besser gesagt: Eine Frage.
Tat sie es schon wieder?
Hielt sie ihn schon wieder mit ihren Lippen und ihrem Körper davon ab, dass er aussprach, was er ihr sagen wollte?
Eben noch hatte sie sich selbst gegenüber behauptet, alles von ihm zu wollen.
War das eine Lüge?
Gab es etwas von ihm – seine Gedanken, seine Vorstellungen, seine Pläne – was sie nicht zulassen konnte? War sie nach wie vor kontrollsüchtig und unkooperativ in ihrer Beziehung?
Es fiel ihr alles andere als leicht, doch sie verstärkte den Druck gegen seine Brust, bis der Kuss abbrach.
Sie öffnete die Augen.
Auf Cat Noirs Gesicht erkannte sie Unverständnis, aber auch den Anflug eines Gefühls, das in Richtung Frustration ging. Allerdings nur ganz kurz.
Einen Augenaufschlag später war es verschwunden und stattdessen stand da eine deutliche Frage in seinen Augen: »Alles okay?«
Sie lächelte ihn zögerlich an und streckte sich dann unter seinem Arm hindurch nach dem Notizblock auf dem Nachttisch aus.
Sie hörte, wie er leise seufzte, doch als sie ihm einen Blick zuwarf, lächelte er sie an.
Er legte sich neben sie und wartete stumm darauf, bis sie ihr Anliegen aufgeschrieben hatte.
Fühlt es sich für dich so an, als würde ich mir schon wieder nicht anhören, was du zu sagen hast?
Er sah sie an und im ersten Moment machte sein ernster Gesichtsausdruck sie nervös. Dann lächelte er ganz leicht und antwortete auf ihre Frage.
»Ein bisschen vielleicht. Aber ich kann dir keinen Vorwurf machen.«
Sein Blick glitt von ihren Augen hinab zu ihrer Hüfte, wo seine Hand noch immer lag.
Er begann, sie dort zu streicheln, und sprach währenddessen weiter.
»Ich finde das ständige Reden über unsere Probleme und mögliche Lösungen auch belastend.
Ich wünsche mir auch, dass wir uns über all das keine Gedanken machen müssten und uns einzig und allein umeinander kümmern könnten.«
Seine Hand bewegte sich nun von ihrer Hüfte zu ihrem Bauch hinüber.
Nach wie vor folgten seine Augen der zärtlichen Berührung.
»Die äußeren Umstände sollten nicht so eine große Rolle spielen.
Es sollte nur um uns gehen. Um uns drei.
Aber weißt du was?«
Er hob den Kopf und sah sie an, mit einem gefassten, ungetrübten Lächeln im Gesicht.
»Die Alternatividee, von der ich dir eben erzählen wollte: Sie würde uns genau das ermöglichen.
Es wäre kein weiterer komplizierter Lösungsversuch mit Schwachstellen und Lügen und Verzicht.
Es wäre die Lösung.«
Marinette spürte, wie ihr Herzschlag sich beschleunigte.
Auf einmal war da ein Gemisch an Gefühlen in ihrem Innern, das sie kaum überblicken konnte.
Verwirrung, Aufregung und Ungeduld.
Aber auch Furcht. Und Misstrauen.
Sie hatte keine Ahnung, was sie von Cat Noirs Worten halten, geschweige denn wie sie darauf reagieren sollte.
Er musste es ihr ansehen, denn sein Lächeln wurde noch sanfter und er redete weiter.
»Wir haben uns schon so sehr daran gewöhnt, dass alles zwischen uns kompliziert und verworren und potenziell gefährlich ist, dass wir auch nur nach den komplizierten und verworren und riskanten Lösungen gesucht haben.
Dabei liegt es eigentlich auf der Hand, was wir tun müssen. Und es ist schon beinahe lächerlich einfach.«
Marinettes Herz spielte mit jeder Sekunde – mit jedem von Cat Noirs Worten - mehr verrückt. Es schlug schnell und heftig gegen ihre Brust und schien immer wieder zu stocken, als wolle es den Kurs ändern; die Richtung, in die es davongaloppierte.
Letztendlich kam es nirgendwo an. Weder in den höchsten Höhen der Euphorie noch in den Tiefen des Zweifels und der Enttäuschung.
Nicht nur ihr Herz war überfordert von der Situation; auch ihr Verstand. Sie wusste nicht mehr, ob sie ihren Sinnen trauen konnte, ihren Augen die an seinem Gesicht hafteten und ihren Ohren, die auf jede Nuance in seiner Stimme achtete.
Was Cat Noir da sagte, klang buchstäblich zu schön, um wahr zu sein. Aber es klang auch nach der Wahrheit; sah danach aus.
»Prinzessin, wir müssen nur eine einzige Sache tun, damit wir endlich das Leben führen können, das wir uns wünschen.
Oder eigentlich muss nur ich etwas tun. Und du musst es zulassen.«
Marinette war sich nicht sicher, aber sie glaubte einen winzigen Funken von Unsicherheit in seinen Augen zu entdecken, als er das sagte. Als hätte er die Befürchtung, dass sie ihren Teil womöglich nicht erfüllen würde.
Das konnte nur eines bedeuten: Seine Idee – seine scheinbar perfekte Lösung – hatte einen Preis.
Einen hohen Preis, bei dem er nicht wusste, ob sie bereit sein würde, ihn zu zahlen.
Marinette empfand keine Enttäuschung. Dafür waren ihre Gefühle in der vergangenen Minute zu undefiniert und unentschlossen gewesen.
Es war eher ein neutrales Gefühl der Ernüchterung, dass sie nun erfüllte.
Natürlich hatte die Sache einen Preis.
Alles andere hätte den Gesetzen ihrer eigenen, kleinen Welt widersprochen.
Sie wartete geduldig darauf, dass Cat Noir seine Idee aussprach und ihr somit auch den Preis verriet.
»Prinzessin.«, sprach er sie wieder an. Und nach einer kurzen Pause fügte er mit eindringlicher Stimme hinzu: »Hüterin.«
Ihre Augen wurden bei diesem Wort groß.
Unbeachtet dessen sprach er weiter.
»Ich möchte dir mein Miraculous zurückgeben.
Ich möchte nicht länger Cat Noir sein.«
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top